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Aktuelle Gesundheits-Nachrichten

Prostatakarzinom: Früherkennung/Screening

Urothelkarzinom der Harnblase

Zweitmeinungszentren bei Hodenkrebs

Macht Krebs arm?

Hyperthermie-Therapie bei Kindern

Lachen gegen Krebs

Gesundes aus der Natur

Erfahrungen und Aktuelles aus der Krebsmedizin

 

Intensiver gesellschaftlicher Diskurs zur Sterbehilfe und zur ärztlich assistierten Selbsttötung

Liebe Leserin, lieber Leser,

viele Fragen stehen dazu im Raum. Um Antworten wird diskutiert; intensiv und oft sehr emotional. Um eine Versachlichung wird gerungen. Wie wir auf einer Pressekonferenz im Juni bei der DGHO erfahren konnten, kann eine Publikation helfen. In unseren NEWS im Juli haben wir bereits darüber berichtet. (www.eanu-archiv.de)

Situationen, in denen sich die Frage der Sterbehilfe stellt, sind kompliziert und höchst individuell. Bemerkenswert ist, dass die Debatte um die Sterbehilfe vorwiegend von Menschen geführt wird, die nicht erkrankt sind. Aber auch dafür gibt es Erklärungen. Angst vor der Erkrankung, vor eingeschränkter Lebensqualität, vor Schmerzen, Luftnot, Abhängigkeit und Kontrollverlust zählen zu den Ursachen.

Klar wurde, dass die Sicht des Patienten eine ganz andere ist. Worte eines erfahrenen Mediziners, der in seinem Berufsleben schon viele Sterbende begleitet hat, machten nachdenklich. Eine unheilbare Krebspatientin: „Ich bin froh, wenn ich morgens aufwache, aus dem Fenster schaue, die Wolken ziehen sehe und noch einen Blick in die Zeitung werfen kann“. So scheinbar klein kann ein zufriedener Lebensmoment sein.

Eine Erkenntnis scheint wichtig: in Grenzbereichen des Lebens haben Gesellschaft und Wissenschaft die Verpflichtung, das Leiden wo immer möglich so zu lindern, dass Notsituationen nicht auftreten. Wenn eine Notsituation eintritt, soll sie durch die Gewissensentscheidung der Mediziner gemeistert werden. Nicht alle derartigen Situationen im Leben lassen sich durch Regelungen, Gesetze festschreiben. Es muss Raum für verantwortungsvolle und vom Gewissen getragene Entscheidungen des Arztes bleiben. Rechtssicherheit, Transparenz und Einhaltung der Sorgfaltskriterien müssen garantiert sein.

Meinungen und Erfahrungen der in einer Umfrage zu diesem Thema rekrutierten Mediziner können Sie in einer Schriftenreihe der DGHO (www.dgho.de) nachlesen. Der Bundestag hat im Juli diskutiert und wird im November dieses Jahres im Kontext mit einer besseren Palliativversorgung entscheiden.

Passen Sie auf sich auf. Und danke für Ihr Interesse.

Dagmar Moldenhauer, Redaktionsleiterin

 

Für Sie in dieser Ausgabe

IN EIGENER SACHE

  • Sind Obst und Gemüse gesund?

THEMA HEUTE: UROLOGISCHE TUMOREN

  • Früherkennung/ Screening des Prostatakarzinoms
  • Das Urothelkarzinom der Harnblase
  • Zweitmeinungszentren bei Hodenkrebs

IM BLICKPUNKT

  • Macht Krebs arm?

WISSEN

  • Krebs bei Kindern und Jugendlichen Therapie mit Hyperthermie bei Kindern

RAT & TAT

  • Mit Lachen gegen Krebs
  • Zur Gesundheit: Zwiebel, Knoblauch & Co.

ERFAHRUNGEN

  • Krankheitserfahrungen: Über Krebs sprechen oder schreiben
  • Gesundheitserfahrungen: Im Dialog mit der Zeit
  • Entspannung trainieren

AKTUELLES AUS DER KREBSMEDIZIN UND FORSCHUNG

 

Sind Obst und Gemüse gesund?

Dr. med. Andreas-Hans Wasylewski

Das Umweltbundesamt hat in einer großen Umfrage ermittelt, dass die Hälfte aller Befragten an gesunder Ernährung, Umwelt- und Klimaschutz interessiert ist. Doch viele der Befragten sagen auch „Wir wissen nicht genug über Umweltbelastungen und Herstellung, Verkauf und Verbrauch unserer Lebensmittel“.

Wir wissen, dass Obst und Gemüse reich an Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen sind. Sie sollen unser Immunsystem fit machen. Erwachsenen wird empfohlen, täglich etwa 250 Gramm Obst und etwa 400 Gramm Gemüse verteilt auf 5 Portionen am Tag zu essen, – so die WHO. Denn keine andere Lebensmittelgruppe liefert so viele Vitalstoffe bei so wenigen Kalorien – und kann doch so gefährlich für unsere Gesundheit sein.

Ist das nicht paradox?

Seit den 1950er Jahren kommen chemisch-synthetische Pestizide in der industriellen Landwirtschaft weltweit zum Einsatz. Jährlich werden weltweit etwa 5 Millionen Tonnen Pflanzenschutzmittel hergestellt; so genannte Pestizide, Fungizide, Herbizide, Insektizide. Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der WHO hat die Insektengifte Tetrachlorvinphos und Parathion sowie Malathion, Diazinon und Glyphosat als „möglicherweise krebserzeugend“ eingestuft. Die Einstufung ist am 20. März 2015 in „The Lancet“ erschienen.

Besonders glyphosathaltige Herbizide werden tonnenweise eingesetzt; nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch vom Hobbygärtner. Diese so genannten Breitbandherbizide – Unkrautvernichtungsmittel – sind für fast alle Pflanzen giftig.

Die neueste Studie bezieht sich auf mehrere Untersuchungen in den USA, Kanada und Schweden, die seit 2001 durchgeführt wurden. Die Wissenschaftler konnten überzeugende Beweise vorlegen, dass Glyphosat bei Menschen Lymphdrüsen- und Lungenkrebs auslösen kann. Die Untersuchungen haben auch gezeigt, dass Glyphosat in menschlichen und tierischen Zellen DNA- und Chromosomenschäden verursacht und so als Initiator der Krebsentstehung gilt.

Aber damit noch nicht genug: Viele Pestizide enthalten neben dem eigentlichen Wirkstoff auch gesundheitsschädliche Zusatzstoffe, zum Beispiel Substanzen, die im Körper wie Hormone wirken und die Fortpflanzungsfähigkeit negativ beeinflussen. Diese Zusatzstoffe werden nicht kontrolliert.

Von den in der Europäischen Union zugelassenen mehr als 800 Pflanzenschutzmittelarten sind nur 150 von den Behörden überwacht. Wechselwirkungen untereinander oder mit Medikamenten werden jedoch nicht berücksichtigt. Besonders sollte uns nachdenklich machen, dass diese chemischen Stoffe bei gleichzeitigem Auftreten ihre Wirkung um das bis zu 10.000 fache verstärken können.

So wurden in einigen Proben bis zu 30 verschiedene Pestizidarten gefunden. Besonders betroffen sind viel verzehrte Obstsorten wie Trauben, Orangen, Erdbeeren, Äpfel und Birnen. In mehr als 75 Prozent der getesteten Produkte wurden Pflanzenschutzmittel festgestellt. Die Untersuchungen zeigen, dass diese Quote bei Produkten aus Deutschland am geringsten ist, gefolgt von höheren Werten bei Ware aus EU-Ländern. Die höchste Quote wird bei Obst- und Gemüseimporten aus Nicht-EU-Ländern gefunden.

Akute Wirkung beim Verzehr von pestizidhaltigem Obst und Gemüse können Übelkeit, Schwindel und Tinnitus, Gleichgewichts- und Sehstörungen bis hin zu Muskelkrämpfen und Herzrhythmusstörungen sein.

Natürlich steht hier die berechtigte Frage, „was tun?“

Man sollte trotz allem nicht auf frisches Obst und Gemüse verzichten. Empfehlungen gehen zu heimischen Bio-Produkten, die regional wachsen und saisonal verzehrt werden sollen.

Früchte und Gemüse sollten gründlich unter fließendem Wasser gewaschen werden. Vorzugsweise kann man sich auf Obst und Gemüse konzentrieren, die eine Schale oder eine Haut haben, die man entfernen kann.

Wählen Sie bewusst und achten Sie auch weiterhin auf das, was Sie kaufen und verzehren.

Ihr Dr. Wasylewski

 

Prostata - Früherkennung/Screening des Prostatakarzinoms

Prof. Dr. Peter Hammerer, Chefarzt Klinik für Urologie und Uroonkologie, Klinikum Braunschweig

Zusammenfassung

Hintergrund: Der Stellenwert eines PSA-basierten Screenings ist kontrovers. Auf der einen Seite zeigt sich durch ein PSA-Screening ein Überlebensvorteil hinsichtlich der tumorspezifischen Mortalität, der mit längerer Nachbeobachtungszeit zunimmt. Auf der anderen Seite existieren mögliche Einschränkungen wie Überdiagnostik/Übertherapie wie auch mögliche therapiebedingte Nebenwirkungen.

Die verschiedenen aktuellen Leitlinien variieren hinsichtlich Ihrer Empfehlung für oder gegen ein PSA-basiertes Screening je nach Wichtung der unterschiedlichen Screeningstudien.

Die aktuell publizierte Studie von Schroeder et al. mit 13-Jahres Follow-up Daten aus der European randomized study of screening for prostate cancer (ERSPC) beschrieb eine signifikante Reduktion der tumorspezifischen Mortalität. Mögliche Risiken wie Übertherapie können durch bessere Patientenselektion, Möglichkeit einer aktiven Überwachung von kleinen, möglicherweise indolenten Tumoren und eine weitere Qualitätsverbesserung der therapeutischen Optionen und zentrenbasierter Therapie reduziert werden.

Einleitung

Prostatakrebs ist der am häufigsten diagnostizierte bösartige Tumor des Mannes und die zweithäufigste Krebs Todesursache des Mannes. Die aktuellen Daten des „National Cancer Institutes“ und des „Centers for Disease Control and Prevention“ der Amerikanischen Krebsgesellschaft gehen für das Jahr 2015 von ca. 220.800 Neuerkrankungen und 27.540 Todesfällen aus. Prostatakrebsscreening ist dennoch eines der umstrittensten Themen in der Urologie.

Auf der einen Seite gibt es Daten aus großen randomisierten Studien, die zeigen, dass ein PSA-basiertes Screening Prostatakrebserkrankungen in früheren Stadien erkennt, zu besseren onkologischen Ergebnissen nach der Behandlung führt und eine geringere Prostatakrebssterblichkeit aufweist im Vergleich zu einem ungescreenten Patientenkollektiv (1,2).

Die potentiellen Nachteile umfassen jedoch unnötige Biopsien aufgrund falschpositiver PSA-Testergebnisse, Überdiagnose von klinisch insignifikanten Tumoren und potenzielle Nebenwirkungen von Prostatabiopsie und/oder der Behandlung der Prostatakrebserkrankung (3,4). Die anhaltende Kontroverse ist gekennzeichnet durch die divergierenden Empfehlungen für und gegen Screening (5,6).

Eine jetzt in „The Lancet“ publizierte aktuelle Auswertung der Europäischen Sreeningstudie mit mehr als 162.000 Menschen konnte zeigen, dass das Screening Prostatakrebs-Todesfälle um ca. ein Fünftel reduzieren konnte (7).

Ziel dieses Artikels ist es, die aktuellen Ergebnisse der Screening-Studien und die verschiedenen Leitlinienempfehlungen zu Früherkennung und Screening von Prostatakrebserkrankungen zusammenzufassen.

Die Inzidenz für Prostatakrebserkrankungen steigt mit dem Alter stark an. In der Altersgruppe der Männer unter 40 Jahren liegt diese bei unter 1 pro 100.000 Männer, bei 65-69 jährigen Männern beträgt diese zwischen 58-100 pro 100.000 Männer (8). Zu den Risikofaktoren gehört eine positive Familienanamnese; das relative Risiko erhöht sich mit jüngerem Alter der betroffenen Familienmitglieder, steigender genetischer Übereinstimmung und steigender Anzahl der individuell betroffenen Familienmitglieder. Viele andere Faktoren scheinen jedoch ebenfalls an der Entwicklung einer Prostatakrebserkrankung beteiligt zu sein.

Ziel einer Früherkennung ist es, organbegrenzte aggressive Prostatakarzinome bei asymptomatischen Männern mit einer weiteren Lebenserwartung von mindestens zehn Jahren zu erkennen (9). Das Prostatakarzinom zeichnet sich im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen durch mehrere Besonderheiten aus:

  • Prostatakarzinome wachsen oft langsam, aus diesem Grunde profitieren in der Regel nur Männer mit einer weiteren Lebenserwartung von mehr als zehn Jahren von einer kurativen Therapie.
  • Durch eine Früherkennung können Karzinome entdeckt werden, die ohne eine Früherkennung oder Screening nicht symptomatisch geworden wären. Ziel einer Früherkennung und eines Screening muss es daher sein, die aggressiven Prostatakarzinome zu entdecken, die im weiteren Verlauf eine potentielle Letalität haben.

Wenn eine PSA-basierte Früherkennung durchgeführt wird, sind folgende Fragen offen, wie der optimale Beginn eines PSA-basierten Screening, die Untersuchungsintervalle und der Einsatz weiterer Marker und der Bildgebung (10).

Früherkennungs- und Screening-Programme basieren üblicherweise auf dem Befund der Prostatapalpation (digitale rektale Untersuchung, DRU) und auf der Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Blut (1,7,9).

Die alleinige rektale Untersuchung der Prostata ist aufgrund einer geringen Sensitivität unzureichend (9). Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Kombination aus PSA-Wert und digitaler rektaler Untersuchung die Spezifität der Prostatakarzinom- Erkennung deutlich verbessern können (9).

   

Seit 2012 gab es mehrere neue Leitlinien für Prostatakrebs-Screening. Diese Leitlinienempfehlungen basierten überwiegend auf den Ergebnissen der beiden großen Screening-Studien Prostate, Lung, Colorectal and Ovarian Cancer Screening Trial (PLCO) aus den Vereinigten Staaten und der Europäischen Randomized Study of Screening for Prostate Cancer ( ERSPC ) (7,11).

Diese randomisierten Studien haben widersprüchliche Ergebnisse gezeigt. Während die amerikanische Studie keine Verbesserung der Mortalität beschrieb, zeigte die Europäische Studie eine deutliche Risikoreduktion mit zunehmender Beobachtungszeit. Auf der einen Seite sprach sich daher die amerikanische USPSTF gegen ein Prostata-Krebs-Screening für Männer jeden Alters aus (12). Die meisten anderen Gruppen empfehlen eine gemeinsame Entscheidungsfindung für ein Screening bei Männern mit mindestens einer 10-Jahres-Lebenserwartung, einschließlich einer Diskussion der Risiken, Vorteile, Unsicherheiten und Patientenpräferenzen (9,13,14).

Prostata spezifisches Antigen (PSA)

Je höher die Konzentration des PSA-Wertes ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Prostatakarzinom vorliegt. Als Grenzwert wird oft ein PSA Wert von 4 ng/ml benutzt. PSA ist ein organspezifischer Marker, allerdings ist er nicht tumorspezifisch, auch Entzündungen der Prostata, Manipulationen oder die gutartige Prostatavergrößerung können den PSA-Wert erhöhen. Aus diesem Grunde ist gerade im PSA-Graubereich von 4-10 ng/ml die diagnostische Aussagekraft des PSA-Wertes eingeschränkt (9,10).

Auch bei einem normalen PSA-Wert kann ein Prostatakrebs nicht sicher ausgeschlossen werden, wie verschiendene Untersuchungen zeigten.

Zahlreiche Ansätze wurden daher vorgeschlagen, um die diagnostische Genauigkeit des PSA-Testes zu verbessern, wie z.B. die PSA-Kinetik, das Verhältnis des freien und Protein-gebundenen PSA, die PSA-Dichte und die Verwendung von altersspezifischen Grenzwerten (15).

Jeder PSA Wert, der zu einer weiteren invasiven Diagnostik führt, sollte kontrolliert werden, wenn seine Plausibilität nicht ausreichend belegt ist (9).

Für die PSA Bestimmung ist ein quantitatives Messverfahren erforderlich, mit semiquantitativen oder qualitativen Streifen- oder Schwellentests werden die für Früherkennungsuntersuchungen relevanten PSA-Bereiche nicht ausreichend präzise gemessen. Für jedes Messverfahren muss daher der Laborbericht den Namen und Hersteller des PSA Messverfahrens, Angaben zur Kalibrierung und Normal- und Referenzwerte angeben (9).

Im September 2014 wurde die 2. Aktualisierung der Version 3.0 der Interdisziplinären Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms publiziert (AWMF-Register- Nummer 043/022OL) (9). Diese aktuelle Interdisziplinäre S3 Leitlinie hat verschiedene Statements und Empfehlungen mit unterschiedlichen Level of Evidenz und Empfehlungsgraden publiziert. Allerdings sind in dieser aktuellen Leitlinien-Empfehlung die jetzt publizierten Daten der europäischen Screening Studie mit einem Follow up von 13 Jahren nicht enthalten.

