Zurück

 

 

Aktuelle Gesundheits-Nachrichten

Thema heute: Kopf-Hals Tumoren

Rolle des Hausarztes

Hyperthermie beim Mammakarzinom

Hypnotherapie in der Onkologie

Nahrungsergänzungsmittel und Krebsnachsorge

Krankheits- und Gesundheitserfahrungen

Aktuelles aus der Krebsmedizin

 

„Wir haben Krebs“ – gemeinsam gegen die Krankheit

Liebe Leserin, lieber Leser,

in unserer Zeitschrift lesen Sie möglicherweise bereits seit einigen Jahren über die aktuellen Erfahrungen von Wissenschaftlern, Medizinern, Psychologen und Krebstherapeuten in der Behandlung von Krebs. Die Bilanz: Es gibt Fortschritte, aber der Durchbruch ist noch nicht erreicht. Die Zahlen über die jährlichen Krebs-Neuerkrankungen und die Prognosen sind keineswegs optimistisch. Jeder von uns fragt sich: „Und wann bin ich betroffen?“

Nun zeigen uns beinahe tägliche Erlebnisse, dass es neben den von Krebs Betroffenen, die große Zahl der Angehörigen gibt, die ihre erkrankten Verwandten begleiten. „Wir haben Krebs“ wird zum Lebensmotto. Angehörige von Erkrankten sind von der Diagnose Krebs mitbetroffen.

Womit müssen sie umgehen, wie kann ihre Hilfe und Begleitung aussehen? Hilflosigkeit, Trauer, Wut und Angst sind die ersten gemeinsamen Erfahrungen, die zu akzeptieren sind. Es bleibt aber keine Zeit für langes Nachdenken. Hilfe wird sofort gebraucht. Für den Betroffenen ist es wichtig, dass wir einfach da sind und den Alltag organisieren. Dass wir zuhören, trösten und unser Mitgefühl leben.

Zusätzliche Informationen sind hilfreich; aber auch hier ist Achtsamkeit wichtig. Nicht jede Information ist geeignet, sie dem Krebspatienten ohne wirkliche Kompetenz zu übermitteln. Ein Krebspatient lebt von der Kraft der Hoffnung. Eine ernste Herausforderung an die Verantwortung des Angehörigen.

Erfahrungen lehren, dass die gemeinsamen Gespräche und Entscheidungen wichtig sind.

Worauf müssen wir uns einrichten? Auswirkungen der Therapie wie Schmerzen, Übelkeit, Erschöpfung, Verhaltensänderungen auch aggressiver Art, Stimmungsschwankungen und in bestimmten Phasen der Rückzug ins Schweigen, können wir erfahren. All das muss man zulassen. Eine Umarmung und das Gefühl für den Betroffenen, nicht allein zu sein, helfen in jeder Phase.

Begleitende Angehörige brauchen viel Kraft, gehen sie doch oft an die Grenze ihrer eigenen Belastbarkeit. Sie verlieren das Gefühl für die eigenen Bedürfnisse. Hier ist es empfehlenswert, mit sich selbst sehr achtsam zu sein. Und wenn sich das Gefühl einstellt, der Situation nicht mehr gewachsen zu sein, gibt es Hilfsangebote wie z.B. den Krebsinformationsdienst (KID) und andere. Bitte achten Sie auf sich.

Danke für Ihr Interesse und willkommen in unserer neuen Ausgabe.

Ihre Dagmar Moldenhauer, Redaktionsleiterin

 

Für Sie in dieser Ausgabe

IN EIGENER SACHE

  • Tierversuche pro und contra

Im Porträt

  • Interview mit Prof. Dr. med. Bokemeyer, UCC Hamburg

THEMA HEUTE: Kopf-Hals-Tumoren

  • Neue Erfahrungen in Diagnostik und Therapie

IM BLICKPUNKT

  • Es begann mit Halsschmerzen: Die Rolle des Hausarztes bei onkologischen Patienten

ERFAHRUNGEN

  • Hyperthermie und Wiederbestrahlung des lokalrezidivierenden Mammakarzinoms
  • Hypnotherapie in der Onkologie

RAT & TAT

  • Nahrungsergänzungsmittel und Krebsnachsorge, passt das zusammen?

KRANKHEITSERFAHRUNGEN

  • Mit Pferdestärken gegen Krebs

GESUNDHEITSERFAHRUNGEN

  • Sie nannten ihn Käpt´n!

AKTUELLES AUS DER KREBSMEDIZIN

 

Tierversuche pro und contra

Dr. med. Andreas-Hans Wasylewski

Liebe Leserin, lieber Leser,

Ziele von Tierversuchen sind in der Regel der Erkenntnisgewinn in der Grundlagenforschung sowie die Entwicklung und Erprobung neuer medizinischer Therapiemöglichkeiten. Die Forschung an Versuchstieren wird in Universitäten und Forschungseinrichtungen, aber auch in Pharma– und Dienstleistungsunternehmen durchgeführt.

Tierversuche haben in der Medizin eine lange Tradition. Man ging davon aus, dass sich die Erkenntnisse von Tieren direkt auf Menschen übertragen lassen. Leider zeigen die neuesten Analysen der zahlreichen tierexperimentellen Studien, dass nur ein Drittel aller Tierversuche sich später auf den Menschen übertragen lassen.

Als im Januar dieses Jahres beim Test eines Schmerzmittels in Frankreich ein Mensch starb und fünf zum Teil schwere Hirnschäden erlitten, oder als in London sechs Männer nach einem Arzneimitteltest mit Antikörpern auf der Intensivstation behandelt werden mussten, waren in beiden Fällen die getesteten Substanzen in Tierversuchen als unbedenklich eingestuft worden.

Die meisten Tiere werden eigens für Forschungszwecke gezüchtet. Noch vor kurzem wurden weltweit jährlich über 65 Millionen Wirbeltiere – vor allem Mäuse und Ratten, aber auch Hamster, Meerschweinchen, Kaninchen, Hunde, Katzen und Affen – für Tierversuche verwendet. Viele Versuchstiere sterben während der Experimente oder werden anschließend getötet. Die Zahl der Tiere, die für wissenschaftliche Experimente in Deutschland verwendet werden, liegt bei zwei Millionen.

Ein wichtiges Problem besteht nach wie vor darin, dass sich Tierversuche leider sehr gut publizieren lassen und zudem in der Regel hohes Ansehen in wissenschaftlichen Publikationen besitzen. Hinzu kommt, dass das System „Tierversuch” häufig an den Forschungsanstalten institutionalisiert ist. Viele Forscher setzen auf Tierversuche anstatt Alternativen leidensfreier Organismen zu nutzen.

Allerdings gibt es sowohl in den USA als auch in Europa zunehmend Bestrebungen, Tierversuche, wenn möglich, durch alternative Methoden zu ersetzen. Dabei wird häufig das 3R-Prinzip zugrunde gelegt: Tierversuche sollen wenn möglich vermieden („replace“), die Zahl der Versuchstiere reduziert („reduce“) und das Leiden der Tiere vermindert („refine“) werden.

Zu diesen Methoden gehören: Die Forschung mit menschlichen Zellkulturen und Stammzellen, die Nachbildung von Organen oder Organismen auf einem Mikrochip („Organs-on-Chip“), Nanosensoren, Ansätze der Bioinformatik, die Daten aus verschiedenen Experimenten kombinieren oder moderne bildgebende Verfahren, die Mechanismen auf der Ebene von Molekülen und Zellen abbilden können. Solche Verfahren könnten nicht nur die Zahl der Versuchstiere reduzieren. Sie könnten auch die Wirkungen und Gefahren einer Substanz beim Menschen wesentlich genauer vorhersagen.

Derzeit ganz auf Tierversuche zu verzichten, ist nicht real. Ein lebender Organismus ist doch etwas anderes als ein kleiner Zellverband auf einem Chip. Dennoch sollte es das erklärte Ziel von Forschung und Politik sein, Tierversuche wann immer möglich, durch alternative Methoden zu ersetzen. Etwas tun kann man aber schon jetzt. Die Genehmigungspraxis muss noch strenger werden und klare Vorgaben machen, was Begründung und Tierreduktion betrifft.

Dies gelingt zum Beispiel, indem Wiederholungsversuche vermieden werden. Die Belastung der Versuchstiere zu senken bedeutet: Tiere werden für schmerzhafte Eingriffe narkotisiert, Operationsverfahren werden optimiert, und die Tiere werden so behandelt, dass sie möglichst wenig Angst erleiden müssen. Die 3R-Regel ist auch Grundlage der im November 2010 von führenden Wissenschaftlern aus der Schweiz, Deutschland, England, Frankreich und Schweden verabschiedeten Basler Deklaration. Die Unterzeichner verpflichten sich, alles zu unternehmen, um das Vertrauen in die tierexperimentelle, biomedizinische Forschung zu stärken sowie transparent und offen über das sensible Thema der Tierversuche zu informieren.

Ihr Dr. Wasylewski

 

„Die Welt ist kein Machwerk und die Tiere kein Fabrikat zu unserem Gebrauch.“ (Arthur Schopenhauer)

 

Interview

Mit Professor Dr. med. Carsten Bokemeyer sprach Dagmar Moldenhauer, Redaktionsleiterin.

Herr Professor Bokemeyer, wir freuen uns, mit dieser Ausgabe ein wichtiges Kapitel der Krebsmedizin mit Autoren Ihrer Klinik zu gestalten. Neues zu Diagnostik und Therapie bei Kopf-Hals-Tumoren werden wir in dieser Ausgabe publizieren. In der Folgeausgabe steht das Thema akute myeloische Leukämie (AML) auf der Agenda.

Für unsere Leserinnen und Leser möchten wir gern mit Ihnen über Ihr Zentrum / Ihre Klinik, Ihre zahlreichen Arbeitsfelder und auch über Ihre ganz persönlichen Prioritäten ins Gespräch kommen. Beginnen wir mit Ihrer Klinik.

Welche Krebsentitäten werden in Ihrem Zentrum behandelt? Welche der Kompetenzen Ihres Zentrums möchten Sie besonders hervorheben?

Prof. Bokemeyer: Grundsätzlich zeichnet sich unsere Klinik als integraler Bestandteil des Universitären Cancer Centers Hamburg (UCCH) durch ausgeprägte interdisziplinäre Therapiekonzepte bei einer Vielzahl solider Tumoren sowie die Möglichkeit der Teilnahme an innovativen klinischen Studien aus. Besondere Kompetenzen bestehen im Bereich der akuten Leukämien wie beispielsweise der akuten myeloischen Leukämie (AML), aber auch bei urogenitalen Tumoren, ganz besonders Keimzelltumoren, und dem Prostatakarzinom, das wir gemeinsam mit der Martiniklinik an unserem Standort behandeln. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt der Abteilung sind Tumoren der Kopf-Hals-Region, die interdisziplinär mit Strahlentherapeuten und Kollegen der chirurgischen Disziplin (HNO, MKG) betreut werden. Ein ebenso wichtiger klinischer und wissenschaftlicher Fokus liegt auf gastrointestinalen Tumoren, hier insbesondere dem Kolonkarzinom, Magen- und Pankreastumoren.

Durch die Möglichkeit der Teilnahme an klinischen Studien bieten wir vielen Patienten den frühzeitigen Zugang zu innovativen Medikamenten. Gleichzeitig versuchen wir, gemeinsam mit den Partnern des UCCH innerhalb des Klinikums und im Großraum Hamburg, die Erkenntnisse im Rahmen neuer Tumortherapien rasch voranzubringen. Besondere Konzepte an unserer Klinik umfassen die wissenschaftliche und klinische Entwicklung der Immuntherapie bei Krebserkrankungen und molekular zielgerichtete Therapien im Rahmen des „Zentrums für personalisierte Onkologie“. Dabei nimmt hier die genomische und molekularpathologische Diagnostik eine besondere Rolle ein.

Zahlreiche weitere unterstützende Angebote aus den Bereichen Psychoonkologie, Kunst- und Musiktherapie sowie der Komplementärmedizin kommen bei uns zum integrativen Einsatz. Wir bieten Patienten nach erfolgreicher Behandlung in unserer Survivorship-Sprechstunde Langzeitkonzepte zur Kontrolle von psychosozialen und medizinischen Folgen.

