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Aktuelle Gesundheits-Nachrichten

Thema heute: Hirntumore – neurochirurgische Optionen

Mind-Body Medizin

Umgang mit Angst bei Krebs

Lungenkarzinom – Diagnostik und Therapie, aktuell

Der „Chemostaubsauger“ zur Behandlung der Leber

Krebsvorsorge – gesunde Ernährung

Erfahrungen und das besondere Buch

 

iKon – Intelligente Konzepte in der Onkologie

Liebe Leserin, lieber Leser,

„iKon – Intelligente Konzepte in der Onkologie“ das ist das Motto des 31. Deutschen Krebskongresses, der vom 19. - 22. Februar 2014 in Berlin stattfinden wird. Schon im Juli dieses Jahres informierte der Kongresspräsident, Prof. Dr. Michael Hallek, über Inhalte, Ziele und Erwartungen. In unserem Periodikum wollen wir Sie mit ausgewählten Berichten über den Kongress an neuen Erkenntnissen, Erfahrungen und Ergebnissen teilhaben lassen.

Drei wesentliche Herausforderungen für die Krebsmedizin werden im Vorfeld des Kongresses formuliert: Verstärkte Förderung von Interdisziplinarität, zügige Integration und Finanzierung von Innovationen und zunehmende Individualisierung von Therapieentscheidungen nach einer molekular-genetischen Diagnostik.

Der Nationale Krebsplan mit seinen Handlungsfeldern Krebsfrüherkennung, Versorgungsstrukturen, Effizienz und Patientenorientierung soll mit allen verfügbaren Mitteln verantwortungsbewusst, konzentriert und zielführend weiter umgesetzt werden.

Die Stärkung von Forschungsstrukturen sowie ihre Finanzierbarkeit ist ein weiteres Thema des Kongresses. Weiterhin geht es auch um den Abbau von Bürokratie in der Medizin insgesamt. Mit Sicherheit ein Thema, dass von Klinikeinrichtungen, behandelnden Ärzten und Patienten gleichermaßen begrüßt werden wird.

Der Krebskongress will politische und wissenschaftliche Themen interdisziplinär diskutieren. Ein spannendes Projekt – bei einem so großen Kongress, dem ersten nach der Bundestagswahl im September 2013.

Wir danken Ihnen, unseren Leserinnen und Lesern, auch heute wieder für Ihr anhaltendes Interesse an unseren Beiträgen, für Ihre Mails, Faxnachrichten und Briefe. Die nächste Ausgabe Nr. 11 wird Sie zum Ende des Jahres 2013 erreichen.

Bis dahin, bleiben Sie gesund! Werden Sie gesund!

Dagmar Moldenhauer, Redaktionsleitung

 

Für Sie in dieser Ausgabe

■ IN EIGENER SACHE: Quo Vadis Onkologie?

THEMA HEUTE:

Neurochirurgische Optionen in der Therapie hirneigener Tumore

PORTRÄT

Mind-Body Medizin bei Krebserkrankungen

IM BLICKPUNKT

Umgang mit Angst bei Krebs

WISSEN

Aktuelle Diagnostik und Therapie des Lungenkarzinoms

Chemosaturation: Der „Chemostaubsauger“

ERFAHRUNGEN

Meine Erfahrung mit mir selbst

Das besondere Buch

PRÄVENTION

Krebsvorsorge mit gesunder Ernährung

Gifte in unserer Nahrung

■ AKTUELLES AUS DER KREBSFORSCHUNG

 

Quo Vadis Onkologie?


Liebe Leserin, lieber Leser,

Deutschland hat 82 Millionen Einwohner und gleichzeitig gibt es 5 Millionen krebskranke Menschen. Die Zahl der onkologischen Patienten steigt ständig, so dass zurzeit jährlich über 450.000 Neuerkrankungen zu verzeichnen sind.

Die American Cancer Society schätzt, dass sich bis 2030 die Zahl der Krebsfälle weltweit verdoppeln wird und bis zu 13,2 Millionen Krebstote zu erwarten sind. In dieser Zeit müssen mehr als 150 Mrd. Euro zur Krebsbehandlung ausgegeben werden. Die enorm steigenden Therapiekosten stehen leider in keinem Verhältnis zur Verbesserung der Therapie.

Die Versorgung der Krebspatienten ist unzureichend und kaum noch finanzierbar. Deshalb steht die medizinische Onkologie vor einem Umbruch. Die Bestimmung neuer Leitlinien für die Therapie aller Tumorarten berücksichtigt kaum den individuellen Charakter des Krebspatienten. Dabei geht es unter anderem um die Feststellung von Reaktionen und Regenerationsmöglichkeiten des gesamten Organismus auf einen Therapieansatz. Viele Patienten sprechen nicht gut auf kostenintensive Behandlungen an und haben schwerwiegende Nebenwirkungen.

Deshalb wird es immer wichtiger, schon bei der Diagnose zu erkennen, wer von einer bestimmten Therapie profitieren kann und wer nicht. Es ist notwendig, in der Zukunft alle Krebstherapien individuell auf den einzelnen Patienten maßzuschneidern.

Die Personalisierung der Onkologie kann durch die umfangreichen Therapien deutliche therapeutische Fortschritte bringen. Die individualisierte Tumortherapie mit Gewebeanalytik und Bestimmung von spezifischen Biomarkern verhilft den Patienten nicht nur zu effektiven Therapien, sondern erspart vielen oft langwierige und belastende Behandlungen, die von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg bieten. Mit dieser Therapiemethode können enorme Kosten gespart werden und schlechte ökonomische Perspektiven der Krebstherapie verbessert werden.

Entscheidend ist und bleibt die Krebsprävention. Über 40% der durch Krebs bedingten Todesfälle sind auf mangelnde Bewegung, Tabak, Alkohol und falsche Ernährung zurückzuführen. Die Anzahl der Krebstoten lässt sich weltweit durch präventives Handeln deutlich reduzieren. Therapiekosten lassen sich damit senken. Die Weltkrebsorganisation (UICC) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rufen im Kampf gegen Krebs zu einem gesünderen Lebensstil auf. Allein in Deutschland könnte das etwa 180.000 Krebsdiagnosen weniger bedeuten.

Bitte leben Sie bewusst und übertragen Sie die Verantwortung für Ihre eigene Gesundheit nicht auf Dritte.

Ihr Dr. Wasylewski

Hier noch ein Hinweis:
Unsere Autoren sind bemüht, ihre Artikel für alle Leserinnen und Leser verständlich zu verfassen. Sollten Ihnen einzelne Begriffe in den Texten unverständlich sein, hier finden Sie Hilfe:
„Die blauen Ratgeber“, das Krebswörterbuch der Deutschen Krebshilfe e.V.,
finden Sie entweder über www.krebshilfe.de
oder Tel. 0228-729 90-0 und natürlich auch über www.wikipedia.de

 

Neurochirurgische Optionen in der Therapie hirneigener Tumore

PD Dr. Michael Synowitz, Stellvertretender Klinikdirektor der Klinik für Neurochirurgie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum

Medizinhistorisch lässt sich die gezielte operative Behandlung hirneigener Tumore bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen. Die initiale Begeisterung nach der ersten, 1884 durchgeführten offenen Hirntumoroperation durch Rickman Godlee und Hughes Bennett, der klinisch den Prozess lokalisierte (Kaye, 1995), legte sich aber bereits zu Beginn des nächsten Jahrhunderts. Es wurde offenbar, dass Patienten mit einem bösartigen hirneigenen Tumor, einem Gliom, chirurgisch nicht geheilt werden konnten und das Überleben nur marginal verlängert werden konnte.

Einen entscheidenden Beitrag in dem Bemühen, das chirurgische Ergebnis zu verbessern, lieferte Harvey Cushing mit elementar neuen Operationstechniken. Er war es auch, der das erste histologische Graduierungssystem für Gliome entwickelte und es mit dem klinischen Ergebnis korrelierte (Bailey, 1926). Dieses System basierte auf morphologischen Ähnlichkeiten von Gliomzellen mit Zelltypen, die im normalen Zentralnervensystem (ZNS) zu finden waren, den Gliazellen. Harvey Cushing und sein Kollege Percival Bailey beschrieben bereits damals eine wesentliche charakteristische Eigenschaft von Gliomen – ihr diffus infiltratives Wachstum, das die Unheilbarkeit durch eine chirurgische Resektion allein bedingt (Metcalfe, 2001).

Die Hoffnung, mit der Einführung der Strahlentherapie daran etwas ändern zu können, erfüllte sich nicht. Obwohl sich die mittlere Überlebenszeit für bösartige Gliome um mehrere Wochen verbesserte, änderte sie doch nichts am Langzeitüberleben. Die letztendliche Kombination von chirurgischer Tumorreduktion, postoperativer Bestrahlung und Chemotherapie, die mit der Verfügbarkeit Blut-Hirn-Schranken-gängiger Nitrosoharnstoffe möglich wurde, etablierte ein noch heute gültiges Standardprotokoll in der Behandlung maligner Gliome (Stupp, 2005).

Häufigkeit

Gliale Tumore oder synonym Gliome besitzen eine Inzidenz (Anzahl der Neuerkrankungen) von 5.000 neu aufgetretenen Fällen pro Jahr in Deutschland. Die Inzidenz dieser Tumorentität ist in den vergangenen Jahrzehnten leicht angestiegen, primär sicher als Resultat der deutlich verbesserten Möglichkeiten in der medizinischen Diagnostik.

Bösartige (maligne) Gliome – entsprechend der Klassifikation der WHO Grad III und IV – sind mit einer hohen Sterblichkeit verbunden. Das Überleben beträgt für Patienten mit einem Glioblastom, dem bösartigstem Hirntumor, ca. 12 bis 15 Monate nach Diagnosestellung, trotz optimaler Therapie, und 2 bis 5 Jahre für Patienten mit einem anaplastischen Gliom (WHO Grad III).

Der Altersschnitt bei Diagnosestellung auf ein Glioblastom liegt bei 64 Jahren und Männer sind um 40% häufiger betroffen als Frauen (Fisher, 2007).

Entstehung

Einer der Gründe für die bisher nicht erfolgreiche Therapie beim Glioblastom (GBM) ist der komplexe Charakter des Tumors selbst. Er ist gekennzeichnet durch seine Uneinheitlichkeit nicht nur zwischen den Erkrankten, sondern auch innerhalb des Tumors selbst. So existieren zahlreiche Regionen innerhalb ein und desselben Tumors, die sich in ihrem Aufbau gänzlich unterscheiden. Unterscheidungsmerkmale sind z.B. der Anteil abgestorbener Zellen (Nekrosen) und neu gebildeter Gefäße (Angiogenese). Darüber hinaus unterscheiden sich die Tumorzellen selbst untereinander in ihrem Ausmaß genetischer Schäden (Deletionen, Amplifikationen und Punktmutationen), die in ihrer Gesamtheit zu einer Aktivierung oder Unterbrechung zahlreicher Signaltransduktionskaskaden führen (Holland, 2000; Wen & Kesari, 2008).

Bildgebendes Verfahren: Magnetresonanztomographie (MRT)

Das bisher am häufigsten verwendete Klassifizierungssystem für Gliome ist das der WHO, World Health Organization, (Louis, 2007). In diesem Schema werden Gliome entsprechend ihrer angenommenen Differenzierungslinie klassifiziert, das bedeutet, je nachdem, ob sie Eigenschaften von Zellen des Gehirns wie Astrozyten, Oligodendrozyten oder Ependymzellen zeigen. Sie werden dann auf einer Skala von I bis IV aufsteigend entsprechend ihrem Grad der Malignität eingeteilt. Feingewebliche Kriterien von Malignität sind dabei eine hohe Zelldichte, hohe Zellteilungsrate (Wachstum, Vermehrung), pallisadenförmige Anordnung abgestorbener Zellen (Nekrose mit Pseudopallisaden) und der Grad der Gefäßneubildung.

Glioblastome stellen 60 bis 70% der malignen Gliome (Grad IV) dar, anaplastische Astrozytome (Grad III) 10 bis 15% und anaplastische Oligoastrozytome 10%.

Bedeutung von Neuroglia und Stammzellen

Mitte des 19. Jahrhunderts prägte der deutsche Pathologe Rudolph Virchow den Begriff „Glia“. Virchow wollte damit einem Zelltyp einen Namen geben, der die Neuronen des Zentralnervensystems ummantelt und von dem man damals annahm, dass er als eine Art „Kitt“ (das ist die altgriechische Bedeutung des Wortes „glia“) fungierte. Inzwischen weiß man, dass die Zahl der Gliazellen im Zentralnervensystem die der Neurone um ein Zehnfaches übersteigt. Weil Gliazellen aber elektrisch nicht erregbar sind, wurde ihnen lange Zeit sehr viel weniger Aufmerksamkeit gewidmet als ihren auffälligeren Nachbarn, den Neuronen, und es wurde ihnen nur eine Stützfunktion zugeschrieben.

Einer der Hauptgründe für das Versagen einer operativen Behandlung von Glioblastomen (GBM) ist deren diffuses Wanderungsverhalten im Gehirn, das mit dem Bild von Tinte im Wasser vergleichbar ist.

Dabei nutzen die Tumorzellen bereits vorhandene Strukturen im Gehirn wie den Verlauf von Gefäßen und den Verlauf von Nervenfasern (secondary structure of Scherer; Scherer, 1940). Dieses Wanderungsverhalten der Glioblastomzellen im Gehirn ähnelt dabei sehr dem Wanderungsverhalten während der Entwicklung des Gehirns. Überhaupt zeigen Gliome zahlreiche Eigenschaften von Stammzellen (Vorläuferzellen), wie beschriebenes Wanderungsverhalten und der Grad ihrer Neubildung (Zellteilung), die letztendlich in der Frage münden müssen, ob die bis heute etablierte Hypothese der Entartung ausgebildeter hirneigener Zellen als Mechanismus der Tumorentstehung in der Form noch gerechtfertigt ist (Stiles, 2008).

Wir wissen heute, dass Stammzellen in verschiedenen Regionen des erwachsenen (reifen, ausgebildeten) Gehirnes zeitlebens existieren und bereits aus verschiedenen Regionen des Gehirns isoliert werden konnten (Sanai, 2004).