Hinsichtlich der prinzipiellen Empfehlung für eine Früherkennung wird als Beginn ein Lebensalter zwischen 40 und 45 Jahren empfohlen. Es wird explizit gefordert, dass Männer über potentielle Vor- und Nachteile aufgeklärt werden, insbesondere die Aussagekraft von positiven und negativen Testergebnissen sowie über gegebenenfalls weitere erforderliche Maßnahmen.

Statements und Empfehlungen der S3 Leitlinie 2014:

Der Anteil von nachgewiesenen Prostatakarzinomen ist signifikant höher in Screeninggruppen verglichen mit Beobachtungsgruppen. Durch das Screening werden auch zahlreiche Karzinome entdeckt, die keiner Behandlung bedürfen.

  • Männer, die mindestens 45 Jahre alt sind und eine mutmaßliche Lebenserwartung von mehr als 10 Jahren haben, sollen prinzipiell über die Möglichkeit einer Früherkennung informiert werden. Bei Männern mit erhöhtem Risiko für ein Prostatakarzinom kann diese Altersgrenze um 5 Jahre vorverlegt werden.
  • Männer sollen über die Vor- und Nachteile der Früherkennungsmaßnahmen aufgeklärt werden, insbesondere über die Aussagekraft von positiven und negativen Testergebnissen sowie über gegebenenfalls erforderliche weitere Maßnahmen.
  • Männern, die nach der Aufklärung eine Früherkennungsuntersuchung wünschen, soll das Bestimmen des PSA-Wertes als Untersuchungsmethode angeboten werden. Zusätzlich sollte eine digital-rektale Untersuchung empfohlen werden.
  • Für die Früherkennung eines Prostatakarzinoms sind bildgebende Verfahren als primäre Untersuchung nicht geeignet.
  • Ein erhöhter PSA-Wert soll unter Berücksichtigung von Einflussfaktoren kontrolliert werden.
  • Bei Männern, die weiterhin eine PSA-Früherkennungsuntersuchung wünschen, sollte sich das Intervall der Nachfolgeuntersuchung am aktuellen PSA-Wert und am Alter der Patienten orientieren, sofern keine Indikation zur Biopsie gegeben ist.

Altersgruppe ab 45 Jahren und einer Lebenserwartung > 10 Jahre

  • PSA < 1 ng/ml: Intervall alle 4 Jahre
  • PSA 1-2 ng/ml: Intervall alle 2 Jahre
  • PSA > 2 ng/ml: Intervall jedes Jahr

Für Männer über 70 Jahre und einem PSA-Wert < 1 ng/ml wird eine weitere PSA-gestützte Früherkennung nicht empfohlen.

Im Rahmen der Früherkennung soll eine Prostatabiopsie bei Vorliegen von mindestens einem der folgenden Kriterien empfohlen werden:

  • kontrollierter PSA-Wert von ≥ 4 ng/ml bei der erstmaligen Früherkennungskonsultation unter Berücksichtigung von Einflussfaktoren;
  • karzinomverdächtiges Ergebnis bei der digital-rektalen Untersuchung;
  • auffälliger PSA-Anstieg (ohne Wechsel des Bestimmungsverfahrens)

Bei jüngeren Patienten kann individuell auch bei niedrigeren PSA-Werten eine Biopsie-Indikation gestellt werden.

European Randomised study of Screening for Prostate Cancer (ERSPC)

Die European Randomised study of Screening for Prostate Cancer (ERSPC) ist eine multizentrische, randomisierte Studie, die den Stellenwert des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) Tests untersucht (7). Die Frage war, ob ein PSA-basiertes Screening die Todesfälle durch Prostatakrebs reduziert.

Diese Studie begann im Jahr 1993 und rekrutierte Männer im Alter zwischen 50 und 74 Jahren aus acht Ländern (Belgien, Finnland, Frankreich, Italien, Niederlande, Spanien, Schweden und die Schweiz). Diese Männer wurden aus Bevölkerungsregistern identifiziert und zufällig durch einen Computer zu Screening oder Kontrolle eingeteilt. Der primäre Endpunkt war die Prostatakarzinom-Mortalität in der Kernaltersgruppe. Mit 13 Jahren Follow-up wurden 7408 Prostatakrebsfälle in der Interventionsgruppe und 6107 Fälle in der Kontrollgruppe festgestellt.

Die absolute Risikoreduktion für die Prostatakrebsmortalität nach 13 Jahren betrug 0,11 pro 1000 Personenjahre. Umgerechnet bedeutet dieses, dass ein Prostatakrebstod verhindert wird pro 27 diagnostizierten Männern oder pro 781 zum Screening eingeladene Männer. Werden diese Daten bereinigt um die Nichtteilnahme, zeigte sich eine relative Risikoreduktion auf 0,73 (95% CI 0,61-0,88).

Trotz dieser positiven Ergebnisse für die Wirksamkeit des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) Tests bestehen Zweifel, ob die Vorteile des Screenings überwiegen.

Die vorliegenden Daten zeigen, dass mit längerer Nachbeobachtungszeit der Benefit eines Screenings zunimmt. Prostatakrebs Todesfälle wurden nach 9 Jahren Nachbeobachtung um 15 % reduzierte und um 22% nach 11 Jahren. Nach mehr als 13 Jahren Follow-up gab es eine 27% niedrigere Wahrscheinlichkeit für eine Prostatakarzinommortalität.

Allerdings hat sich auch der absolute Nutzen des Screening mit längeren Follow-up erhöht. Die Zahl der Männer, die zum Screening eingeladen werden, um einen Todesfall durch Prostatakrebs zu verhindern, sank von 1410 Männer nach 9 Jahren Followup auf 781 Männer mit 13 Jahren Follow-up. Die Zahl der Männer, die diagnostiziert und behandelt wurden, um einen Prostatakrebs-Tod zu verhindern, sank ebenfalls von 48 auf 27 (Number needed to treat ; NNT).

Professor Fritz Schröder aus dem Erasmus University Medical Center in den Niederlanden, Initiator der Studie, erklärte hierzu, dass das PSA-Screening eine vergleichbare Reduktion der Prostatakrebs Todesfälle wie die Früherkennung von Brustkrebs liefert, dennoch ist eine weitere Forschung dringend notwendig, um unnötige Biopsien zu vermeiden. Ein viel versprechender Ansatz ist die Bildgebung mit der Kernspintomographie-Technologie, die möglicherweise in der Lage ist, aggressive Prostatakarzinome selektiv zu diagnostizieren (16,17).

In einem Editorial Comment stellten Ian Thompson von der University of Texas HSC, San Antonio, USA und Catherine Tangen aus dem Fred Hutchinson Cancer Research Center, Seattle USA, fest: „Die neuen Erkenntnisse aus der ERSPC-Studie sind von entscheidender Bedeutung. In weiteren Veröffentlichungen aus der Studie wird die Verteilung der Todesfälle durch Prostatakrebs Gleason-Score und PSA bei der Diagnose wichtig sein, um zu verstehen, wie Screening und Behandlung besser angepasst werden können“ (16).

Prostate, Lung, Colorectal and Ovarian Cancer Screening Trial (PLCO)

Die PLCO Screening-Studie wurde in den USA zwischen 1993 bis 2001 durchgeführt und randomisierte in eine jährliche Überprüfung mit PSA-Tests für 6 Jahre und digitaler rektaler Palpation (n= 38 343) oder die übliche Versorgung (n=38350) (11).

Die Inzidenz von Prostatakrebs nach 7 Jahren Screening betrug 116 in der Screening-Gruppe und 95 in der Kontrollgruppe, es zeigte sich kein Unterschied in der Prostatakarzinom-Mortalität in den beiden Gruppen.

Ein Kritikpunkt der Studie war die übermäßige Kontaminationsrate in der Kontrollgruppe von >50%. Darüber hinaus hatten >40% der Männer einen PSA-Test vor der Randomisierung durchgeführt, hierdurch wurde die absolute Zahl der aggressiven Krebserkrankungen deutlich reduziert. Darüber hinaus war die Biopsie-Rate nur ca. 40% bei den Männern, die einen auffälligen Befund hatten. Aus diesen Gründen ist die Aussagekraft dieser Studie stark eingeschränkt.

Die United States Preventive Services Task Force (USPSTF)

Die USPSTF ist eine Gruppe von amerikanischen Gesundheitsexperten, die Empfehlungen zur staatlichen Gesundheitsvorsorge gibt (12). Im Jahr 2008 sprach sich diese Gruppe gegen ein Screening für Männer ≥75 Jahren aus. Im Jahr 2012 aktualisierte sie Ihre Empfehlung und sprach sich gegen ein Prostata-Krebs-Screening für Männer aller Altersgruppen aus mit der Begründung, dass der potenzielle Nutzen die möglichen Risiken der Behandlung nicht überwiegen würde. Diese Stellungnahme führte zu erheblichen Kontroversen, die amerikanische urologische Fachgesellschaft AUA erklärte, es sei „unangemessen und verantwortungslos, eine pauschale Aussage gegen PSA-Tests auszugeben, insbesondere für Risikogruppen wie Männer mit einer positiven Familienanamnese“, und dass die USPSTF bewusst eine Überbewertung der Schäden und Unterschätzung der Vorteile des Prostatakrebs Tests durchgeführt hat.

European Association of Urology (EAU)

Die europäische Fachgesellschaft aktualisiert jährlich ihre Empfehlungen zur Früherkennung von Prostatakrebs (14). Auf der Grundlage der Europäischen Randomized Study of Screening für Prostatakrebs (ERSPC) und der Göteborg randomisierten bevölkerungsbezogenen Screening-Studie stellten sie fest, dass PSA-Screening die Prostatakrebs Sterblichkeit senkt und dass Screening das Risiko reduziert, mit einer fortgeschrittenen Erkrankung während des Follow-up diagnostiziert zu werden. Die EAU empfahl eine Ausgangs-PSA-Messung (Baseline- PSA) im Alter von 40-45 Jahre, da diese Messungen das Risiko künftiger lebensbedrohlicher Krankheit vorhersagen kann. Das Screening-Intervall sollte in Abhängigkeit von dem PSA-Wert gewählt werden.

Die EAU empfiehlt, dass PSA-Screening Männern mit einer Lebenserwartung von ≥10 Jahren anzubieten, unabhängig von dem chronologischen Alter. Obwohl der PSA-Test der wichtigste Parameter für die Beurteilung der Prostatakrebs-Risiken ist, sollten andere Risikofaktoren wie ethnische Zugehörigkeit und Familiengeschichte berücksichtigt werden. Sie unterstreicht die Verfügbarkeit von mehreren Prostatakrebs Risiko-Rechnern, mehrere Variablen zu integrieren.

Nicht jede Prostatakrebsdiagnose bedeutet, dass eine invasive Therapie wie z.B. eine Operation oder Bestrahlung durchgeführt werden muss (19).

Versorgungssituation in Deutschland

Es besteht eine ärztliche Aufklärungspflicht für Männer, die eine Früherkennung wünschen. Diese Aufklärung soll über die Möglichkeiten einer PSA basierten Prostatakrebs-Früherkennung informieren und interessierte Männer darauf hinweisen, dass anhand eines PSA Testergebnisses nur die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Prostatakarzinomerkrankung abgeschätzt werden kann. Für eine definitive Diagnose müssen weitere diagnostische Maßnahmen wie z.B. eine Prostatabiopsie erfolgen (18). Diese Prostatabiopsie sollte unter Ultraschallkontrolle mit einer antibiotischen Prophylaxe erfolgen und wird in der Regel ambulant durchgeführt. Mögliche Risiken dieses diagnostischen Eingriffes beinhalten Infektionen, Blutungen, und Blasenentleerungsstörungen bis hin zum akuten Harnverhalt (9). Es existieren zahlreiche Patienten-Leitlinien zur Prostatakrebs Früherkennung, die kostenlos aus dem Internet herunter geladen werden können (9).

Für die Beurteilung der Aggressivität der Prostatakrebs Erkrankung ist die Tumordifferenzierung (Gleason Grad) und die Tumorausdehnung maßgeblich. Zusammen mit der Höhe des PSA-Wertes und dem klinischen Stadium lassen sich unterschiedliche Risikogruppen identifizieren.

Wird ein Prostatakarzinomen in der Niedrig-Risikogruppe festgestellt, so ist neben der möglichen kurativen Operationen oder Bestrahlung ein aktives Überwachen (Active surveillance) eine mögliche Option. Durch diese Therapiestrategie werden Männer selektioniert, die keine sofortige Therapie benötigen (19). Auch die aktuellen Leitlinien betonen die Möglichkeit des aktiven Überwachens als Alternative zur sofortigen Operation oder Bestrahlung bei Patienten mit einem vermeintlich insignifikanten Prostatakarzinom.

Durch eine weitere Verbesserung der Behandlungsqualität und Durchführung der Therapien in zertifizierten Zentren können mögliche Nebenwirkungen weiter reduziert werden.

Diese Strategie wird die Rate der potentiellen Überbehandlung verringern und damit Einfluss auf die Wertigkeit einer PSA basierten Früherkennung haben.
(Literatur bei der Redaktion)

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Peter Hammerer
E-Mail: urologie@klinikum-braunschweig.de
Web: http://www.klinikum-urologie.de

 

„Überall geht ein frühes Ahnen dem späteren Wissen voraus.“(Alexander von Humboldt)

 

Aktuelles aus der Krebsmedizin

ASCO – Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology

ASCO, die bedeutendste Fachgesellschaft für klinische Onkologie, zieht weltweit Mediziner, Forscher und Wissenschaftler an. Die Themen und Botschaften der Tagung sind richtungsweisend. Neue zielgerichtete Substanzen, neue Kombinationen von Medikamenten sowie die Immuntherapie stehen im Blickfeld der systemischen Krebsbehandlungen. Die Forschung sieht tumorbiologisch möglichst passgenaue Therapien als das wichtigste Ziel.

In den USA wird die systemische Forschung von der Politik bemerkenswert gefördert. In einer Rede des Präsidenten Barack Obama wurde der intelligenten Nutzung genombasierter Analysen für Prävention und Therapie, wie auch Krebs, große Aufmerksamkeit gewidmet. Im Jahr 2016 sollen 215 Millionen US-Dollar in die Präzisionsmedizin fließen; 70 Millionen davon in die Arbeit des National Cancer Institut (NCI).

Neue Studien mit unterschiedlichen Konzepten werden jetzt von ASCO, NCI, Universitäten und Arzneimittelherstellern gestartet um komplexe, klinisch relevante Fragen zu klären. „Dieses Programm ist Teil einer neuen Generation prospektiver, randomisierter klinischer Studien zur Relevanz von Genveränderungen oder molekularer Signaturen für die Medikamentenanwendungen“, so Prof. Rochard L. Schilsky, University of Chicago.

Einige auf der Tagung vorgestellte Studien konnten den Sinn einer organübergreifenden, an den biologischen Eigenschaften des jeweiligen Tumors orientierten Forschung zeigen. So sind z.B. bestimmte Formen des Bronchialkarzinoms und des malignen Melanoms ähnliche therapeutische Wirkprinzipien zugänglich.

Kurz zusammengefasst:

  • Molekularbiologische Profile und Muster von Gensignaturen mit organübergreifender Bedeutung stehen bei der systematischen Erforschung von Krebsmedikamenten, die möglichst an die Tumorbiologie angepasst sind, im Fokus.
  • Biomarker-spezifische Angriffspunkte neuer Substanzen sind wegen der biologischen Komplexität des Tumorwachstums keine Gewähr für die klinische Effektivität. Programme prospektiver randomisierter Studien müssen das zuverlässig belegen.
  • Das Prinzip der Checkpoint-Inhibition, einer Form der Immuntherapie, ist außer beim malignen Melanom auch bei fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen wirksam. Wie bei zielgerichteten Substanzen wird auch für Checkpoint-Inhibitoren nach prädiktiven Biomarkern gesucht.

(Quelle: aerzteblatt.de, Deutsches Ärzteblatt, 25/2015, Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schulze)

 

Das Urothelkarzinom der Harnblase, Risikofaktoren und Ansätze zur Prävention.

PD Dr. med. Peter J. Olbert, Leitender Oberarzt, Zentrumskoordinator Prostatakarzinomzentrum im CCC Marburg, Stellv. Klinikdirektor, Klinik für Urologie und Kinderurologie; Universitätsklinikum Gießen und Marburg

Epidemiologie und Einleitung

Das Harnblasenkarzinom ist der häufigste maligne Tumor der ableitenden Harnwege und liegt in Deutschland mit einer für 2014 prognostizierten Neuerkrankungsrate von 11.900 bzw. 4.500 pro Jahr beim Mann an Platz 4 der Krebsstatistik und bei der Frau an Platz 14.