Herr Professor Bokemeyer, wir sind uns auf zahlreichen Pressekonferenzen der DGHO, deren Vorsitzender Sie jetzt sind, begegnet. Sie sind Direktor der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik für Onkologie, Hämatologie und Knochenmarktransplantation mit der Sektion Pneumologie am Universitätsklinikum Hamburg. Sie sind Arzt, Wissenschaftler und Vorsitzender der Fachgesellschaft.

Wie schaffen Sie ein solches Pensum? Welche Prioritäten haben Sie sich gesetzt? Haben Sie noch Zeit für einen persönlichen Patientenkontakt?

Prof. Bokemeyer: Natürlich bringen es diese vielen Funktionen mit sich, dass die Zeit für jede einzelne Tätigkeit eingeschränkt ist. Grundsätzlich habe ich persönlichen Kontakt zu meinen Patienten, den ich auch keinesfalls missen möchte. Im Rahmen meines ärztlichen Selbstverständnisses sehe ich dies als besonders wichtige Aufgabe, und ich kann dabei auch persönliche Erfahrungen hinsichtlich der Beurteilung der aktuellen Entwicklungen in der medikamentösen Onkologie und Hämatologie einbringen und sammeln. So versuche ich auch an jedem Tag, an dem ich im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf tätig bin, Sprechstunden oder Visiten beim Patienten direkt durchzuführen.

Als Direktor einer Universitätsklinik liegen mir aber auch die Lehre und ganz besonders die Wissenschaft am Herzen: Ich habe die Krebsmedizin als Fach gewählt, weil nicht nur die intensive und persönliche Patientenbetreuung hier eine ganz besondere ist, sondern auch weil sich durch zahlreiche Innovationen und Weiterentwicklungen ständig neue Fortschritte zeigen.

Neue Erkenntnisse im Rahmen der Krebsmedizin mit zu gestalten, sowohl im Labor als auch durch klinische Forschung, ist mir eine Herzensangelegenheit, der ich gerne Zeit widme. Meine Aufgabe besteht heute auch immer mehr darin, junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Arbeitsgruppenleiterinnen und -leiter in ihrer Tätigkeit zu motivieren und zu unterstützen, sowie sie im Rahmen der erzielten Ergebnisse hinsichtlich deren Bedeutung zu beraten. Die Verwurzelung in Patientenversorgung, Lehre, Ausbildung von Studierenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und in der Forschung unseres Fachgebietes ist für mich eine notwendige Grundlage für die Tätigkeit als Vorsitzender unserer Fachgesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO).

Hier gilt es aus meiner Sicht, den Stellenwert der medikamentösen systemischen Tumortherapie als Aufgabe unserer Fachärzte zu stärken und die besondere Bedeutung dieses Faches im Kanon der Krebstherapeuten zu unterstreichen. Gleichzeitig sehe ich unsere Fachgesellschaft als große „Serviceeinheit“ für alle Hämatologen und Internistischen Onkologen, die mit dem aktuellen Wissen rund um Therapien, Zulassungsstatus von Medikamenten, politische Entwicklungen und strukturelle Neuerungen versorgt werden müssen. Allerdings könnte ich diese riesige Aufgabe als Vorsitzender der Fachgesellschaft nicht ohne meine Vorstandskollegen und ohne die Zuarbeit vieler aktiver Mitglieder innerhalb der DGHO erfolgreich leisten.

Der 32. Deutsche Krebskongress liegt schon wieder einige Monate zurück. Alle, die aus unterschiedlichen Fachbereichen daran teilgenommen haben, sind mit viel neuem Wissen und neuer Energie heimgefahren.

Mit welchen neuen Ideen sind Sie nach Hamburg zurückgekehrt? Gab es für den Arzt und Wissenschaftler Bokemeyer Neues?

Prof. Bokemeyer: Ein derzeit stark diskutiertes Thema: Die molekulargenetische Diagnostik. Sie bietet große Chancen für die Entwicklung neuer prognostischer Marker und therapeutischer Konzepte in der Onkologie. Die hierbei gewonnenen Daten sind häufig komplex, müssen adäquat interpretiert und unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten „vorsichtig gehandhabt“ werden. Sie sind letztendlich unter der kontinuierlichen und rasanten Entwicklung neuer Erkenntnisse und technologischer Fortschritte zu interpretieren. Dieses Feld stellt damit eine ganz besondere medizinische, ethische und juristische Herausforderung dar. Es ist spannend, als Hämatologe und Internistischer Onkologe hier beteiligt zu sein und den Bereich auch aus unserer Fachgesellschaft heraus aktiv mit zu gestalten.

Besondere Herausforderungen sind der sensible Umgang mit gewonnenen Daten, die zum Teil Informationen über Tumorveränderungen, aber auch über genetische/ererbte Veränderung beinhalten. Ebenso herausfordernd ist die komplexe Interpretation im Sinne einer therapeutischen Nutzung und die konstante Auseinandersetzung mit technologischen Neuentwicklungen, die oft auch wieder zu einer neuen Interpretation dieser Daten führen. Letztlich stellen auch die Finanzierung der entsprechenden Forschung und die Integration in die Routineversorgung, von der molekulargenetischen Diagnostik bis hin zur daraus resultierenden Therapie, eine erhebliche Herausforderung dar.

Herr Professor, welche Visionen haben Sie für Ihre Arbeit?

Prof. Bokemeyer: Meine Vision zur Krebsmedizin baut nicht nur auf eine kontinuierliche Verbesserung von Diagnostik und Therapie unter Einschluss aller beteiligten Disziplinen mit dem Ziel, Patienten längstmöglich und mit bestmöglicher Lebensqualität am Leben zu erhalten oder langfristig zu heilen, nein, meine Vision beinhaltet auch all die Aktivitäten, die dazu führen müssen, dass wir Krebs heute früher erkennen oder sogar ganz vermeiden können. Daher ist für mich Krebsmedizin eine ideale Integration von klinischer Grundlagenforschung, translationaler Forschung und klinischer Anwendung bis hin zur Versorgungsforschung. Mit den wichtigen Entwicklungen der letzten Jahre und denen, die am Horizont abzusehen sind, hoffe ich, dass wir eine massive Verbesserung von Heilungsraten und Langzeitüberlebensraten in den nächsten 15 bis 20 Jahren erleben werden und gleichzeitig die Rate neuer Krebsfälle signifikant senken können.

Herr Professor Bokemeyer, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen ganz viel Energie und Erfolg.

Weitere Informationen:
www.uke.de

 

„Wo Licht im Menschen ist, scheint es aus ihm heraus“ (Albert Schweitzer)

 

Kopf-Hals-Tumoren: Neue Erfahrungen in Diagnostik und Therapie

   

Links: Dr. med. Philippe Schafhausen, Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie , Oberarzt
Rechts: Dr. Nikolaus Möckelmann, Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Wissenschaftl. Mitarbeiter
Universitäres Cancer Center Hamburg UCCH, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf

Wenn man von Kopf-Hals-Tumoren spricht, sind eine Vielzahl verschiedener Krebsarten gemeint, die im Kopf-Hals-Bereich angesiedelt sind. Je nach Entstehungsort werden sie entsprechend der anatomischen Regionen eingeteilt.

Zu den Kopf-Hals-Tumoren zählen bösartige Tumoren der Nase, der Nasennebenhöhlen, der Mundhöhle, d.h. Tumoren von Lippen, Zunge, Mundboden, Gaumen, des Rachens (Naso-, Oro-, und Hypopharynxkarzinom), des Kehlkopfes (Larynxkarzinom) sowie des äußeren Halses, insbesondere der Schilddrüse und der Speicheldrüsen.

Abb. 1: Anatomische Regionen von Kopf-Hals-Tumoren

Ein wichtiges Tumormerkmal ist aber nicht nur die Lage, sondern auch die Erscheinung des Gewebes unter dem Mikroskop (Histologie), welches von einem Pathologen festgestellt wird. Die Mehrzahl der Kopf-Hals- Tumore sind Plattenepithelkarzinome und stammen somit von der Schleimhaut ab. Daneben gibt es noch eine Vielzahl anderer histologischer Diagnosen. Ausgehend vom Ursprung des Gewebes können dies Tumore der Speicheldrüsen (adenoidzystische Karzinome, Adenokarzinome), des Knochen-, Muskel- und Fettgewebes (Sarkome), der Haut (Plattenepithelkarzinom) oder des Lymphsystems (Lymphome) sein.

Epidemiologie: Wer bekommt Kopf-Hals-Tumoren?

Kopf-Hals-Tumoren stehen weltweit in der Häufigkeit aller Malignome an sechster, in Deutschland an siebter Stelle, und machen etwa 6% aller bösartigen Neubildungen aus. In Europa erkranken etwa 143.000 Patienten, weltweit ca. 640.000 jährlich, wovon 68.000 bzw. 350.000 Menschen versterben. Die jährliche Inzidenz in Deutschland beträgt etwa 50 von 100.000 Einwohnern, mit steigender Tendenz. Männer sind von der Erkrankung häufiger betroffen als Frauen und zum Zeitpunkt der Diagnose ca. 65 Jahre alt. Frauen sind bei Diagnosestellung ca. 70 Jahre alt, zeigen aber eine zunehmende Inzidenz, während die Erkrankungshäufigkeit bei Männern gleich bleibt.

Risikofaktoren

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass bestimmte Lebensgewohnheiten eine Auswirkung auf die Entstehung von Krebs haben. Solche Risikofaktoren lassen sich auch für den Kopf-Hals-Bereich bestimmen. Diese Tumoren treten häufig bei Menschen auf, die regelmäßig rauchen oder hochprozentigen Alkohol trinken. Vor allem die Kombination von beiden Gewohnheiten erhöht das Risiko für die Entstehung von Kopf-Hals-Tumoren erheblich.

Weitere Risikofaktoren können z. B. chronisch wunde Stellen an der Mundschleimhaut aber auch eine schlechte Mundhygiene sein. Mitunter werden Tumore im Mund und Rachen auch durch eine Infektion von bestimmten Typen des Humanen Papillomavirus (HPV) ausgelöst. Aktuell sind ca. 20% der Kopf-Hals-Tumoren auf eine HPV-assoziierte Infektion zurückzuführen. Über 90% dieser HPV-assoziierten Tumoren entstehen durch den Hochrisikotyp HPV 16, der häufig auch bei den sog. Feigwarzen im Anogenitalbereich nachgewiesen wird und das Risiko einer Krebsentstehung in diesem Bereich begünstigt (z.B. Analkarzinom, Gebärmutterhalskrebs).

In den USA ist die Inzidenz HPV-positiver Rachentumore (Oropharynxkarzinome) in den letzten Jahrzehnten deutlich angestiegen, wohingegen das Auftreten der nicht HPV assoziierten, also solche durch Alkohol und Nikotin bedingter Rachentumore, abnahm. In Deutschland ist dieser Trend ähnlich, zeigt jedoch eine geringere Dynamik, da der Risikofaktor Alkohol und Rauchen bei den meisten Patienten überwiegt. Entsprechend der Risikofaktoren beider Tumorarten (HPV-positiv vs. HPV-negativ) besteht ebenso ein Unterschied in der zugrundeliegenden Tumorbiologie der Tumore. Während die Krebsentstehung der HPV-positiven Tumore durch die viralen Onkogene E6 und E7 ausgelöst sind, entstehen HPV-negative Tumore durch die Ansammlung von Mutationen verschiedener relevanter Proteine wie z.B. p53. Diese Mutationen werden Driver-Mutationen genannt. In den USA konnten Untersuchungen zu HPV Infektion und Sexualverhalten zeigen, dass mit der Anzahl der Sexualpartner das Risiko für ein HPV assoziiertes Oropharynxkarzinom steigt. Für Deutschland konnte bisher kein Zusammenhang zum Sexualverhalten festgestellt werden.