Für Stammzellen des Gehirns bedeutet Vielfältigkeit die Fähigkeit, die drei hauptsächlichen Zelltypen des Gehirns – Neurone, Astrozyten und Oligodendrozyten – hervorbringen zu können. Parallel zu der Frage, welcher Zelltyp letztendlich die Ursprungszelle ist, aus der nach Entartung der Tumor entsteht (Bjerkvig, 2005; Stiles, 2008), steht auch die Frage, welche Rolle dem Gehirn-Milieu in seiner Gesamtheit und seinen Botenstoffen speziell für das biologische Verhalten glialer Hirntumore zukommt, seitdem wir wissen, dass nicht nur Nervenzellen durch Botenstoffe in ihrer Aktivität gesteuert werden können (Kettenmann, 2008). Heute wissen wir, dass vor allem Astrozyten und Mikroglia Andockstellen für Botenstoffe im selben Umfang wie Nervenzellen besitzen. Mikrogliazellen, nach ihrem Entdecker auch Hortega-Zellen genannt, sind die ortsansässigen hirneigenen Abwehrzellen des Gehirns und fungieren als eine Art Polizei, die durch eine Vielzahl von Störungen im Gehirn aktiviert werden können, auch durch Gliome (Watters, 2005).

Diagnostik

Goldstandard in der Diagnostik hirneigener Tumore des Gehirns ist die Magnetresonanztomographie (MRT) vor und nach Kontrastmittelapplikation (KM). Begrenzend hierbei ist, dass das Ausmaß des Tumors oft weit größer ist, als es die Kontrastmittel-anreichernden Strukturen im Bild es vermuten lassen (Kelly, 2004).

Die funktionelle MRT (fMRT) kann Veränderungen im Blutfluss des Gehirns darstellen und kann zur Darstellung wichtiger Funktionsareale wie z.B. der Sprache verwendet werden. Eine neuartige Methode zur exakten Auffindung von wichtigen Hirnregionen ist die transkranielle Magnetstimulation (TMS).

Verschiedene diagnostische Methoden

Dies wird über einen kurzen und sehr starken Stromimpuls durch eine am Kopf des Patienten anliegende Spule erreicht, die ein Magnetfeld erzeugt. Dieses Magnetfeld führt zu einer Aktivierung bzw. Deaktivierung der Nervenzellen im Bereich unterhalb der Spulenmitte. Es hat sich gezeigt, dass dieses Verfahren noch exakter als die funktionelle MRT wichtige Hirnareale, z.B. zur Ausdehung eines Tumors, abgrenzen kann.

Die Magnetresonanzspektroskopie (MRS) kann den Spiegel von körpereigenen Abbauprodukten in z.B. Gliomen bestimmen und ist ein weiteres bildgebendes Verfahren, das Tumore im Gehirn abgrenzen und darstellen kann. Die Positronenemissionstomographie (PET) mit Markern (Tracer) wie Glukose und verschiedenen Aminosäuren (Thymidin, Methionin, Phenylalanin) stellt eine wertvolle Untersuchungsmethode dar, die Aufschluss über den Stoffwechsel im Gehirn und im Tumor liefern kann. Dieses Verfahren kommt vor allem bei Patienten mit dem Verdacht auf ein Wiederauftreten des Tumors (Rezidiv) nach erfolgter Behandlung zum Einsatz (Brandsma, 2008).

Neurochirurgische Therapieoptionen

Die Standardtherapie für ein neu diagnostiziertes Glioblastom ist mehrgleisig und beinhaltet die neurochirurgisch durchgeführte Entfernung des Tumors, gefolgt von einer Strahlentherapie plus begleitender Chemotherapie. Eine maximale Tumorverkleinerung – wenn möglich – verbessert dabei signifikant das Überleben der Patienten (Sanai & Berger, 2008). Die Bedeutung der Neurochirurgie in der Behandlung hirneigener Tumore, wie denen der Gliome, liegt dabei in der Fähigkeit, das Ausmaß einer sicheren Tumorentfernung zu maximieren und vor der Operation vorhandene Beschwerden und Ausfälle, die durch den Tumor verursacht worden sind, zu verringern. Die sichere Abgrenzung wichtiger Funktionsgebiete im Gehirn zum Tumor ist dabei von entscheidender Bedeutung.

Trotz großer Fortschritte in der vor der Operation durchgeführten Diagnostik stellt die Darstellung und Abgrenzung des Tumors während der Operation den entscheidenden Schritt dar. Dies bedeutet aus Sicht des Operateurs zunächst das Verständnis für den Faserbahnenverlauf, für die Sprache, das Empfinden, die Kraft und die Sehbahn (Penfield & Rasmussen, 1960).

Diese Bahnen können zum Teil unter und während der Operation dargestellt und zum Tumor abgegrenzt werden. (Keles, 2004). Die Aufzeichnung von motorisch und sensibel evozierten Potenzialen (MEP) unter der Operation ermöglicht die Einschätzung des funktionellen Erhalts der genannten Regionen und ihrer Faservernetzung. Diese Methoden liefern aber keine Echtzeitinformation während der Operation. Aufgrund der Schmerzunempfindlichkeit des Gehirns bietet die Operation am wachen Patienten ein weiteres sehr genaues und zuverlässiges Verfahren, um bei der Entfernung von z.B. Gliomen in direkter Nähe zu Funktionsarealen, die Bahnen für Kraft, Empfinden, Sprache und sogar Merkfähigkeit zu erkennen. Dies bietet den größtmöglichen Schutz vor neurologischen Defiziten (Ilmberger et al., 2008).

Tatsächlich erlauben diese Methoden bei ihrem überlegten Einsatz, dass mehr als 90% aller Hirntumore heute ohne permanentes Defizit operiert werden können. (Yasargil & Reeves, 1992; Moshel et al., 2008; Hentschel & Lang, 2005)

Die Darstellung des Tumors unter der Operation auch in seiner Ausdehnung selbst stellt zweifelsohne eines der spannendsten Gebiete in der operativen Neurochirurgie dar. Die Schwierigkeit hierbei ist, dass bei hirneigenen Tumoren die Abgrenzung zu normalem Gewebe gewährleistet sein muss, umso mehr bei Beziehungen zu erwähnten Funktionsarealen. Zur Anwendung kommt hier u.a. ein Vorläufer eines eisenhaltigen Farbstoffes roter Blutkörperchen (Häms), die 5-Amino-4-oxopentansäure (ALA), die zu einem fluoreszierenden Purpurfarbstoff (Prophyrin) abgebaut wird. Die Gabe von ALA ins Blut führt dabei zu einer Anhäufung von fluoreszierenden Porphyrinen in allen Zellen. Das Gewebe von bösartigen Gliomen (WHO-Grad III und IV) zeigte eine Anhäufung von Porphyrinen als Reaktion auf die Gabe von 5-ALA (Stummer et al., 2006). Eine weitere Möglichkeit besteht in der Anwendung von Indocyaningrün (ICG), einem fluoreszierenden Farbstoff (Hansen, 1993).

Die Neuronavigation ist ein fester Bestandteil sowohl in der Planung als auch Ausführung operativer Tumorentfernungen geworden und ermöglicht dem Neurochirurgen die genauere Lokalisierung und Zugangswegfindung zu hirneigenen Prozessen. Zur Planung können hier die Daten aus der MRT genutzt werden, die mit metabolischen Daten wie z.B. aus PET und MSI fusioniert werden können. Limitiert wird dies in der Anwendung durch dynamische Änderungen des intrakraniellen Raumes (brain shift) während der Operation selbst, die letztlich die präoperativ gewonnenen Daten nicht mehr nutzbar machen. Diese Limitierung kann durch den Einsatz einer intraoperativen Bildgebung behoben werden. Neben der zwei- und dreidimensionalen Sonographie (Rasmussen, 2007) kommen hier die Computertomographie und Magnetresonanztomographie zum Einsatz. Bei der MRT werden geschlossene (short-bore), horizontale, vertikal-offene und mobile Geräte unterschieden (Mittal & Black, 2006).

Die Verfügbarkeit von mobilen intraoperativen MRT-Scannern ermöglicht eine signifikante Steigerung des Resektionsgrades höhergradiger Gliome und bietet darüber hinaus die Möglichkeit, präoperativ gewonnene Informationen zur Abgrenzung eloquenter Hirnareale intraoperativ zu fusionieren und damit darzustellen (Senft et al., 2008). Es kann somit noch während des operativen Eingriffes das Ausmaß der (bildmorphologischen) Resektion abgeschätzt werden. Es muss aber an dieser Stelle noch einmal daraufhin gewiesen werden, dass es bisher kein bildgebendes Verfahren gibt, das das Ausmaß hirneigener Gliome sicher quantifizieren kann und die Methode der intraoperativen MRT bei Nicht-Kontrastmittel aufnehmenden Prozessen an ihre Grenzen stößt.

Ausblick

Die meisten Patienten mit einem Glioblastom entwickeln ein Rezidiv nach der Standardtherapie mit neurochirurgisch durchgeführter Tumorentfernung, gefolgt von einer Strahlentherapie plus begleitender Temodal-Chemotherapie.

Eine erneute Operation kann das Überleben der Patienten mit einem Rezidiv-GBM verlängern (Butowski et al., 2006). Weitere Therapieansätze, wie die direkt im Hirngewebe durchgeführte Chemotherapie mit BCNU, konnten bisher keinen überzeugenden Wirksamkeitsnachweis in kontrollierten klinischen Studien zeigen (Hart et al., 2008). Stereotaktische Konvergenzbestrahlungen, die Verwendung von Radioimmunokonjugaten (Reardon et al., 2006) und konjugierten biologischen Toxinen (Mamelak et al., 2006) stellen weitere Therapieansätze dar.

Neue Therapieansätze in der Behandlung von Gliomen setzen an der Regulation von Signaltransduktionskaskaden an. Diese Signaltransduktionskaskaden werden durch verschiedene Wachstumsfaktoren (vascular endothelial growth factor – VEGF, EGF, PDGF), Hormone und Zytokine reguliert. Neue Therapieansätze setzen dabei auf die Moleküle dieser Signaltransduktionskaskaden mit dem Ziel, die spezifische Wirksamkeit zu erhöhen und die systemische Toxizität zu senken (Sathornsumetee & Rich, 2006). Monoklonale Antikörper und niedrigmolekulare Inhibitoren stehen dabei zurzeit an erster Stelle. Monoklonale Antikörper (Ak) werden zum großen Teil lokal in der Tumorresktionshöhle verabreicht, da eine systemische Gabe an der Blut-Hirn-Schranke (BHS) bisher scheitert. Eine Modulation der BHS könnte hier Abhilfe schaffen. Neueste Generationen monoklonaler Ak können an der abluminalen Seite der Gefäße wirksam werden – wie der VEGF-neutralisierende Ak Bevacizumab (Avastin; Genentech). Durch die Blockade dieses Wachstumsfaktors der Gefäßneubildung wird die Neovaskularisierung innerhalb des Glioms gehemmt ohne eine notwendige Passage der BHS.

Auch in Zukunft wird die Kernfrage bei hirneigenen Tumoren, wie den Gliomen sein, womit haben wir es bei dieser Tumorentität letztlich zu tun. Der Verdacht, dass es sich hierbei um neuronale Stammzellen handelt, die in sogenannten Stammzellnischen zeitlebens präsent sind und ab einem gewissen Lebensalter das Potenzial zur Selbstkontrolle von Zellteilung und Wanderung verlieren, ist hoch.

Diese Überlegungen zeigen auf, dass es in Zukunft zu einer noch engeren Vernetzung von Neurochirurgie und Neurowissenschaften kommen muss. Dabei können die Fragestellungen nur aus dem klinischen Alltag kommen und die Neurowissenschaften helfen dabei, methodische Ansätze zu ihrer Lösung zu finden. Fragestellungen, wie die der zweifelsfreien intraoperativen Identifizierung und Abgrenzung dieser Prozesse zum normalen Hirngewebe und der Unterscheidung zwischen einer Tumorzelle und einer Gliazelle des ZNS, stehen aus klinischer Sicht sicher im Vordergrund.

(Literaturquellen beim Autor)

Weitere Informationen:
www.neurochirurgie.charite.de
www.glioma-research.com
Deutsche Hirntumorhilfe e.V.
Hirntumor-Informationsdienst Tel. 03437 – 702 702

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Hirntumoren bei Älteren – Therapie nach Maß

Angesichts einer immer älteren Bevölkerung rechnen Forscher damit, dass bald mehr als die Hälfte aller Patienten mit bösartigen Hirntumoren über 65 Jahre alt sein werden. Eine Studie gibt Hinweise, wie die schlechten Prognosen dieser Patienten verbessert werden könnten. Strahlen- und Chemotherapie waren dabei unterschiedlich wirksam, je nachdem, welche Aktivierungseinstellung das MGMT-Gen hatte. Ein wichtiger Biomarker wurde so gefunden; er soll helfen, die optimale Behandlung auszuwählen und die Nebenwirkungen möglichst gering zu halten.

Eine Studie von deutschen und Schweizer Forschern behandelte 71,5 Jahre alte Patienten entweder mit der gebräuchlichen Strahlentherapie oder mit einer Chemotherapie mit dem Wirkstoff Temozolomid. Sie bestimmten den Status des Gens MGMT, das Aufschluss über das biologische Alter des Tumors geben kann. Die Frage, wann ein Patient alt ist, hängt offenbar nicht nur von den Lebensjahren ab, oder davon, wie fit ein Patient ist, so Prof. Wick. Das biologische Alter zeigt sich auch in dem molekularen Profil der Krebsgeschwüre.

Der MGMT-Status ist also nicht nur ein nützlicher Biomarker zur Vorhersage des Therapieerfolges, sondern er wird auch helfen, die optimale Behandlung auszuwählen.
(Quelle: Annika Malmström et al. Lancet Oncol; W.Wick et al. Lancet Oncol.)

Keine Palliativversorgung

Todkranke Privatpatienten sind offenbar gegenüber Kassenpatienten benachteiligt. Ihre Kosten für ambulante Palliativ- oder stationäre Hospizversorgung werden nicht übernommen. Spezialisierte ambulante Palliativversorgungsteams (SAPV) arbeiten mobil und versorgen schwerstkranke Menschen in ihrer vertrauten Umgebung. Nach Darstellung der Deutschen Hospizstiftung übernehmen nur drei von 23 Privatversicherern die Kosten für stationäre Hospizversorgung. Gesetzlich Versicherte haben dagegen einen Anspruch auf diese Leistungen.
(Quelle: Arzt & Wirtschaft, 06/2013)

 

Mind-Body Medizin bei Krebserkrankungen

Die Tagesklinik naturheilkundliche Onkologie am Immanuel Krankenhaus Berlin

Prof. Dr. med. Andreas Michalsen, Internist und Arzt für Naturheilverfahren, Physikalische Therapie, Ernährungsmedizin. Inhaber der Stiftungsprofessur für Naturheilkunde an der Charité-Universitätsmedizin Berlin, Chefarzt des Zentrums für Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin sowie Vorstandsvorsitzender der Karl und Veronica Carstens Stiftung

Christel von Scheidt, Diplom-Psychologin, seit Januar 2010 Leiterin der Tagesklinik und Mind-Body Medizin in der Abteilung Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin

Die Naturheilkunde in der Krankenhausversorgung hat in Berlin eine lange Tradition. Nachdem bereits in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts eine Krankenhausabteilung am Krankenhaus Moabit bestand, erfolgte 1989 erstmals die Schaffung eines Lehrstuhls für Naturheilkunde. Nach dem Umzug der Abteilung in das Immanuel Krankenhaus Berlin wurde 2009 in einer Kooperation mit der Charité-Universitätsmedizin Berlin die Stiftungsprofessur für klinische Naturheilkunde dort angesiedelt. Neben dem weiteren Ausbau des vollstationären klinischen Versorgungsangebotes mit 44 Betten, der Einrichtung eines Ambulanzzentrums und eines wissenschaftlichen Studienzentrums war es ein führendes Ziel, die Mind-Body Medizin weiter klinisch zu verankern. So konnte 2010 die neue Tagesklinik für Naturheilkunde eröffnet werden. Seit dem Frühjahr 2011 bietet die Einrichtung mit der Tagesklinik naturheilkundliche Onkologie für an Krebs erkrankte Menschen ein weiteres innovatives Behandlungsangebot im Sinne der Integrativen Medizin. Durch die Vorarbeiten war es gelungen, dieses Behandlungsangebot für die Regelversorgung und damit für Patienten aller Krankenkassen zu öffnen.