  Jahr 2010
    Männer Frauen
  Neuerkrankungen (C67) 11.350 4.150
  Neuerkrankungen (D09.0, D41.4) 21.550 7.240
  Standardisierte Erkrankungsrate C67 (D09 + D41.4)1 18,9 (36,1) 5,0 (9,3)
  Sterbefälle (C67) 3.631 1.885
  Standardisierte Sterberate (C67)1 5,9 1,9
 

Tab. 1 Epidemiologische Maßzahlen für Deutschland, 2010, ICD 10, C67 (1 je 100.000 Personen, standardisiert nach Europabevölkerung); modifiziert nach Quellenangabe. (Quelle: RKI: Krebs in Deutschland)

Die altersstandardisierte Mortalitätsrate 2010 betrug 7,8 je 100.000 Einwohner pro Jahr, auch hierbei sind etwa 3/4 der Betroffenen Männer (Tabelle 1).

Tumore, die auf die Schleimhaut begrenzt sind oder das submuköse Gewebe infiltrieren, werden in der Gruppe der nicht-muskelinvasiven Tumoren zusammengefasst (non muscle invasive bladder cancer – NMIBC). Bei der Erstdiagnose fallen mehr als 70% der Patienten in diese Gruppe. Aufgrund geringer Progressionsraten und langer Überlebenszeiten ist die Prävalenz von Tumoren in diesen niedrigen Stadien hoch. Durch Zunahme der Erkrankungshäufigkeit und der demographischen Veränderungen ergab sich von 1990 bis 2005 ein Anstieg der 1 bis 5 Jahresprävalenzen um 40 – 60%.

Patienten mit einem Harnblasenkarzinom sollten sich einer lebenslangen Tumornachsorge unterziehen.

Sie müssen sich auf häufige und wiederholte operative Eingriffe einstellen. Im Falle eines muskelinfiltrierenden Tumors muss sich die Patientin/der Patient mit dem Verlust der Harnblase und der Lebensführung mit einer „neuen“ Harnableitung auseinandersetzen. Das metastasierte Harnblasenkarzinom ist in der Regel nicht kurativ behandelbar (nicht heilbar).

Eine wichtige präventivmedizinische und gesundheitsökonomische Herausforderung, um der Erkrankung an einem Harblasenkarzinom entgegen zu wirken, ist die Vermeidung bzw. Minimierung von Risikofaktoren.

Dieser Artikel soll die bekannten und gesicherten Risikofaktoren für das Harnblasenkarzinom zusammenfassen und Möglichkeiten für präventive Maßnahmen aufzeigen.

Hinweis: Mit Harnblasenkarzinom ist in dieser Übersicht immer das von der Blasenschleimhaut ausgehende Übergangsepithel-Karzinom gemeint. Seltene Bösartige Tumore wie kleinzellige Blasenkarzinome, Plattenepithelkarzinome oder Sarkome sind nicht Gegenstand dieser Arbeit.

Regionale Unterschiede

Es zeigen sich deutliche, regionale Unterschiede in der Inzidenz des Harnblasenkarzinoms. Die Gründe hierfür sind wahrscheinlich genetisch, durch unterschiedliche Ernährung, Lebensführung und Umweltbelastung bedingt. Sie können ihre Ursache aber auch in der Krebsregistrierung und -dokumentation haben (Abb. 1, Seite 16).

Alter und Geschlecht

Das Harnblasenkarzinom nimmt in Deutschland mit steigendem Lebensalter zu. Bei Männern und Frauen, die jünger als 25 Jahre sind, ist die altersspezifische Erkrankungsrate noch gleich. Es gibt Hinweise, dass sich Harnblasentumore bei jungen Patienten von denen bei älteren Patienten molekularbiologisch und prognostisch unterscheiden. Junge Patienten haben eine bessere Prognose (1). Danach steigt die Erkrankungsrate bei Männern und Frauen kontinuierlich an, wobei der Anstieg bei den Männern deutlich stärker ausgeprägt ist.

Abb. 1: Inzidenz für das Harnblasenkarzinom (C67), altersstandardisiert nach der Bevölkerung in der Welt, sowie in 18 Regionen, Schätzungen für 2008.

Genetische Prädisposition: In genomweiten Assoziationsstudien erwiesen sich bislang nur wenige umschriebene Veränderungen der DNA (Single nucleotide Polymorphisms, SNPs) als signifikant hinsichtlich der Auslösung eines Harnblasenkarzinoms. Von den bislang in den genomweiten Assoziationsstudien identifizierten Merkmale konnten bislang nur zwei funktionell charakterisiert werden (2). Diese Ergebnisse der Grundlagenforschung sind auf der Ebene von Patientenkollektiven nachweisbar, haben jedoch im ärztlichen Alltag keine klinische Relevanz. Bislang ergeben sich aus den molekularbiologischen Erkenntnissen auch keine Konsequenzen für die Prävention.

Seit längerem ist bekannt, dass das erbliche, nicht polypöse kolorektale Karzinom (HNPCC; Hereditary Non Polyposis Colorectal Cancer) mit einem erhöhten Karzinomrisiko im oberen Harntrakt assoziiert ist (3). Es konnte kürzlich gezeigt werden, dass auch das Risiko für Tumoren der Harnblase erhöht ist (4). Betroffene Patienten weisen die Mutation „MSH2“ im Mismatch Repair Gen (MMR-Gen) auf. Andere untersuchte Mutationen im Mismatch Repair Gen zeigten keinen Zusammenhang mit einem erhöhten Harnblasenkarzinomrisiko. Man könnte postulieren, dass Patienten, bei denen diese Mutation bekannt ist, sich frühzeitig einer regelmäßigen Vorsorgeuntersuchung des Harntrakts unterziehen sollten. Studien, die einen Nutzen eines solchen Vorsorgeprogrammes für dieses kleine Patientenkollektiv belegen, gibt es jedoch nicht.

Gesicherte Karzinogene für das Harnblasenkarzinom

Aromatische Amine

Aromatische Amine können Harnblasentumoren beim Menschen auslösen. Die einzelnen Vertreter dieser Stoffgruppe unterscheiden sich in ihrem krebsauslösenden Potenzial ganz erheblich. Die ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat die aromatischen Amine hinsichtlich ihrer krebsauslösenden Wirkung in verschiedene Kategorien eingestuft (5).

Sowohl die so genannte Maximale Arbeitsplatzkonzentration-(MAK-) und Biologische Arbeitstofftoleranzwerte – (BAT)-Werte-Liste, welche die Einstufungen enthält, als auch die Begründungen für die Einstufungen sind (seit 2013) über die Homepage der Deutschen Forschungsgemeinschaft kostenfrei herunterladbar.

An Arbeitsplätzen ist im Allgemeinen nicht die Exposition gegen aromatische Amine, sondern die Exposition gegen Azofarbstoffe von Bedeutung. Aus den Azofarbstoffen können im menschlichen Körper durch Stoffwechselvorgänge aromatische Amine freigesetzt werden. Dabei sind nur Farbstoffe von Interesse, die wasserlöslich („bioverfügbar“) sind. Die Berufskrankheit BK 1301 umfasst Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine (6). Bislang wurden von den Unfallversicherungsträgern praktisch nur Harnblasentumore anerkannt, die durch aromatische Amine ausgelöst wurden.

Medikamente, die ein Harnblasenkarzinom auslösen können

Harnblasenkarzinome können durch das Zytostatikum Cyclophosphamid (Endoxan ®) ausgelöst werden, das vor allem in der Therapie hämatologischer Neoplasien zum Einsatz kommt. Beobachtet wurde eine 9 bis 14fach erhöhte Harnblasenkarzinominzidenz nach Cyclophosphamidtherapie.

Phenazetin wurde in der Bundesrepublik Deutschland 1986 die Zulassung durch das Bundesgesundheitsamt entzogen. In mehreren Studien wurde ein vermehrtes Auftreten von Urothelkarzinomen im oberen Harnstrakt und, wenn auch deutlich weniger häufig, in der Harnblase beobachtet.

Aristolochiasäure wurde in Deutschland im Jahre 1987 verboten. Dieser Stoff war in verschiedenen Stärkungsmitteln, wie z.B. „Frauengold“, enthalten. Es kann nach der Einnahme von Aristolochiahaltiger (chinesischer) Kräutermedizin zu einer progressiven interstitiellen Fibrose in der Niere kommen. In der Literatur wird aber auch ein vermehrtes Auftreten von Urotheltumoren vor allem im oberen Harntrakt, vereinzelt jedoch auch in der Harnblase beschrieben. Problematisch ist hierbei vor allem, dass die Substanz in (Kräuter-) Mischpräparaten enthalten ist, ohne dass dies aus den Angaben auf der Verpackung ersichtlich ist.

Strahlentherapie

Vor allem in früheren Jahrzehnten wurden durch die Strahlentherapie von Gebärmuttertumoren iatrogen bedingte Harnblasenkarzinome ausgelöst. In einer Studie wurden 182.040 Frauen nachuntersucht, die wegen eines Zervixkarzinoms (Gebärmutterhalskrebs) behandelt worden waren. Dabei wiesen die mit Strahlentherapie behandelten Patientinnen mehr Harnblasenkarzinome auf als diejenigen Patientinnen ohne Strahlentherapie (7).

Im Jahre 2007 wurde eine Arbeit publiziert, in der Zweittumore bei Zervixkarzinompatientinnen untersucht wurden, die die Tumortherapie mehr als ein Jahr überlebt hatten. In die auf 13 Bevölkerungskrebsregistern beruhende Studie gingen 104.764 Frauen ein. Auch war die Strahlentherapie ein Risikofaktor für die Entwicklung eines Harnblasenkarzinoms. Dabei ist von besonderem Interesse, dass sich das Risiko, an einem strahlentherapeutisch bedingten Harnblasenkarzinom zu erkranken, kontinuierlich erhöht (8).

Man sollte also vor allem bei älteren Patientinnen, die vor Jahrzehnten mit einer aus heutiger Sicht veralteten Technik kurativ bestrahlt wurden, an ein Harnblasenkarzinom als Spätfolge denken.

Ernährung und Harnblasenkarzinom

Obwohl zahlreiche karzinogene Substanzen für die Entstehung von Harnblasenkarzinomen bekannt sind, beschränkt sich die Datengrundlage für diesen Zusammenhang auf epidemiologische Daten, Fall-Kontroll-Studien und Kohortenstudien, bzw. auf einige wenige Metaanalysen dieser Arbeiten. Aus diesen Daten kann auf schwachem Evidenzniveau indirekt die Schlussfolgerung gezogen werden, dass eine Expositionsvermeidung eine geeignete Präventionsstrategie darstellen könnte. Direkt vergleichende, prospektive Studien (exponierte vs. nicht exponierte Kohorte) existieren aus verständlichen Gründen nicht. Die Vergleichskollektive sind immer historischer Natur.

Auch für die „aktive“ Prävention z.B. durch Ernährungs- und Trinkverhalten liegen in der Literatur bis heute keine prospektiven Interventionsstudien vor. Die beste Evidenz geht auch hier fast ausschließlich aus Kohortenstudien oder Fall-Kontrollstudien bzw. deren Metaanalysen hervor. Insgesamt sind die vorliegenden Daten so heterogen und widersprüchlich und letztlich von so schwacher Evidenz, dass sich eine präzise Empfehlung zur Prävention durch Ernährungsmodifikation nicht aussprechen lässt.

Risikominimierung durch Vermeidung nachgewiesener oder vermuteter Karzinogene

N-Nitroso-Verbindungen, prozessiertes und rotes Fleisch

Verschiedene Studien konnten einen Zusammenhang zwischen dem Harnblasenkarzinom-Risiko und der Ernährung mit prozessierten (mit Pökelsalz behandelten) Fleischwaren zeigen (9). Andere Arbeiten untersuchten den Zusammenhang mit der Exposition gegenüber Acrylamidverbindungen und Nitrat im Trinkwasser und konnten keine Assoziation mit dem Harnblasenkarzinom-Risiko darstellen (10).

Da der übermäßige Konsum von rotem und prozessiertem Fleisch mit zahlreichen anderen Tumorentitäten und auch nicht-onkologischen Erkrankungen in Verbindung gebracht wird, kann eine Ernährungsumstellung im Sinne einer Reduktion dieser Produkte sicherlich generell empfohlen werden.

Arsen

Insgesamt 2 Arbeiten liefern widersprüchliche Ergebnisse: Während in einer libyschen Arbeit Arsen als Risikofaktor besonders bei Rauchern beschrieben wird, konnten Michaud et al. in einer nachträglichen Analyse einer randomisierten Studie kein erhöhtes Risiko durch Arsen im Trinkwasser feststellen.

In einem systematischen Review von 2014 wurde die Datenlage zu Arsen im Trinkwasser als Risikofaktor für das Harnblasen- und Nierenzellkarzinom aufgearbeitet. Letztlich wurden 8 ökologisch-epidemiologische Studien, 4 Fall-Kontroll-Studien sowie 3 Kohortenstudien für eine Metaanalyse herangezogen. Die Ergebnisse legen eine Assoziation von anorganischem Arsen im Trinkwasser und Harnblasenkarzinom-Inzidenz und -Mortalität nahe. Problematisch ist, dass fast alle Studien aus Regionen mit extrem hoher Arsenbelastung des Trinkwassers stammen.

Die Übertragbarkeit auf Belastungen im niedrig-Konzentrationsbereich, also auch auf deutsch/mitteleuropäische Verhältnisse ist unklar. Weiterhin ist die Qualität und statistische Methodik der Auswertung relevanter Einflussgrößen (insbesondere des Rauchens) in den ausgewerteten Studien sehr heterogen (11).

Kaffee-, Tee- und Softdrinkkonsum

Auch hier ist die Datenlage widersprüchlich. Es existieren Fall-Kontroll-Studien, die einen Zusammenhang mit dem exzessiven Konsum bestimmter Getränke nahe legen. Hingegen konnten andere Arbeiten diese Assoziation nicht bestätigen.

Prävention durch Diätmodifikationen oder Nahrungsergänzungsmittel

Vegetabile Lebensmittel und aktive Ernährungsumstellung

Auch wenn hier prospektive Kohortenstudien und Fallkontrollstudien mit verhältnismäßig großen Patientenzahlen vorliegen, könnten die Ergebnisse nicht widersprüchlicher sein. Während manche Arbeiten eine Risikoreduktion durch gesteigerten Gemüse-, Obst- oder Olivenölkonsum attestieren, sehen andere Autoren keinen Zusammenhang.

Eine wichtige Information liefert die Arbeit von Talaska et al. (12), die zeigt, dass diätetische Umstellungen nicht den schadhaften Effekt des Rauchens kompensieren können.

Supplementierung von Antioxidantien (inkl. Grünem Tee) und anderen Nahrungsergänzungsmitteln

Die Datenlage aus den verfügbaren Studien lässt keine Empfehlung zur Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (Micronutrients) zu. Böhm et al. (13) konnten in einem systematischen Cochrane Review für verschiedene Tumorentitäten keinen positiven Effekt von Grünem Tee nachweisen, auch nicht für das Harnblasenkarzinom.

Eine skandinavische Studie vergleicht die langjährige Gabe (5-8 Jahre) von alpha-Tocopherol und ß-Carotin vs. Placebo an einer sehr großen Kohorte. In dieser Studie konnte kein Effekt auf die Inzidenz und Mortalität verschiedener Tumorentitäten des Harntrakts, darunter auch des Harnblasenkarzinoms nachgewiesen werden (14).

Rauchen und Harnblasenkarzinom

Das Rauchen von Zigaretten ist ein validierter Risikofaktor für das Harnblasenkarzinom. Dies zeigen übereinstimmend sowohl große multizentrische Studien als auch zahlreiche Meta-Analysen und Übersichtsarbeiten. Von wegweisender Bedeutung ist die Einstufung durch die Gruppe International Agency for Research on Cancer (IARC) (15).

 
  Dauer (Jahre) 1-9 Zigaretten/Tag
RR (95% KI)
10-19 Zigaretten/Tag
RR (95% KI)
20-29 Zigaretten/Tag
RR (95% KI)
≥ 30 Zigaretten/Tag
RR (95% KI)

  1-9 1,3 (0,8–1,9) 1,4 (0,7–2,5) 0,9 (0,3–3,2) 0,4 (0,1–3,5)
  10-19 2,0 (1,4–2,8) 2,1 (1,5–2,9) 1,5 (0,8–3,0) 2,2 (1,2–3,9)
  20-29 2,0 (1,4–2,7) 2,8 (2,1–3,6) 3,6 (2,5–5,3) 4,2 (2,8–6,4)
  30-39 2,2 (1,7–2,9) 4,3 (3,5–5,2) 5,8 (4,3–7,8) 4,3 (3,1–6,0)
  ≥ 40 3,2 (2,6–4,1) 5,1 (4,3–6,1) 5,7 (4,4–7,4) 5,2 (3,9–6,9)
 

Tab. 2: Dauer des Rauchens und Menge der gerauchten Zigaretten bei Männern und Harnblasenkarzinom
RR: Relatives Risiko, 95% Konfidenzintervall.