Tumoren der Schilddrüse konnten hingegen nicht mit Alkohol oder Nikotinkonsum in Verbindung gebracht werden. Das Risiko, an einem Schilddrüsenkarzinom zu erkranken, steht vielmehr im Zusammenhang mit einer früheren Strahlenbelastung des Kopf-Hals Bereiches oder des gesamten Körpers in der Kindheit z.B. durch eine Bestrahlung kindlicher Tumore oder durch eine umweltbedingte Strahlenbelastung durch z.B. nukleäre Unfälle (Tschernobyl). Desweiteren treten Schilddrüsentumore vermehrt bei Patienten auf, die in so genannten Jodmangelgebieten leben.

DIAGNOSTIK

Klinische Zeichen eines Kopf-Hals-Tumors

Je nach Lokalisation des Tumors unterscheiden sich die Beschwerden der einzelnen Patienten stark. Es gibt jedoch diverse Symptome, die, wenn sie länger als 2 Wochen anhalten, einer ärztlichen Beurteilung bedürfen.

Die häufigsten Beschwerden sind dabei: Schluckbeschwerden, Heiserkeit, weiße Stellen im Mund sowie Verhärtungen an den Schleimhäuten, Schwellungen am Hals, wiederkehrendes Nasenbluten, blutiger Speichel (Auswurf) oder eine Einschränkung des Sprechens durch Veränderungen im Mund oder Rachen. Bei vielen Patienten wird ein Kopf-Hals-Tumor jedoch auch zufällig im Rahmen von zahnärztlichen oder HNO-ärztlichen Routineuntersuchungen gefunden.

Endoskopie und Histologiegewinnung

Im Falle des Verdachts auf das Bestehen eines Kopf-Hals-Tumors ist eine Probengewinnung (Biopsie) aus dem auffälligen Bereich notwendig. Diese Biopsie wird entweder bei gut zugänglichen Tumoren in lokaler Betäubung oder bei schlecht erreichbaren Veränderungen im Rahmen eines kurzen operativen Eingriffes, der so genannten Panendoskopie, gewonnen. Innerhalb dieser Panendoskopie wird zusätzlich zur Gewebegewinnung die Bestimmung der Ausdehnung des Tumors sowie zum Ausschluss von Zweittumoren, die endoskopische Untersuchung der oberen Luft- und Speisewege durchgeführt.

Die genaue pathologische Aufarbeitung ermöglicht eine differenzierte Unterscheidung zwischen Gut- und Bösartigkeit, sowie Entstehungsgewebe des Tumors. Desweiteren können an dem gewonnenen Gewebe bestimmte Eigenschaften bestimmt werden, die eine Prognose zur Heilungswahrscheinlichkeit ermöglichen sollen (sog. Marker). Bei den Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereichs hat sich hier bisher einzig der HPV Status als relevant herausgestellt, wobei dies nur bei den Zungengrund- und Rachentumoren (Oropharynxkarzinom) anwendbar ist. In den meisten Pathologien wird zur Bestimmung des HPV Status die Kombination aus der einfach am Gewebeschnitt durchführbaren p16-Immunhistochemie (indirekter Nachweis, sog. Surrogatmarker) und eine HPV-in situ Hybridisierung (direkter Nachweis von HPV Erbinformationsträgermoleküle) als der Goldstandard verwendet.

Abb. 2: Immunhistochemische Färbung von Plattenepithelkarzinomzellen mit p16. A) p16 negative Tumorzellen mit nur geringer Anfärbung des p16 Proteins. B) p16 positive Tumorzellen mit starker zytoplasmatischer Anfärbung des p16 Proteins. (Bild zur Verfügung gestellt durch PD Dr. T. Clauditz, Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf)

Bildgebung

Um bei dem Verdacht auf einen unklaren Prozess zusätzliche, wichtige Informationen über die Ausdehnung des Tumors und ggf. vorhandener Metastasen zu gewinnen, ist es notwendig, eine entsprechende Bildgebung vom Hals durchzuführen. Hierzu zählen neben einer Sonographie (Untersuchung mittels Ultraschall) zur ersten Orientierung vor allem die Magnetresonanztomographie (MRT) oder die Computertomographie (CT). Die beiden letzteren Verfahren ermöglichen durch hochauflösende Schnittbilddarstellung die Einschätzung des Ausmaßes der Erkrankung und sind unverzichtbarer Bestandteil einer jeden Therapieplanung.

Bei histologisch gesichertem Kopf-Hals-Tumor ist es notwendig, eine Ausbreitungsdiagnostik (Staging) vorzunehmen. Es müssen häufig betroffene Organe mittels Ultraschall, CT oder MRT untersucht werden. Hierzu gehören Organe wie die Lunge und die Leber. Ebenso kann das PET-CT bei Tumoren, deren Ursprung nicht gefunden werden kann (CUP = cancer of unknown primary), einen zusätzlichen Informationsgewinn bringen und sollte entsprechend Anwendung finden.

Bevor die Therapie beginnen kann, muss eine Stadieneinteilung der Tumorerkrankung erfolgen (UICC Stadium I-IV). Das Stadium wird mit der so genannten TNM-Klassifikation beschrieben. Die TNM Formel unterscheidet sich entsprechend der Lokalisation des Tumors im Kopf-Hals-Bereich und ist grundsätzlich an der Größe des Primärtumors (T) sowie an den befallenen Lymphknoten (N) und anderen Organen (M) orientiert.

Generell gefasst, entsprechen Tumore im Stadium I und II einer lokalen Tumorerkrankung ohne Lymphknotenmetastasen am Hals und kleinem Primärtumor (Stadium I: unter 2 cm, bzw. nur eine Unterregion betroffen, Stadium II: 2 bis 4 cm bzw. > als eine Unterregion betroffen). Das Stadium III klassifiziert hingegen eine Gruppe von größeren Tumoren (> als 4 cm bzw. wichtige Unterregionen infiltriert) oder solche Tumoren, die eine einzelne Lymphknotenmetastase auf der gleichen Halsseite aufweisen.

Das Stadium IV wird weiter unterteilt in A und B und beschreibt Tumore, die bereits lokal fortgeschritten sind und das betroffene Organ stark durchsetzen, sowie angrenzende Strukturen infiltrieren oder besonders große oder mehrere Lymphknotenmetastasen ausgebildet haben. Das Stadium IVC definiert Tumore jeglicher Größe und unabhängig der betroffenen Halslymphknoten als solche mit bereits aufgetretener Fernmetastasierung (M1 Status). Während der Großteil der Patienten mit dem Stadium I-IVB häufig noch heilbar sind, d.h. eine kurative Behandlung erhalten, kann im Stadium IVC in der Regel nur eine Lebensverlängerung erreicht werden, d.h. eine palliative Behandlung erfolgen, ohne eine Heilung zu ermöglichen.

PRÄVENTION

Screening

Tumore der Mundhöhle und des Rachens sind in der Regel gut zugänglich und können daher im Rahmen von zahnärztlichen Untersuchungen rechtzeitig erkannt werden. Daher sind regelmäßige Untersuchungen beim Zahnarzt anzuraten insbesondere, wenn es in der Vergangenheit bereits zu wunden Stellen im Mund gekommen ist. Ebenso stellt die Selbstuntersuchung des Mundes im Spiegel eine weitere Möglichkeit dar, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und sollte einmal im Monat durch den Patienten erfolgen. Daher bieten viele Zahn- und Hals-Nasen-Ohrenärzte im Rahmen der Krebsvorsorge eine Untersuchung der Mundhöhle sowie des Rachens und Kehlkopfs an.

Reduzierung von Risikofaktoren

Viele Tumore des Kopf-Hals Bereichs können durch die Vermeidung der Exposition gegenüber Nikotin und Alkohol verhindert werden. Dennoch wird das Risiko, an einem Kopf-Hals-Tumor zu erkranken, sogar noch nach vielen Jahren des übermäßigen Konsums stark gesenkt, wenn das Rauchen oder das regelmäßige Alkoholtrinken beendet wird.

Die Exposition gegenüber UV Licht sollte zudem als wichtiger Risikofaktor für Tumore der Gesichtshaut und insbesondere der Lippen durch Vermeidung der Mittagssonne und langen Sonnenbädern minimiert werden. Neben der Vermeidung von Risikofaktoren kann durch eine ausgewogene Ernährung einem Kopf-Hals-Tumor vorgebeugt werden. Wie bei anderen Krebserkrankungen steht die Aufnahme von rotem Fleisch in möglichem Zusammenhang mit Kopf-Hals-Tumoren. Eine pflanzlich basierte Ernährung, die reich an Vitaminen ist (Vitamin C und E), kann sich nach heutigem Erkenntnisstand positiv auf die Vermeidung von Krebs auswirken.

Durch die zunehmende Inzidenz von HPV assoziierten Tumoren des Oropharynx (Mund-Rachen) wird die Impfung gegen eine Infektion durch die Hochrisikotypen des Humanen Papillomavirus (HPV 16 und 18) als sinnvolle Präventionsmaßnahme diskutiert. Diese Impfung ist ein sicherer Schutz gegen eine Infektion und gegen die Entstehung von HPV positiven Tumoren, soweit die Impfung vor dem ersten Kontakt mit dem Virus erfolgt. Ist eine Infektion im Jugend- oder frühen Erwachsenenalter bereits erfolgt, stellt die Impfung keinen ausreichenden Schutz dar.

THERAPIE

Interdisziplinäre Therapieentscheidung im Tumorboard

Die Behandlung von Kopf-Hals-Tumoren besteht in einem interdisziplinären, multimodalen Therapieansatz. Somit müssen unterschiedliche Fachdisziplinen (HNO-Chirurgie, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Strahlentherapie und internistische Onkologie, Radiologie u.a.) am Tumorboard beteiligt sein, um eine optimale Abfolge der unterschiedlichen Therapieverfahren in Abhängigkeit der individuellen Situation jedes Patienten zu erreichen. Dies bedeutet, dass vor Beginn der Behandlung als auch nachfolgend, bei jeder neu aufgetretenen Krankheitssituation, die an der Behandlung beteiligten Fachdisziplinen zusammenkommen und über die Behandlung eines jeden Patienten beraten. Gemeinsam wird dann eine nach aktuellem Wissensstand bestmögliche Therapieempfehlung abgegeben.

Entsprechend der aktuellen Behandlungsleitlinien stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung. Eine Möglichkeit bietet die Tumoroperation mit anschließender Strahlentherapie oder eine alleinige Strahlentherapie (Radiotherapie). Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren (Stadium III-IVB) wird in der Regel eine Kombination aus Radiotherapie und Chemotherapie als so genannte primäre Radiochemotherapie angewendet. Im Rahmen der Radiochemotherapie kann bei gewissen Patienten zusätzlich eine neoadjuvante (vorausgehende) Chemotherapie (Induktionschemotherapie) oder alternativ zur Chemotherapie eine Antikörpertherapie (Radioimmuntherapie/Bioradiatio) sinnvoll sein. In den lokal fortgeschrittenen Tumoren kann ebenso eine primäre Operation mit anschließender adjuvanter Radiochemotherapie angewendet werden.

Ist ein Tumor funktionell operabel, d.h. kann der Tumor ohne starke Funktionseinschränkung des Organs chirurgisch entfernt werden, sollte in der Regel in Abhängigkeit des Ursprungortes zunächst operiert und im Anschluss an die Operation bestrahlt werden. Alternativ kann eine primäre alleinige Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie (Radiochemotherapie) erwogen werden. Ist der Tumor aufgrund seiner Ausdehnung unter Erhalt wichtiger körpereigener Funktionen (Schlucken, Sprechen, Atmen) und Organerhalt (Kehlkopferhalt) nicht operabel, so erfolgt im Allgemeinen eine organerhaltende alleinige Radiochemotherapie mit oder ohne vorgeschaltete Induktionschemotherapie. Im Stadium IVC, also wenn schon Fernmetastasen in anderen Organen aufgetreten sind oder wenn der Tumor in einem vorbestrahlten Gebiet wieder aufgetreten ist, wird in der Regel eine palliative Chemotherapie mit dem Ziel der Lebensverlängerung und Besserung der Lebensqualität durchgeführt.