Thematisch zentriert sich das Angebot der naturheilkundlichen onkologischen Tagesklinik auf den Kernbereich der Mind-Body Medizin einschließlich der strukturierten Lebensstilmodifikation zur Verbesserung der Lebensqualität und Sekundärprävention sowie der Hilfe zur Selbsthilfe i.S. der Salutogenese.

Darüber hinaus steht die Anwendung von evidenzbasierten naturheilkundlichen Therapieansätzen zur Behandlung krebsassoziierter Beschwerden und Linderungen von Therapienebenwirkungen im Vordergrund.

Mind-Body Medizin

Programme der Mind-Body Medizin sind wissenschaftlich gut evaluierte Therapiekonzepte (Michalsen 2011), die seit mehr als 30 Jahren in den USA und seit mehr als 10 Jahren in Deutschland im klinischen Setting u.a. in der Behandlung an Krebs erkrankter Menschen erfolgreich angewendet werden. Aufgrund der guten Wirksamkeit sind Mind-body-medizinische Interventionen mittlerweile durch die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. in die Leitlinien der Behandlung von Brustkrebs aufgenommen.

Die Wurzeln der Mind-Body Medizin (MBM) liegen in der stressphysiologisch ausgerichteten Verhaltensmedizin. MBM umfasst einen medizinischen Ansatz, der sich auf die Interaktion zwischen Gehirn, Geist/Psyche, Körper und Verhalten bezieht und auf die starken Möglichkeiten, mit denen emotionale, mentale, soziale, spirituelle und verhaltensmäßige Faktoren die Gesundheit direkt beeinflussen. So zielt sie darauf ab, die jedem Menschen gegebenen gesundheitsförderlichen Potenziale und Ressourcen zu entwickeln und zu stärken.

Mind-Body Medizin in der Onkologie

Die Diagnose Krebs löst bei den Betroffenen Gefühle wie Angst und Hilflosigkeit aus. Die umfangreiche Diagnostik und die Behandlungen können die Erkrankten überfordern. Dies gilt insbesondere auch für die unerwünschten Wirkungen einer Chemo- oder Strahlentherapie und weitere Begleiterscheinungen wie Fatigue und Depression. Das tagesklinische Angebot bietet Menschen, die onkologisch erkrankt sind, durch ein intensives multimodales Therapiekonzept hier eine umfassende Unterstützung. Aus Forschungsergebnissen ist belegt, dass MBM eine Linderung von Nebenwirkungen unter Chemo- und Strahlentherapie bewirkt, die Krankheitsbewältigung der Betroffenen unterstützt, die Prognose durch einen gesundheitsförderlichen Lebensstil sowie die subjektive Lebensqualität verbessert.

Programme der Mind-Body Medizin können Patientinnen und Patienten darin befähigen, den körperlichen, geistigen, seelischen und emotionalen Reaktionen auf die Krebserkrankung gestärkt und mit eigener Energie zu begegnen.

Die Therapieprogramme umfassen u.a. die Bereiche Meditation, Entspannungstechniken, Ausdauerbewegung, Meditative Bewegungsformen (Yoga, Qigong), Ernährungsschulung, Visualisationen, Stressbewältigung, Pflanzenheilkunde, Kneipp-Hydrotherapie und Akupressur. Das Gruppensetting selbst bietet soziale und emotionale Unterstützung in vielfältiger Form.

Die Methoden und Techniken des tagesklinischen Programms werden von Therapeutinnen und Therapeuten aus den Bereichen Psychologie, Ökotrophologie, Sportpädagogik und Psychoonkologie vermittelt. Alle Therapeutinnen und Therapeuten haben aufgrund umfassender Weiterbildungen als GeneralistInnen auch die Kompetenzen aus den jeweiligen anderen Bereichen. Darüber hinaus ist die Begleitung durch onkologisch versierte naturheilkundliche Ärzte von großer Bedeutung. Etwa zwei Drittel der an Krebs erkrankten Menschen greifen auch auf komplementäre Methoden zurück. Die Ärzte der Tagesklinik naturheilkundliche Onkologie beraten und klären die Teilnehmenden darüber auf, welche komplementären Verfahren im individuellen Fall sinnvoll integrierbar sind und auf welche verzichtet werden kann.

Mind-Body Medizin in der Tagesklinik naturheilkundliche Onkologie

Das Programm der Tagesklinik ist salutogenetisch und ressourcenorientiert als Gruppentherapie konzipiert. In jeder Gruppe sind 12 bis 14 Therapieplätze. Das Konzept bezieht den gesamten Bereich der Alltagsgestaltung des Lebensstils der Patientinnen und Patienten ein und bietet dadurch ein „Empowerment“ (Befähigung) zur Entwicklung und Kräftigung der Selbsthilfekompetenzen.

Beginn der Therapie ist ein einstündiges ausführliches Gespräch der Patientin oder des Patienten mit dem behandelnden Arzt, in dem die wichtigsten Aspekte der Krankheitsgeschichte, des Lebensstils, des psychosozialen und biographischen Kontextes sowie der Konstitution und Regulation erhoben werden. Danach folgt das zentriert 12-wöchige gruppentherapeutische Konzept mit insgesamt 84 Stunden in der Tagesklinik und 100 Stunden häuslicher Praxis. Jede Gruppe kommt pro Woche zu einem 7-stündigen Therapietag in die Tagesklinik. Die Tage zwischen den Therapieterminen beinhalten ein Trainingsprogramm für zu Hause, das ca. 9 Stunden pro Woche umfasst. So erfahren die Teilnehmenden Unterstützung, die jeweils neu gelernten Techniken und Methoden in ihren Lebensalltag zu integrieren.

Da das Programm ein hohes Maß an Eigenaktivität erfordert, werden die Patientinnen und Patienten im Vorfeld ausführlich darüber informiert, um sicher zu stellen, dass das Konzept sich mit den Vorstellungen, Erwartungen und Möglichkeiten der Interessierten deckt.

Jeder Therapietag weist eine analoge Struktur auf. Nach dem 1. Einführungstag beginnt jeder Tag mit dem Wochenrückblick. In der ärztlich-naturheilkundlichen Visite besteht die Möglichkeit, Fragen und Probleme zum Krankheits-, Behandlungs- und Genesungsprozess aus naturheilkundlicher Perspektive zu klären und zu besprechen. Ärztliche Informationen zu ergänzenden naturheilkundlichen Methoden werden an die individuellen Probleme der Teilnehmenden angepasst. So finden beispielsweise Kneippsche Güsse, Wickel, Auflagen, Rezepturen bewährter Heilkräutertees, Akupressur oder (Selbst-) Massagetechniken Berücksichtigung. Die Bewegungseinheiten bieten durch verschiedene aktivierende Bewegungsformen (aktivierende Bewegungsübungen, Walking und/oder Nordic Walking) und meditative Bewegungsformen (Yoga und/oder Qigong) die Möglichkeit, Beweglichkeit, Muskelkräftigung, Kondition, Körperwahrnehmung und auch Fatigue und Depression zu verbessern.

Mit dem Prinzip der Achtsamkeit und den verschiedenen Formen der Achtsamkeitsübungen wird den Teilnehmenden ein grundsätzlicher Eckpfeiler der Krankheitsverarbeitung vermittelt. Achtsamkeit sei hier wie folgt verstanden: „Achtsamkeit ist die grundlegende menschliche Qualität, mit allen Sinnen und im Vollbesitz unserer geistigen Fähigkeiten präsent zu sein – voll und ganz bei etwas zu bleiben und sich nicht von den Gegebenheiten davonreißen zu lassen ... und innerlich wie äußerlich mit größerer Intensität mit unserem Leben verbunden zu sein.“ „Die Haltung der Achtsamkeit hilft uns, weniger aus Vorurteilen und Ängsten heraus zu leben, sondern den Augenblick so wahrzunehmen, wie er gerade ist.“ (Lehrhaupt, Meibert 2010). Hier wird deutlich, dass Achtsamkeit sowohl eine Methode als auch eine Grundhaltung darstellt, die den Umgang mit Krankheit, Verlust, Bedrohung oder Schmerz erleichtern, sowie die Akzeptanz nichtveränderbarer Gegebenheiten unterstützen kann.

Schon zu Beginn der Therapie erfolgt eine Vorbereitung auf die Zeit nach dem Tagesklinikprogramm. Elemente der kognitiven Therapie werden als Selbsthilfestrategie vermittelt. Die Teilnehmenden lernen Strategien kennen, mit denen sie in der Lage sind, stressverschärfende Gedanken selbständig zu verändern. Die Teilnehmenden lernen insgesamt 8 verschiedene Methoden/Varianten der Entspannungs- und Meditationstechniken kennen. Durch die tägliche Übungspraxis ist es möglich, zum Ende des Programms entscheiden zu können, welches Verfahren individuell passend ist.

Dem Thema Ernährung sind zwei Informationsblöcke und ein Praxis-Tag gewidmet. Es werden Informationen zur vegetarischen und mediterranen Vollwerternährung vermittelt und hilfreiche Tipps für die verschiedenen – beispielsweise chemotherapieinduzierten – Beschwerden gegeben. Am Praxis-Tag kocht die Gruppe ein mehrgängiges mediterranes Menü. Neben den themenspezifischen Informationen und Fertigkeiten unterstützt das gemeinsame Kochen und das anschließende gemeinsame Essen den Gruppenprozess und die Gruppendynamik maßgeblich.

Mit diesem umfassenden Angebot an Methoden und Techniken wird die Grundlage für eine bewusste Lebensgestaltung gelegt. Die Teilnehmenden können sich zunehmend ihrer im Laufe des Lebens automatisierten Denk- und Verhaltensmuster („Autopilot“) bewusst werden und somit mehr und mehr die subjektiven lebensqualitätsreduzierenden, stress- und symptomverstärkenden Muster identifizieren und förderliche Verhaltensweisen aufbauen. Sie erhalten Handwerkszeug für eine bewusstere Gestaltung des Lebensstils und können eine zunehmende Akzeptanz krankheitsbedingter Einschränkungen entwickeln.

Evaluation des Behandlungskonzeptes

Von Frühjahr 2011 bis Ende 2012 haben elf Gruppen an dem Programm teilgenommen. Von Anfang an wurde das Konzept durch eine Beobachtungsstudie begleitet. In einer Stichprobe wurden 46 Patientinnen und Patienten bezüglich des Outcomes (Resultat) analysiert. 87% der Befragten waren mit dem Therapieprogramm sehr zufrieden, 13% waren zufrieden. 87% gaben eine Reduktion ihrer körperlichen Beschwerden an (im Mittel um 50%). 98% erfuhren eine Verbesserung der psychischen Befindlichkeit (im Mittel um 55%). Für 93% der Befragten hat sich die Lebensqualität insgesamt verbessert. 91% führten die Verbesserung der Symptomatik auf die Bewegung zurück, 81% auf Entspannungs- und Meditationsübungen. 95% der Befragten empfanden die Informationen im Bereich Ernährung hilfreich für ihren Lebensalltag. 57% der Befragten haben angegeben, dass sich ihre Symptome durch die vollwertige Ernährung verbessert haben. Die naturheilkundlichen Hausmittel beschrieben 91% als hilfreich. Als wichtiges Ergebnis erscheint, dass es 80% der Befragten leicht fiel, das Gelernte in den Alltag einzubauen.

(Literaturquellen bei der Redaktion)

Weitere Informationen: www.immanuel.de

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Elektroschocks für Krebszellen

Auf dem diesjährigen Deutschen Röntgenkongress stellte der Radiologe Prof. Dr. Christian Stroszcynski, Regensburg, die irreversible Elektroporation (IRE) vor. Hier wird der Tumor einer sehr kurzen und intensiven elektrischen Spannung ausgesetzt, die zum Tod der Krebszellen führt.

Besonders bei der Behandlung von Lebertumoren findet dieses lokal-therapeutische Behandlungsverfahren Anwendung, da sich die Leber u.a. gut für lokale, minimalinvasive Verfahren eignet. Der Radiologe führt zwei bis sechs Sonden an den Tumor heran. Der komplette Vorgang erfolgt unter Bildkontrolle. Am Zielort angekommen, wird das Tumorgewebe für den Bruchteil einer Sekunde einer sehr hohen, mehrere tausend Volt betragende Spannung ausgesetzt. Der Stromstoß sorgt für das Öffnen der Membranen und das Platzen der Zellen; ähnlich dem natürlichen Zelltod, der Apoptose. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in der Schonung des Nachbargewebes. Die Hoffnung der Forscher liegt auf einer weiteren Etablierung des Verfahrens und der Anwendung bei weiteren Krebsentitäten.
(Quelle: Deutsche Röntgengesellschaft e.V.)

Cholesterin senken – günstig bei Prostatakrebs

Eine amerikanische Beobachtungsstudie an rund 1000 Männern mit einem Prostatakarzinom ermittelte eine deutliche Verringerung der Sterbefälle unter einer cholesterinsenkenden Therapie. In den ersten sechs Jahren nach Aufnahme in die Studie starben 123 Patienten, davon 39 am Prostatakarzinom. Unter der Therapie mit Statinen lag die Mortalität fünfmal niedriger als ohne Lipidsenker. Die Autoren erklären den Effekt damit, dass Statine die Cholesterinsynthese in der Leber hemmen und deshalb dem Karzinom weniger Cholesterin für die Neubildung von Zellmembranen zur Verfügung steht. Für eine Therapieempfehlung ist es noch zu früh. Weitere Studien sind erforderlich.
(Quelle: Milan S. Geybels et al., Prostate 2013)

ASS kann Metastasen verhindern

Immer wieder liefern Studien Daten, die überraschen. Die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) eignet sich offenbar auch zur Prävention von Brustkrebs und Prostatakarzinom. Der Herzschutz bremst sogar die Metastasierung, so Prof. Dr. Lothar Kanz vom Universitätsklinikum Tübingen.