 
  Dauer (Jahre) RR (95% KI)*

  1-9 1,0
  10–19 1,2 (0,6–2,3)
  20–29 1,3 (0,7–2,5)
  30–39 1,9 (1,1–3,5)
  ≥ 40 2,0 (1,1–3,5)
 

Tab. 3: Dauer des Rauchens bei Frauen und Harnblasenkarzinom
*Adjustiert nach Alter, Zentrum, und Anzahl der Zigaretten/Tag.
RR: Relatives Risiko, 95% Konfidenzintervall.

Die IARC bewertet den Einfluss des Rauchens wie folgt: Das Rauchen von Tabak ist eine wesentliche Ursache für das Urothelkarzinom der Harnblase, des Harnleiters und des Nierenbeckens. Das Risiko steigt mit der Dauer des Rauchens und der Anzahl der gerauchten Zigaretten.

Wie beim Lungenkrebs vermeidet das Beenden des Rauchens den weiteren Anstieg des Risikos.

Ein aktueller Bericht der IARC ergab, dass alle neuen Studien die Existenz einer Dosis-Wirkungsbeziehung mit der Anzahl der gerauchten Zigaretten und der Dauer sowie eine Abnahme des relativen Risikos mit der Zeit seit dem Beenden des Rauchens, im Vergleich zu Nichtrauchern, zeigten. Die Angaben zu dem Einfluss der Zeitdauer und der Menge der gerauchten Zigaretten schwankt von Studie zu Studie. Beispielhaft seien an dieser Stelle die Zahlen aufgeführt, die Brennan et al. in je einer gepoolten Studie für Männer und Frauen publiziert haben (Tabelle 2 und 3).

Zusammenfassung

Die wichtigsten bekannten und beeinflussbaren Risikofaktoren für das Harnblasenkarzinom sind:

  • das Rauchen
  • die berufliche Belastung mit aromatischen Aminen
  • wahrscheinlich auch die langfristige und übermäßige Aufnahme bestimmter Stickstoffverbindungen (N-Nitroso-Verbindungen, heterozyklische Amine, Nitrit, Nitrat) über die Ernährung oder das Trinkwasser.

Mit der Vermeidung dieser Risikofaktoren kann jeder einzelne mit hoher Wahrscheinlichkeit sein persönliches Harnblasenkarzinomrisiko und auch das Risiko für eine Vielzahl anderer Erkrankungen begrenzen.
(Literaturquellen bei der Redaktion)

Weitere Informationen:
Priv. Doz. Dr. med. Peter J. Olbert
Email: peter.olbert@med.uni-marburg.de
www.uni-marburg.de

 

„Die Menschen werden krank, weil sie aus Torheit alles tun, um nicht gesund zu bleiben.“ (Hippokrates)

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Peniskarzinom

Peniskarzinome werden in Deutschland selten diagnostiziert. Gegenwärtig sind es jährlich 600 Männer im Alter um 60 Jahre. Betroffene Männer sind extrem belastet. In den letzten Jahren hat sich eine möglichst organerhaltende operative Therapie etabliert. Die DGU betont die Notwendigkeit einer erheblich intensiveren Nachsorge nach einer Operation und schließt damit die Eigenverantwortung und Therapietreue der Männer dringend ein.

Heute wird, wenn möglich, mit einem geringen Sicherheitsabstand zum Tumor operiert, so dass vielen Männern eine Penisamputation erspart bleiben kann. Wenn der Tumor noch nicht in die umliegenden Gewebe eingedrungen ist, kommen ggf. auch eine Lasertherapie oder eine Bestrahlung infrage.

„Im Gegensatz zur partiellen oder totalen Penisamputation bedeutet der Organerhalt eine enorme Entlastung für die Betroffenen. Sie können weiterhin sexuell aktiv sein und meist ohne Beeinträchtigungen Wasser lassen“, so Prof. Oliver Hakenberg, Generalsekretär der DGU. Eine engmaschige Nachsorge über mindestens 5 Jahre ist dann notwendig, um Rezidive rechtzeitig zu erkennen.

Generell scheint es notwendig, neben der Selbstbeobachtung, die jährliche gesetzliche Krebsfrüherkennung beim Urologen ab dem 45. Lebensjahr wahrzunehmen.
(Quelle: Deutsche Gesellschaft für Urologie)

Kongress-Tipp

Der 67. DGU-Kongress findet vom 23.-26. September 2015 im Congress Center Hamburg statt.

30. Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Onkologie/Hyperthermie

fand vom 24. – 26. Juni in Aarau und Zürich, Schweiz, statt. Neben Ärzten, Biologen, Physikern und Ingenieuren waren auch wir dabei. In exzellenten Vorträgen über die neuesten Erfahrungen beim Einsatz der Hyperthermie, wurde in verschiedenen Symposien und Workshops über neue Anforderungen zielführend diskutiert. Damit, so scheint es, ist man dem Ziel einer weiteren Vernetzung von Behandlern, Kliniken, Forschungseinrichtungen sowie auch der Gesundheitsökonomie näher gekommen.

 

Zweitmeinungszentren bei Hodenkrebs, der Papiertiger ist aus dem Zoo!

Prof. Dr. med. Mark Schrader, Chefarzt der Klinik für Urologie HELIOS Klinikum Berlin Buch

Wenn die Diagnose Krebs getroffen wurde, folgen bei Betroffenen auf den ersten Schock oft Ratlosigkeit, Zweifel und Verunsicherung. Muss ich sofort einer Operation zustimmen oder kann ich warten? Muss ich der verordneten Chemotherapie wirklich folgen? Und kennt mein Arzt auch alle Therapien, die für mich infrage kommen? In dieser Situation empfiehlt es sich, eine fundierte ärztliche Zweitmeinung („Second Opinion“) einzuholen, da es sich bei Krebs um eine ernsthafte Erkrankung mit weit reichenden Konsequenzen handelt. Dafür geeignete Mediziner sollten in jedem Fall Erfahrung haben – sowohl mit der betreffenden Krebserkrankung als auch beim Umgang mit der onkologischen Zweitmeinung.

In diesem Beitrag geht es um die Zweitmeinung für den behandelnden Onkologen.

Zur Optimierung der Versorgungsqualität etablierte die German Testicular-Cancer Study Group 2006 ein nationales Zweitmeinungsnetzwerk, in dem inzwischen fast 4000 Zweitmeinungen angefragt wurden. Das Projekt wird durch die Deutsche Krebshilfe (DKH) gefördert. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Implementierung von Leitlinien durch Zweitmeinungszentren nachhaltig verbessert wird.

Einleitung

Angesichts der eingeschränkten Effektivität von Leitlinien und Therapiestudien wurde von der German Testicular Cancer Study Group ein grundsätzlich neuer Schritt zu einer erhöhten Versorgungsqualität unternommen. Zentraler Ansatz dieser Initiative ist das flächendeckende Angebot zur Konsultation von Zweitmeinungszentren vor der initialen therapeutischen Weichenstellung nach erfolgter Orchiektomie (Operative Entfernung des Hodens) und Ausbreitungsdiagnostik. Mit Hilfe des Dialogs von Primärversorgern und Zweitmeinungszentren sollte eine stärkere Implementierung der Leitlinien erreicht werden und die Versorgungsqualität verbessert werden.

Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Zwischenergebnisse des Projekts. Zudem wirbt er dafür, dieses Zweitmeinungsnetzwerk bei der Festlegung des weiteren Vorgehens bei Diagnose Hodenkrebs zu nutzen und entsprechende Netzwerke für weitere Tumoren zu entwickeln.

Material und Methoden

Im Jahr 2006 entwickelte die German Testicular Cancer Study Group ein webbasiertes interaktives Datenbankprogramm für ein flächendeckendes Zweitmeinungsangebot. Das System steht kostenfrei ausnahmslos allen niedergelassenen oder in Kliniken tätigen Ärzten zur Verfügung. Es ermöglicht das Einholen einer Zweitmeinung bei der Festlegung der initialen Therapieplanung nach Primärdiagnose Hodenkrebs und erfolgter Ausbreitungsdiagnostik.

Der Systemablauf ist folgendermaßen (s. Abb.) Nach einmaliger Nutzerregistrierung, die ohne Zeitverzögerung oder Einschränkung für jeden Arzt möglich ist, erfolgt eine Anonymisierung der Patientendaten.

Anschließend kann der klinische Primärdatensatz zu dem jeweiligen Patienten online in eine Datenmaske eingeben werden. Dieser Datensatz ist auf 21 für die Therapieentscheidung relevante Datenfelder reduziert. Der Nutzer hat hiernach die Möglichkeit, ein Zweitmeinungszentrum zu selektieren und die Anfrage an das gewählte Zentrum per Email zu senden (1).

Der Arzt des jeweiligen Zweitmeinungszentrums gibt daraufhin eine Therapieempfehlung (2). Bei komplexen Fällen treten sie in einen erweiterten Dialog mit den Anfragenden.

Das Projekt wird von einem Datenzentrum begleitet, welches 3 Monate nach Anfrage an ein Zweitmeinungszentrum recherchiert, welche Therapie schlussendlich erfolgte (3,4). Durch das Datenzentrum wird zudem 2 Jahre nach Zweitmeinungsanfrage ein Follow-up durchgeführt.

Als Zweitmeinungszentrum fungieren aktuell 32 Kliniken
(http://www.iv-hodenkrebs.de/zweitmeinungszentren.html).

Als Messpunkte für den Effekt des Projektes bzw. Versorgungsqualität wurden bestimmt:

  • geplante Therapie des Anfragenden (Erstmeinung) versus Therapieempfehlung des Zweitmeinungszentrums (Zweitmeinung),
  • Leitlinienkonformität der schlussendlich erfolgten Therapie und
  • rezidivfreier Verlauf

Bei den Inkongruenzen wurde differenziert nach:

  • Erstmeinung umfangreicher im Therapievorschlag, d.h. bezogen auf die Leitlinienempfehlung „Übertherapie“
  • Zweitmeinung umfangreicher im Therapievorschlag, d.h. für Erstmeinung bezogen auf die Leitlinienempfehlung „Untertherapie“
  • Inkongruenz ohne eindeutig bestimmbare Richtung der Abweichung bezüglich des Therapieumfanges

Die Anfragenden haben für die Abgabe der Erstmeinung die Möglichkeit, eine von 15 unterschiedlichen Therapieoptionen bzw. Vorgehensweisen auszuwählen. Die Zweitmeinungen bezogen sich als Mehrfachwahlantwort auf dieselben 15 Kategorien. Zweitmeinungszentren konnten somit bei alternativen Therapieoptionen bis zu 4 Vorgehensweisen empfehlen. Als kongruent wurde gewertet, wenn bei alternativen Therapiervorschlägen mindestens eine der Empfehlung des Zweitmeinungszentrums mit der Erstmeinung übereinstimmte.

Für Inkongruenzen (fehlender Übereinstimmung) wurde der Therapieumfang bei alternativen Therapieoptionen in Abhängigkeit von dem klinischen Tumorstadium, für das er laut Leitlinie empfohlen wird, bewertet [3, 4, 8].

Ergebnisse

In der Zeit von 2006 bis 2015 wurden fast 4000 Zweitmeinungen abgerufen. Eine Diskrepanz zwischen initialem Therapieplan des Anfragenden, im Folgenden als (Erstmeinung) bezeichnet, und Therapieempfehlung der Zweitmeinungszentren (Zweitmeinung) fand sich in etwa einem Drittel der Fälle. Bei diskrepanter Zweitmeinung wurde der Therapieumfang der Erstmeinung mit dem der Zweitmeinung bzw. Leitlinienempfehlung abgeglichen um festzustellen, ob die Erstmeinung gegenüber der Zweitmeinung eine Über- bzw. Untertherapie darstellte [3, 4, 8].

In etwa 40% beinhaltet die diskrepante Zweitmeinung einen weniger intensiven Therapievorschlag als vom Anfragenden intendiert. In etwa 25% dagegen beinhaltete die Zweitmeinung einen Therapievorschlag, der therapieintensivierter als die ursprünglich geplante Behandlung war.

Bei diskrepanter Zweitmeinung entschied sich der behandelnde Arzt in der Mehrzahl der Fälle (72%) für den Vorschlag des Zweitmeinungszentrums, in etwa jedem 7. Fall favorisierte er dagegen seinen ursprünglichen Therapieplan. In 7% erfolgte eine Therapie, die weder der Erst- noch der Zweitmeinung entsprach.

Diskussion

Aus unserer Sicht stellen sich bei der Versorgungsqualität von Patienten mit Hodentumoren zwei zentrale Fragen. Die erste Frage ist, ob die Erstellung von Leitlinien bei unveränderter medizinischer Versorgungsstruktur wirklich geeignet ist, die Versorgungsergebnisse nachhaltig zu verbessern oder ob sie nicht häufig Papiertiger bleiben, wenn nicht bereits bei der Erstellung Implementierungsstrategien festgelegt werden. Die bisher aus dem Zweitmeinungsprojekt vorliegenden Daten geben über Teilaspekte der o.g. Fragestellungen Auskunft.

Die Diskrepanz von 30% zwischen Therapieplan des Anfragenden und leitlinienkonformer Therapieempfehlung des Zweitmeinungszentrums zeigt, dass die Leitlinienpenetranz, trotz universeller Verfügbarkeit derselben, limitiert ist. Es bleibt zum jetzigen Zeitpunkt Spekulation, ob dies durch klinisch notwendige Abweichungen von der Leitlinie, durch Ignoranz der Leitlinie, Missinterpretationen der Leitlinien oder Missinterpretationen der Patientendaten bedingt ist.

Der hohe Anteil unterstreicht jedoch, dass das Ziel von Leitlinien – „Verbreitung von Expertenwissen mit der Intention, die Versorgungsqualität zu verbessern“ – bei Hodenkrebs durch die alleinige Publikation nur partiell erreicht wird.

Lässt man die Extrapolation zu, dass eine leitlinienkonforme Therapie für Patienten in der Regel vorteilhaft ist, dann verweisen die Ergebnisse darauf, dass:

  • Zweitmeinungszentren dazu beitragen können, die Implementierung von Leitlinien zum Wohl der Patienten zu verbessern und
  • die Versorgungsqualität regional durch Zweitmeinungszentren verbessert wird.

Welchen klinischen Effekt hat die Einholung einer Zweitmeinung?

In 40% (25%) beinhaltete die diskrepante Zweitmeinung einen weniger intensiven (intensivierten) Therapievorschlag als vom Anfragenden intendiert. Dieser Effekt hat einen hohen Stellenwert wenn man bedenkt, dass eine inadäquate Therapie eine schwere Einschränkung der Lebensqualität bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen und gegenwärtig nur eingeschränkt abschätzbaren Spätfolgen nach sich ziehen kann.

Fazit

Die bisher vorliegenden Ergebnisse des „Zweitmeinungsprojekts Hodenkrebs“ zeigen, dass eine gemeinsam von Niedergelassenen und Klinikern mit Zweitmeinungszentren erfolgte Therapieplanung zu einer Verbesserung der Implementierung von Leitlinienempfehlungen beiträgt. Die alleinige Publikation von Therapieleitlinien weist dagegen einen limitierten Effekt auf, wie die Abweichung der primären Therapieplanung von der Leitlinienempfehlung von 30% unterstreicht.

Wir appellieren angesichts der bisherigen Ergebnisse an alle Kollegen, das Zweitmeinungsnetzwerk bei der Therapieplanung zu nutzen und analoge Netzwerke für andere Tumoren zu entwickeln.

(Literaturquellen bei der Redaktion)

Weitere Informationen:
Prof. Dr. med. Mark Schrader,
Email: mark.schrader@helios-kliniken.de
http://www.helios-kliniken.de/klinik/berlin-buch/fachabteilungen/urologie.html

 

„Handle immer richtig. Das wird einige Leute zufrieden stellen und den Rest in Erstaunen versetzen.“ (Mark Twain)

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Protest gegen den Pflegenotstand:
Der Vorstand der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. unterstützt die Protestaktionen zum Hinweis auf den Pflegenotstand.

Auch bei der Versorgung von Patienten mit Krebs und Leukämie haben in den letzten Jahren einschneidende Stellenstreichungen in der Pflege stattgefunden. Ärztliche Versorgung und Pflege können nur als Teil einer gemeinsamen Sorge für den Patienten wirksam werden und ergänzen sich in der umfassenden Betreuung.

Wir befürworten in diesem Sinne ein ganzheitliches Konzept der ärztlichen und pflegerischen Versorgung von Krebspatienten. Die Verringerung der Anzahl der Pflegekräfte führt zu steigender Arbeitsverdichtung, fehlender Zeit für Zuwendung und Gespräche und erhöht die Anfälligkeit für Fehler in der Hygiene- und der Durchführung komplexer Therapiemaßnahmen. Darüber hinaus ist die Betreuung von Krebserkrankten eine inhaltlich und psychisch anspruchsvolle Tätigkeit.

Wir beobachten mit Sorge eine zunehmende Frustration und die Gefahr von Burn-out bei Pflegenden. Viele Pflegende leiden besonders darunter, dass ein persönliches Wort für den Patienten, eine Begleitung in seinen Sorgen und Ängsten durch den Mangel an Zeit nicht mehr möglich ist.