Chirurgische Therapie

Bei der chirurgischen Therapie (Operation) kommen verschiedene operative Verfahren in Frage: diese beinhalten Zugänge von transoral (durch den Mund) oder transzervikal (von außen). Durch rekonstruktive Techniken (Gewebetransplantate) lassen sich größere Gewebedefekte zur Verbesserung der Funktion nach ausgedehnter Tumorentfernung wiederherstellen. Die Entfernung der Lymphabflussstationen des Halses wird als Neck Dissection bezeichnet.

Neben der Tumorentfernung im Gesunden (R0-Resektion) sollte Ziel eines jeden primären Behandlungskonzeptes sein, einen Organ- und Funktionserhalt bzw. eine Wiederherstellung nach abgeschlossener Therapie zu erreichen. Nach der Operation entscheidet das Risikoprofil der Ergebnisse der feingeweblichen Untersuchungen, ob eine anschließende Bestrahlung des Operationsgebiets mit oder ohne Chemotherapie notwendig wird (Adjuvanz). Der Vorteil dieser Methode ist, dass durch den operativen Eingriff die genaue Ausdehnung des Tumors bekannt ist, und somit eine noch präzisere Eingrenzung der nachfolgenden Therapiemodalitäten getroffen werden kann.

Im Rahmen der offenen Chirurgie (Zugang zum Tumor von außen) werden verschiedene rekonstruktive Verfahren eingesetzt. Diese beinhalten lokale und gestielte bis hin zu mikrovaskulär anastomosierten freien Transplantaten, die gleichzeitig für die plastische und für die funktionelle Wiederherstellung sorgen und somit die Funktionalität und Lebensqualität nach der Operation verbessern. Sind Tumoren durch den Mund ausreichend darzustellen und zu entfernen, stehen weniger invasive Methoden wie die Laserchirurgie zur Verfügung. Hiermit können Tumore des Rachen (Oropharynx), des Kehlkopfes (Larynx) und des Hypopharynx organerhaltend mit dem CO2-Laser reseziert werden.

Neben der traditionsreichen Laserchirurgie stellt die Operation unter Zuhilfenahme eines OP Roboters (transorale Roboter-assistierte Chirurgie = TORS) eine neue und an Bedeutung gewinnende Operationsmethode dar. Diese Form der Chirurgie ermöglicht bei speziellen Tumorerkrankungen von Rachen und Schlund eine schonendere und präzisere operative Tumorentfernung durch eine HD-3D Technik sowie große Beweglichkeit der eingesetzten Instrumente (siehe Abb. 3). Der Operationsroboter ist im wahrsten Sinne des Wortes eher als ein Telemanipulator zu verstehen, der die Handbewegungen des Operateurs verfeinert und filtriert an die Roboterarme übersetzt. Dadurch gelingt der minimalinvasive Zugang zu in engen und tiefen Halsbereichen lokalisierten Tumoren, ohne dass durch äußere Schnitte mit größeren Nebenwirkungen operiert werden muss.

Abb.3: Transorale Roboter-assistierte Chirurgie (TORS) mit dem Da Vinci System. Instrumente des OP Roboters, die zur Entfernung von Tumoren eingesetzt werden, hier unter Anwendung eines Lasers.

Strahlen-/Radiotherapie

Die Strahlentherapie wird bei kurativen Stadien entweder als Alternative zur Operation oder ergänzend zur Verhinderung von Rezidiven im Rahmen einer adjuvanten Therapie eingesetzt.

Primäre alleinige Strahlentherapie bei kurativen Stadien

Als alleinige Intervention ist die Strahlentherapie nur bei frühen Stadien oder bei chirurgisch unzugänglicher Lokalisation (Nasen-Rachen-Raum, Schädelbasis) angezeigt. Hierbei werden entweder das primäre Tumorgebiet alleinig oder zusätzlich die regionären Lymphabflussgebiete bestrahlt. Die Strahlentherapie sollte hyperfraktioniert oder hyperfraktioniert-akzeleriert erfolgen. Insbesondere im Bereich des Larynx kann eine organerhaltende Strahlentherapie mit kurativer Intention bei frühen Stadien erfolgen.

Adjuvante Radio-(chemo)therapie

In der postoperativen, adjuvanten Situation wird nach vollständiger Resektion bei großen Primärtumoren (ab T3), bei bereits aufgetretener aber geringer Lymphknotenmetastasierung (siehe unten) oder bei einem besonderen mikroskopischen Risikoprofil des entfernten Tumors eine alleinige adjuvante Strahlentherapie durchgeführt. Liegen weitere sog. Major-Risikofaktoren vor (Lymphknotenmetastasen mit Kapseldurchbruch (Extrakapsuläres Wachstum=ECS); keine Resektion des Tumors im gesunden Gewebe möglich (R1 und R2 Situation)), sollte zusätzlich zur Bestrahlung parallel eine Chemotherapie mit einem Platinderivat (Cisplatin) erfolgen (Radiochemotherapie).

Die Standardgesamtdosis der adjuvanten Radiatio beträgt 60 Gy über 6 Wochen, bei Vorliegen von Risikofaktoren >60 Gy oder die Durchführung einer Radiochemotherapie (RCT) mit Cisplatin. Die adjuvante Strahlentherapie sollte innerhalb der ersten 8 Wochen nach dem chirurgischen Eingriff begonnen werden.

Bei kurativer Zielsetzung muss das Zielvolumen mit der erforderlichen Dosis zu 100% abgedeckt werden. Durch die hohen Zieldosen sind benachbarte Organe, wie Hypophyse, das Chiasma opticum (Sehnerv), der Hirnstamm und die Augen gefährdet, die unter der Bestrahlung unbedingt geschont werden müssen. Um diesen Anforderungen zu entsprechen, werden heute modernste Strahlentherapietechnologien, u.a. die intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT) eingesetzt. Als Standard wird heute zur Vorbereitung eine computergestützte, dreidimensionale Bestrahlungsplanung vorgenommen.

Lokal fortgeschrittene (funktionell inoperable) Stadien

Die Entfernung des Tumors ist das vordringlichste Ziel jedes Behandlungskonzeptes. Allerdings ist dies leider nicht in jeder Situation möglich. Darüber hinaus ist die Erhaltung des Organs und der Funktionen (Schlucken, Sprechen, Atmen) bzw. die Möglichkeit einer Rehabilitation dieser Funktionen nach erfolgreicher Therapie immens bedeutend. Ist der Tumor auf Grund seiner anatomischen Lage oder seiner Ausdehnung unter Erhalt der wichtigen die Lebensqualität beeinflussenden Funktionen nicht operabel, ist ein multimodales Therapiekonzept, dass in der Regel eine Kombination aus einer Chemotherapie und Strahlentherapie beinhaltet, erforderlich. Gleiches gilt für den Organerhalt. Hier sind besonders Patienten mit Larynxkarzinomen betroffen. Sollte die Ausdehnung des Tumors bei einer Operation die komplette Entfernung des Kehlkopfes zur Folge haben, so sollten hier organerhaltende Therapieformen als nahezu gleichwertige Therapieoption in Betracht gezogen werden.

Bei den lokal fortgeschrittenen und funktionell inoperablen Tumorstadien ist die Überlegenheit der kombinierten Radiochemotherapie gegenüber der alleinigen Radiotherapie gesichert. Eine Metaanalyse verschiedener Studien über einen Zeitraum der letzten 10-20 Jahre zeigte, dass durch die Hinzunahme der Chemotherapie eine bessere lokale Kontrolle und ein besseres ereignis- und progressionsfreies Überleben erreicht werden konnte als durch die alleinige Bestrahlung. Auch das Gesamtüberleben war in einzelnen Studien signifikant besser. Die Verbesserung wurde allerdings mit einem höheren Auftreten von Akuttoxizität erkauft. Unter den Schemata der kombinierten Radiochemotherapie gibt es die beste Evidenz für eine Kombination mit Cisplatin. Eine deutsche Studie konnte vor Kurzem zeigen, dass im Rahmen einer hyperfraktionierten, akzelerierten Radiochemotherapie (HART) die Kombination mit 5-Fluorouracil und Mitomycin C anstatt Cisplatin zu vergleichbaren Langzeitergebnissen führte. Alternativ kann bei Patienten, die nicht für eine Chemotherapie geeignet sind, im Rahmen einer sog. Radioimmuntherapie, Cetuximab (Antikörper gegen EGFR) anstatt Cisplatin eingesetzt werden (siehe 4.4). In einer großen Studie von Bonner et al. wurde gezeigt, dass die Bestrahlung in Kombination mit Cetuximab bei lokal fortgeschrittenen Tumoren zu einem signifikant verbesserten Langzeitüberleben führte als die alleinige Bestrahlung. Ein direkter Vergleich mit einer Radiochemotherapie mit Cisplatin steht jedoch aus.

MEDIKAMENTÖSE TUMORTHERAPIE

Induktionschemotherapie

Eine Alternative zur simultanen Radiochemotherapie stellt die sequenzielle Radiochemotherapie dar. In diesem Fall wird zunächst eine Induktionschemotherapie durchgeführt, die dann entweder von einer alleinigen Radiatio oder einer Radiochemotherapie ergänzt wird. Diese Art der Chemotherapie tritt in den Vordergrund, wenn durch die Ausdehnung des Primärtumors eine Fernmetastasierung im Verlauf der Erkrankung zu erwarten ist. Daher sollten insbesondere bei fortgeschrittenen Tumoren ausreichend systemisch wirksame Therapien angestrebt werden.

Bezüglich der Induktionschemotherapie gelten zwei publizierte Phase-III-Studien als Standard, die TAX 323 und TAX 324. Beide Studien beinhalteten zur Induktion die Kombination aus Docetaxel (T), Cisplatin (P) und 5-Fluorouracil (5-FU) in etwas unterschiedlichem Applikationsschema bei gleicher Gesamtdosis der Einzelsubstanzen. Die Induktionschemotherapie ist allerdings nicht ganz unumstritten, da ein bewiesener Vorteil bisher nicht gezeigt werden konnte und die Toxizität im Vergleich zur alleinigen Radiochemotherapie höher ist. Zudem kann bei einem nicht unbeträchtlichen Anteil der Patienten nach Induktionschemotherapie die Bestrahlung zusammen mit der Cisplatin nicht wie geplant vollständig durchgeführt werden, wodurch wiederum die Langzeitergebnisse beeinträchtigt werden.

Palliative medikamentöse Tumortherapie

In der Palliativsituation stehen Symptomkontrolle, Verhinderung weiterer Progression und Überlebenszeitverlängerung im Vordergrund. Eine Heilung ist meistens nicht mehr möglich. Hinsichtlich einer Chemotherapie werden Platinderivate (Cisplatin, Carboplatin), 5-Fluorouracil (5-FU), Methotrexat und Hydroxyurea oder Docetaxel eingesetzt. Die Ansprechraten der konventionellen Chemotherapie liegen zwischen 10 und 34%, wobei die höchsten Ansprechraten mit einer Kombination aus Cisplatin und 5-FU erreicht werden. Das mediane Gesamtüberleben beträgt trotz verschiedener Kombinationen nur 6–9 Monate und das 1-Jahres-Überleben liegt bei 20–40%, so dass der Bedarf nach neuen Substanzen sehr groß ist. Aufgrund der hohen Expression des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR) auf den Tumorzellen wurde eine gegen diesen Rezeptor gerichtete Antikörpertherapie (Cetuximab) entwickelt. Durch die Kombination Cetuximab mit der bisherigen Standardtherapie aus Platin und 5-FU (EXTREME-Studie) konnte eine deutliche Verbesserung der Ansprechraten und des Überlebens erreicht werden, so dass dieses Therapieregime inzwischen als Standard bei Patienten mit gutem Allgemeinzustand gilt. Bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand oder eingeschränkter Nierenfunktion kann alternativ Docetaxell/ Paclitaxe in Kombination mit Carboplatin und Cetuximab eingesetzt werden. In der zweiten Linie kann z.B. MTX eingesetzt werden. Die Wahl der palliativen Chemotherapie ist auch von Faktoren wie dem Allgemeinzustand sowie dem Vorhandensein von Begleiterkrankungen einschließlich der Nierenfunktion abhängig. Trotz interner Therapieleitlinien (Tabelle) ist stets ein individualisiertes Vorgehen notwendig.