Die Auswertung von Analysedaten von 17.285 Patienten, die an einer von fünf Studien zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse teilgenommen hatten, zeigten, wenn sich unter ASS-Einnahme ein Tumor entwickelte, war die Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung um 34% reduziert. Wurde die ASS-Einnahme nach der Tumordiagnose fortgesetzt, sank die Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung um 70%. Noch können jedoch aus diesen Ergebnissen keine Empfehlungen für die Tumorund Metastasenprävention abgeleitet werden.
(Quelle: Medical Tribune 5/13)

Gibt es einen Zusammenhang?

Diabetes nimmt weltweit bedrohlich zu – auch Krebs ist weiter auf dem Vormarsch. Gibt es möglicherweise einen Zusammenhang? Zahlreiche epidemiologische Studien weisen darauf hin, dass Patienten mit Typ-2-Diabetes ein moderat erhöhtes Krebsrisiko haben und bei ihnen das Fortschreiten einer Krebserkrankung begünstigt wird.

Ein gestörter Zuckerstoffwechsel kann Krebs begünstigen, wie weitere epidemiologische Studien gezeigt haben. Forscher der Universität von Madrid fanden heraus, dass ein Eiweiß namens Beta-Catenin durch hohe Blutzuckerwerte aktiviert wird und die Bildung von Insulin anregt. Zugleich fördert es aber auch das Zellwachstum.
(Quelle: Endokrinische Informationen 2013)

 

Angst bei Krebs — wie kann psychoonkologische Unterstützung helfen

Martina Preisler, Diplom-Psychologin, Psychoonkologin, Systemische Einzel-, Paar- und Familientherapeutin, Charité Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie und in eigener Praxis für Psychotherapie und Psychoonkologie

Gefühle der Angst kennt jeder Mensch. Und Angst ist eine normale (Schutz-) Reaktion auf eine existentielle Bedrohung und als solche wird die Diagnose Krebs von den meisten Menschen erlebt. Sich mit den Fragen, Gedanken und Gefühlen, die einem Angst machen, auseinanderzusetzen, ist Teil eines aktiven Umgangs mit einer Krebserkrankung und ist über die Zeit hinweg immer wieder ein großes Thema der Betroffenen.

Um einen wichtigen Punkt gleich vorweg zu nehmen: Niemand kann bewirken, dass die Angst ganz aufhört – weder ein entsprechender Umgang, noch Training, auch kein Arzt und auch keine Psychoonkologin. Was Sie aber tun können, ist, sich mit Ihren Ängsten auseinanderzusetzen! Sie können sich den aufkommenden Fragen stellen und Verarbeitungsstrategien und für Sie passende Lösungen entwickeln. Die Strategien können Sie zu einem besseren Umgang mit Ihrer Angst befähigen und diese auf ein erträgliches Maß bringen. Dieser Artikel soll Ihnen einige Anregungen dazu geben.

Reaktionen bei Angst

Um sich mit den eigenen Ängsten und Befürchtungen auseinanderzusetzen, ist ein erster Schritt, diese überhaupt wahrzunehmen. Angst hat viele Gesichter und versteckt sich unter vielfältigen Gefühlen, Gedanken und Verhaltensweisen. „Verdeckte“ Ängste können sich in aggressivem Verhalten gegen unsere Umwelt und uns selbst richten. Auch hinter Ärger und Wut über andere kann sich die eigene Angst verbergen. Ebenso kann sie sich in so genannten Verschiebungen zeigen: „Ich habe gar keine Angst, aber meine Frau hat große Ängste!“. Angst wirkt sich auf mehreren Ebenen aus, die sich gegenseitig beeinflussen. So kann man zwischen einer körperlichen Angstreaktion, Angstgedanken, Angstgefühlen und Verhaltensreaktionen bei Angst unterscheiden.

Reaktionen auf der Körperebene finden unwillkürlich statt und sind aus der Alltagssprache bekannt: Manche werden „blass vor Angst“ (Gefäßveränderung), manchen „bleibt das Herz stehen“ oder „schlägt bis zum Hals“ (Herzrasen), manche werden sogar „vor Angst ohnmächtig“, bekommen „weiche Knie“ (Schwindel, Schwäche), anderen wird es „schlecht vor Angst“ (Übelkeit, Erbrechen). Weitere Reaktionen sind Anspannung, Schlafstörungen, Diarrhoe, Brustschmerzen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Diese körperlichen Reaktionen können sehr unterschiedlich ausfallen. Bei manchen Menschen fehlen sie weitgehend. Sie bleiben unter Angstdruck lange ruhig, während andere sehr heftig reagieren. Wieder andere bemerken nur ihre körperlichen Symptome, ohne die dahinterliegende Angst selbst wahrzunehmen.

Auf der Gefühlsebene können sich Ängste in Form von Beklemmung, dem Gefühl, neben sich zu stehen, in Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, einem Gefühl der Lähmung, Ohnmacht, innerer Unruhe, Anspannung und Bedrohung ausdrücken. Die Emotionen, welche durch die Angst ausgelöst werden, hängen stark mit den Gedanken zusammen, die diesen vorausgehen. Solche Gedanken sind zum Beispiel: „Du musst tapfer sein“, „Reiß Dich zusammen“, „Es wird nie mehr anders“, „Muss ich sterben?“, „Es hat alles keinen Sinn!“, „Was ist, wenn der Krebs wiederkommt?“.

Auf der Verhaltensebene führen Ängste unter anderem zu verstärktem Aktivismus, eventuell zur Vermeidung von ärztlichen Untersuchungen. Vielleicht werden soziale Kontakte zu Freunden und Nachbarn abgebrochen, weil man peinliches Schweigen oder andere unangenehme Situationen in Konfrontation mit der Erkrankung vermeiden möchte (Passivität/Rückzug). Oft werden auch Nähe zum Partner und Sexualität vermieden. Dieses Vermeidungsverhalten beeinträchtigt das eigene Selbstwerterleben, was wiederum bei lang anhaltenden Ängsten auch zu depressiven Verstimmungen führen kann.

Psychoonkologie – Wie kann sie helfen?

Wenn Ängste über mehrere Wochen als stark belastend erlebt werden und das eigene Wohlbefinden und der Alltag sehr stark beeinträchtigt sind, kann eine psycho-onkologische Begleitung sinnvoll sein. Psychoonkologische Unterstützung kann dabei von Beratung bis hin zu Therapie reichen.

Zusätzlich zur medizinischen Behandlung kann eine psychoonkologische Begleitung helfen, mit den Erkrankten und deren Angehörigen gemeinsam einen Weg durch diese oft verwirrenden Gedanken und Gefühle zu suchen. Dazu gehört, sich mit dem Durcheinander der Gefühle auseinander zu setzen, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen, die eigenen Ressourcen zu mobilisieren, eigene und fremde Kraftquellen zu finden, alte und neue Lebensziele (wieder) zu entdecken, Ruhe und Klarheit in all der Anspannung zu finden und einen für sich selbst günstigen Umgang mit den eigenen Ängsten zu entwickeln.

Auswahl an Strategien und Auseinandersetzungsmöglichkeiten mit der eigenen Angst

DEN (richtigen) Umgang, DIE (richtige) Verarbeitung einer Krebserkrankung und der damit verbundenen Ängste gibt es nicht. Es ist notwendig, individuelle und flexible Umgangsmöglichkeiten zu entdecken, zu entwickeln und auszuprobieren.

Jeder ist anders (siehe Zeichnung auf Seite 25) und hat andere Erfahrungen, Stärken und Schwächen. Grundsätzlich kann man sagen, dass hilfreich ist, was Übersicht über die Situation, Halt und Zuversicht gibt, was Vertrauen stärkt und Unsicherheit vermindert, die Angst abbauen und somit die eigene Belastung senken kann.

In der Grafik finden Sie entsprechend den genannten Ebenen, mögliche Ansatzpunkte, mit den eigenen Ängsten umzugehen.

Auf der Ebene der körperlichen Reaktionen kann es hilfreich sein, die eigenen vegetativen unwillkürlichen Reaktionen einschätzen zu lernen, um sie nicht mit bedrohlichen Zuständen zu verwechseln. Weil Angst immer mit einer körperlichen Anspannung einhergeht, sind aktives Entspannen durch Achtsamkeitsübungen, Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, durch Bewegung oder Tanzen wirksame Methoden.

Zur Reduktion der Angstgedanken können folgende Interventionen sinnvoll sein:

Die Angst annehmen: „Ja, ich habe Angst und das ist eine völlig normale psychische Reaktion auf die Bedrohung meines Lebens!“ Durch die Akzeptanz nehme ich der Angst ihre „Macht“. Ich muss nicht weiter gegen sie „ankämpfen“, sondern kann dieser als ein Teil des Lebens gegenüber treten.

Ängste identifizieren: Ausdrucksformen der Angst gehen mit dem Gefühl einer Bedrohung einher. Daher ist es wichtig, seine Ängste einordnen zu können.

Dabei helfen Fragen wie: Welche Ängste habe ich konkret? Wovor habe ich genau Angst? Erst wenn ich weiß, wovor ich Angst habe, kann ich nach konkreten Lösungen bzw. Umgangsstrategien suchen.

Informieren: Angst entsteht oft auch aus dem Gefühl heraus, keinerlei Kontrolle über die Situation, keine Steuerungsmöglichkeit mehr zu haben. Informationen über die Erkrankung selbst und über Behandlungsmöglichkeiten ebenso wie Informationen über das, was man selbst zur Unterstützung der Behandlung tun kann, können helfen, sich sicherer und besser gewappnet zu fühlen. Auch eine Zweitmeinung kann mehr Klarheit schaffen, ebenso eine Beratung durch Selbsthilfegruppen oder Beratungsstellen, um überhaupt Hinweise zu bekommen, welche Informationen jetzt sinnvoll wären und woher man diese bekommen kann.

Die Angst zu Ende denken, um dann zu planen, wie man dann damit umgehen möchte: Was können Sie konkret tun, wenn die eigenen Befürchtungen wahr werden sollten? Manche Patienten beruhigt es, frühzeitig alle Eventualitäten zu durchdenken. Dazu gehört zum Beispiel, sich über mögliche Behandlungsmethoden bei fortgeschrittener Krebserkrankung zu informieren.„Notfallliste/Notfallkoffer“ erstellen: Welche Möglichkeiten haben Sie, wenn die Ängste so groß werden, dass Sie an nichts anderes mehr denken können? Das Erstellen einer Notfallliste oder eines Notfallkoffers hat sich in der Praxis als hilfreich erwiesen.

Nachfolgend ein Beispiel für eine Notfallliste:

Patientin: 35jährig, in ambulanter psychoonkologischer Begleitung, verheiratet, 2 kleine Kinder, vor 10 Jahren an einem Hirntumor erkrankt, OP, Chemo. (Die Liste entstand in Vorbereitung auf eine der Nachsorgeuntersuchungen, die mittlerweile nur noch alle 9 Monate stattfinden, aber mit großen Ängsten verbunden ist)

Hier mein Notfallplan:

abends/nachts: Glas Milch trinken, Ängste und nächste Schritte aufschreiben, Notfallplan angucken.

tagsüber: ablenken (wenn ich Lust drauf habe ...) durch nette/aktive Aktionen (Kino, Waldspaziergang...)
• Ängste irgendjemandem gegenüber aussprechen (Peter (Peter ist der Ehemann; Anmerk. der Autorin), Freunde ...)
• Kinderbetreuung suchen (wenn ich zu angespannt bin, den Kindern gegen über aggressiv werde und mich dann doof finde)

bei totaler Verspanntheit: gute Massage gönnen (oder zum Osteopathen gehen), TV-Abend mit Schoko gönnen
• Termin bei Frau Preisler machen

bei „komischen" Diagnosen und Unsicherheit: Arzt noch mal um deutliche Aussage/Empfehlung bitten -
• Termin bei meiner Onkologin machen, mit ihr sprechen und Blutwerte checken lassen. -
• daran denken, was mein Lieblingsneurochirurg gesagt hat: „da muss man nur noch alle zwei Jahre mal draufgucken..." -
• bewusst machen, dass selbst eine neue Therapie (Chemo o.ä.) nicht das Ende ist. -
• o.k. finden, dass ich Angst habe – trotz Notfallplan -
• mich daran erinnern, dass ich trotz Chemo Spaß am Leben hatte – und das auch weiter haben werde

Wenn das alles nicht hilft: -
• Dr. Bauer von der Gehirntumorsprechstunde eine Mail schicken. -
• versuchen, bei der Tumorsprechstunde einen schnellen Termin zu bekommen schnellen MRT-Termin bekommen

Wenn der Tumor nachwächst: -
• zweite Meinung bei Dr. Pfeiffer einholen -
• Hirntumorhilfe anrufen und Infos über aktuelle Studien besorgen. -
• allen Freunden Bescheid sagen. -
• Haushaltshilfe über die Krankenkasse besorgen. -
• Lehrern/Erziehern der Kinder Bescheid sagen. -
• mit Peter und meinen Eltern reden, wie ich umsorgt werden will. -
• neue Klamotten kaufen, auf die nächsten Parties freuen, alles machen, was ich auch sonst gerne mache: Fotoalben basteln, Freunde treffen, tanzen, mit meinen Männern nach Italien fahren und Pizza essen, meine Eltern treffen

(Herzlichen Dank an dieser Stelle an meine Klientin für die Genehmigung des Abdrucks ihrer Notfallliste.)

Aufmerksamkeitsfokussierung auf die schönen Seiten und Dinge des eigenen Lebens! Dies bedeutet nicht, die Erkrankung, das damit verbundene Leid, die Schmerzen und die Trauer zu negieren. Vielmehr geht es darum, sich bewusst dafür zu entscheiden, wohin die eigene Energie gegeben und welche Aspekte des Lebens den genannten belastenden Gedanken und Gefühlen hinzugefügt oder gegenübergestellt werden sollen.