Kosteneinsparungen mit zunehmendem Druck auf das Personal sind in der gegenwärtigen Konstruktion des DRG-Systems und in der finanziellen Deckelung angelegt und daher letztlich gesundheitspolitisch verursacht. Auch das geplante zeitlich begrenzte Pflegeförderprogramm ist keine Lösung, da der Umfang viel zu klein bemessen ist und nach Ablauf des Programmes die Kliniken zusätzliche Stellen dann wieder selber finanzieren müssen.

Die Politik ist jetzt zu einem Umdenken aufgefordert.
(Quelle: Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V.)

 

Macht Krebs arm?

PD Dr. med. Ulf Seifart, Chefarzt Innere Medizin, Onkologie/Hämatologie, Sozialmedizin, Ärztliches Gutachtermanagement Klinik Sonnenblick, Marburg der Deutschen Rentenversicherung Hessen

Aktuelle verbesserte Therapieoptionen sorgen dafür, dass sich die Prognose von Krebspatienten stetig positiv entwickelt, so dass die Zahl der Langzeitüberlebenden zunimmt. Darüber hinaus ist die Krebserkrankung nicht mehr ausschließlich eine Erkrankung des alten Menschen, sondern trifft ebenfalls Patienten, die im Erwerbsleben stehen.

Damit stehen jedes Jahr geschätzte 100.000 Tumorpatienten vor der Frage, ob und wie die Rückkehr in den Beruf gelingen kann.

Von aktuell etwa 1,4 Millionen Tumorpatienten in Deutschland sind etwas mehr als die Hälfte im erwerbsfähigen Alter. Von diesen kehren lediglich 50% also ca. 700.000 nach erfolgter Therapie wieder voll ins Erwerbsleben zurück.

Nicht arbeiten zu können, bedeutet für die Betroffenen häufig eine Einschränkung ihrer Lebensqualität. Eine französische Studie unter 149 Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren zeigte, dass Finanzsorgen unabhängig vom Einkommen eine signifikant größere Belastung darstellen als mögliche körperliche oder psychische Beeinträchtigungen. Dies gilt sicher nicht für alle Patienten, weist jedoch darauf hin, dass die ökonomischen Folgen einer Tumorerkrankung ein relevantes Problem sein können.

In einer US-amerikanischen Studie korrelierte fernerhin ein niedriger sozioökonomischer Status mit einem schlechteren 5-Jahres-Gesamtüberleben. In der Nurses‘ Health Study wiesen Frauen, die an Brustkrebs erkrankt und sozial schlecht integriert waren, eine um 66% erhöhte Gesamtmortalität und eine zweifach erhöhte Brustkrebsmortalität auf. Auch in Untersuchungen aus Schweden bei Patienten mit hämatologischen Malignomen zeigte sich, dass Patienten in gehobenen beruflichen Positionen („white collar patients“) eine signifikant geringere Mortalität hatten als Patienten aus anderen sozialen Gruppen.

In einer aktuellen US-Untersuchung konnte gezeigt werden, dass an Leukämie erkrankte Kinder aus einkommensschwachen Familien eine ungünstigere Prognose besaßen als Kinder aus wohlhabenderen Familien. Für Deutschland zeigte eine Auswertung von zehn Krebsregistern, die insgesamt 200 Einzugsbereiche abdeckten, dass Tumorkranke aus einkommensstarken Regionen eine bessere 5-Jahres-Überlebensrate erreichten als Krebspatienten aus sozial schwächeren Gegenden.

Somit liegt der Verdacht nah, dass die soziale Situation, die ganz erheblich durch finanzielle Aspekte tangiert wird, nicht nur einen Einfluss auf die Lebensqualität, sondern möglicherweise auch auf die Prognose der Patienten besitzt.

Die soziale Situation wird wiederum ganz erheblich durch den Aspekt „Return to work“ determiniert.

Arbeitsunfähigkeit führt zu finanzieller Not

Die aus der verminderten Leistungsfähigkeit resultierende Arbeitsunfähigkeit kann für die Betroffenen zu einer erheblichen finanziellen Belastung werden.

Eine Zäsur bedeutet insbesondere die Aussteuerung aus der Krankenkasse nach 78 Wochen Arbeitsunfähigkeit. Zu diesem Zeitpunkt wird die Zahlung des Krankengeldes eingestellt. Trifft dies die Patienten unvorbereitet, entsteht potentiell eine finanzielle Lücke, die kurzfristig durch andere soziale Leistungen überbrückt werden muss. Aufgrund längerer Bearbeitungszeiten bei der Antragsprüfung kann das zum Problem werden. Auch wenn die Zahlungen zeitgerecht erfolgen, bedeutet dies einen weiteren finanziellen Einschnitt, da die Leistungen anderer Sozialleistungsträger in der Regel niedriger sind als das Krankengeld. Wer nicht direkt Altersrente bezieht, läuft zudem Gefahr, mit der Aussteuerung aus der Krankenkasse in die Arbeitslosigkeit zu geraten.

Krebspatienten besitzen, so eine Metaanalyse aus 36 Studien, ein erhöhtes Risiko ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

Dies wird durch das Ergebnis einer systematischen Literaturdurchsicht von insgesamt 64 Studien bestätigt. Hier zeigt sich, dass nur etwa 64% der Longterm-Survivor in das Erwerbsleben zurückkehren. Die mittlere Zeit der Arbeitsunfähigkeit betrug 151 Tage. Etwa 50% der Patienten verlor zunächst ihren Arbeitsplatz. Die Mehrzahl von ihnen fand später einen neuen Arbeitsplatz, allerdings häufig in Form einer Teilzeittätigkeit.

Auch aus den Daten der Deutschen Rentenversicherung zur Erwerbstätigkeit von Patienten nach onkologischer Rehabilitation geht hervor, dass lediglich die Hälfte von ihnen zum Zeitpunkt der Rehabilitation laufende Beitragszahler sind. Patienten, die nach Bezug von Lohnfortzahlung und Krankengeld arbeitslos werden, sind Bezieher von Arbeitslosengeld 1, das derzeit (2012) für Durchschnittsverdiener ca. 840 Euro pro Monat beträgt.

Dies ist mit einem erhöhten Risiko für Verarmung und soziale Isolation verbunden.

Wer alternativ eine Erwerbsminderungsrente bezieht, ist damit eher noch schlechter gestellt und häufig auf zusätzliche Leistungen wie Wohngeld angewiesen, wenn der „Haupternährer“ der Familie betroffen ist. Aktuell beträgt die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente 689 Euro.

Sicher sind nicht alle Patienten von einer solchen Entwicklung betroffen. Welche Patienten gefährdet sind, in eine solche negative Spirale zu gelangen, konnte im Rahmen einer nicht-repräsentativen, von den hessischen Krebsberatungsstellen vorgenommenen Befragung von 198 Patienten (80% Brustkrebs Patientinnen) bzw. deren Angehörigen eingegrenzt werden. In dieser Untersuchung waren insbesondere Patienten mit niedriger Bildung und schwerer körperlicher Arbeit gefährdet, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, wobei die geringen Gruppengrößen keine belastbare statistische Auswertung erlauben.

Eine weitere kleine Untersuchung unter insgesamt 76 allogen transplantierten Patienten mit einer hämatoonkologischen Systemerkrankung zeigte, dass 37% von ihnen ein Jahr nach der Transplantation wieder berufstätig waren, davon allerdings die Hälfte mit Einschränkungen. Als Risikofaktoren für eine anhaltende Nichterwerbsfähigkeit erwies sich auf Grundlage dieser kleinen Untersuchung: Ein Lebensalter von über 40 Jahren und eine körperlich mittelschwere bis schwere Arbeit. Wahrscheinlich spielt auch die Tumor-Art und die Intensität der Therapie eine Rolle:

Mehnert et al. beschreiben in ihrer Untersuchung, dass Patienten mit einem Leber- und Lungenkrebs, fortgeschrittenen Blut- und Lymphdrüsenkrebserkrankungen, Hirntumoren, Pankreaskarzinomen sowie Kopf-Hals-Tumoren mit einem deutlich höheren Risiko für Langzeitarbeitslosigkeit aufweisen. Dagegen hatten Patienten mit Tumoren des Urogenitaltraktes, Hodgkin-Lymphomen und Brustkrebs bessere Aussichten auf eine erfolgreiche berufliche Wiedereingliederung. Keine statistisch signifikanten Unterschiede fanden sich bei Patienten mit Hodentumoren und malignen Melanomen im Vergleich zu Nicht-Tumorpatienten.

Das Risiko für Arbeitslosigkeit stieg darüber hinaus mit der Intensität der Chemotherapie.

In einer früheren Studie unter Einbeziehung von 235 Krebspatienten erschien das Fatigue-Syndrom als weitere wesentliche Ursache für eine Arbeitsunfähigkeit. Patienten mit solcher Konstellation sollte dringend zu einer onkologischen Rehabilitation geraten werden, da im Rahmen einer solchen Maßnahme auch die beruflichen Perspektiven ausgelotet werden können.

Umgedreht konnten aber auch günstige Prognosefaktoren identifiziert werden. So war eine professionelle Hilfe bei der Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit günstig mit dem „Return to work“ assoziiert. Das Hinarbeiten auf den Erhalt des Arbeitsplatzes gehört zu den essentiellen Aufgaben der Rehabilitation. Die Möglichkeiten, auf den Erhalt der Arbeitsfähigkeit hinzuwirken, sind im Rahmen einer Rehabilitation deutlich besser als im Gespräch mit dem Fach- oder Hausarzt. In einer Auswertung von über 1000 onkologischen Patienten, die vor Beginn der Rehabilitation erwerbsunfähig waren, zeigte sich der Erfolg der Rehamaßnahme in Bezug auf die berufliche Zukunft: 75% der Patienten waren nach 1 Jahr ins Berufsleben re-integriert. Allerdings gelang dies im Hinblick auf die Tätigkeit mit unterschiedlichen Erfolgsquoten. 97% der Angestellten konnten nach erfolgreichem Abschluss der Rehabilitation wieder eine Berufstätigkeit aufnehmen. Bei den Arbeitern gelang dies allerdings nur zu 56%, was die Notwendigkeit unterstreicht, insbesondere für diese Gruppe der Berufstätigkeiten das Reha-Angebot zu verbessern.

Wünschenswert sind auch ein sozialmedizinisches Beratungsportal oder ein Lotse, der bei der beruflichen Wiedereingliederung oder der Beantragung von Sozialleistungen hilft.

Das Leistungsanbot wird von verschiedenen Institutionen wie der Rentenversicherung, der Arbeitsagentur oder dem Integrationsfachdienst (IFD) vorgehalten; ist aber vom Patienten und auch den betreuenden Fach- und Hausärzten nur schwer zu überblicken. Von daher benötigen die Patienten in diesen Fragen professionelle Hilfe.

Der Sozialdienst der Akutkliniken ist in dieser Thematik häufig nicht mehr zuständig, da die Patienten entlassen bzw. ambulant betreut werden. Fernerhin bestehen aufgrund der Stellenreduktionen in diesem Bereich häufig personelle Engpässe. Die Beratungsstellen der Krebsgesellschaften bieten in diesen Aufgaben eine suffiziente Betreuung an. Eine weitere Option besteht durch die sozialmedizinische Beratung in den onkologischen Rehabilitationskliniken.

Fazit

In der Zusammenschau der Ergebnisse bleibt festzustellen, dass Krebspatienten erfreulicherweise eine wesentlich bessere Prognose besitzen als vor 10 Jahren. Dies bedeutet aber auch, dass für langzeitüberlebende Krebspatienten Fragen der Lebensqualität (QoL) immer mehr in den Vordergrund rücken. Die QoL wird aber nicht unwesentlich durch finanzielle Sorgen bestimmt.

Aus diesem Grunde sollten Patienten ermuntert werden, diese Sorgen und Ängste bei Ihren behandelnden Ärzten zu thematisieren, zumal diese offensichtlich viel mehr Patienten betreffen als bis dato angenommen.

Eine mögliche Hilfestellung in diesen Fragen kann über die Krebsberatungsstellen der Krebsgesellschaften, Selbsthilfegruppen, Sozialverbände aber auch in onkologischen Rehabilitationseinrichtungen erfolgen.

Weitere Informationen:
Tel : 06421-295501; Fax: 06421-295555
E-Mail: ulf.seifart@drv-hessen.de

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Mammakarzinom

Eine neue Studie hat aktuelle Erkenntnisse für die Behandlung von Frauen mit Brustkrebs gebracht, die im „British of Surgery“ veröffentlicht wurde. Frauen mit Brustkrebs, die in ihrer Familie ebenfalls Brustkrebserkrankungen aufwiesen, haben keine schlechtere Prognose als Frauen ohne familiäre Vorbelastungen. „Dass sich die Prognosen von Brustkrebspatientinnen mit negativer und positiver Familienanamnese nicht unterscheiden, ist zwar nicht neu (so Prof. Dr. Anton Scharf, Chefarzt der Frauenklinik am Klinikum St. Marien in Amberg). „Sie bestätigt, was wir seit zehn Jahren zu wissen glaubten.“

In den entwickelten Ländern wird rund ein Viertel der Brustkrebserkrankungen auf erbliche Faktoren zurückgeführt. Frauen mit dieser Diagnose befürchten häufig, dass diese Vorbelastung ihre Prognose negativ beeinflusst. Das Ergebnis der Studie ist deshalb für diese Frauen eine positive Nachricht.

Die Tumorbiologie und die Art der Mutation sind hingegen von Bedeutung. „Die Prognose hängt letztendlich weniger davon ab, ob es sich um familiär bedingten oder sporadisch auftretenden Brustkrebs handelt, sondern von der Tumorbiologie und gegebenenfalls auch der Art der Mutation“, so Prof. Scharf. Forscher wollen jetzt untersuchen, ob verschiedene Brustkrebsgen-Varianten einen Einfluss auf die Effektivität der unterschiedlichen Tumor-Therapien haben. Erste Ergebnisse im Labor und Beobachtungen an Menschen zeigen, dass BRCA1-Gen-Trägerinnen empfänglicher auf einige Chemotherapien reagieren. Weitere Erfahrungen können dabei helfen, Therapien zukünftig besser zu planen.
(Quelle: Eccles BK et al: British J Surg, Mai 2015; Medscape: Positive Familienanamnese beim Mammakarzinom: Angst vor schlechterer Prognose unbegründet, Juni 2015)

Fortgeschrittenes Melanom

Nach fast 30 Jahren Stillstand in der Behandlung des BRAF V600-Mutation-positiven fortgeschrittenen Melanoms ist mit der Zulassung des Medikamentes Zelboraf (Vemurafenib) ein großer Fortschritt gelungen.

Führende Dermatologen wie Prof. Dr. Gutzmer, Hannover, Prof. Dr. Carola Berking, München oder auch Prof. Dr. Axel Hauschild haben zu ihren Erfahrungen mit dem Medikament im Hinblick auf Wirksamkeit, Verträglichkeit und Therapietreue im Klinikalltag Stellung bezogen. Sie begrüßen, dass diese Therapie zwischenzeitlich als Standardtherapie eingestuft wurde. „Man kann unter der Behandlung quasi zusehen, wie der Tumor innerhalb weniger Wochen schrumpft“, so Frau Prof. Berking.

Für die Patienten stellt sich eine rasche Besserung ihrer Beschwerden ein. Eine allgemein gute Verträglichkeit wird bestätigt. Die Patienten sind, so Prof. Berking, über die erhöhte Photosensitivität unter der Therapie aufzuklären und auch darüber, dass auf einen entsprechenden Sonnenschutz zu achten ist.
(Quelle: www.roche.de)

 

Krebs bei Kindern und Jugendlichen - Therapie mit Hyperthermie bei Kindern

Dr. med. Hüseyin Sahinbas, Leiter des Instituts für Hyperthermieforschung des Marienhospitals Herne, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum, FA für Radiologie, FA für Strahlentherapie

Krebs bei Kindern?

In jedem Jahr erkranken in Deutschland in der Gruppe der Kinder vor dem 15. Lebensjahr ca. 1.800 Kinder an Krebs. Am häufigsten sind dabei akute Leukämien, Lymphome (Krebskerkrankungen der Lymphknoten) und Hirntumoren (vor allem Medulloblastome und Astrozytome), gefolgt von bösartigen Tumoren des sympathischen Nervensystems (Neuroblastome), Weichteiltumore und Knochentumore.

Die Behandlung dieser Erkrankungen erfolgt in ausgewiesenen kinderonkologischen Zentren mit der Möglichkeit der Zusammenarbeit mit den Fachdisziplinen der Kinderchirurgie, Kinderradiologie, Strahlentherapie, pädiatrischer Onkologie und Orthopädie.

In den vergangenen dreißig Jahren konnten die Überlebenschancen der betroffenen Kinder erheblich verbessert werden, so dass heute 75% der Kinder langfristig geheilt werden können. Fortschritte in der Diagnostik zur Früherkennung und individualisierter Therapie waren entscheidend für diese Entwicklung. Es stehen prinzipiell drei Behandlungsverfahren zur Verfügung: zum einen die Chemotherapie, die Chirurgie sowie die Bestrahlung.