Allgemeinzustand


1st-line Therapie


2nd-line Therapie


3rd-line Therapie

 

ECOG 0-1


Cisplatin / 5- FU /
Cetuximab
Alternative: Platin /
Taxan / Cetuximab


Paclitaxel oder
Docetaxel mono
± Cetuximab
± Carboplatin
Alternative: Studie

MTX mono

Vinorelbin /
Gemcitabine
Alternative: Studie
 

ECOG 2 und/oder
schlechte

Nierenfunktion


Monotherapie
Paclitaxel oder
Docetaxel weekly
± Cetuximab
± Carboplatin


MTX (CAVE
Nierenfunktion /
Ergüsse)

Alternative: Best
supportive care

 

ECOG >2


Best supportive care



 

Aktuell werden neue Substanzen in der Palliativsituation geprüft, unter denen insbesondere die Immun-checkpointinhibitoren Nivolumab und Pembrolizumab aufgrund erster positiver Ergebnisse zu nennen sind. Diese neuartige Therapieform zielt auf die Aktivierung des eigenen Immunsystems gegen die Krebszellen ab, indem sie die von Tumorzellen ausgehenden inhibitorischen Signale gegenüber dem Immunsystem (T-Lymphozyten) blockieren.

Für Nivolumab wird in Kürze eine Zulassung erwartet, da positive Ergebnisse bei einer großen Phase-III-Studie in der Zweitlinientherapie berichtet wurden.

PROGNOSE

HPV und Prognose

Der HPV-Status eines Patienten hat sich als wichtiger und unabhängiger prognostischer Faktor erwiesen. In der Analyse von Ang et al. (2010) wurden retrospektiv Patienten der RTOG-0129-Studie mit Stadium-III/IV-Oropharynxkarzinomen und definitiver kombinierter Radiochemotherapie mit Cisplatin hinsichtlich des HPVStatus und des Überlebens untersucht. Eingeschlossen wurden 106 HPV-positive und 59 negative Patienten. Es zeigte sich eine signifikant günstigere Prognose sowohl für das OS als auch für PFS bei HPV-positiven Patienten: die 3-Jahres-Überlebensraten waren für HPV-positive Patienten 82,4% gegenüber 57,1%. Die Ergebnisse belegen für HPV-positive Patienten mit Oropharynxkarzinomen ein signifikant besseres medianes progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben. Durch die Kombination des HPV-Status mit der Anzahl der „pack-years“ (≤10 Jahre/>10 Jahre) und dem Tumorstadium (T- und N-Status) konnten 3 Risikogruppen unterschieden werden: Niedrig- Risiko (3-Jahres-ÜL 94%), intermediäres Risiko (3-Jahres-ÜL 67%) und Hochrisiko (3-Jahres-ÜL 42%).

Kurative Stadien

In frühen Stadien der Erkrankung (Stadium I und II) sorgt die alleinige Operation für hohe Heilungsraten zwischen 80 und 100%. Durch die alleinige Strahlentherapie von frühen Tumoren können ebenfalls komplette Remissionsraten zwischen 79% und 99% erreicht werden. Die 3-Jahres-Überlebensraten nach kurativer Radiotherapie betragen für Stadium I Tumoren 82%, für Stadium IITumoren 60%.

Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren, die mit einer Radiochemotherapie behandelt werden, beträgt das 5-Jahresüberleben in Abhängigkeit der Primärtumorlokalisation (Mundhöhle, Oropharynx, Hypopharynx und Larynx) zwischen 29 und 47%.

Palliative Situation

In der palliativen Situation ist eine Heilung meistens nicht mehr möglich, das mediane Überleben betrug mit alleiniger Chemotherapie lediglich 6-9 Monate, konnte aber durch die Einführung von Cetuximab um ca. 3 Monate verlängert werden. Aufgrund der zunehmenden Möglichkeiten einer Zweit- und Drittlinienchemotherapie und durch die zukünftige Verfügbarkeit von Immuncheckpointinhibitoren ist bei vielen Patienten mit deutlich längerem Überleben zu rechnen.

LEBENSQUALITÄT

Das Überleben und die Heilung sind von erstrangiger Bedeutung für einen Krebspatienten. Dieses unterstützt eine aggressive Behandlung, jedoch besteht eine hohe individuelle Variabilität und der Vorrang des Überlebens wird stark durch die Behandlung selbst beeinflusst und tritt daher bei manchen Patienten in den Hintergrund.

Untersuchungen zur Lebensqualität von Kopf-Hals-Tumorpatienten konnten zeigen, dass nach Tumorbehandlung insbesondere Einschränkungen der körperlichen Funktionalität, der mentalen und sozialen Funktion eine Rolle spielen. Ebenso wurde ein Zusammenhang zwischen dem Tumorstadium und dem Schweregrad der Schmerzen festgestellt.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass ca. 3 Monate sowohl nach Operation als auch nach einer Radiochemotherapie ein erheblicher Abfall der Lebensqualität zu verzeichnen ist. Hingegen zeigt sich in der Zeit von 3 bis 6 Monaten nach Therapieende keine relevante Veränderung der Lebensqualität. Deutlich wird jedoch, dass ca. 12 Monate nach Abschluss der Behandlung die Lebensqualität nahezu identisch ist zu der vor der Therapie und dieser Wert die langfristige Situation sehr gut wiederspiegelt. Des Weiteren ist bekannt, dass die Lebensqualität der unter 60-jährigen verhältnismäßig schlecht sein kann, wohingegen bei der Lebensqualität der über 60-jährigen eine geringere Reduktion unter Behandlung festzustellen ist.

Kernpunkte, die die Lebensqualität von Kopf-Hals-Tumorpatienten beeinflussen, sind spezifische Faktoren, wie das Sprechen, Schlucken, die Schulterbeweglichkeit, der Geschmack und die Mundtrockenheit, ebenso wie allgemeine Themen einschließlich der Krankheitsbewältigung, die Angst vor einem Tumorrezidiv oder die Einschränkung der Persönlichkeit.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Daten zur Lebensqualität bereits Einfluss auf die Therapieentscheidung im Sinne einer personalisierten Behandlung haben und die Patientenperspektive bezüglich des Ausgangs der Behandlung von höchster Priorität ist. Des Weiteren wissen wir heutzutage, dass viele Einschränkungen der Lebensqualität bereits durch gezielte Maßnahmen wie z.B. psychoonkologische Therapiebegleitung, Familientherapien, Paartherapien positiv beeinflusst werden können.

Weitere Informationen: www.uke.de

 

ASCO – American Society of Clinical Oncology 2016

03. – 07. Juni 2016 Chicago, USA

Resümee:

Der Kongress ist beendet und mit seinen Ergebnissen in der gesundheitspolitischen Diskussion angekommen. Bei einer Veranstaltung des Hauptstadtkongresses diskutierten Experten die Bewertung der aktuellen Krebstherapien.

Klar ist, es gibt rasante Fortschritte, zahlreiche neue Medikamente, aber es steht die Frage: Was bedeutet das für die Patienten? Heute können mehr als die Hälfte aller Krebspatienten geheilt werden. Bei einigen Krebsarten wie Melanomen, Prostata- oder Hodenkrebs liegt die 5-Jahres-Überlebensrate heute bei über 90 Prozent.

Prof. Wörmann beschrieb die Situation so:
„Es gibt eine Riesenwelle von frühen Studiendaten mit Einzel- oder Kombinationstherapien und exzellenten Ansprechraten. Dieser Tsunami kommt bisher nicht an Land. Er findet auf dem See der Forschung statt.“ Ist ein Durchbruch in Sicht?

Einige aktuelle ASCO-Meldungen:

Ermutigende erste Resultate für austherapierte Patienten:
Molekulare Kriterien statt Tumortyp bestimmen die Therapie. In der Krebsmedizin wird es langfristig zu einem Paradigmenwechsel kommen. „Wir behandeln Tumore dann nicht mehr nach ihrem Typ, also Darmkrebs, Brustkrebs oder Lungenkrebs, sondern wählen die Therapie entsprechend der gefundenen molekularen Veränderungen“, äußerte sich ASCO-Sprecher Prof. Dr. Sumanta Kumar Pal, klinischer Onkologe aus Duarte, Kalifornien, bei einer Pressekonferenz während des ASCO-Jahreskongresses.

Neue Immuntherapien gegen den Krebs: Erste Zeichen des Erfolgs
Die Immuntherapie gehört in der Onkologie zu den besonders vielversprechenden Ansätzen. Bei Tumoren, bei denen die Therapien zum Teil seit Jahrzehnten keine Erfolge zu verzeichnen hatten, gibt es damit erste ermutigende Ergebnisse. Einige besonders interessante Studien – beim fortgeschrittenen Blasen- und Magenkarzinom sowie beim kleinzelligen Lungenkrebs – sind beim Jahreskongress der ASCO (American Society of Clinical Oncology) in Chicago vorgestellt worden.

 

AKTUELLES aus der Krebsmedizin

Hochrisiko-Neuroblastom bei Kindern: Zweifache autologe Stammzelltransplantation verbessert Ergebnis

Eine zweimalige autologe Stammzelltransplantation (ASCT) kann das ereignisfreie 3-Jahres-Überleben von Kindern mit Hochrisiko-Neuroblastom im Vergleich zu einer ASCT signifikant verbessern. Das ergab eine Phase-3-Studie der Children’s Oncology Group, die von Prof. Dr. Julie R. Park, Seattle Children’s Hospital, in der Plenarsitzung bei der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago vorgestellt wurde.

Phase-3-Studie bei aggressivem seltenem Hirntumor:

Anaplastische Gliome sind sehr selten, machen nur 2% aller primären Hirntumore aus. Sie werden jedoch oft schon im jungen Erwachsenenalter diagnostiziert und haben eine schlechte Prognose. Bisher sind die Therapiemöglichkeiten begrenzt: Die Interims-Ergebnisse einer großen europäischen Phase-3-Studie sind beim ASCO vorgestellt worden. Unter der vorgestellten Therapie stieg die geschätzte Überlebensrate auf 56% und die Krankheitsprogression konnte um mehr als 2 zusätzliche Jahre verzögert werden.
(Quellen: onkoversum online, Ärzte Zeitung)

In der gesundheitspolitischen Diskussion: Cannabis auf Rezept

Das Bundeskabinett hat aktuell einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der es schwerkranken Patienten ermöglichen soll, Cannabis in Form von Blüten oder Extrakten auf Rezept in Apotheken zu erhalten. Die Gesetzlichen Krankenkassen sollen die Kosten für die Cannabisarzneimittel übernehmen.

Wenn beim Patienten andere therapeutische Maßnahmen nicht zu einem zufriedenstellenden Therapieerfolg führen und der behandelnde Arzt das Ausbleiben eines solchen auch zukünftig für wahrscheinlich einschätzt, soll dem Patienten die Cannabismedikation zukünftig als Option zur Verfügung stehen.

Bedingung für die Kostenübernahme durch die Gesetzlichen Krankenkassen wird die Zustimmung des Patienten sein, an einer begleitenden wissenschaftlichen Studie teilzunehmen, damit weitere Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Langzeitwirkung von Cannabis als Arzneimittel gewonnen werden können.

Die Bundesärztekammer und die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft lehnen den Gesetzesentwurf des Bundeskabinetts bisher allerdings mit der Begründung ab, dass noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege existieren, die die von Gesetzlichen Krankenkassen finanzierte Vergabe von Cannabis an schwerkranke Patienten rechtfertigen.
(Quellen: Deutsches Ärzteblatt, Jg. 113; Heft 19, 13. Mai 2016)

 

Es begann mit Halsschmerzen

Über die Rolle des Hausarztes bei onkologischen Patienten

Dr. med. Mario Poppe, Berlin-Friedrichshagen

Es war ein schöner Frühlingstag. Die Sonne schien und der Andrang in meiner hausärztlichen Praxis am Berliner Stadtrand hielt sich in Grenzen. Die Gartensaison hatte begonnen und auch die Grippewelle, die in diesem Jahr recht heftig ausfiel, war abgeklungen. Die übliche Routine mit Akutkonsultationen, vor allem wegen Infekten der oberen Atemwege, Magen-Darm-Infektionen, Kopfschmerzen, Gelenk- und Rückenbeschwerden sowie der Versorgung chronisch kranker Patienten bestimmte den Ablauf an diesem Tag. Es war endlich auch mal Zeit für ein persönliches Wort. So die Frage nach den nächsten Angehörigen, der beruflichen Situation oder der letzten Reise.