Die Navajo-Indianer erzählen sich dazu eine wunderbare Geschichte:

„Ein alter Mann aus dem Stamm sprach mit seinem Enkel: „Manchmal habe ich das Gefühl, dass in mir ein Kampf tobt - ein Kampf zwischen zwei Wölfen:
Der eine Wolf ist böse. Er ist der Wolf des Zorns und Neids, der Sorge, des Vorwurfs, der Gier und Arroganz, des Selbstmitleids, der Schuld, der Ablehnung, der Minderwertigkeit oder Überlegenheit; der Angst vor der Heilwerdung von Körper und Seele, vor dem Erfolg und davor, dass das, was die anderen gesagt haben, wahr sein könnte; der Angst, in den Mokassins eines anderen zu laufen, um nicht mit seinen Augen sehen und seinem Herzen fühlen zu müssen, wie sich die Wirklichkeit aus seiner Sicht darstellt, so dass ich an hohlen Ausreden festhalten kann, die ich im Inneren längst als falsch erkannt habe.
Der andere Wolf ist gut. Er ist der Wolf der Freude, des Friedens, der Liebe und Hoffnung, der Gelassenheit, Bescheidenheit und Güte, des Mitgefühls für jene, die mir geholfen haben, wenngleich ihre Bemühungen nicht immer perfekt waren, der Bereitschaft, mir selbst und anderen zu vergeben und zu erkennen, dass ich mein Schicksal selbst in der Hand habe.“
Nachdem der Enkel eine Weile über die Worte seines Großvaters nachgedacht hatte, fragte er: „Sag mir, Großvater, welcher der beiden Wölfe wird nun gewinnen?“ Und der alte Mann antwortete: „Der Wolf, den ich zu füttern beschließe.“(Entnommen aus John Izzo: Die fünf Geheimnisse, die Sie entdeckt haben sollten, bevor Sie sterben.)

Für sich selbst jeweils zu entscheiden, welchen Wolf man füttern will, schafft Kontrolle, schafft Gestaltungsmöglichkeit im Umgang mit der Angst, mit dem Leben.

Auf der Handlungsebene der Angstreaktionen können Sie sich bewusst den Situationen stellen, die Sie eigentlich gerne vermeiden würden. Dabei hilft es, sich zu überlegen: Wer und was kann mich dabei unterstützen? Freunden, Nachbarn, Bekannten nicht den Rücken kehren – oft haben Verwandte, Freunde, Bekannte und Nachbarn genau so viel Angst wie Sie und brauchen vielleicht eine Art „Brücke“, um auf Sie zuzugehen. Kehren Sie ihnen nicht den Rücken zu. Aus Hilflosigkeit und Angst, das Falsche zu sagen oder zu fragen, getrauen sich viele nicht, von alleine auf Sie zuzugehen. Umso klarer Sie auch benennen können, wie man Sie am besten unterstützen kann, umso einfacher ist auch der Kontakt für alle Beteiligten zueinander. Wenn Sie zum Beispiel nicht über Ihre Erkrankung reden möchten, dann können Sie das sagen und vielleicht auch benennen, über was Sie stattdessen reden möchten!

Wie und wo erhalte ich psychoonkologische Unterstützung?

Schnell, kostenlos und unkompliziert erhalten Erkrankte und Angehörige in Krebsberatungsstellen Unterstützung – dort können mehrere Einzelgespräche, Paargespräche und Gruppenangebote in Anspruch genommen werden. Mit der Beraterin, dem Berater, überlegt man dann gemeinsam, was für Sie situativ und individuell jetzt hilfreich sein könnte, auch ob eine intensivere Psychotherapie mit psychoonkologischem Schwerpunkt in der momentanen Situation sinnvoll ist. Stationäre Patienten haben mittlerweile in vielen Kliniken die Möglichkeit, sich während ihres Klinikaufenthaltes von PsychoonkologInnen beraten und begleiten zu lassen – dafür einfach auf der Station nachfragen oder Aushänge beachten.

All diese Angebote können auch präventiv wahrgenommen werden, also noch bevor Sie in eine Krise kommen! So können Sie sich bereits im Vorfeld Strategien im Umgang mit den vielfältigen Herausforderungen einer Krebserkrankung erarbeiten. Sie haben dann außerdem einen bekannten Anlaufpunkt, wenn Sie merken, dass die eigenen Bewältigungsstrategien an ihre Grenze kommen. Dies alles gilt auch für die Angehörigen der an Krebs Erkrankten: LebenspartnerInnen, Kinder, Eltern, enge Freunde.

(Literaturquellen bei der Redaktion)

www.martinapreisler.de

 

„Jeder hat Angst und keiner weiß so genau vor was. Vor der Krankheit, vor der Bezeichnung Krebs, vor dem, was er nicht sieht, vor dem was kommt, kommen kann, vor dem Tod als Zustand, vor dem Sterben als Prozeß und Zustand, vor der Gesellschaft, die neue Angst verbreitet, vor der Angst der Mitmenschen, vor sich selber.“(Martina Maratschniger: 111 Worte in einem Leben mit Krebs)

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Neues zu Diagnostik und Therapie des Prostatakrebses

Für Untersuchungen auf verborgenes Blut im Stuhl wird seit mehr als 40 Jahren ein enzymatisches Nachweisverfahren eingesetzt (Guajak-Test).

Seit einigen Jahren sind Testsysteme auf dem Markt, die den Blutfarbstoff Hämoglobin immunologisch über eine Antikörperreaktion nachweisen. Epidemiologen des DKFZ wiesen nun im direkten Vergleich die Überlegenheit dieser Tests nach. Immunologische Tests spüren doppelt so viele Karzinome und Krebsvorstufen auf und liefern weniger falschpositive Ergebnisse.

In mehreren europäischen Ländern, die Programme zur Krebsfrüherkennung anbieten, sind die immunologischen Tests inzwischen Standard. Auch Deutschland wäre gut beraten, diese Tests in die Krebsfrüherkennungsprogramme aufzunehmen, so Prof. Dr. med. Hermann Brenner (DKFZ, Heidelberg).
(Quelle: Deutsches Ärzteblatt, Juni 2013)

Immer wieder - kurz erinnert

Aktuelle Studien haben belegt, dass 9 bis 19% aller Krebserkrankungen auf einen Mangel an Bewegung zurückzuführen sind.

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt gerade Betroffenen mindestens 30 Minuten regelmäßige körperliche Bewegung von moderater Intensität, wie z.B. schnelles Spazierengehen, an den meisten Tagen der Woche.
(siehe auch Ausgabe Nr.7, Beitrag „Bewegung und Sport zur Prävention und Rehabilitation von Krebserkrankungen)

Impfung gegen Hirntumor

Krebsforscher der Universitätskliniken Heidelberg, Genf und Tübingen sind in der Erforschung eines äußerst aggressiven Hirntumors, des Glioblastoms, einen großen Schritt voran gekommen. Sie erfassten erstmals systematisch sämtliche Eiweiße auf der Oberfläche der Glioblastomzellen und identifizierten zehn Marker, die besonders charakteristisch für diese Tumorart sind. Die Marker eignen sich als Angriffspunkt für eine Impfung gegen den bisher unheilbaren Krebs.

Die Forschungsergebnisse fanden bereits Eingang in die klinische Anwendung. Die Impfung soll körpereigene Abwehrreaktionen gegen den Tumor stärken und damit das Tumorwachstum verlangsamen, so Frau Professor Christel Herold-Mende, Leiterin der Neurochirurgischen Forschung der Uniklinik Heidelberg.
(Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg)

Gehirntumor: Kampf des Immunsystems

Ein Krebs kommt selten allein. Hirnmetastasen sind begleitende Komplikationen von anderen Krebsarten; vor allem bei Lungen-, Brust- und Hautkrebs. Die körpereigene Immunantwort im Gehirn wird beim Kampf gegen diese Metastasen durch Entzündungsreaktionen wirkungslos gemacht. Metastasen im Gehirn treffen zwar auf einen Wall von Fresszellen, die aber zu schwach sind, um die Tumorbildung erfolgreich zu bekämpfen. Die Immunabwehr muss also aktiviert werden. Antikörpertherapien oder Impfungen könnten die Mittel der Wahl sein.

Standardbehandlungen sind in den meisten Fällen OP, Strahlen- und Chemotherapie. Ziel der Forscher ist die Entwicklung von schonenden Behandlungsmöglichkeiten.
(Quelle: Med Uni Wien)

 

Aktuelle Diagnostik und Therapie des Lungenkarzinoms

Dr. Christian Grah, Leiter des pneumologischen Schwerpunkts und des Lungenkrebszentrums Havelhöhe sowie der LungenkrebsHILFE Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Klinik für anthroposophische Medizin

Die Behandlung des Lungenkarzinoms ist eine der großen Herausforderungen der Onkologie des 21. Jahrhunderts. Hierzulande erkranken jährlich nahezu 50.000 Menschen daran und immer noch sterben fast so viele Patienten am Lungenkarzinom wie neu erkranken. Seit 2010 liegt eine deutsche Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung des Lungenkarzinoms vor. Sie bildet die aktuelle Grundlage zur modernen Behandlung und fasst den Stand der Forschung aktuell zusammen. In den letzten Jahren konnte die Therapie des Lungenkarzinoms für einige Aspekte der Erkrankung wesentlich verbessert werden. Durch die Entdeckung von seltenen Mutationen der Tumorzellen sind spezifische und sehr wirksame Medikamente entwickelt worden, welche die Behandlungsstrategien nachhaltig verändert haben.

Inzidenz und Mortalität im Vergleich der häufigsten Krebsentitäten. Lungenkrebsüberleben immer noch bei 13% 5-JÜL

Prävention und Screening

Es ist eine der Besonderheiten der Lungentumore, dass sie vorwiegend durch äußere Ursachen entstehen. Die Hauptursache für das epitheliale Lungenkarzinom besteht im Inhalationsrauchen, der Tumor des Lungenfells (Pleuramesotheliom) entsteht durch die Inhalation von Krokydolithfasern (Asbest). Insbesondere das in Zigaretten enthaltene Benzpyren und polyzyklische Kohlenwasserstoffe scheinen für die Krebsentwicklung eine ursächliche Rolle zu spielen. Die darüber hinaus bekannten berufsbedingten Karzinogene wie radioaktive Aerosole, Metalle wie Arsen, Chrom, Nickel u.a. spielen als Auslöser für den Lungenkrebs eine vergleichsweise geringe Rolle.

Die Hauptursache des Lungenkarzinoms ist das Rauchen (bis zu 90 %), die Prävention daher politisch, pädagogisch wie therapeutisch von zentraler Bedeutung.

Für die Früherkennung gibt es bislang noch keine anerkannte Methode. Versuche, den Lungenkrebs durch systematische zytologische Sputum-Untersuchungen von großen Bevölkerungsgruppen oder auch durch Röntgenoder CT-Reihenuntersuchungen von Risikogruppen effektiv zu bekämpfen, haben sich bislang nicht durchsetzen können.

Diagnose

Dass sie an Lungenkrebs erkrankt sind, spüren Betroffene meist erst sehr spät. Symptome wie Luftnot, Bluthusten oder Schmerzen treten selten auf. Ebenfalls sind Allgemeinsymptome wie Gewichtsabnahme oder Nachtschweiß keine verlässlichen Frühsymptome. Uhrglasnägelbildung oder Gelenkschmerzen können in seltenen Fällen auf Lungenkrebs hinweisen. Wenn ein Schatten auf der Lunge entdeckt wird, kann dies Lungenkrebs oder aber auch nur eine entzündliche Veränderung zur Ursache haben. Aus diesem Grunde wird die Diagnose eines Lungentumors in aller Regel in Zusammenarbeit mit dem Pathologen durch eine Gewebeentnahme gestellt. Gutartige Tumoren treten nur zu ca. 3%, also sehr selten auf. Im Ergebnis gilt deswegen, dass bei einer Raumforderung größer als 8 mm durch eine Gewebeprobe geklärt werden sollte, ob es sich um einen bösartigen Lungenkrebs handelt. Bei der Gewebeentnahme sind die besonderen Bedingungen der Atemwege zu berücksichtigen. Über eine Spiegelung der Atemwege (Video-Bronchoskopie) können die großen Atemwege bis zur zweiten Segmentaufteilung der Luftwege eingesehen werden. Weiter ‚hinten’ in den Verzweigungen liegende Veränderungen lassen sich nur mit einer gleichzeitigen Röntgendurchleuchtung der Lunge erfassen.

Bei der endoskopischen Diagnostik der Lunge kommt es leicht zu schweren Beeinträchtigungen, weswegen eine gründliche Überwachung während und auch nach der Untersuchung erforderlich ist. Zudem sind die Atemwege mit ihren 23 Verzweigungen auch bei anatomisch genauen Kenntnissen so angelegt, dass eine periphere Raumforderung beim Versuch einer Probenentnahme mit einer Bronchoskopie nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 bis 80% erfasst wird. Gelingt dies nicht, so kann über spezielle Methoden, z.B. mit einer On-site-zytolopathologischen Bestimmung (ROSE), die Trefferquote erhöht werden. Alternativ kann die Gewebeentnahme über eine direkte Punktion von außen oder von innen mit einer Ultraschall- oder einer CT (Computertomographie)-Ansteuerung erfolgen. Hierzu stehen spezielle Nadeln und Sonden zur Verfügung. Wenn eine Raumforderung klein oder eine Gewebeentnahme sehr schwierig ist, lässt sich auch über eine Operation klären, ob ein bösartiger Tumor die Ursache der Veränderung ist. Der Umfang der Operation wird in diesem Fall während der Diagnostik mittels eines Schnellschnitts festgelegt. Bei der Bewertung der Gewebeproben ist zu berücksichtigen, dass auch Mischtumoren verschiedenen Gewebeursprungs auftreten können. Lungentumoren gehen meist vom Bronchialepithel, selten auch vom Alveolarepithel aus.

Endobronchialer Ultraschall (EBUS) zur Diagnostik von Lymphknotenvergrößerungen.

Rasante Entwicklung – molekulare Diversifikation des NSCLC

Über die bekannte Unterscheidung der Lungenkarzinome in kleinzellige (SCLC) und nicht-kleinzellige Lungentumoren (NSCLC) hinaus hat eine genauere Differenzierung der NSCLC in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Bis vor wenigen Jahren unterschied man zwischen dem Adenokarzinom, dem Plattenepithelkarzinom und anderen selteneren Formen, ohne daraus weitere Konsequenzen ableiten zu können. Die Behandlung war bei allen NSCLC immer die gleiche. Durch die Zunahme der auf die molekularen Mechanismen der Erkrankung gerichteten Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten haben sich die Therapiestrategien in der Krebstherapie in den letzten Jahren stark gewandelt. Zunehmende „molekulare Diversifikationen“ des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) ergeben neue Therapiemöglichkeiten durch Tyrosinkinaseinhibitoren und Antikörper. Diese Möglichkeiten verändern das Vorgehen der prädiktiven Diagnostik (Translokations-, Mutationsanalyse bzw. Nachweis von Rezeptorüberexpression) und stellen an ein Behandlungszentrum wichtige Anforderungen, wie z.B. eine logistisch ausgefeilte Diagnostik bereitzustellen, um in kurzer Zeit die optimale Stratifikation der modernen Therapie anbieten zu können.

So ist absehbar, dass in naher Zukunft für 50 bis 55% der pulmonalen Adenokarzinome genetische Mutationen der Tumorzellen (definierte molekulare Alteration) nachweisbar und häufiger gezielt wirkende Medikamente verfügbar sein werden (1).