Nicht bei allen Tumoren müssen diese drei Methoden eingesetzt werden. Bei einem Großteil der Leukämien zum Beispiel reicht eine Chemotherapie meist aus, die Erkrankung zu heilen. Bei Hirntumoren oder auch bei bösartigen Erkrankungen der Knochen ist oft eine Kombination von Therapien notwendig. Für die Behandlung fast aller Tumorerkrankungen existieren erkrankungsspezifische Studienprotokolle, die in allen kinderonkologischen Zentren Anwendung finden.

Eine weitere Verbesserung der bestehenden Behandlungs-Optionen ist allerdings erforderlich, um letztendlich allen krebskranken Kindern und Jugendlichen die gleichen Heilungschancen bieten zu können.

Trotz der enormen Heilungsraten bei vielen Krebserkrankungen im Vergleich zu den der Erwachsenen, z.B. bei Tumoren des Zentralnervensystems (Ponsgliome/Astrozytome) oder der Knochen-/Knorpelgewebes (Sarkome) sind diese relativ schwierig zu beherrschen. Je nach Tumorart und Tumorlokalisationen kommen manche Therapieverfahren kaum in Frage, wie z.B. die komplette chirurgische Resektion des Ponsglioms oder Bestrahlung des Ponsglioms, wenn die Kinder noch zu jung sind. Ihre Chancen zur Tumorkontrolle oder Heilung sind durch die Tumorart und eingeschränkter Kombinierbarkeit der klassischen Möglichkeiten von Anfang an begrenzt. Wenn eine Heilung von Anfang an nicht realistisch ist oder die Therapien versagen, suchen die betroffenen Eltern, verständlicherweise, nach weiteren Optionen.

Die Behandlung von Krebserkrankungen ist also sehr komplex. Idealerweise werden Krebs-Patienten multidisziplinär betreut. Mitunter werden verschiedene Therapien miteinander kombiniert. Die Behandlung von fortgestrittenen Krebserkrankungen ist in der Regel nur erfolgversprechend, wenn man diese durch eine Operation entfernen kann. Palliative Behandlungen haben das Ziel, das Tumorwachstum zu hemmen und damit Lebenszeit zu gewinnen.

Leider gibt es eine Unzahl unüberschaubarer und kaum nachvollziehbarer Angebote an „Therapieverfahren“, die die Eltern in ihrer Entscheidungsfähigkeit meist überfordern. Nach meinem bisherigen medizinischen Kenntnisstand existieren keine Wundertherapien und es gibt keine Wundermittel. Deshalb gibt es keine „Alternativen Therapien“ sondern einige sinnvolle ergänzende Therapieverfahren. Deshalb sollten in diesen Fällen eine Gruppe von „Experten“ in ihrem Gebiet gemeinsam mit den Betroffenen zu einem Konsens über die so genannten komplementären Therapieverfahren kommen.

Eine dieser gut untersuchten und wissenschaftlich belegten komplementären Verfahren ist die Hyperthermie.

Die Hyperthermie wurde bereits, in der 14. Ausgabe dieser Zeitschrift und in den früheren Ausgaben, mehrfach beschrieben und erörtert. Hier sei nur in sehr verkürzter Version dies wiedergegeben:

Die Hyperthermie ist eine Form der multi-disziplinären Krebsbehandlung und kann komplementär, also ergänzend zu anderen Krebstherapien eingesetzt werden. Das Ziel der Hyperthermie ist dabei, Tumorgewebe zu zerstören und die Wirksamkeit anderer Krebsbehandlungen wie Chemo- und Strahlentherapie zu erhöhen. Hierdurch kann das Überleben oft deutlich verlängert werden. Je nach Lage, Größe und Art der Tumoren werden verschiedene technische Methoden der Hyperthermie angewendet.

Stellenwert der Hyperthermie bei Krebstherapien

In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Phase-II- und -III-Studien veröffentlicht, die einen Nutzen der Hyperthermie bei verschiedenen Krebserkrankungen zeigen. Hyperthermie hat viele, komplexe Einflüsse auf Körperzellen und Gewebe. Dies hängt nicht nur von der jeweils verwendeten Hyperthermie-Technik ab, sondern auch von der Temperatur, der Anwendungsdauer, der Aufwärmzeit, der Form, Art und Größe des Gewebes, der Durchblutung und davon, wie gleichmäßig sich die Temperatur verteilt.

Die Hitze kann zum direkten Absterben eines Teils der Tumorzellen führen (was noch keine Heilung bedeutet). Die Hyperthermie hat darüber hinaus noch weitere Funktionen, welche die Tumorzellen schwächen und angreifbar für andere Therapien und Immunreaktionen machen.

Ebenso wie Chemo- und Strahlentherapie führt die Hyperthermie zur Freisetzung von Stresshormonen im Tumor. Hierdurch wird die Oberfläche des Tumors für das Immunsystem besser erkenn- und angreifbar. Hyperthermie verstärkt die zellzerstörende Wirkung der Bestrahlung, indem sie das Sauerstoffangebot im Tumor erhöht, wodurch die Strahlung dann direkt als Radikale die Zelle zerstört; oder die Hyperthermie unterbindet das Reparatursystem der Zellen nach der Strahlentherapie. Die Hyperthermie steigert die Wirksamkeit der Strahlen um das 1,2- bis 5-fache. Die Hyperthermie kann ebenso die Wirksamkeit bestimmter Chemotherapeutika erhöhen und zum Teil sogar verfünffachen, ohne dass die Nebenwirkungen im gleichen Maße mit steigen.

Formen der Hyperthermie

Es gibt drei grundsätzlich verschiedene Anwendungsformen der Hyperthermie:

  • die aktive Hyperthermie (Fieber)
  • passive Ganzkörper-Hyperthermie:
    Bei der Ganzkörper-Hyperthermie wird der gesamte Körper erhitzt. Bei der moderaten Form sind dies Temperaturen von 39 bis 40 °C. Bei der extremen Form erreichen diese Temperaturen 41,5 bis 42,5 °C.

Die moderate Langzeit-Ganzkörper-Hyperthermie ist risikoarm und relativ gut verträglich. Durch diese Form der Hyperthermie können die körpereigenen Immunreaktionen wieder aktiviert und die Tumorzellen gegenüber Strahlen und Zytostatika sensibilisiert werden.

  • lokoregionale Hyperthermien, die also nur bestimmte Körperstellen erhitzen.

Lokale Hyperthermie: Die lokale Hyperthermie erlaubt also örtliche, oberflächliche Behandlung.
Regionale Hyperthermie: Zum Beispiel können mit kapazitiv gekoppelten Elektroden oder radiativen Hochfrequenzmethoden bei Teilkörper-Hyperthermien in der Körpertiefe ausreichende Temperaturen erzielt werden.

Über all diese Erkenntnisse der verschiedenen Hyperthermieverfahren liegen inzwischen zahlreiche klinische Erfahrungen vor.

In 23 Studien wurden signifikant bessere Ergebnisse durch die Kombination mit Hyperthermie erzielt.

Insbesondere bei fortgeschrittenen, therapieresistenten Tumoren wurden höhere Erfolge erzielt, wenn man die jeweiligen Therapien mit der Hyperthermie kombinierte. Ein komplettes Tumoransprechen wurde häufiger beobachtet, auch ein lang anhaltendes Teil-Ansprechen wurde des öfteren erreicht.

Eine im The Lancet Oncology, July 2013 erschienene Arbeit von Dr. Rüdiger Wessalowski et al aus der Universitäts Kinderklinik Düsseldorf: „Regional deep hyperthermia for salvage treatment of children and adolescents with refractory or recurrent non-testicular malignant germ-cell tumours: an open-label, non-randomised, singleinstitution, phase 2 study” zeigte eine objektive Tumorreduktion in 86% der Fälle bei Patienten (Kinder), bei einer 5-Jahres Überlebensrate vom 72%.

Allerdings stellt die Behandlung bei kindlichen Tumoren uns Ärzte und Therapeuten vor besondere Herausforderungen, die teilweise sehr schwer erfüllbar sind. Ist ein Kind betroffen, welches nicht entscheidungsfähig ist, sind die Eltern unter enormen Druck und wollen nur „das Beste“ für ihr Kind und es soll keine zusätzliche Gefährdung geben. Diese Erwartungshaltung wird auch an uns Therapeuten in verstärktem Maße weitergegeben.

Als Beispiel werde ich über die Therapiemöglichkeiten von kindlichen Hirntumoren eingehen. Im Laufe der letzten 15 Jahre in der Hyperthermie und Komplementärmedizin sind in meiner Klinik sicher an die 600 Betroffene mit Hirntumoren bzw. Hirnmetastasen mit zusätzlicher Hyperthermie behandelt worden. Die ersten 200 sind im Jahre 2008 von Dr. Hager und mir in ASCO vorgestellt worden und hatten großes Interesse geweckt. Von diesen ca. 600 Betroffenen waren etwa 10-15% Kinder bzw. Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr. Über 90% dieser Kinder hatten verschiedene Arten von Hirntumoren, die meisten allerdings so genannte Ponsgliome (Stammhirntumor bei Kleinkindern und Kindern) oder Astrozytome.

Nach der Diagnose waren die Kinder nach den geltenden Leitlinien behandelt worden und nun erneut in Progress. Diese Kinder und Jugendlichen kamen zur weiteren komplementären Therapie zu uns. Es waren also bereits Kinder, deren Tumore in der Regel aggressiver waren und auf weitere Therapien nicht mehr gut ansprechen würden (Negativselektion).

Im Rahmen einer Präsentation Mai 2004 in Baden Baden im Pädiatrischen Kongress wurden die Daten von 34 Kindern zusammengetragen, 21 davon konnten statistisch ausgewertet werden:

  • Diese Arbeit zeigte die grundsätzliche Machbarkeit der kapazitiven lokoregionalen Hyperthermieform auch am Gehirn bei pädiatrischen Krebserkrankungen
  • Die Kombinierbarkeit dieser Therapie mit Strahlen und/oder Chemotherapien
  • Die gute/hervorragende Verträglichkeit dieser Therapieform
  • Stabilisierung des Krankheitsgeschehens mit Verbesserung der Lebensqualität
  • Rückbildung der neurologischen Symptome
  • Teilweise Stillstand bzw. Rückbildung des Hirntumors, auch über mehrere Jahre hinweg
  • In Ausnahmefällen, wenn Strahlentherapie oder Chemotherapie nicht indiziert war ohne Inkaufnahme von unverhältnismäßig hohen Nebenwirkungen, zeigte die Hyperthermie auch dann ihre Potenz.

Praktische Durchführung der lokoregionalen Tiefenhyperthermie in der laufenden Therapie:

In der Regel wird parallel mit der laufenden klassischen Therapie (Strahlentherapie und/oder Chemotherapie) zwei- bis dreimal wöchentlich die lokoregionale Tiefenhyperthermie am Kopf durchgeführt. Die Therapieprotokolle des kindlichen Gehirns wurden geräteabhängig sorgfältig über Jahre optimiert und angepasst.

Daher müssen alle Anwender von in der DGHT-e.V. als Schulungszentren ausgewiesenen Kollegen geschult werden, bevor sie mit der Therapie bei Kindern beginnen. Die Hyperthermieanwendung hängt entscheidend von der Positionierung des Applikators, eingetragene Energie (KJ) und von der Lagerung des Patienten ab.

Therapieablauf in der Behandlung von pädiatrischen Hirntumoren

Therapieentscheidung und Erstattung der Kosten?

Private Krankenkassen erstatten mitunter die Kosten der Hyperthermie, während die gesetzlichen Kassen dies in Deutschland derzeit nur selten tun – und dann nur nach Einzelvereinbarung zwischen Kasse, Arzt und Patient. In Deutschland entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) darüber, ob Therapien und Untersuchungsmethoden durch die Krankenkassen erstattungsfähig sind. Im Jahr 2005 erkannte der GBA die Hyperthermie nicht an und begründete dies damit, dass noch kein medizinisch-wissenschaftlicher Konsens bestehe, wie die Therapieergebnisse zu bewerten seien und nach welchem Standard die Behandlung durchzuführen und zu protokollieren sei (z.B. Temperatur, Einwirkdauer, Thermometrie, begleitende Therapieprotokolle).

In anderen europäischen Ländern wie Italien, Polen, der Schweiz und den Niederlanden wird dies anders gesehen und die Therapiekosten vom Staat bzw. von den Kassen übernommen.

In unserer Arbeit beobachten wir gute Erfolge der Hyperthermie bei Hirntumoren und Hirnmetastasen auch bei Kindern und Jugendlichen. Wichtig ist für Patienten bzw. Familien zu wissen, dass die Hyperthermie andere Krebstherapien nicht ersetzt, sondern ergänzt. Ob eine Hyperthermie für ein Kind, eine Patientin/einen Patienten in Frage kommt, sollte im Einzelfall vorab besprochen und geklärt werden. Auch die anderen behandelnden Ärzte wie z.B. Onkologen, Pädiater, Pädiatrische Onkologen, Strahlentherapeuten oder Radiologen und nicht zuletzt die Eltern werden in diese Entscheidung des Gesamtkonzeptes eingebunden.
(Literatur beim Autor)

Weitere Informationen und Kontakte:
Dr. med. H. Sahinbas, FA für Radiologie, FA für Strahlentherapie,
Hyperthermie, Praxis-Klinik für Hyperthermie
44787 Bochum
hssahinbas@googlemail.de
www.hyperthermie-bochum.de

 

Mit Lachen gegen Krebs?

Humor ist ansteckend. Lachen ist infektiös. Und beide sind gut für Ihre Gesundheit!

Eigentlich ist Krebspatienten nicht zum Lachen zumute. Dennoch gibt es therapeutische Konzepte, die dem Lachen eine große Wirkung auf den Organismus zuschreiben.

Es scheint egal, ob man über Witze, Pointen, über sich selbst, künstlich oder natürlich lacht – der Reflex, den uns die Natur gegeben hat, hat Auswirkungen auf unseren Körper. Lachen entspannt, egal, ob man gerade gut oder weniger gut drauf ist. In welcher psychischen Situation befinden sich Krebspatienten? Neben einer Menge an negativen Gefühlen haben sie Angst. Angst entsteht als natürliche emotionale Reaktion auf bedrohliche Lebenssituationen. Sie ist kontraproduktiv, sie verunsichert uns, macht uns zu Opfern. Und indem sie unser Denken blockiert, steuert sie unseren natürlichen körperlichen Funktionsabläufen entgegen.

Auch Ärger zählt zu den negativen Gefühlen. Ärger ist mit einem Gefühl von Verletztheit verbunden. Zumeist geht dies mit dem Erleben einer nicht hinnehmbaren Situation, eines Verlustes einher. Dabei kann Ärger zu einer geistigen und physischen Lähmung und zu einer wirklichen Hilflosigkeit führen. Daraus resultieren negative Auswirkungen auf die physische Gesundheit, die über den tatsächlichen psychologischen Schaden weit hinausgehen können.

Negative Emotionen wie Furcht, Ärger oder Depression können durch Lachen aufgehalten, vermindert oder ganz aufgelöst werden. Wie soll das gehen, wird man als Betroffener fragen. Ein Lach-Yoga-Therapeut dazu: „Sie können einem Patienten, der wirklich sagt, mir ist nicht nach Lachen zumute, sagen: zieh trotzdem mal deine Mundwinkel nach oben und denk an was Schönes. Es funktioniert sehr gut, auch wenn man energetisch nicht so gut drauf ist.“ Die Erklärung: der Verstand bleibt draußen – es ist sehr schwierig, zu denken und zu lachen.

Natürlich reagiert jeder Patient individuell. Das Lach-Yoga-Training hat das Ziel, Patienten zu motivieren und das Lachen zu trainieren. Lachen hat einen Effekt; so genannte Neurotransmitter werden im Gehirn freigesetzt, das sind Glückshormone. Erfahrungen des Trainings zeigen, dass die teilnehmenden Krebspatientinnen und -patienten lockerer werden und sich besser fühlen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben auch gezeigt, dass ein gewöhnliches Alltagslachen, etwa 100 Lacher pro Tag, die Herztätigkeit ähnlich anregt wie 10 Minuten Rudern. Das Immunsystem wird stimuliert.
(Quelle: Deutsche Krebshilfe, in vivo; Die Kraft des Humors, William F. Fry, Jr. Nevada City, California)

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Pankreaskarzinom

Krebszellen haben vielfältige Mechanismen entwickelt, mit denen sie Rezeptoren und deren Zelltod-Programm umgehen können. Pankreaskarzinomzellen wandeln deren Funktion sogar so um, dass diese für eine noch aggressivere Ausbreitung der Erkrankung sorgen.

Die Wissenschaftler unter der Leitung von Professorin Anna Trauzold und Professor Holger Kalthoff am Institut für Experimentelle Tumorforschung an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel beschäftigen sich seit mehr als zehn Jahren mit den Todesrezeptoren, die in fast allen Körperzellen und prinzipiell auch in Krebszellen für das kontrollierte Absterben der Zelle, den programmierten Zelltod, sorgen können. Dieses Selbstmordprogramm wird typischerweise über Rezeptoren auf der Zellmembran ausgelöst. Krebszellen haben jedoch vielfältige Mechanismen entwickelt, mit denen sie dieses Programm umgehen können.