So kam Herr F. an die Reihe. Er kam stets gemeinsam mit seiner Frau in die Praxis, doch nie gemeinsam ins Sprechzimmer. Herr F. ist Ende 70, chronisch krank, aber noch recht aktiv mit großer Familie, Haus und Garten. Vor einigen Jahren wurde ein Prostatakarzinom erfolgreich operiert. Eine Hüft-OP war vor knapp 3 Monaten nötig geworden, doch auch davon hatte sich mein Patient nach anfänglichen Problemen gut erholt. Davon berichtete er auch zu Beginn unseres Gesprächs. Die Physiotherapie, die ich verordnet hatte, war zunehmend erfolgreich. Auch berichtete er von dem Vorhaben, den großen Garten abzugeben. Dann kam er zu dem Anliegen, welches ihn an diesem Tag zu mir führte. Er habe Halsschmerzen, seit etwa einer Woche, beim Schlucken stärker, in wechselnder Intensität, schwer zu lokalisieren, kein Fieber, keine Begleitsymptome. Die übliche Racheninspektion gab keinen wegweisenden Befund. Auch waren keine vergrößerten Lymphknoten zu tasten. Lediglich gab es eine kleine Druckstelle am hinteren Gaumen durch die nicht ganz ideal sitzende Prothese. Ist hier Krebsverdacht zu äußern? Sicher nicht. Eine symptomatische Behandlung wurde besprochen, eine Wiedervorstellung bei ausbleibender Besserung und ggf. auch eine Facharztvorstellung.

Wenige Tage später erreichte mich dann der Anruf der Frau des Patienten. Er hatte plötzlich Blut im Mund und heftige Schmerzen bekommen. Der Notdienst brachte ihn ins Krankenhaus. Hier dauerte es ein paar Tage bis man die Ursache festgestellt hatte: ein großer Tumor an der Unterseite des Kehlkopfs. Zunächst glaubte man an eine Metastase des Prostatakarzinoms, doch letztlich kam das niederschmetternde Ergebnis: Kehlkopfkrebs, schlecht differenziert und möglicherweise auch schon in die Lymphknoten metastasiert.

Für mich stellte sich die Frage: Hatte ich etwas übersehen? Wäre eine zeitigere Diagnosestellung möglich gewesen? Herr F. ist Nichtraucher und auch das Leitsymptom, die Heiserkeit, fehlte. Lediglich eine Refluxösophagits war bekannt, doch unter Dauertherapie trat das Sodbrennen schon lange nicht mehr auf.

Es war wie so oft in der allgemeinmedizinischen Praxis. Selten ist ein Krankheitsbild wie im Lehrbuch beschrieben. Man hat ein oder mehrere Symptome, die von den Patienten berichtet werden, den klinischen Untersuchungsbefund und ggf. zusätzliche Ergebnisse von apparativen Untersuchungen. Man stellt dann seine Diagnose und bestimmt in Absprache mit dem Patienten die Behandlung oder man lässt die Diagnose offen und behandelt abwartend/symptomatisch.

Diese Strategie des Abwartenden Offenlassens ist häufig praktiziert und ist aus meiner Sicht sorgfältiger als die falsche Therapie bei unsicherer Diagnose und weniger belastend für den Patienten als eine vorschnelle „Überdiagnostik“.

Stets nötig ist dabei, den abwendbaren gefährlichen Verlauf zu erkennen, das heißt, schwerwiegende Erkrankungen, wie z.B. Krebs, nicht zu übersehen. Dies gelingt in der Praxis häufig, doch leider nicht immer.

Herr F. war am Boden zerstört. „Warum ich, warum dieser Krebs, kann man ohne Kehlkopf leben?“ Hier gibt es keine einfachen Antworten und die erwartet der Patient auch nicht. Er braucht den (Haus)Arzt an seiner Seite, der da ist und zuhört, der ihn kennt, berät und unterstützt.

So war es auch bei Herrn F. Nach dem ersten Schock galt es praktische Entscheidungen zu treffen: Muss operiert werden, wenn ja wo? Ist eine 2. Meinung sinnvoll? Hier gab es dann eine Entscheidung, die mich überraschte. Ich hatte für den Patienten einen kurzfristigen Termin in einer Uniklinik zur Zweitkonsultation reserviert. Nach intensiver häuslicher Diskussion und nach offenbar gutem und Vertrauen aufbauendem Gespräch im kleineren Versorgungs-Krankenhaus entschied sich der Patient für die Behandlung dort. Er hatte einfach ein gutes Gefühl und das nötige Vertrauen auf eine erfolgreiche Behandlung. Hier blieb mir nur, ihn zu bestärken. Auf die Patienten und ihre Bedürfnisse zu hören, ist für die erfolgreiche Therapie sehr wichtig.

Sechs Stunden dauerte die OP, dann Intensivstation, Normalstation und erste Schritte zur Rehabilitation. Plötzlich war Herr F. stumm geworden, der Kehlkopf musste entfernt werden. Ein Zustand, den er erst nach einigen Tagen so richtig realisierte. Er war nie ein Mensch der vielen Worte gewesen, doch ohne Stimme zu sein, ist schlimm. Es wurde ruhig im Haus, sehr ruhig, fast gespenstisch. Er hatte natürlich eine Stimmprothese bekommen, doch ist diese kein gleichwertiger Ersatz für die eigene Stimme. Trotz intensiver Schulung und logopädischer Therapie waren in den ersten Wochen nur einzelne Worte in schlechter Sprachqualität möglich.

Die hausärztliche Betreuung erfolgte nun im Hausbesuch. Die Kommunikation gelang hier über Gesten, handgeschriebene Zettel oder über die Frau des Patienten. Nur selten und eher nur zur Probe setzte der Patient die Stimmprothese ein. Maschinenartig verzerrt und bruchstückhaft kamen die Töne hervor, aber zumindest konnte man ahnen, was er sagen wollte.

Der Hausarzt ist oft der einzige Arzt, der den Patienten und seine Angehörigen zu Hause besucht, wenn es ihm schlecht geht. Neben der fachlichen Behandlung spielt die psycho-soziale Begleitung und Beratung eine wichtige Rolle für die Patienten. Die Aussagen: „Zum Glück habe ich einen Hausarzt, den ich anrufen kann, der mich besucht, der mich nicht allein lässt, wenn es mir schlecht geht.“ höre ich sehr oft.

Für Herrn F. folgte die Bestrahlung. Diese ist im HNO-Bereich stets mit erheblichen Folgen für die Nahrungsaufnahme verbunden. Das Schlucken wurde zur Qual, alles musste püriert werden, es war kaum möglich, das Gewicht zu halten. Auch die Verschleimung nahm zu und es musste zu Hause häufig abgesaugt werden. Mein Patient litt sehr, Schmerzen kamen dazu und auch psychisch war die Belastung sehr hoch. Auch seine Frau litt, opferte sich auf. Es war eine ungeheure Belastungsprobe für beide.

Dann war es geschafft, die Bestrahlung war zu Ende. Ein Zustand zwischen Hoffnung und Verzweiflung stellte sich ein. Die Reha sollte Linderung bringen, doch es wurde ein Desaster. Herr F. nahm weiter ab und selbst die kleinsten Wege gelangen nur unter großer Mühe. Der Tiefpunkt war erreicht. Lediglich die intensive Logopädie zeigte kleine Erfolge. Hier war es wieder wichtig, da zu sein, Stütze zu sein für den Patienten und seine Familie.

Die Entscheidung für eine künstliche Ernährung über eine PEG-Sonde brachte die Wende. Die Gewichtsabnahme konnte gestoppt werden. Die weitere ambulante Therapie wurde auf den Weg gebracht. Ein „Team“ aus Physiotherapeuten, Logopäden, häuslicher Krankenpflege, den Fachkliniken, dem HNO-Arzt und dem Hausarzt unterstützte den Patienten.

Der Hausarzt als Lotse, als Koordinator, als Verordner, als Ansprechpartner für alle Beteiligten ist in solchen Situationen gefragt. Das bedeutet eine hohe Inanspruchnahme, viele Formulare, Gutachten und Gespräche. Bei meinem Patienten galt es z.B. Verordnungen für Medikamente, Nahrung, Hilfsmittel, physikalische Therapie und häusliche Krankenpflege zu erstellen, Berichte für die Krankenkasse und ein Gutachten für das Versorgungsamt zu verfassen. Recht aufwendig, aber letztlich sehr hilfreich war die Organisation einer intensiven speziellen Logopädie im Hausbesuch. Der weitere Verlauf war schwierig, es gab Komplikationen und Rückschritte. Doch Schritt für Schritt kämpfte sich Herr F. zurück ins Leben.

Ein Jahr ist nun vergangen. Die Ernährungssonde soll entfernt werden. Das Gewicht ist stabil und vorige Woche ist Herr F. das erste Mal wieder Fahrrad gefahren. Auch haben wir kurz telefoniert, na ja, es war ein kurzer Gruß, aber ich habe jedes Wort verstanden. In der Nacht muss nicht mehr abgesaugt werden und auch seine Frau kann wieder lachen. Dieses Beispiel zeigt recht gut, welche Bedeutung der Hausarzt bei der Behandlung onkologischer Patienten hat.

Ich wünsche mir perspektivisch eine noch engere Zusammenarbeit mit den onkologisch tätigen Kliniken. So könnte z.B. der Hausarzt vor einer Tumorkonferenz durchaus nach seiner Meinung gefragt werden. Auch ließe sich die ambulante Therapie, Nachsorge und Palliativbehandlung gemeinsam besser organisieren und gestalten.

Für die Patienten finde ich es wichtig, überhaupt einen richtigen Hausarzt zu haben. Einen, der seine Patienten über Jahre begleitet, behandelt und auch ihre Lebenssituation kennt. Ein befreundeter älterer Kollege sagte mir einmal: „Wir Allgemeinmediziner sind die Ärzte für die kleinen Dinge.“ Ich habe es erst nicht verstanden. Heute finde ich es wunderbar, die vielen kleinen Puzzle-Teile im komplexen Ringen um die Gesundheit eines Menschen zu ordnen, zu hüten aber auch zu ergänzen, wenn es nötig ist.

 

„Die wahre Vollendung des Menschen liegt nicht in dem, was er besitzt, sondern in dem, was er ist.“ (Oscar Wilde)

 

AKTUELLES aus der Krebsmedizin

Lungenkrebs

Lungenkrebs ist mit einem Anteil von rund 25% die mit Abstand häufigste Krebstodesursache bei Männern und mit etwa 15% die dritthäufigste bei Frauen. Aufgrund der unterschiedlichen Rauchgewohnheiten steigen die Erkrankungsraten und Sterbefälle bei Frauen weiterhin an; während sie bei Männern sinken.

Vorhersagen gehen davon aus, dass Lungenkrebs bei Frauen die Anzahl der Brustkrebserkrankungen überholen wird. „Lungenkrebszellen wachsen schnell heran, bilden viele Mutationen und entwickeln daher auch rasch Resistenzen gegen die eingesetzten Therapien, was den Behandlungserfolg bisher stark limitiert hat“, berichtet Dr. Gröschel, Sprecher der DGP-Sektion Pneumologische Onkologie und praktizierender Lungenfacharzt.