Die Differenzierung der Histologie beim Lungenkarzinom (hier Adenokarzinom) nimmt mit jedem Jahr zu.

Diagnostik mit PET/CT und EBUS-TBNA

Die Positronenemissionstomografie (PET) in Kombination mit einem CT (PET/CT) erfasst Metastasen ab einer Größe von 10 mm. Im PET wird die Stoffwechselaktivität eines Rundherdes durch radioaktiv markierte Glukose gemessen und mit anderen aktivitätsspeichernden Arealen im Körper verglichen.

Absiedlungen oder Streuungen von Lungenkarzinomen sind am häufigsten in Leber, Gehirn, Knochen, Lungenfell, dem anderen Lungenflügel oder auch der Nebenniere zu finden.

Manche alveoläre Karzinome und Karzinoide, aber auch einzelne Adenokarzinome haben eine so geringe Wachstumsrate, dass trotz großer Metastasen von mehr als 10 mm im PET/CT falsch negative (d.h. irrtümlich nicht erkannte) Ergebnisse entstehen. Auch ist die Aufnahme von Glukose nicht spezifisch für Malignome. Viele entzündliche Herde, wie z.B. Granulome bei Sarkoidose, weisen ebenfalls eine hohe Anreicherung von Glukose auf. Dennoch ist das PET/CT allen anderen Methoden in der Metastasensuche des Körpers überlegen und sollte bei jedem Patienten mit einem NSCLC dann durchgeführt werden, wenn eine Metastasierung im vorhergehenden Diagnostikgang (Röntgenbild und CT-Thorax mit Kontrastmitteln in der Lunge oder in der Pleura) nicht aufgefallen ist. Eine auffällige Anreicherung der Glukose sollte im weiteren Gang der Diagnostik immer histologisch geklärt werden.

Die durch Ultraschall gesteuerte Untersuchung von auffälligen Lymphknoten in den 11 Stationen des Mediastinum (Raum zwischen den Lungen) und der wesentlichen Abflussgebiete der Lymphbahnen der Lunge ist von prognostisch entscheidender Bedeutung zur Planung der besten Therapie. Denn die vom Tumor weiter entfernt liegenden Lymphknoten können nicht während der Operation entfernt werden. Wenn eine Streuung der Tumorzellen über die Lymphwege stattgefunden hat, ist in vielen Fällen eine Operation nicht mehr möglich. Es können entweder durch die vorhergehende Bildgebung (PET/CT) oder direkt während der Untersuchung mit einem Endobronchialen Ultraschall (EBUS)-Bronchoskop die auffälligen Lymphknoten mit einer Nadel (Transbronchiale Nadelaspiration = TBNA) punktiert und ein Tumorbefall in den Lymphknoten geklärt werden. Oft kann zudem über diese Diagnostik das Gewebe des Primärtumors nachgewiesen werden, wenn dieser z.B. sehr weit peripher in der Lunge positioniert ist.

Neben dem klassischen, leitliniengemäßen (2) Staging, also der genauen Klärung von Tumorgröße, Gewebeart und Ausbreitungsgrad des Tumors im Körper, werden in Zukunft Lungenkrebszentren ihren Patienten nur dann gerecht werden können, wenn sie die nötige methodische und logistische Struktur für die Bearbeitung molekularpathologischer-diagnostischer Strategien entwickelt haben.

Stratifikation ist nicht alles – weshalb Lungenkrebszentren wichtig sind

Trotz der großen Geschwindigkeit, mit der sich die Behandlung des Lungenkarzinoms wandelt, ist es eine besondere Aufgabe, die Persönlichkeit des Patienten, das soziale Umfeld sowie die biographische Situation, in der eine Erkrankung auftritt, genau zu erfassen und in der Aufklärung über Krankheit und Therapieprognose die individuellen Ressourcen aufzuzeigen. Dies erfordert eine ausgebildete Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Psychoonkologen, Sozialmedizinern und onkologischen Fachkräften. Es scheint eine Stärke der Integrativen Onkologie zu sein, diese Qualitäten in verschiedenen Dimensionen zu berücksichtigen und in Behandlungskonzepte zu integrieren. Lungenkrebspatienten befinden sich häufig in einem außergewöhnlich hohen Belastungsniveau durch die plötzlich, aus subjektiv empfundener Gesundheit, über sie hereinbrechende Krebs-Diagnose. Zudem wirkt jahrelanges Rauchverhalten auf das proaktive Umgehen mit der Erkrankung lähmend, so dass die Behandler-Teams eine besondere Kompetenz im Umgang mit der Selbst-Stigmatisierung und hohen Disstress-Last der Patienten benötigen. Nur dadurch können sie Betroffenen in ihrer ganzen Persönlichkeit helfen, mit der Erkrankung umzugehen (3). Dazu ist eine enge und interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Klinikern und niedergelassenen Ärzten, wichtig. Hierzu sind wöchentliche Tumorkonferenzen und Vernetzungen mit allen ambulanten Partnern wesentlich.

Interdisziplinäre Tumorkonferenz

Die Tumorkonferenz ist das „onkologische Herzstück“ der Arbeit in einem Lungenkrebszentrum. Mindestens ein Vertreter folgender Fachbereiche ist dabei anwesend: Pneumologie, Onkologie, Thoraxchirurgie, Radiologie, Pathologie, Nuklearmedizin. Zudem werden regelmäßig die zuständigen ambulant betreuenden Ärzte eingeladen. Bei Bedarf werden zusätzlich Palliativmediziner, Psychoonkologen, Sozialmediziner und weitere Experten der onkologischen Versorgung zur Beratung hinzugezogen. Es wird das individuell beste Behandlungskonzept gemeinsam erarbeitet.

Therapie

Nur wenn keine vom Krebsherd kontralateralen (gegenüberliegenden) Lymphknotenstationen oder weitere Organmetastasen befallen sind, kann der Lungenkrebs durch eine Operation geheilt werden. Dies betrifft die Stadien IA bis IIIA der internationalen Klassifikation (UICC).

Im Stadium II und III wird nach der Operation eine anschließende, adjuvante Chemotherapie empfohlen, da mehrere Studien Hinweise geben, dass in den ersten 5 Jahren nach der Operation dadurch weniger Krankheitsrückfälle auftreten. Trotz dieser zusätzlichen Behandlung kommt es leider bei vielen Betroffenen zum Wiederauftreten der Erkrankung. Die dann folgenden Therapien (meist Chemotherapie oder Bestrahlungstherapie) können das Leben meist nur um Monate oder wenige Jahre verlängern.

Im Stadium III liegt häufig keine primäre Indikation zur Operation mehr vor. In bestimmten Situationen kann der Tumor durch eine vorherige Chemotherapie verkleinert werden. Eine Operation kann danach den Krebs vollständig entfernen. Wenn entfernte (kontralaterale) Lymphknotenstationen oder Organmetastasen vorliegen (UICC Stadium III B oder IV), wird durch Chemotherapie das Krebswachstum verlangsamt oder zurückgedrängt. Bei Schmerzen oder bedrohlichen Lokalisationen (z.B. Knochenmetastasen der Wirbelsäule) kann die Bestrahlungstherapie die Lebensqualität wesentlich verbessern.

Wenn das Krebswachstum wieder zunimmt, kann die Behandlung mit einer zweiten oder auch dritten Chemotherapie fortgesetzt werden. Die beschriebenen Stratifizierungen der Tumorzelldiversifikationen können bei 10 bis 15% der Betroffenen, bei denen ein Adenokarzinom festgestellt wurde, eine Behandlung mit Tabletten (sogenannte Thyrosinkinaseinhibitoren) indizieren. Etwa 70% dieser Patienten erreichen dadurch eine sehr erfreuliche Tumorkontrolle für 9 bis 12 Monate und haben weniger Nebenwirkungen als bei einer Chemotherapie.

Integrative Onkologie

Es ist eine besondere Herausforderung für naturheilkundliche Behandler und Vertreter der Integrativen Onkologie, die Empfehlung zur komplementären Therapie in ein angemessenes Verhältnis zu den Empfehlungen der allgemeinen Leitlinien mit Betroffenen zu bringen. Die meist schlechte Prognose bei Neuerkrankung begünstigt die Bereitschaft, Therapien zuzustimmen, die wissenschaftlich unzureichend überprüft sind. Andererseits wächst die Anzahl von Forschungsergebnissen, die den Stellenwert von naturheilkundlichen Verfahren verdeutlichen. Am besten untersucht ist heute die Behandlung mit Mistelpräparaten (4,5) aber auch andere naturheilkundliche Therapieformen sowie nicht-medikamentöse Therapien (NPIs) sind zunehmend besser erforscht (6).

Interprofessionelle Therapiekonferenz in Havelhöhe

Ein besonderes Instrument der Integrativen Onkologie im Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe ist die interprofessionelle Therapiekonferenz. Dort erarbeitet ein Team aus Bezugspflegenden, Stations- und Bezugsärzten, Oberärzten, Palliativärzten, Psychoonkologen, Musik-, Kunst- und Atemtherapeuten, Vertretern der Physiotherapie, der Massage und der Eurythmietherapie sowie der Ernährungstherapie und der Sozialarbeit eine individuelle Empfehlung für komplementäre oder additive Therapien. Zu einer integrativ-onkologischen Behandlung des Lungenkarzinoms gehört zudem eine intensive Gesprächsbegleitung durch die betreuenden Ärzte und Therapeuten. Denn sowohl zum Zeitpunkt der Diagnosestellung also auch später im Krankheitsverlauf, wenn die Krankheit nach einer Erstlinientherapie fortschreitet, wie auch schließlich im fortgeschrittenen Stadium selbst, sind spezifische Anforderungen für die Betroffenen und die Angehörigen zu bewältigen. Neuere Untersuchungen zeigen, dass eine frühe und kompetente Begleitung nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Dauer des Überlebens positiv beeinflussen kann (7).

Die Prognose des Lungenkarzinoms ist – auf alle Stadien bezogen – nach wie vor sehr schlecht. Für eine kleine Gruppe von Patienten ist sie aber deutlich besser geworden. Das macht Mut und gibt Hoffnung für weitere Fortschritte. Dies stellt Lungenkrebszentren bei der Begleitung ihrer Patienten vor eine besondere Aufgabe: Einerseits sollte fortwährend ein ehrlicher und klarer Austausch über den Stand der Erkrankung stattfinden, andererseits gilt es, jede Therapiechance vor dem Hintergrund der ganzen Persönlichkeit und Biographie des Patienten, wie auch des sozialen Umfeldes, zu betrachten und abzuwägen.

Aus der Hoffnung auf kleine Erfolge in der Therapie können Betroffene und Fachleute gemeinsam Wert und Motivation im Kampf mit dieser Krankheit schöpfen.

(Literaturquellen 1-7 bei der Redaktion)

www.havelhoehe.de

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Krebsentstehung: Clamydien unter Verdacht

Bekannt ist, dass verschiedene Viren Krebs auslösen können. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts haben Hinweise gefunden, dass auch das Magenbakterium Helicobacter pylori an der Entstehung von Krebs beteiligt ist. Offenbar ist das aber nur die Spitze des Eisberges. Clamydia trachomatis ist eines der weltweit häufigsten sexuell übertragbaren Bakterien. Jährlich infizieren sich 90 Millionen Menschen weltweit. Clamydien schaffen es, für das Immunsystem unsichtbar zu bleiben. Die Folge sind monate- oder jahrelange chronische Infektionen, ohne das Auftreten akuter Krankheitssymptome. Clamydien beeinträchtigen die zelleigene Reparaturmaschinerie. Infizierte Zellen reparieren Schäden deshalb nur fehlerhaft, so dass mit der Zeit immer mehr Mutationen entstehen. Infizierte Zellen sterben nicht ab, sie wachsen weiter. Der programmierte Zelltod wird verhindert, Schädigungen der Zelle kann sie zur Krebszelle werden lassen.

Die Erkenntnisse der Forscher sehen für die Krebsvorbeugung grundlegende Zusammenhänge zwischen Infektion und Krebsentstehung. Im Fokus: Frühzeitige Impfungen oder auch die Gabe von Antibiotika.
(Quelle: Thomas F. Meyer; Cell Host & Microbe)

Lebensqualität bei betreuenden Angehörigen

Betreuende Angehörige von Patienten mit einer gefährlichen Gehirntumorerkrankung haben eine fast so schlechte Lebensqualität wie die Kranken selbst, wenn das Ende naht. Dr. Birgit Flechl, Uniklinik Wien, berichtete darüber auf dem Kongress der European Society for Medical Oncology (ESMO). Sie unterstrich den dringenden Bedarf an Unterstützung und speziellen Ausbildungsprogrammen.

In der Bewertung der Angehörigen berichteten 90% über Trauer, 67% über Angstzustände, 60% über Burnout-Symptome. Die Einschränkung von Sozialkontakten sowie Frustration wurden ebenso benannt.
(Quellen: ESMO, B.Flechl)

Wie Ingwer hilft

Viele Krebspatienten leiden unter den Nebenwirkungen einer Chemotherapie und greifen auf die magenberuhigende Wirkung der Ingwerwurzel zurück. Ausgelöst wird die Übelkeit durch die Zellgifte, die in den Chemo-Medikamenten enthalten sind. Im Rahmen einer US-Studie wurde berichtet, dass Ingwerextrakt die Beschwerden um bis zu 40% senken kann. Der wissenschaftliche Beweis fehlte bislang. PD Dr. Beate Niesler vom Institut für Humangenetik des Uni-Klinikums Heidelberg hat das Ingwer-Rätsel gelöst:

Die Igwerwurzel enthält eine Reihe hochwirksamer Inhaltsstoffe. Diese besetzen die Serotonin-Andockstellen auf den Nervenzellen. In der Folge wird das Brechzentrum nicht aktiviert, und die Übelkeit bleibt aus. Die Wissenschaftler hoffen, dass die Ingwerwurzel und ihre Inhaltsstoffe schon bald in klinischen Studien zum Einsatz kommen.
(Quelle: Beate Niesler et al.; Neurogastroenterology & Motility, 2013)

Ein Viertele kann hilfreich sein

Eine große Studie an 23.000 Brustkrebspatientinnen liefert interessante Ergebnisse. Frauen mit Brustkrebs, die mäßig bis moderat Alkohol trinken, leben länger.

19% der Studienteilnehmerinnen waren abstinent. Nach elf Jahren waren von ihnen 16,5% an Brustkrebs gestorben. Bei Frauen, die 10 bis 20 Gramm Alkohol pro Woche tranken, starben dagegen nur 14,5% an dem Tumor. Am niedrigsten war die Sterberate (13,6%) bei Konsumentinnen mit 30 bis 60 Gramm Alkohol in der Woche. Lag der Alkoholkonsum höher, stieg die Sterberate wieder leicht, erreichte aber nicht die Rate der Abstinenzlerinnen.