Ein körpereigener Sicherheitsschalter wird so gewissermaßen ausgeschaltet und es entstehen Resistenzen gegenüber Chemotherapeutika oder Bestrahlung. „Wir konnten nachweisen, warum Todesrezeptoren paradoxerweise bei vielen Krebszellen gehäuft vorkommen und wie die Umprogrammierung der Todesrezeptoren in der Zelle bewerkstelligt wird“, erklärt Trauzold.

Therapieresistenz von Krebszellen überwinden: „Unsere Ergebnisse bedeuten, dass auch bei konventionellen Krebsbehandlungen mit Chemotherapeutika oder Bestrahlung künftig die Rolle der Todesrezeptoren und ihr Einfluss auf die Ausbreitung von Krebszellen stärker berücksichtigt werden muss“, sagt Trauzold.

Gleichzeitig zeigen die Untersuchungen auch neue Ansätze auf, wie die Therapieresistenz von Krebszellen möglicherweise überwunden werden kann. Versuche mit Zellkulturen zeigen, dass ein sehr stark gehäuftes Vorkommen von Todesrezeptoren auf der Zelloberfläche dafür sorgt, dass auch Bauspeicheldrüsenkrebszellen absterben. Dringenden Forschungsbedarf sehen Trauzold und Kalthoff demnach in der Frage, wie die Rezeptoren zurück an ihre Position an der Zelloberfläche von Krebszellen gebracht werden können, um dort effektiv, zum Beispiel durch Hemmung der unerwünschten Signalwege, aktiviert werden zu können.
(Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel /Auszug)

 

Zur Gesundheit mit Zwiebel, Knoblauch & Co

Dr. Kristin Peters, Brunn

„Iss Lauch im März, wilden Knoblauch im Mai, dann haben die Ärzte das ganz Jahr über frei.“ (Sprichwort)

Zwiebel und Knoblauch sowie ihre wilden Verwandten Bärlauch und Wunder-Lauch sind nicht jeder Menschs Sache. Das kräftige Aroma, der sich einstellende Mund- bzw. Körpergeruch wird von manchen gern in Kauf genommen und von anderen als abstoßend empfunden. Wie auch immer, sie sind vielfältig einsetzbare Gemüse, weit verbreitete Gewürze und wichtige Heilpflanzen, die unsere Gesundheit nachhaltig beeinflussen können.

Allen gemeinsam ist ihre Zugehörigkeit zu der Gattung Lauch, lat. Allium. Der senfig scharfe Geschmack und der schweflige Geruch zeigen die Wirkung auf unsere Darmsymbionten an. Sie fördern die Darm- und Pankreasfunktion und können hilfreich zur Darmreinigung eingesetzt werden. Die enthaltenden Schwefelverbindungen wirken gegen pathogene Keime sowie Darmpilz und fördern so eine gesunde Darmflora.

Der hohe Gehalt an schwefelhaltigen Wirkstoffen ermöglicht die Ausleitung von Schwermetallen, wie Quecksilber und Blei. In Kombination mit passenden Heilpflanzen werden sie aus den Depots gelöst, gebunden und schließlich ausgeschieden. Dabei agieren die Lauchgewächse als Chelatbildner für toxische Metalle.

Das Immunsystem wird ebenfalls durch sie entgiftet. Bei Infekten werden Bakterientoxine beseitigt oder bei Viruserkrankungen bakterielle Begleitinfektionen in Schach gehalten.

Damit noch nicht genug: im gesamten Körper steigern Zwiebel, Knoblauch & Co die Zirkulation von Blut und Lymphe. Der Zufluss zu den Organen, Geweben sowie Zellen und der Abtransport von Stoffwechselabfallprodukten und Toxinen werden verbessert. Der Körper wird schneller entgiftet. Zudem erfolgt eine Aktivierung körpereigener Enzymsysteme, die Giftstoffe abbauen.

Diese Heilpflanzen können beispielsweise zur Reinigung bei Hauterkrankungen eine wichtige Rolle spielen. Sie haben noch weitere Gemeinsamkeiten.

Zum einem sind sie reich an Flavonoiden, die über ein beträchtliches antioxidatives Potential verfügen. Deswegen sind diese vier Lauchgemüse wichtige Prophylaktika und wesentlich an der Verhinderung koronarer Herzerkrankungen und Krebs beteiligt.

Zum anderen wirken ihre Alkaloide und weitere Inhaltsstoffe blutdrucksenkend und der Arterienverkalkung nachweislich entgegen. Sie beugen der Verklumpung von Blutplättchen vor (Thrombosen), senken den Cholesterinspiegel und stärken die Abwehrkräfte. Sie schützen uns vor vorzeitiger Alterung, erweitern die peripheren Gefäße und erhöhen die Fließgeschwindigkeit des Blutes und der Lymphe. Sie sind also bestens zur Prophylaxe und Therapie von Herzinfarkt, Thrombosen, Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten, Arteriosklerose und altersbedingten Gefäßerkrankungen geeignet.

Nicht zuletzt werden durch diese heilkräftigen Gewächse Viren, Bakterien, Pilze und andere Parasiten bekämpft. Daraus ergeben sich verschiedene Anwendungen, z.B. bei Erkältungskrankheiten und viralen Infekten oder auch Hautpilz, Insektenstichen und Wunden.

Leider können nicht alle Menschen von diesen gesundheitlichen Vorteilen profitieren. Es treten immer wieder Knoblauchallergien bzw. Zwiebelunverträglichkeiten auf. Die Betroffenen erfahren keine positive Wirkung und sollten auf jeden Fall auf andere Heilpflanzen zurückgreifen.

Wichtig: Nur von unbestrahlten Lauchgewächsen aus kontrolliert biologischem Anbau oder der unbelasteten Wildsammlung kann langfristig das gesundheitliche Potenzial fruchten, denn Allergie bzw. Unverträglichkeit tritt vorrangig durch belastete Pflanzen auf. Auch bei Niederblutdruck sollten diese Gemüse achtsam genutzt werden.

KNOBLAUCH (Allium sativum)

Inhaltsstoffe: Vitamin A, B1, B2, C, Niacin, Kieselsäure, Kalium, Magnesium, Kalzium, Phosphor, Jod, Eisen, Allicin, Sulfide, Schleimstoffe, Steroide, Cholin, Scordinin, Garlicin, Zink, Mangan, Selen und Phytinsäure.

Eigenschaften: antibakteriell, antiviral, antimykotisch, desinfizierend, krampflösend, verbessert die Aufmerksamkeit, sekretionssteigernd, blutdrucksenkend, verdauungsfördernd, das Immunsystem stärkend.

Knoblauch erwies sich als pflanzliches Breitbandantibiotikum. Sein Wirkstoff Allicin hemmt das Wachstum zahlreicher Bakterien, sogar Typhuserreger. Ein Milligramm Allicin entspricht etwa 10 μg Penicillin und wirkt zusätzlich gegen penicillinresistente Keime. Die schwefelfreien Bestandteile wie Garlicin und Scordinin wirken ebenfalls keimhemmend.

Bei Laborversuchen mit Knoblauch wurden wachstumshemmende Effekte auf Krebszellen festgestellt. Krebstumore in Mäusen wurden erfolgreich zerstört, indem Allicin in zwei Phasen zu den Tumorzellen gebracht wurde. Gesunde Zellen wurden nicht in Mitleidenschaft gezogen.

Etliche Untersuchungen belegen, dass in Regionen, in denen Menschen reichlich und regelmäßig Knoblauch essen, die Zahl der Krebserkrankungen deutlich niedriger ist. Weiterhin stärkt er die Drüsen des Verdauungstraktes und hat heilende Effekte auf die Darmschleimhaut. Er hilft bei Blähbeschwerden, Darmverkrampfung und Durchfall. Unterstützend kann er in der Therapie bei Helicobacter pylori Anwendung finden.

Auch bei Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündung und Grippe bewährte sich der aromatische Knoblauch. Ein altes Hausrezept gegen Grippe: Ein kleines Stückchen Brot mit Butter und Honig bestreichen, dick Thymian darüber streuen und eine ½ Knoblauchzehe darauflegen. 3 x täglich essen – schmeckt überraschend gut, ausprobieren lohnt sich, laut Ursel Bühring.

Der ayurvedische Knoblauchdrink entgiftet den Körper, stärkt die Abwehrkräfte und weckt die Lebensgeister. In 200 ml Wasser 1 frische Zitrone pressen, 1 Teelöffel Honig einrühren und 1 Knoblauchzehe hineinpressen. Während der Grippewelle einmal täglich trinken, wobei auch manche chronische Krankheit durch die blutreinigende und leberunterstützende Wirkung positiv beeinflusst werden kann.

Äußerlich zahlt er sich als „Zugpflaster“, als Auflage bei Warzen und als Einreibung mehrmals täglich bei Hautpilz aus. Einige schwefelhaltige Verbindungen des Knoblauchs sind hitzeempfindlich und gehen auch beim Trocknen verloren. Die größte Wirkung geht vom frischen Knoblauch und naturheilkundlichen Produkten, die aus frischem Knoblauch hergestellt werden, aus.

ZWIEBEL (Allium cepa)

Inhaltsstoffe: ätherische Öle, Vitamin A, B1, B2, C, E, Nikotinsäure, Allicin, Asparagin, Kalziumoxalate, Carotin, Cholin, Zitronensäure, Essigsäure, Phosphor, Fumarsäure, Gerbstoffe, insulinähnliches Pflanzenhormon, Jod, Kaffeesäure, Linolsäure, Lithium, Lutein, Oleanolsäure, Oxalsäure, Rutin, Salicylate, senfähnliches Glykosid, Schwefel, Trigonellin und Zink.

Eigenschaften: antibakteriell, antiviral, antimykotisch, blutbildend, entzündungshemmend, harntreibend, krampflösend, Schleimhäute schwellen ab, auswurffördernd, schleimlösend, antiasthmatisch, antiallergisch, tonisierend.

Sehr beliebt und wirkungsvoll ist der Zwiebelsaft bei Mittelohrentzündung, Ohrentzündung und Schmerzen. Die Schleimhäute schwellen ab, die Schmerzen und der Druck im Ohr lassen rasch nach. Überhaupt bei Erkältungen, Grippe, Nasennebenhöhlen-, Hals- und Rachenentzündungen gibt es eine Reihe bewährter Anwendungen: Auflagen, Sirup, Honig, Urtinktur, Inhalation, Fußkompressen, z.B. die Zwiebelfußsohlenauflagen bei Schnupfen.

Die Zwiebel lindert Bronchialkatarrhe, starken Husten und Heiserkeit. Bei Entzündungen des Atemtraktes entfaltet sie hervorragend ihre antibiotischen Eigenschaften. Zusätzlich beugt sie Asthmaanfällen vor. Die Einnahme von Zwiebelpresssaft mindert deutlich die allergisch bedingte Verkrampfung der Bronchien.

Sie regt die Verdauungsorgane und die Harnausscheidung an. Bei Entzündungen der Blase, Niere und Prostata kann ihre innere und äußere Anwendung Keime abtöten und die Heilung fördern. Weiterhin beseitigt sie Wasseransammlungen und entlastet das Herz.

Äußerlich wird sie bei Warzen, Hühneraugen, Insektenstichen, Furunkeln, Frostbeulen, Abszessen und Verbrennungen gebraucht. Auch bei Quetschungen, Zerrungen und Prellungen hilft eine Zwiebelauflage. Aufgrund der antiproliferativen (das Zell- und Gewebewachstum hemmend), antimikrobiellen und regenerationsfördernden Eigenschaften wird der Zwiebelfrischsaft oder das Bestreichen mit einer Zwiebelhälfte die Wund- und Narbenheilung unterstützen.

Bärlauch (Allium ursinum) und Wunder-Lauch (Allium paradoxum)

Inhaltsstoffe: Flavonoide (Adenosin – 20 mal höher als im Knoblauch), in Spuren Prostaglandine A, B und F, Lectine, Eisen, Magnesium, Mangan und schwefelaktive Verbindungen (7,8 mg Schwefel pro 100 g Trockensubstanz, Knoblauch 1,7 mg/100 g).

Eigenschaften: antimikrobiell, adstringierend, anregend, blutreinigend, entzündungshemmend, harntreibend, schleimlösend, schweißtreibend, tonisierend.

   

Der Bärlauch wächst nicht in allen Regionen Deutschlands. Er fehlt vor allem im Norden und Nordosten. In Brandenburg und Hamburg ist er vom Aussterben bedroht, in Bremen gilt er als extrem selten und in Schleswig-Holstein wird er als „potenziell gefährdet“ eingestuft.

Dafür breitet sich der Wunder-Lauch in diesen Teilen Deutschlands aus. Er stammt ursprünglich aus dem Kaukasus, von Bergen in Zentral-Asien und dem Nord-Iran. Er duftet ähnlich dem Bärlauch und liegt geschmacklich zwischen Zwiebel und Knoblauch. Obwohl er schmalblättriger als der Bärlauch ist, wird er mit diesem verwechselt. Auch wenn es keine Untersuchungen gibt, ist davon auszugehen, dass er sich in Wirkung und Eigenschaft mit Zwiebel, Knoblauch und Bärlauch vergleichen lässt.

Wenn Sie meine Erfahrungen und mein Wissen zur Pflanzenheilkunde, zur Phytotherapie, interessieren, dann vermittle ich es gern an Sie weiter. Sie können mich bei Kräuterwanderungen begleiten, an meinen Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen, meinen Workshops und Seminaren teilnehmen. Auf meiner Internetseite finden Sie viele Antworten auf Ihre Fragen. Ich freue mich auf Sie.

Weitere Informationen:
post@kristin-peters.de; www.kristin-peters.de

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Melanom Medikamente auch gegen Lungenkrebs?

Anlässlich der europäischen Lungenkrebs-Konferenz (ELCC) in Genf haben Autoren einer neuen Studie berichtet, dass Medikamente, die zur Therapie von Melanomen zum Einsatz kommen, bei einem Teil von Lungenkrebspatienten einen wichtigen klinischen Nutzen bringen können.

Bei Patienten mit Melanomen, die eine BRAF-Mutation aufweisen, wurden bei etwa 2% Adenokarzinome in der Lunge gefunden. Für die Behandlung der Patienten mit Melanomen wurden verschiedene Inhibitoren des B-Raf-Proteins entwickelt; gegenwärtig gibt es aber noch kein zugelassenes Medikament für Lungenkrebspatienten mit dieser Mutation.

In der laufenden europäischen Studie wollen die Wissenschaftler unter der Leitung von Dr. Oliver Gautschi, Onkologe am Luzerner Kantonsspital, nun herausfinden, wie durch gezielte Therapien den Lungenkrebspatienten mit dieser seltenen Mutation geholfen werden kann.
(Quelle: ELCC)

Auch niedrige Strahlendosen können schaden

Neue Studienergebnisse stehen der bisherigen Meinung entgegen. Am Institut für Strahlenbiologie am Helmholtz Zentrum in München hat man Zellen experimentell bestrahlt. Das Ergebnis zeigte, dass schon Strahlendosen unter 0,1 Gy die Aktivität des nicht kodierten Genoms verändern. Über Methylierung wurden bestimmte Gen-Expressionen beeinflusst. Diese Ergebnisse widerlegen die bisherige Meinung, dass das Risiko bei abnehmender Strahlung linear sinkt. Diese Erkenntnisse müssen weiter erforscht werden.
(Quelle: Valerie Brid O´Leary et al. Cell Reports 2015, Medical Tribune)

Krebswirkstoff heilt Rückenmark

Rückenmarkschäden, die durch Unfälle oder Erkrankungen entstanden sind, haben schlechte Heilungschancen. Narbengewebe und molekulare Prozesse in der Nervenzelle behindern die Regeneration. In einer präklinischen Studie konnte der Krebswirkstoff Epothilon das Axonwachstum fördern und so das Gangbild rückenmarksgeschädigter Tiere verbessern. Das internationale Forscherteam wies nach, dass Epothilon die Proliferation von Narbengewebe hemmt und das axonale Wachstum anregt. Der Wirkstoff stabilisiert die Mikrotubuli des Zytoskeletts und ist in den USA bereits zur Therapie von Brustkrebs zugelassen. Weitere Untersuchungen sind erforderlich.
(Quelle: Jörg Ruschel et al. Science 2015, Medical Tribune)

 

Krankheitserfahrungen - Über Krebs sprechen oder schreiben?

Gedanken über Vertrauen und Offenheit

Eigentlich steht an dieser Stelle unserer Zeitschrift immer eine Geschichte einer Patientin/ eines Patienten. Unsere Erfahrungen mit diesen persönlichen Krankheitserlebnissen sind in einer besonderen Weise ambivalent, so dass wir heute einen kurzen Rückblick, eine kleine Bilanz der Erfahrungen für Sie notieren wollen.