Neue Therapieerwartungen werden jetzt an die Target-Therapie und an die Immuntherapie geknüpft. Lag die bisherige Wahrscheinlichkeit einer 5-Jahres-Überlebenschance bei metastasierten Patienten nur bei 1%, so wird jetzt mit einer deutlichen Verbesserung der Überlebenszeit gerechnet. Die neuen Therapieverfahren können die Krebszellen trotz ihrer Wachstums- und Mutationsrate ganz gezielt und effektiv angreifen und erreichen somit eine erhebliche bessere Überlebenszeit mit weitaus weniger Nebenwirkungen. Immuntherapeutische Verfahren blockieren gezielt Substanzen, mit deren Hilfe Lungenkrebstumoren die körpereigene Immunabwehr außer Kraft setzen.

Dadurch wird das Immunsystem reaktivert, die Krebszellen wieder anzugreifen und zu bekämpfen. Die Target-Therapie wirkt dazu noch zielgerichteter, da sie selektiv Tumoren mit spezifischen Mutationen attaktiert.

Gegenwärtig sind diese Therapien noch nicht der Standard. In den nächsten Jahren wird damit gerechnet, dass die Immuntherapie für einen Teil der Patienten zur Erstlinientherapie wird und die Chemotherapie zurückgehen wird.
(Quelle: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin DGP;)

Malignes Melanom – Schwarzer Hautkrebs

Geschwürig oder nicht? Für die Prognose von großer Bedeutung.

Eine erfolgreiche Therapie hängt wie auch bei anderen Entitäten wesentlich vom Stadium der Erstdiagnose ab. Doch selbst im fortgeschrittenen Stadium, wenn der Tumor schon groß ist, sich auf Lymphknoten und andere Organe ausgebreitet hat, sind die Überlebenschancen nicht für alle Patienten schlecht.

Wissenschaftler aus Schweden analysierten Daten von 856 Patienten mit malignem Melanom im Stadium III oder IV. Sie untersuchten den Krankheitsverlauf in Abhängigkeit von potenziellen Einflussfaktoren wie Geschlecht, Lebensalter, Tumorart, Geschwürbildung (bei Patienten im Stadium III) und Krankheitsstadium.

Relevanter Parameter für die Prognose war der „Heilungsanteil“ gemessen als Anteil an Patienten, bei denen ein Rückfall ausblieb.

Patienten mit Stadium IV hatten einen geringeren Heilungsanteil als Patienten mit Stadium III ohne Geschwürbildung. Im Stadium III war der Heilungsanteil bei Tumoren mit Geschwürbildung niedriger als bei Tumoren ohne geschwürige Anteile. Der Zeitpunkt, zu dem die Hälfte der Patienten noch am Leben war, lag bei Patienten mit nichtgeschwürigen Stadium III-Tumoren neun bis zehn Monate später als bei Patienten mit geschwürigen Stadium III-Tumoren.

Die Studienautoren fassten ihre Ergebnisse so zusammen, dass Patienten mit einem malignen Melanom im Stadium III ohne Geschwürbildung offenbar bessere Überlebensaussichten haben als Patienten mit geschwürigen Stadium III-Tumoren oder Tumoren im Stadium IV.

Künftige Studien müssen nun untersuchen, welche biologischen Unterschiede zwischen geschwürigen und nicht-geschwürigen Tumoren dafür verantwortlich sind, um dann zu therapeutischen Konsequenzen zu kommen.
(Quelle: Journal of Cancer, Eriksson, H. et al. Febr. 2016;)

 

Hyperthermie und Wiederbestrahlung beim lokal rezidivierenden Mammakarzinom:

Eine neue (alte) Perspektive?

Dr. med. Markus Notter Radioonkologie, Lindenhofspital, CH-3001 Bern

Einleitung

Welche Leiden sich hinter dem so genannten Lokalrezidiv nach behandeltem Brustkrebs verbergen können, entzieht sich häufig Nicht-Beteiligten, aber auch erfahrenen Ärzten und Krebsspezialisten, insbesondere, wenn sie sich nur mit so genannten Statistiken auseinandersetzen. Zweifellos hat die Medizin Fortschritte zu verzeichnen, sind heutzutage immer verfeinerte medikamentöse Therapien gegen Fernmetastasen einsetzbar und trotzdem gelingt uns längst nicht alles.

Es ist eine traurige Tatsache, dass ca. 96% aller Todesfälle beim Brustkrebs auf Fernmetastasen zurückzuführen sind. Was sind da schon die restlichen 4%?

Diese nüchterne Zahl verdeckt, dass es sich hier zwar nur um einen kleinen Anteil aller an Brustkrebs Verstorbenen handelt, aber angesichts der Häufigkeit des Mammakarzinoms sind es leider doch eine erhebliche Zahl von Patientinnen, die an einem lokal nicht beherrschbaren Tumor mit all den furchtbaren Konsequenzen leiden. Die Therapie, Pflege und Begleitung solch schwerkranker Patientinnen fordert immer wieder alle Beteiligten heraus und es wäre ungerecht, diese Bemühungen mit einem alleinigen kleinen statistischen Wert abzutun.

Befassen wir uns doch in diesem kleinen Überblick mit betroffenen Patientinnen, die unter einem für sie sichtbaren und zunehmend verstümmelnden, ständig fortschreitenden oder gar einem teilweise blutenden, stinkenden, offenen Tumor über der Brustwand leiden müssen. Mit denen, die über starke Schmerzen klagen können, eine zunehmende Enge und Panzergefühle der Brustwand mit möglicher Atemnot zeigen, teilweise groteske Schwellungen der oberen Extremitäten oder des Kopfes und Hals oder Nerveninfiltrationen und -zerstörungen durch den Tumor mit Lähmungen und zunehmender Hilfsbedürftigkeit aufweisen können.

Die Therapiemöglichkeiten beim Lokalrezidiv sind nach vorausgegangenen, manchmal auch wiederholt vorgenommenen chirurgischen Eingriffen, nach erfolgter lokaler, einmaliger oder sogar in vereinzelten verzweifelten Fällen mehrfacher Bestrahlung und verschiedenen medikamentösen Behandlungen, sei es die Chemo-, Hormon- oder Immunotherapie, als sehr eingeschränkt zu betrachten. Eine erneute chirurgische Entfernung ist oft kaum mehr oder nur unter Inkaufnahme von schwerster Verstümmelung und funktioneller Einbusse möglich respektive überhaupt zumutbar, eine erneute wirksame Strahlendosis nicht mehr zur Verfügung oder ebenfalls mit erheblichen Risiken für die Patientin verbunden und bisherige Medikamente zeigten sich als wirkungslos oder nur vorübergehend noch von Nutzen.

Die Wiederbestrahlung kombiniert mit einer Oberflächenhyperthermie stellt häufig eine (letzte) Therapiealternative dar und verspricht auch aufgrund bisheriger Erfahrungen, dass lokal das Tumorgeschehen zumindest noch einmal zurück gedrängt werden kann, oder dass zumindest eine Linderung erreicht wird. Das Ziel dieser Zusammenstellung ist es, die Möglichkeiten dieser leider oft nicht bedachten, kaum bekannten oder wieder in Vergessenheit geratenen Therapieform vorzustellen, obwohl sie in spezialisierten Zentren teilweise seit mehr als 30 Jahren angewandt wird.

(Oberflächen-) hyperthermie

Es ist in dieser Schriftenreihe bereits in mehreren früheren Veröffentlichungen auf die Hyperthermie und ihre Funktionsweisen eingegangen worden, so dass hier nur kurz zusammengefasst werden soll, was wir bis heute darüber wissen.

Wir definieren in der Onkologie die Hyperthermie als eine Übererwärmung des Tumorgewebes auf mehr als 40°C bis ca. 43°C mit dem Ziel, darauf folgende respektive in Kombination eingesetzte so genannte „klassische“ Therapien wie Radio- oder Chemotherapie wirksamer werden zu lassen.

Insbesondere die erneute Bestrahlung mit begrenzten Dosen kann in Kombination mit der Hyperthermie noch einmal eine erhebliche lokale umschriebene und gewünschte Verbesserung erreichen. Während gesunde Strukturen wie z.B. Muskeln oder Haut ihre Durchblutung unter Wärmestress wesentlich steigern und somit kühlen können, gelingt dies bösartigen Raumforderungen nicht oder höchstens noch beschränkt. Die Hyperthermie kann also physikalisch – physiologisch eine selektive Wirkung erreichen. Bei derart hohen Temperaturen von mehr als 40°C sind zudem immunologische, chemo- und insbesondere strahlensensibilisierende Effekte bekannt und können dementsprechend ausgenutzt werden. Ob die Hyperthermie in Kombination mit Strahlentherapie vor, während oder danach eingesetzt werden soll, ist nach wie vor strittig diskutiert. Am eindeutigsten ist die Kombinationswirkung bei gleichzeitiger Applikation, was aber technisch kaum realisierbar ist. Will man möglichst zeitnah beide Therapien verbinden, drängt sich die Reihenfolge Hyperthermie – Bestrahlung auf. Leider hat sich die alleinig eingesetzte Oberflächenhyperthermie beim rezidivierenden Mammakarzinom bisher nicht als genügend wirksam erwiesen. Wir müssen daher die Kombinationsmöglichkeit mit der lokalen Bestrahlung ausnutzen.

Techniken der Oberflächenhyperthermie

Eine oberflächennahe Erwärmung kann durch so genannte direkte Konvektion beispielsweise mittels eines wärmer als die Körpertemperatur aufgelegten Körpers erreicht werden. Bereits im Alten Ägypten wurde heisser Lehm als Therapiemethode beschrieben, besser bekannt dürfte die Fango-Packung bei meist rheumatischen Beschwerden sein. Moderne „heating pads“ oder der so genannte interstitielle Zugang mit in den Tumor eingelegten Kanülen zur Aufnahme von mit heissem Wasser perfundierten Schläuchen haben sich schlussendlich nicht bewährt oder als zu aufwendig respektive komplikationsreich erwiesen.

Mikrowellentechnologie

Am besten durchgesetzt haben sich bisher Mikrowellenapplikatoren, die mittels einer relativ einfachen technischen Antennen-Konstruktion durch Anregung wasserhaltiger Moleküle = so genannte Bipole mittels van der Waal’s Kräften eine Erwärmung erzeugen, ähnlich den Mikrowellenöfen in der modernen Küche. Es ist eine Vielzahl von Antennentypen beschrieben und eingesetzt. Diese Applikatoren lassen sich auch via Computer ansteuern, benötigen aber eine Temperaturkontrolle im Therapiegebiet, um insbesondere Überhitzungen zu vermeiden, aber auch, um eine möglichst gleichmässige Hyperthermie zu erreichen. Eine ungenügende Temperaturerhöhung hätte auch eine verminderte Therapiewirkung zur Folge. Physikalisch bedingt haben diese Antennen-Applikatoren eine Obergrenze bezüglich ihrer Grösse und Wirkungsfläche, was sich bei sich aggressiv ausbreitenden Brustwandrezidiven als ein Nachteil erweisen kann. Um diesen Nachteil zu umgehen, wurde mittels einer so genannten „patchwork Technik“ versucht, durch mehrfaches Umplatzieren von Applikatoren oder durch deren vielfachen Einsatz (so genannte multi-array Systeme) eine Vergrösserung der Behandlungsfläche zu ermöglichen. Schlussendlich sind aber hier Grenzen zu erkennen, die nicht in jeder klinischen Situation befriedigen können. Es gibt auch Mitteilungen über daraus folgende thermale Schädigungen der Haut, die z.T. eine erheblich lange Abheilungszeit benötigten. Mittels der heute zur Verfügung stehenden Systeme wird eine Tiefenwirkung von ca. 3 – 4 cm erreicht. Um eine solche Tiefe zu erhalten, wird eine Oberflächenkühlung mittels eines mit Wasser durchspülten Kissens (=Bolus) benötigt, das zudem den verlustfreien Zugang der Mikrowellen in das Körpergewebe ermöglicht, aber der Patientin direkt aufliegen muss und dementsprechend unangenehm empfunden werden kann. Zusätzlich kann diese Anwendung bei offenen Wunden oder blutenden Tumoren erheblich erschwert oder gar unmöglich sein.

Abb 1.: So genannte „patch-work Technik“: Durch Umplatzierung respektive Verschiebung des in seiner Grösse begrenzten Mikrowellenapplikators kann schlussendlich eine grösser Fläche erwärmt werden. Wesentlich einfacher gelingt die Abdeckung durch das auf die Hyperthermie folgende Bestrahlungsfeld.