Diese Zahlen wollen nicht explizit eine Empfehlung zum Genuss von Alkohol sein. Dennoch: ein Viertele, am besten Roter oder Rosé (wegen der gesunden Polyphenole, der sekundären Pflanzenstoffe), schaden offenbar nicht.
(Quelle: NewcombPA et al. (2013)Clin Oncology.)

 

Chemosaturation

Der „Chemo-Staubsauger“ zur lokalen Chemotherapiebehandlung der Leber

Prof. Dr. Thomas J. Vogl, Jan-Erik Scholtz, Stephan Zangos, Gösta Lotz, Jörg Trojan, Sylvie Paetzold, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt

Die Chemosaturation ist ein Verfahren zur isolierten Chemotherapiebehandlung der Leber. Dies wird durch das Einbringen mehrerer Schläuche, so genannter Katheter, in die Gefäße des Körpers möglich, über die dann das Chemotherapeutikum gezielt dem isolierten Organ zugeführt werden kann. Das Verfahren zählt zu den minimalinvasiven Therapieoptionen und ist mehrfach anwendbar. Durch das Filtrieren des venösen hepatischen Blutes, d.h. das Blut, das die Leber verlässt, ist eine hochdosierte intrahepatische Chemotherapeutika-Gabe möglich. Das System wird unter dem Namen Hepatic CHEMOSAT ® Delivery System von der Firma Delcath Systems Inc., New York vertrieben. Es ergänzt die bisherigen interventionell-onkologischen Maßnahmen.

Am Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt wurde dieses Verfahren erfolgreich erstmalig in Deutschland und Nordeuropa eingesetzt. Nach gründlicher Voruntersuchung des Patienten und anschließender Evaluation der Therapiemöglichkeiten durch das Leberzentrum und das Universitäre Centrum für Tumorerkrankungen der Universitätsklinik Frankfurt, wird die Chemosaturations-Therapie am Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie unter Leitung von Prof. Dr. Vogl durchgeführt. „An der Umsetzung waren vor allem die Kollegen aus Anästhesie, Kardiologie, Gastroenterologie und Radiologie beteiligt, aber auch noch einige weitere Fachgebiete. Ohne die hervorragende Zusammenarbeit aller Beteiligten, der Pflegekräfte, des medizinisch-technischen Personals sowie der Ärztinnen und Ärzte, hätten wir das Verfahren nicht so erfolgreich anwenden können“, sagt Prof. Vogl. Die Leber als Zielorgan für eine regionale Chemotherapie eignet sich besonders aufgrund des Auftretens mehrerer Tumorabsiedlungen innerhalb des Organs, der komplexen Struktur sowie des Wachstums des Tumors. Außerdem kann damit einer möglichen Funktionseinschränkung der Leber durch die Erkrankung teilweise entgegengewirkt werden. Das Grundprinzip der regional intraarteriellen Chemotherapie bei primären und sekundären Lebertumoren basiert auf der dualen Blutversorgung der Leber. Hepatozyten, die Zellen der Leber, werden vor allem über die Portalvene versorgt, die nährstoffreiches Blut aus dem Magen-Darm-Trakt führt. Die Tumore der Leber hingegen werden fast exklusiv vom arteriellen hepatischen Blut versorgt; dies ist sauerstoffreich, aber nährstoffarm.

Bei isolierter Gabe über die Arterien der Leber wird somit eine relative Schonung des Lebergewebes und die isolierte Behandlung der Lebertumore ermöglicht.

Um eine regionale Chemotherapie der Leber zu erreichen, ist das Einbringen mehrerer Katheter nötig: Der erste Katheter wird über die Femoralarterie in die hepatischen Arterien gelegt. Dieser ermöglicht die gezielte Zuführung des Chemotherapeutikums in die Leberarterien.

Abbildung 1: Arterielle Versorgung der Leber, die Angiographie wird am Tag vor der geplanten Chemosaturations-Behandlung durchgeführt.

Einige Tage vor der Behandlung wird die Gefäßversorgung der Leber angiographisch evaluiert, d.h. die Gefäße werden mittels Kontrastmittel unter Röntgenstrahlen sichtbar gemacht und – wenn nötig – entsprechende Gefäße verschlossen, um eine Fehlverteilung des Chemotherapeutikums beispielsweise in die Gefäße, die den Magen-Darm-Trakt versorgen, zu vermeiden.

Zum Abfangen des mit hochdosiertem Chemotherapeutikum belasteten venösen Blutes nach Durchfließen der Leber, wird ein speziell entwickelter Katheter über die Femoralvene in die untere Hohlvene eingeführt. Durch Aufblasen zweier Ballons vor und nach dem hepatischen Zufluss in die untere Hohlvene (diese führt das sauerstoffarme Blut zurück zum Herzen und weiter zur Lunge) wird das venöse hepatische Blut isoliert und aus dem Körper ausgeleitet.

➜ Hieraus leitet sich der Begriff des Chemo-Staubsaugers ab: Das Blut wird durch den Katheter abgesaugt.

Abbildung 2: Schematische Darstellung der Chemosaturations-PHP (Hepatic CHEMOSAT® Delivery System; Delcath Systems Inc., New York, NY). Das hochdosierte Chemotherapeutikum Melphalan wird mittels mehrerer Katheter und Filter isoliert der Leber zugeführt.

Über ein weiteres Lumen innerhalb dieses Katheters wird gleichzeitig der Transport des sauerstoffarmen Blutes aus dem unteren Körper, z.B. der Beine, zum rechten Vorhof weiterhin ermöglicht, um diesen Rücklauf während der Behandlung aufrecht zu erhalten.

Abbildung 3: Spezieller Cava-Block mit 2 gefüllten Ballons vor und nach dem venösen hepatischen Zufluss, um das mit Chemotherapeutikum belastete hepatische venöse Blut abzusaugen. Hier mit retrograder Kontrastierung der venösen Lebergefäße zur Lagekontrolle vor Chemotherapeutikagabe. Gleichzeitig wird über ein weiteres Lumen des Katheters das venöse Blut der unteren Körperhälfte zum rechten Herzen zurückgeführt.

Außerhalb des Körpers wird das mit Chemotherapeutikum belastete Blut der Leber durch eine speziell entwickelte Filtereinheit vom Chemotherapeutikum gereinigt und anschließend über einen zentralen Zugang über die Jugularvene dem systemischen Kreislauf zurückgeführt. Die Jugularvene wird seitlich am Hals punktiert und ist für den Rückfluss des sauerstoffarmen Blutes aus dem Kopf zum Herzen zuständig.

Das dem Körper zurückgeführte Blut ist somit nach Durchfließen der Filtereinheit größtenteils vom Chemotherapeutikum befreit, so dass trotz hochdosierter Chemotherapiegabe der Leber die systemischen Nebenwirkungen deutlich geringer ausfallen als bei einer systemischen Chemotherapiegabe.

Zum Einsatz kommt bisher ausschließlich das Chemotherapeutikum Melphalan. Eine hochdosierte Gabe von bis zu 3 mg/kg idealem Körpergewicht ist möglich.

Die Behandlung wird von einem multidisziplinären Team unter Vollnarkose durchgeführt. Nach dem Setzen der Katheter erfolgt für 30 Minuten die hochdosierte Chemotherapiegabe sowie eine anschließende wash-out Phase von weiteren 30 Minuten. Nach der Behandlung wird der Patient intensivmedizinisch betreut und anschließend bis zur Entlassung auf Station überwacht.

Die Chemosaturations-Therapie erweitert das Spektrum der Therapiemöglichkeiten von primären und sekundären Lebertumoren. Derzeit beschränkt sich das Verfahren auf Patienten, denen keine andere Therapie zur Verfügung steht. An unserem Institut wurden bisher Patienten mit hepatischen Metastasen bei okulärem Melanom, malignem Melanom und Brustkrebs behandelt.

Abbildung 4: MRT eines 58-jährigen Patienten mit Aderhautmelanom und intrahepatisch multifokaler Metastasierung zur Chemosaturations-Behandlung.

Dank der Weiterentwicklung der Filtereinheit zur Reinigung des venösen Blutes vom hochdosiertem Chemotherapeutikum zeigt sich eine weitere Senkung der unerwünschten systemischen Nebenwirkungen.

Bei allen Patienten traten hämatologische Nebenwirkungen auf. Eine teilweise erneute Hospitalisation der Patienten trat eine Woche nach Therapie aufgrund von Panzytopenie Grad 3 bis 4 auf. Dabei handelt es sich um einen Mangel in allen 3 Zellreihen der Blutbildung mit einem Mangel an roten Blutkörperchen, sog. Anämie, einem Mangel an weißen Blutkörpchern, sog. Leukopenie, sowie einem Mangel an Blutplättchen, sog. Thrombozytopenie. Im Allgemeinen zeigten sich gering ausgeprägte systemische Nebenwirkungen: bei aktuell durchgeführten Chemosaturations-Behandlungen mit einer weiterentwickelten Filtereinheit scheinen die unerwünschten Nebenwirkungen weiter gesenkt werden zu können. Die Verlaufsbeobachtungen unserer therapierten Patienten zeigen den Erfolg dieser neuen Therapiemöglichkeit: Die Chemosaturations-Behandlung eines Patienten mit hepatisch metastasiertem malignen Melanom, ein bösartiger Tumor der Haut, der sich schon in der Leber abgesiedelt hatte, zeigte ein Tumoransprechen mit einer Tumorvolumenminderung von 95%. Eine weitere Patientin mit Brustkrebs zeigte im Verlauf stable disease; ein erneutes Fortschreiten der Erkrankung folgte nach 2 Monaten, ein Wachstum der Lebermetastasen nach 6 Monaten. Aktuell werden Patienten nach Chemosaturations-Behandlung nachbetreut sowie weitere Patienten mit der neuen Methode behandelt und deren Krankheitsverlauf detailliert verfolgt.

Die mehrfache Anwendbarkeit dieses Verfahrens wurde erfolgreich bei unserem Kooperationspartner, dem Europäischen Institut für Onkologie in Mailand, Italien, durchgeführt.

Zusammenfassend halten wir die Chemosaturations-Therapie mit perkutaner hepatischer Perfusion für die Behandlung nicht resezierbarer hepatischer Metastasen für ein Verfahren, das von einem erfahrenen, interdisziplinären Team sicher durchgeführt werden kann. Hämatologische Ereignisse, welche die überwiegenden toxischen Nebenwirkungen darstellen, sind vorhersehbar und mit entsprechenden Maßnahmen gut zu bewältigen.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Thomas J. Vogl,
Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie,
Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität,
Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main,
Tel.: (+49) 69 6301-7277, Fax.: (+49) 69-6301-7258
E-mail: T.Vogl@em.uni-frankfurt.de

 

„Fürchte dich nicht vor dem langsamen Vorwärtsgehen, fürchte dich nur vor dem Stehenbleiben.“(aus China)

 

Meine Erfahrung mit mir selbst

Sybille Urban

Wie von Geisterhand wird mein linker Arm eines Morgens im Mai 2011 unter meine rechte Achsel geführt. Was fühle ich da? Eine Schwellung so groß wie ein Hühnerei! Wie elektrisiert sprang ich aus dem Bett. Schlagartig war mir klar, hier stimmt etwas nicht. Ich entschied mich, sofort ein großes Blutbild und eine CT machen zu lassen.

Die Befunde bestätigten meine Vorahnung. Verdacht auf Brustkrebs! Ich entschied mich zu einer sofortigen OP im Brustzentrum Köln. Die Operation verlief ohne Komplikationen. Dennoch brachte das Erwachen einen Schock. Der Tumor war hoch aggressiv, es waren bereits 25 Lymphknoten befallen und mussten entfernt werden. Die niederschmetternde Diagnose: inflammatorischer Brustkrebs mit ausgedehnter lymphangiosis carcinomatosa! (Infiltration der Lymphgefäßbahnen durch Tumorzellen. Red.)

Den Vorschlag, sofort eine Chemotherapie zu machen, lehnte ich ab. Als Therapeutin und Heilbegleiterin hatte ich viele Krebspatienten auf diesem Weg begleitet und kannte ihn von daher nur zu gut. Ich entschied mich für eine, mir völlig unbekannte, an adjuvant noch nicht eingesetzte Alternativtherapie bei einem Arzt, mit dem ich schon eng zusammengearbeitet und ihm vertraut hatte. Die Therapie funktionierte nicht. Mein körperlicher Zustand verschlechterte sich.

Eine im August 2011 durchgeführte PET CT bestätigt den Misserfolg der Therapie. Rezidiv! Ich bin dem Tod wesentlich näher als dem Leben!

Was tun? Ich versuche die Krankheit auf der mentalen Ebene zu lösen. Schließlichist sie, wie ich aus meiner langen Erfahrung mit der Arbeit an Krebspatienten weiß, immer multifaktorell. Doch der aggressive Krebs lässt sich alleine über die von der Todesangst beeinflussten Psyche nicht beruhigen. Im Dezember 2011 entschließe ich mich doch dazu, eine Chemotherapie zu machen. Auf Grund der eskalierten Situation entscheidet mein Onkologe sechs Zyklen, hoch dosiert Docetaxel und Epirubicin und Cyclo (ETC) Schema, einzusetzen.

Ich komme relativ gut durch die Therapie. Es gelingt mir immer besser, die erfolgreich bei meinen Patienten eingesetzte Mentalarbeit auf mich selbst zu übertragen. Nach dem 5. Zyklus erneut eine PET CT Kontrolluntersuchung. Schock! Das Rezidiv hatte sich unter der Chemotherapie weiter ausgedehnt! Ich breche die Therapie ab – die Onkologie gibt mich auf. Mit einem Hormonblocker bleibe ich mir selbst überlassen.

Nun bäumt sich mein Überlebenswille richtig auf. Ich übernehme die Verantwortung für die Erkrankung voll und ganz getreu dem Motto „Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott“. Ich beginne damit, meinen Geist und Körper sehr genau und aufrichtig zu durchforschen. Was will mir diese Krankheit zeigen? Wo habe ich falsche Denkund Glaubenssätze? Wo vielleicht alte, seelische Verletzungen? Im August 2012 entscheide ich mich, eine Delphintherapie zu machen. Ein „Zufall“ führte mich auf diese Spur, und so lernte ich in der Türkei Jonnas, meinen Delphin kennen. Geplagt von Knochenschmerzen am ganzen Körper und einer Lungenentzündung begann ich mit Jonnas zu schwimmen. Ich vertraute mich voll und ganz diesem, mir bislang unbekannten Wesen an. Ich werde den Tag niemals vergessen, als ich nach 20 Minuten mit Jonnas im Wasser, völlig schmerzfrei aus dem Becken kam! Meine schwere Lungenentzündung war innerhalb von fünf Tagen so gut wie weg!