Die persönlichen Geschichten von Betroffenen sind so individuell, wie jede Krebserkrankung es ist. Wir haben mit den Geschichten Menschen kennengelernt, die erzählen wollten und nicht wieder aufhören konnten; auch Menschen, die lieber schweigen wollten. Aber auch solche, die gekämpft haben, die ihre Hoffnungen und Ängste klar formulieren mussten. Einige von ihnen haben den Krebs besiegt, einige haben verloren.

Die folgenden Geschichten haben wir Ihnen noch nicht erzählt. Da gibt es eine Freundin, die vor Lebenslust und Humor strotzte. Sie führt einen Reiterhof, gehört zu den besten Reiterinnen ihrer Altersklasse und kennt sich mit Pferden aus, wie keine Zweite. Bei ihr wurde in den 70ger Jahren Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert. Sie wurde operiert, hat die folgenden Standard-Therapien auch mit ihrem Humor überstanden und war dann viele Jahre beschwerdefrei. Die damals gängige Weise radiologischer Behandlungen haben ihr heute – nach regelmäßigen jahrelangen Beobachtungen – weitere Spätfolgen gebracht. Inkontinenz, Blasenkatheter sind heute angesagt. Dr. Olbert hat in dieser Ausgabe unserer Zeitschrift ab Seite 14 über diese Spätfolgen der Bestrahlung geschrieben.

Und dann gibt es den schweigenden Nachbarn. Die Diagnose: Leberkrebs – nur noch palliativ behandelbar. Er hat sehr schnell entschieden: „ ... ich will nichts mehr ...“ nur zu Hause bleiben und den Alltag leben. Gespräche mit einfühlsamen Ärzten haben Chancen aufgezeigt, die Lebensqualität stabilisieren und Lebenszeit bringen können. Er wird ihren Empfehlungen folgen.

Eine Studienfreundin war an Hautkrebs erkrankt und hat ihn „besiegt“. Sie arbeitet heute als Autorin und Malerin. Gern hätten wir ihre Geschichte erzählt. Sie hat sich Bedenkzeit erbeten und uns dann abgesagt.

Und es gibt auch den Arzt, der an akuter myeloischer Leukämie erkrankt ist. In den Gesprächen analysiert er klar, kompetent und sachlich seine Situation – und dann muss er an einer Stelle des Gesprächs all seine Ängste herauslassen und kann nicht wieder aufhören zu erzählen.

Diese Erfahrungen unserer Redaktion zeigen, dass dieses Kapitel in unserer Zeitschrift seine Berechtigung hat. Sicher werden Sie, verehrte Leserin, verehrter Leser ähnliche Erfahrungen in Ihrem Lebensumfeld machen.

Wir werden weiterhin, wenn unsere Gesprächspartner und Sie es wünschen, über Erfahrungen mit dem Krebs und die therapeutischen Wege unterschiedlichster Art für Sie schreiben.

Wenn Sie Ihre Geschichte für die Leserinnen und Leser unserer Zeitschrift notieren möchten, sie ist willkommen. Wir danken unseren bisherigen Autorinnen und Autoren der Krankheitserfahrungen für ihre Offenheit und ihr Vertrauen.
(Redaktion)

 

In eigener Sache

Liebe Leserin, lieber Leser, immer öfter melden sich jetzt Empfänger unserer Zeitschrift und bitten uns, die postalische Zustellung zugunsten der Online-Version unserer Zeitschrift zu ändern.

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Danke für Ihre Unterstützung und Ihr Interesse.
Ihr Redaktionsteam

 

Aktuelles aus der Krebsforschung

Kleine Knoten in der Schilddrüse

Bei mehr als der Hälfte aller Menschen entwickeln sich im Laufe des Lebens kleine Knoten in der Schilddrüse. Entdecken Ärzte sie als Zufallsbefund bei einer Vorsorgeuntersuchung, ist dies kein Grund, die Knoten vorsorglich operativ zu entfernen. Denn in mehr als 90% der Fälle geht davon keine Gefahr aus. Um jene zu erkennen, hinter denen sich ein Schilddrüsenkarzinom verbirgt, untersuchen Ärzte die Knoten mit Ultraschall und entnehmen bei Verdacht eine Gewebeprobe.

„Der Ultraschall liefert uns heute entscheidende Hinweise, ob eine Gewebeprobe entnommen und genauer untersucht werden sollte“, sagt DEGUM Kursleiter Dr. Wolfgang Blank, Leitender Oberarzt der Medizinischen Klinik I im Klinikum am Steinenberg in Reutlingen. Eine Krebserkrankung zeige sich etwa dann, wenn der Knoten im Ultraschall echoarm sei, den Schall also nur schwach reflektiert. „Ein erfahrener Ultraschall-Untersucher erkennt Krebszellen in einem Knoten auch daran, dass er unregelmäßige Ränder sowie Blutgefäße und winzige Kalkablagerungen im Inneren aufweist“, erklärt der Experte.

Bedenken, dass dabei Krebserkrankungen übersehen werden könnten, hat nun eine Langzeituntersuchung weitgehend ausgeräumt. Die italienischen Wissenschaftler beobachteten 1.000 Patienten mit insgesamt 1.567 Knoten weitere 5 Jahre nach der Erstuntersuchung. Bei dieser waren die Knoten entweder im Ultraschall als unauffällig eingestuft worden oder das Ergebnis der Gewebeprobe war negativ.

Die Ärzte stellten bei 5 der Patienten Krebs an einem der zuvor untersuchten Knoten fest. Bei 4 dieser 5 Patienten zeigten sich bei der ersten Ultraschalluntersuchung zwar verdächtige Veränderungen, die Feinnadelbiopsie brachte aber keine bösartigen Zellen zutage. Der fünfte Patient hatte in der Erstuntersuchung im Ultraschall noch keine Krebs-typischen Merkmale gezeigt. Die Untersuchung zeigte, dass Sonografie und Biopsie sichere Ergebnisse liefern, kommentiert Blank. „Bei 99,7% der ursprünglich entdeckten Knoten konnten die Ärzte damit eine Krebserkrankung korrekt ausschließen.“

Das Schilddrüsenkarzinom gehört zu den seltenen Krebserkrankungen. Laut dem Robert-Koch-Institut sind im Jahr 2010 in ganz Deutschland 1.670 Männer und 4.220 Frauen an einem Schilddrüsenkrebs erkrankt. Daran gestorben sind im gleichen Jahr 275 Männer und 431 Frauen.

Über die DEGUM: Mit mehr als 9.000 Mitgliedern gehört die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) zu den größten medizinisch-wissenschaftlichen Gesellschaften in Deutschland und zu den größten Ultraschallgesellschaften weltweit.
(Literatur: Durante et al.; JAMA 2015; 313:926-35; http://jama.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=2174027)

Große Hoffnung – individuelle Krebsimpfung

Ugur Sahin ist Mediziner mit dem Forschungsschwerpunkt Krebs und Immunologie. Er ist seit 2006 Professor für experimentelle Onkologie an der III. Medizinischen Klinik der Universität Mainz. Im Fokus seiner Forschung steht die Identifizierung und Charakterisierung neuer Zielmoleküle (Antigene) für die Immuntherapie bei Krebstumoren, z. B. bei Brustkrebs, Prostatakrebs, Lungenkrebs und anderen Krebserkrankungen.

Ugur Sahin leitet neben diesem Forschungsprojekt seine Bio-Tech-Firma und die Abteilung Translational Oncology (TRON) an der Universität Mainz. Sein Ziel: die Entwicklung eines Krebs-Impfstoffes mit genetischen Informationen, der eine entsprechende Reaktion des Immunsystems auslösen und so zur Hemmung und Rückbildung von Tumoren führen soll.

Bei dieser individualisierten Impfung geht es im Detail um komplexe Molekularbiologie. Da jeder Tumor bei jedem Patienten anders ist, muss der Impfstoff auf jeden Patienten individuell zugeschnitten entwickelt werden.

Seine These:

  • Das Immunsystem hält normalerweise Krebszellen für harmlos. Antikörper lösen auf Immunzellen die Bremse, die sie an der Vernichtung der Krebszellen hindert.
  • Bei der Zelltherapie werden Immunzellen entnommen, gentechnisch verändert und dem Patienten wieder verabreicht. „Geimpfte“ Immunzellen können so ausgestattet werden, dass sie Tumore zerstören.
  • Die Impfung konfrontiert so Immunzellen mit typischen Krebsmerkmalen.
  • Sie kann den Krebs nicht verhindern, sie kann ihn mit der körpereigenen Abwehr bekämpfen.
  • Immuntherapien können in wenigen Jahren ein fester Bestandteil der Krebstherapie sein

Bei diesem Forschungsprojekt geht es um Millionen Leben und um Millionenprofite. Die Laborergebnisse sind gegenwärtig so vielversprechend, dass der US-Pharmakonzern Eli Lilly die Summe von 30 Millionen US-Dollar in das Projekt investierte und bei Erfolg weitere große Summen zusagte. Die Erfolgschancen stehen 50:50.

Die nächste Hürde, die der Forscher überwinden will, ist eine klinische Studie zu initiieren. Danach kann es ein Aus oder ein Weiter geben.

Der Forscher ist optimistisch und geht davon aus, dass er in drei Monaten den ersten individuellen Impfstoff herstellen kann. Er geht auch davon aus, dass er in wenigen Jahren nur ein paar Tage benötigen wird, um einen individuellen Impfstoff herzustellen. Und es werden dann auch nicht mehr 200.000 Dollar dafür notwendig sein.
(Quelle: tzi.uni-mainz, tron-mainz.de, focus.de)

 

Gesundheitserfahrungen

notiert von Dagmar Moldenhauer

Eine besondere Ausstellung

Wir sitzen einer kleinen Leinwand gegenüber und können sehen, wie sich computersimuliert im Zeitraffer das Gesicht eines Kindes in wenigen Minuten in das Gesicht einer alten Frau verwandelt. Wir altern in jeder Sekunde ohne dass wir es merken – in diesem Moment wird es uns bewusst. Und so treten wir ein in den Dialog mit der Zeit, so auch der Titel der Ausstellung:

Dialog mit der Zeit - Die Erlebnisausstellung im Museum für Kommunikation in Berlin

Wir werden auf der Grundlage unserer Erwartungen auf angenehme Weise zur Kommunikation, zur Interaktion herausgefordert. Fragen stehen im Raum: Wie möchte ich im Alter leben? Was sind die Herausforderungen des Älterwerdens? Welche Möglichkeiten und Chancen eröffnen sich, jetzt und in Zukunft? Diesen Fragen geht die Ausstellung auf ungewöhnliche und sehr individuelle Weise nach, denn Altern ist individuell. Durch diese Ausstellung werden wir von einer der speziell geschulten Senior-Guides (alle 70+) begleitet und mit den unterschiedlichen Facetten des Alterns konfrontiert. Wir kommen in unserer kleinen Gruppe miteinander ins Gespräch. Die Altersstruktur ist weit gefächert und uns scheint, dass jeder jedem auf ungewöhnliche Weise zuhört, sich mit dem Alter der Anderen auseinandersetzt. Der demografische Wandel wird sichtbar präsentiert und persönlich erlebt.

Besucher können probieren, wie sich das Treppensteigen im Alter anfühlt, wie das Öffnen der Tür mit zittrigen Händen zu einer schwierigen Aufgabe wird.

Wir hören und begreifen, dass Altern nicht nur Einschränkung, sondern auch Bereicherung sein kann. Das Wunderbare dieser Ausstellung ist der positive und optimistische Dialog. Altern und Altsein wird von Vorurteilen abgestaubt. Eine Empathie gegenüber der älteren Generation stellt sich ein und tut auf großartige Weise gut.

In der Ausgabe Nr. 17 unserer Zeitschrift hatten wir in einem Beitrag von Frau Professor Ingrid Herr vom Universitätsklinikum Heidelberg in einer Tabelle neun Faktoren für ein hohes, gesundes Altern dargestellt. Sie hatte auf den Spuren von Dan Büttner (USA) herausgefunden, dass diese Faktoren erstaunlich gut zu den Empfehlungen führender Organisationen der Krebsprävention passen. Bewegung, Ernährung und Sozialisation gehören ebenso dazu, wie Aktivität und Entspannung.

Diese Empfehlungen finden wir am Ende unseres Ausstellungsrundganges wieder. Wer möchte, kann sich die Hinweise für gesundes Altern, auf kleinen Zetteln angeboten, mitnehmen.

Wir verlassen die Ausstellung mit einem unglaublich guten Gefühl – probieren Sie´s aus. Es ist eigentlich nicht schlimm, alt zu werden.

Die Ausstellung wird von Berlin weiterwandern und ab November 2015 in Bern/CH zu sehen sein.
(Quelle: Museum für Kommunikation, Berlin)

 

„Nur im ruhigen Teich spiegelt sich das Licht der Sterne.“ (Aus China)

 

Entspannung trainieren

Schon oft wurden Anspannung, seelisches Chaos und die unfassbare Situation beschrieben, die sich einstellen, wenn die Diagnose Krebs gestellt wurde. Betroffene beschreiben, dass sie an nichts anderes mehr denken können, als an ihre Krankheit. Völlig durcheinander, scheint es nicht mehr möglich, sich auf das Leben zu konzentrieren, an Schönes zu denken – da ist nur Angst, Anspannung und Unsicherheit.

Es gibt Wege aus dieser Situation. Unsere Zeitschrift hat die Erfahrungen von Psychoonkologen schon mehrfach beschrieben. (siehe Ausgaben 10, 14, 16)

Wir wissen, dass Betroffene das starke Bedürfnis haben, selbst aktiv zu werden. Nicht nur der behandelnde Arzt, sondern jeder selbst will zuständig sein. Neue Wege werden gesucht, um selbstbestimmt den Heilungsprozess anzukurbeln. Ein „Instrument“ steht jedem zu jeder Zeit zur Verfügung: unser Atem. Ganz selbstverständlich und absolut unbewusst atmen wir. Die Atmung ist ein unwillkürlicher Vorgang, der von unserem vegetativen Nervensystem koordiniert wird.

Es gibt eine Vielzahl von Angeboten, Atemtechniken zu trainieren und diese Möglichkeit zu nutzen, zu mehr Ruhe und Entspannung zu finden. In der Meditation und auch im Yoga lernt man, sich auf die eigene Atmung zu konzentrieren. Im Ergebnis kann sich relativ schnell eine innerliche Ruhe einstellen.

Ein erster Tipp: das Zählen der Atemzüge. Zählen Sie einfach beim Einatmen und Ausatmen; z.B. vier Sekunden einatmen und ebenso vier Sekunden ausatmen. Stellen Sie sich vor, Sie atmen den Duft einer Blumenwiese – er verbreitet sich im ganzen Körper – atmen Sie gleichmäßig bis tief in den Bauch. Beim Ausatmen stellen Sie sich vor, Sie löschen eine Kerze aus. Eine einfache Übung, bei der es nicht um Rekorde geht. Sie können gern die Sekundenzahl erhöhen. Wichtig ist, dass Sie das ohne Anstrengung tun. Das Ziel dieser ersten Übung ist die Entspannung.
(Quelle: DKH, www.entspannungstechniken, www.stresslindern)

 


Europäische Akademie für Naturheilverfahren und Umweltmedizin
Partner für einen Dialog zur Integrativen Krebstherapie

Die „Aktuellen Gesundheitsnachrichten“ werden von der Stiftung Günter und Regine Kelm gefördert. Sie können die Zeitschrift unter www.eanu.de online lesen oder kostenlos bestellen. Sind Sie auch an den „NEWS Integrative Krebstherapie“ interessiert?
Sie erscheinen alle zwei Monate online. Bitte richten Sie Ihre Anfragen, Hinweise oder Bestellungen an unsere Kontaktadresse:

Europäische Akademie für Naturheilkunde und Umweltmedizin
Grottkauer Straße 24, 12621 Berlin
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E-Mail: info@eanu.de; www.eanu.de
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In eigener Sache: Wir danken den ehrenamtlichen Helfern, die uns in unserer Arbeit für diese Ausgabe unterstützt haben.

IMPRESSUM: Aktuelle Gesundheitsnachrichten, Heft 18/2015, ISSN (Print) 2199-9791, ISSN (Internet) 2199-9805
(Auflage/deutscher Sprachraum: 20.000 Exemplare)

HERAUSGEBER: Europäische Akademie für Naturheilverfahren und Umweltmedizin (EANU)
V.i.S.d.P.: Dr. med. Andreas-Hans Wasylewski,
Dr. Wasylewski GmbH, Grottkauer Straße 24, 12621 Berlin, Tel. +49(0)30-55158248

REDAKTIONSTEAM: Dagmar Moldenhauer, Dr. med. A .-H. Wasylewski, Jochen Friedrich, Regine Kelm
Bild: fotolia.com: monkey business (Titel), fastudio, Jürgen Fächle, Grigorevi, Wejkszo; National Cancer Institute; doccheck. com; Klinikum Braunschweig; Universitätsklinikum Marburg; Helios Klinikum Berlin Buch; Klinik SonnenblicK Marburg; Institut für Hyperthermieforschung Bochum; Kerstin Brandau; H.J. Kirchmair; Museum für Kommunikation Berlin

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