Im Oktober 2012 wiederholte ich diese Therapie. Meine körperliche Situation blieb stabil. März 2013 erneut eine PET CT. Das Rezidiv hatte sich aus der Thoraxwand und dem Majormuskel vollkommen zurückgebildet! Nur noch geringe Tumormasse in der Brust und auch diese inaktiv!

Für mich ist meine Erfahrung mit mir selbst eine weitere Bestätigung dafür, wie wichtig es ist, im Falle einer Erkrankung die Verantwortung nicht abzugeben. Selbstverständlich soll man jede sinnvolle medizinische und seelische Hilfe in Anspruch nehmen, allerdings mit der Gewissheit, dass in jedem von uns ein Heiler lebt.

 

Das besondere Buch

Verlag: Carl Überreuter GmbH, A–1090 Wien,
www.ueberreuter.at,
Umfang: 200 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag € [A] 19,95 | € [D] 19,50, ISBN 978-3-8000-7569-0,
Erscheinungstermin: 19. Juli 2013, Auch als E-Book erhältlich

Immer wieder werden wir Ihnen in unserem Periodikum besondere Erlebnisse, Ereignisse, Beobachtungen vorstellen, die uns lohnenswert scheinen, sie weiter zu empfehlen. Heute: ein starkes Buch einer starken Autorin: Sybille Urban. Sie hat ihre Erfahrungen in einer Kurzfassung für die Aktuellen Gesundheitsnachrichten aufgeschrieben (siehe Seite 48). Ihre ganze Geschichte lesen Sie in ihrem Buch.

Schritt für Schritt zurück ins Leben

Nach vielen erfolgreich betreuten Krebspatienten findet sich die Lebens- und Sozialberaterin Sybille Urban plötzlich in einer neuen Rolle wieder: Sie erhält die Diagnose Brustkrebs. Nun versucht sie, ihre vielfach erprobten Ratschläge und Therapiemaßnahmen anzuwenden. Sie erkennt, was ihre Patienten durchgemacht haben, wie lähmend Todesangst und Schmerzen sind und wie hilflos man sich fühlen kann. Doch Schritt für Schritt und trotz teils verheerender Rückschläge findet sie zu ihrer inneren Stärke und übernimmt wieder die Kontrolle über ihr Leben, ihre Therapie und ihre Heilung. Dieses Buch liefert wertvolle Einblicke in das Leben von Krebserkrankten und praktische Anleitungen, wie man mit den neuen Herausforderungen umgehen kann.

Sybille Urban ist eine bekannte Therapeutin und Lebensberaterin, die über 14 Jahre lang in ihrem „Forum Sternstunde“ auf Antenne Bayern Lebenshilfe „on Air“ vermittelt hat. Mit bis zu 700.000 Hörern und über 20.000 Anrufern hat sie Fragen zu allen Lebensbereichen beantwortet und Hilfe zur Selbsthilfe in konkreten Lebenssituationen gegeben. Die gebürtige Österreicherin lebt in Bayern.

www.sybilleurban.com

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Neues Konzept bei Melanom Patienten

Krebszellen tricksen die körpereigene Abwehr gegen fremdes Gewebe aus – nach allen Regeln der Kunst. Sie ducken sich weg, indem sie die Erkennungsfunktionen von T-Zellen lahm legen.

Wenn man schachmatt gesetzte T-Zellen wieder flottmacht, können sie ihrer ursprünglichen Funktion der Krebsabwehr wieder gut nachkommen. Tumorzellen lassen auf ihrer Oberfläche einen Liganden wachsen, der den T-Zellrezeptor PD-1 aktiviert. Das hat zur Folge, dass die T-Zelle das Malignom nicht als fremd identifiziert. Verhindert man mit Antikörpern die Interaktion zwischen Krebszell-Liganden und PD-1-Rezeptor, könnte man diese Verblendung unterbinden.

Die Forschergruppe um Dr. Antoni Ribas von der University of California, L.A., hat bei bei fast 40% der 135 Patienten mit fortgeschrittenem Melanom eine Halbierung des Tumorvolumens durch Lambrolizumab erreicht. Unter der höchsten Dosis verschwanden die Tumoren sogar komplett. Die Mehrzahl der Patienten befindet sich noch in der Behandlung.
(Quelle: O.Hamid et al., N.Engl J. Med 2013; New Scientist 2013)

Verzögert Brustimplantat die Krebsdiagnose?

Die Sorge, dass Brustimplantate in irgendeiner Weise die Entstehung von Mammakarzinomen fördern, hat sich nicht bestätigt. Denkbar ist allerdings, dass Karzinome in späteren Stadien entdeckt werden, da die Aussagekraft der Mammographie durch Implantate beeinträchtigt wird.

Eine Metaanalyse des Epidemiologen Eric Lavigne, Université Laval Québec, ging dieser Fragestellung nach; er berücksichtigte zwölf Querschnittsstudien.

Frauen mit Brustimplantaten zeigten im Vergleich zu Frauen ohne solche kein signifikant erhöhtes Risiko für ein fortgeschrittenes Krebsstadium bei der Erstdiagnose. Weiter folgende Studien verfehlten ebenfalls die Signifikanz. Nachfolgende weitere Studien zeigten allerdings bei Frauen mit Implantaten nach der Diagnose Brustkrebs eine erhöhte Mortalität. Zu diesen Ergebnissen räumten die Autoren allerdings methodische Mängel bei den Studien ein.

Empfohlen wird Frauen mit Brustimplantaten in der Vorsorge statt Mammographie eine MRT als Alternative zu nutzen.
(Quelle: Eric Lavigne et al. BMJ 2013)

 

Krebsvorsorge mit gesunder Ernährung

Wissenschaftler und Ärzte sind sich einig, dass gesunde Kost das Risiko einer Krebserkrankung minimieren kann. Die Natur hält eine Fülle von Lebensmitteln mit hocheffektiven Inhaltsstoffen bereit.

Hier eine bunte Mischung von 15 effektiven Lebensmitteln gegen Krebs:

Kohl/ Sauerkraut
Die Kombination aus Ballaststoffen, Milchsäurebakterien sowie sekundären Pflanzenstoffen stärkt das Immunsystem und hemmt das Krebswachstum.

Grüner Tee
Polyphenole aus Grünem Tee wirken antioxydativ, sind hundertmal stärker als Vitamin C und blockieren somit auch aggressive Tumorenzyme.

Knoblauch
Allicein gibt dem Knoblauch seinen Geruch und Geschmack und blockiert das Tumorwachstum.

Soja
Das Sojaprotein kann die Hormone des Menschen so verändern, dass die Eigenschaften von Anti-Krebs-Substanzen entstehen; schützt gegen Brust-, Prostataund Darmkrebs.

Brokkoli
Mit seiner Hauptsubstanz Sulforaphan ist Brokkoli ein starker Krebsgegner; besonders bei Brust-, Darm- und Blasenkrebs.

Tomaten
Lykopin, der rote Farbstoff in Tomaten, verlangsamt das Wachstum von Prostata-Krebszellen.

Hering
Seine Omega-3-Fettsäuren drosseln die Produktion von Entzündungsmolekülen, die Krebs begünstigen.

       

Vollkornbrot
Ballaststoffe bremsen die Produktion von Gallensäuren, die Darmkrebs begünstigen; 2 bis 3 Scheiben pro Tag sind optimal.

Rotwein
Enthält Antioxidans Resveratrol mit seinen krebshemmenden Eigenschaften.

Curry
Sein hoher Anteil an Kurkuma wirkt präventiv gegen Brustkrebs.

Sellerie
Eines der wirkungsvollsten Lebensmittel besonders gegen Darmkrebs.

Äpfel
Seine Ballaststoffe beugen Darmkrebs vor, 1 Apfel täglich ist optimal.

Olivenöl
Ein Löffel Olivenöl täglich bekämpft den Krebs an der Wurzel, kann die Entwicklung weiterer Tumorherde bremsen.

Zitrusfrüchte
Besonders wirksam gegen Krebsarten des Verdauungssystems wie Mund-, Speiseröhren-, Kehlkopf- und Magenkrebs; Sie wirken direkt auf die Krebszellen.

Dunkle Schokolade
Ein Kakaoanteil von 70% und mehr versorgt den Körper mit Polyphenolen und wirkt so gegen Krebs.

Weitere Informationen: www.gesundeernaehrung.org

 

Gifte in unserer Nahrung

In unserer letzten Ausgabe haben wir dieses Kapitel mit dem Thema „Pestizide“ begonnen. Nun wollen wir Sie auf weitere Gifte und Schadstoffe in unserer Nahrung aufmerksam machen.

Das Thema heute: Nitrate

Damit Pflanzen schneller wachsen, düngen Landwirte mit Stickstoff. Pflanzen speichern den Stickstoff als Nitrat in ihren Zellen.

In unserem Gemüse findet sich unterschiedlich viel Nitrat. Nitratsammler sind Rucola, Spinat, Mangold oder Rote Beete; ebenso Blattgemüse, Rettich, Radieschen und Fenchel. Weniger Nitrat findet man in Sellerie, Frühmöhren, Kohlrabi, Auberginen, Zucchini und Kohl, in Chinakohl, Grünkohl, Blumenkohl und Wirsing. In Kartoffeln, Getreide und Fruchtgemüse wie Erbsen, Gurken und Tomaten steckt wenig Nitrat.

Freilandgemüse und -salate sowie ökologisch angebautes Gemüse enthalten ebenfalls meist weniger Nitrat.

Bakterien können Nitrat in giftiges Nitrit umwandeln.

Das kann passieren, wenn Sie Gemüse lange warm halten oder wieder aufwärmen. Bei hohen Temperaturen, wie beim Räuchern oder Trocknen, verbindet sich Nitrit mit bestimmten Abbauprodukten von Eiweißen, mit den Aminen, dadurch entstehen Nitrosamine. Diese Substanz beeinträchtigt den Transport von Sauerstoff im Blut, und das kann lebensbedrohlich werden. Nachgewiesen ist, dass Nitrosamine bei Tieren Krebs erzeugt.

Das giftige Nitrit ist ein Bestandteil von Pökelsalz. Oft steckt es in gepökelten Fleischwaren wie z.B. in Salami, rohem Schinken oder Kassler. Auf dem Etikett steht Nitrit als Konservierungsstoff Natrium-Nitrit oder Kalium-Nitrit; auch als Kalium-Nitrat oder Natrium-Nitrat (E 249 bis E 252).

Was können Sie tun – hier einige Tipps:

Entfernen Sie die äußeren Blätter beim Salat, Stiel und Stängel von Blattgemüse enthalten viel Nitrat. Säuglingen unter fünf Monaten sollten Sie keinen Spinat, Mangold oder Rote Beete geben; besser eignet sich nitratarmes Gemüse wie Möhren oder Pastinaken.

Gekochten Spinat besser nicht aufwärmen – dabei bildet sich das giftige Nitrit. Bei der Zubereitung von nitratreichem Gemüse kurz auf 80 Grad erhitzen (blanchieren). Das enthaltene Nitrat verringert sich so um bis zu 50%. Das Kochwasser bitte wegschütten.

Nitratreiches Gemüse bitte nicht in der Mikrowelle zubereiten. Gepökeltes Fleisch sollten Sie nicht braten oder grillen.

Und bleiben Sie weiterhin ein aufmerksamer Konsument!

 

„Das Leben ist kein Problem, das es zu lösen, sondern eine Wirklichkeit, die es zu erfahren gilt.“(Buddha)

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung: Verbot von Pestiziden

Der Einsatz mancher Pestizide wird von den Imkerverbänden kritisiert. Jetzt kam das Verbot von drei wichtigen Wirkstoffen. Das Verbot gilt für zwei Jahre. Ist danach mit einer Fortsetzung der Zulassung zu rechnen?

Dazu antwortet Bundesministerin Ilse Aigner: Die Europäische Kommission hat eine Überprüfung der Regelung innerhalb von zwei Jahren ab dem Inkrafttreten der EU-Verordnung vorgesehen. Dabei sollen neue Studien und Untersuchungen einbezogen werden.

Die Firmen, die im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung die Pflanzenschutzmittelwirkstoffe der EU-Kommission notifizieren, müssen bis zum 31. Dezember 2014 ergänzende Daten vorlegen. Denn eines ist klar: Wir brauchen verlässliche Daten zu den Risiken für Honigbienen, die Pollen und Nektar in Folgekulturen oder an blühenden Unkräutern in den behandelten Kulturen sammeln oder den sogenannten Honigtau aufnehmen. Auch müssen Daten über Risiken für andere Bestäuber vorgelegt werden, ebenso wie es verlässlicher Untersuchungsergebnisse über die Exposition der Bienen durch Guttation und Staubabdrift bei der Aussaat sowie deren Auswirkungen auf die Lebensfähigkeit der Bienenvölker bedarf.

Dabei müssen unter anderem anhand des Bienenbrots die Risiken, die durch die Aufnahme von Pollen mit Pflanzenschutzmittelrückständen entstehen können, aussagefähig abgeschätzt werden. Eines möchte ich noch einmal betonen: Eine zügige und intensive Prüfung der Risiken in den Mitgliedstaaten und durch die EFSA sowie ein konsequentes Monitoring bleiben auch künftig unerlässlich.

Zudem ist es aus meiner Sicht wichtig, dass auch weiter geforscht wird, um mögliche Gefahren für Bienen und andere Bestäuber frühzeitig zu erkennen. Ich kann Ihnen versichern: Wir nehmen das Thema sehr ernst.
(Quelle: Auszug aus dem Interview/ Pressemitteilung 151 vom 22.05.2013)

 


In eigener Sache: Wir danken den ehrenamtlichen Helfern, die uns in unserer Arbeit für diese Ausgabe unterstützt haben.

IMPRESSUM: Aktuelle Gesundheitsnachrichten, Heft 10/2013, ISSN (Print) 2199-9791, ISSN (Internet) 2199-9805

HERAUSGEBER: Europäische Akademie für Naturheilverfahren und Umweltmedizin (EANU)
Dr. Wasylewski GmbH, Grottkauer Straße 24, 12621 Berlin, Tel. +49(0)30-55158248

REDAKTIONSTEAM: Dagmar Moldenhauer, Dr. med. A .-H. Wasylewski, Jochen Friedrich, Regine Kelm
Bild: Immanuel-Krankenhaus, M. Preisler, Krankenhaus Havelhöhe, Prof. Vogl, S. Urban, Deutsche Hirntumorhilfe e.V. J.Kirchmair; Fotolia.com: Juan Gärtner, Sergehei Velusceac, Attila Nèmeth, Africa Studio, Torsten Märtke

Redaktionelle Texte und Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Sie enthalten Erkenntnisse aus Medizin und Forschung, die einem steten Wandel unterliegen. Für die Aktualität und die Inhalte der Texte sind die Autoren verantwortlich.