Infrarottechnologie

Infrarot = physikalisch Wärme ist seit Herrschel beschrieben. Es ist nachgewiesen, dass Infrarot nur wenige Millimeter in die Haut eindringen kann, aber die direkte Fortsetzung durch Wärmekonvektion bewirkt; schlussendlich eine Erwärmung in eine für unsere Therapie notwendige Tiefe. Infrarotstrahler können theoretisch eine sehr grosse Fläche erwärmen und drängen sich daher für den Einsatz bei Brustwandrezidiven auf, werden aber auch bei Ganzkörperhyperthermien eingesetzt. Verbindet man sie zusätzlich mit einer Thermographiekamera und diese wiederum mit einem Computer, erreichen wir eine relativ einfach anzusteuernde Therapietechnik. Eigene Erfahrungen sind diesbezüglich bisher ausserordentlich positiv ausgefallen. In dem von uns entwickelten System wird wassergefiltertes Infrarot (wIRA) benutzt, das eine bessere Verträglichkeit der z.T. durch vorausgegangene Therapien erheblich belasteten Haut zeigt. Mittels eigenen Messungen konnten wir zeigen, dass mit wIRA-Hyperthermie etwa 2 cm Tiefe erreicht werden kann, also für die allermeisten Ausbreitungsarten der Lokalrezidive genügen dürfte. Ein weiterer Vorteil der wIRA-Applikation ist der kontaktlose Zugang ohne zusätzliche Kühlung der Oberfläche mittels dem so genannten Bolussystem, also auch eine Verwendung bei offenen Wunden oder blutenden Tumoren erlaubt. Ein weiterer Vorteil könnte diesbezüglich sein, dass bei wIRA auch Wundheilungseigenschaften beschrieben worden sind. Hingegen wäre bei sich tiefer ausbreitenden Tumoren u.U. auch eine Kombination beider Hyperthermiemethoden zu überlegen.

Abb.2.: Schema Thermographie gesteuerte wIRA-Hyperthermie.

Temperaturmessung

Zur Qualitätskontrolle ist eine Temperaturmessung eigentlich bei jeglicher Hyperthermieanwendung zu verlangen, auch wenn bisher keine Einigkeit darüber besteht, wie genau eine verabreichte Hyperthermiebehandlung bezüglich ihrer Temperatur zu werten ist, respektive welche Dosisdefinition wir verwenden sollen. Die aus in den Körper und den Tumor eingelegten Temperaturmesssonden erhaltenen Werte, die man ähnlich der Strahlentherapie in so genannte Temperaturisodosen umzurechnen versuchte, stellen leider nur eine Annäherung dar und erweisen sich teilweise als wenig zuverlässig. Erschwerend kommt hinzu, dass die Messdaten aus einem Kanal stammen, also nur von der Einstichstelle aus gesehen linear in der Tiefe Temperaturangaben liefern. Ob daneben kompensatorische Mechanismen wie z.B. verstärke Durchblutung mit folgender tieferer Temperatur und der Gefahr der Unterdosierung ablaufen oder umgekehrt wegen sehr schlechter Durchblutung oder Tumor bedingtem Gewebsuntergang zu hohe Temperaturen erreicht werden, wird nicht erfasst und kann daher die Temperaturanalyse verfälschen. Hier sind weitere Anstrengungen notwendig. Der „geographische“ Überblick, der mittels einer Thermographiekamera gewonnen wird, könnte theoretisch am besten gewährleisten, schlecht durchblutete Gebiete wie Narben, transplantierte Haut usw. zu erkennen und deren Übererwärmung mit Verbrennungsgefahr zu vermeiden. Die Thermographie gibt jedoch nur einen Eindruck wieder von Temperaturverteilung auf der Oberfläche und indirekt über Vorgänge in der Tiefe. Ob zusätzlich dann auch im Körper oder in einzelnen Tumorknoten eingelegte Temperaturmesssonden in jedem Fall durchzuführen sind, wird u.a. auch von der Zumutbarkeit, der Fragestellung und der Bereitschaft einer Patientin abhängen.

Rein theoretisch könnte die für die Tiefenhyperthermie an einigen hoch spezialisierten Zentren benutzte MR-Untersuchung hier abhelfen und nicht invasiv Temperaturmessungen ermöglichen. Kernspintomographiegeräte sind aber nebst der Komplexität der Messungen sehr teuer und eine breite Anwendung dürfte kaum möglich, geschweige noch finanzierbar sein.

Bestrahlungsmöglichkeiten

Die Bestrahlungsmöglichkeiten nach vorausgegangener Bestrahlung sind beim Lokalrezidiv nach wie vor als begrenzt zu betrachten, auch wenn moderne konformierende Bestrahlungstechniken eine teilweise erneute hochdosierte Strahlentherapie erwägen lassen können. Es sind aber in der Literatur auch entsprechend schwere Nebenwirkungen nach Wiederbestrahlung beschrieben und müssen im Einzelfall mit der betroffenen Patientin abgewogen und besprochen werden.

Es geht bei der Lokalbehandlung ja auch um Lebensqualität der betroffenen Frau und demzufolge sollte eine erneute Therapie diese nicht noch mehr einschränken, als es das nicht beherrschte Tumorwachstum bereits tut.

So sollte jegliche lokale Therapie als so wenig belastend wie möglich geplant werden. Die Kombination mit Oberflächenhyperthermie ermöglicht, die Strahlendosis sowohl pro Einzelfraktion wie auch bei der Gesamtdosis unter die Toleranzgrenze der gesunden Strukturen zu drücken, ohne deswegen am Tumor den gewünschten Effekt preiszugeben.

Ergebnisse – Eigene Erfahrungen

Seit 1982 bestehen mit der Kombinationsbehandlung Hyperthermie-Radiotherapie gute Erfahrungen, wobei damals 1 – 2 Mikrowellen-Applikatoren mit 434 MHz eingesetzt worden sind. Begrenzend waren hier die effektive wirksame Behandlungsfeldgrösse der Hyperthermie, weshalb ab 2009 das eigens entwickelte Thermographie gesteuerte wIRA-System verwendet wird. Insgesamt sind mehr als 140 Patientinnen zu dieser Therapie aus verschiedenen Zentren zugewiesen worden und in beinahe 65% konnte ein sehr gutes Ansprechen respektive eine lokal praktisch komplette Zerstörung des Tumors festgestellt werden.

Literatur

Eine kürzlich erschienene systematische Übersicht und Meta-Analyse zeigt eindrücklich, was mit dieser Kombinationsmethode beim rezidivierenden Mammakarzinom erreicht werden kann: Aus 31 Mitteilungen gelang es, die Ergebnisse bei 627 Patientinnen, die in einer randomisierten Studie behandelt worden sind, zu analysieren. 1483 Patientinnen waren in so genannten single-arm-Studien eingeschlossen worden. Durchschnittlich erhielten beide Gruppen 7 Hyperthermiebehandlungen mit einer durchschnittlichen Zieltemperatur von 42,5°C. Die mittlere Bestrahlungsdosis betrug 38.2 Gy (26 – 60 Gy). Meistens war die Hyperthermie nach der Bestrahlung appliziert worden. Bei den vergleichenden Untersuchungen konnte im Kombinationsarm eine komplette Rückbildung von 60,2% festgestellt werden, im Arm mit der alleinigen Bestrahlung hingegen nur in 38,1%. Bei den Studien, wo nur über die Kombinationstherapie ohne Vergleichsgruppe berichtet wurde, stellte sich in 63,4% eine komplette Rückbildung ein. Betrachtet man gesondert die 779 Patientinnen, die bereits eine Bestrahlung erhalten hatten und daher die Wiederbestrahlung nur beschränkt möglich war, so sind die Ergebnisse noch eindrücklicher: in 66,6% war eine komplette Rückbildung zu verzeichnen. Schwere Nebenwirkungen dieser Kombinationstherapie (sogenannte III/IV Toxizitäten) traten akut in 14,5% und spät in 5,2% auf. Es lässt sich allerdings nicht unterscheiden, was Hyperthermie oder Bestrahlung, zur schweren Nebenwirkung wie und wieviel beigetragen hat.

Zusammengefasst kann man feststellen, dass die Kombination Hyperthermie- Bestrahlung beim rezidivierenden Mammakarzinom eine Erhöhung der Rückbildungsrate um 22% gegenüber der alleinigen Wiederbestrahlung erreicht.

Diese Kombinationstherapie kann daher als eine wirksame und sichere Behandlungsart angesehen werden und sollte bei der interdisziplinären Besprechung an einem Tumorboard immer in solchen Fällen in Betracht gezogen werden.

   

Abb. 3a (links): ausgedehntes Brustwandrezidiv mit beginnendem „cancer en cuirasse“. 24.2.2012: Situation vor Wiederbestrahlung kombiniert mit Oberflächenhyperthermie.
Abb. 3b (rechts): 6.9.2012: Situation nach Wiederbestrahlung kombiniert mit Oberlfächenhyperthermie mit insgesamt 4 Behandlungsregionen mit je 5 x 4 Gy 1x/Woche. Deutliche Rückbildung der Tumormassen, Abnahme der Gesichtsschwellung und daher wesentliche Erleichterung, weniger Engegefühl und verbesserte Atmung. Die Haut ist trocken, schuppend, mit z.T. leichter verstärkter Pigmentierung, aber keine Blutungen mehr.

Ausblicke

Bis heute ist die Anwendung der Hyperthermie, sei sie oberflächlich oder in der Tiefe, als z.T. sehr aufwändig beschrieben, was mit ein Grund sein mag, dass sie sich bisher so wenig durchgesetzt hat. Wichtig scheint in jedem Fall, dass die Möglichkeiten und Grenzen jeglicher Hyperthermiemethode dem Anwender bekannt sein müssen, um die bestmögliche Technik in der individuellen Situation anbieten zu können. In der Schweiz haben wir aus diesen Gründen das Swiss Hyperthermia Network ins Leben gerufen, das nicht nur ein virtuelles Tumorboard darstellt, sondern auch unter den verschiedenen Spezialisten die Diskussion erlaubt, welche Technik für welche Tumorsituation am besten verwendet werden darf. So steht der Autor auch für weitere Fragen diesbezüglich gerne zur Verfügung oder kann gar zur Vermittlung und Einschleusung von möglichen Situationen in dieses Netzwerk beitragen.

Es stellt sich dann die Frage, warum nicht mehr über die Methode bekannt ist. Einerseits bestehen die bereits erwähnten technischen Hindernisse und andererseits können betroffene Patientinnen, die bereits praktisch ausbehandelt wurden, aus ethischen Gründen nicht mehr eine Studiengruppe mit einer mutmasslich sehr wirksamen und einer Vergleichsgruppe, die keine oder nur eine fast sicher nicht wirksame Therapie erhält, aufgeteilt werden. Somit fehlen leider grosse Fallzahlen, die die medizinische Welt und auch die Leistungsträger besser überzeugen könnten. Würden die Empfehlungen über neuere, z.T. individuelle Chemotherapien (so genannte Target-therapies), deren Wirksamkeit auch gar nicht abgesprochen sein soll, allerdings enorme Kosten im Gesundheitswesen verursachen, jedoch im gleichen kritischen Licht punkto Effizienz betrachtet, wird das „stiefmütterliche Dasein“ der Oberflächenhyperthermie kombiniert mit einer Wiederbestrahlung beim rezidivierenden Mammakarzinom noch weniger verstanden.

Zusammengefasst stellt die kombinierte Anwendung der Oberflächenhyperthermie und Bestrahlung beim rezidivierenden Brustkrebs eine überaus wertvolle Therapieform dar, für die zu hoffen ist, dass sie zunehmend verbreiteter angewendet werden wird.

Jeglicher noch so kleiner oder grosser Fortschritt in der Krebsbehandlung ist zu begrüssen.

Weitere Informationen: www.lindenhofgruppe.ch

 

„Echte Kultur offenbart sich in der Wertschätzung der Persönlichkeit.“ (Paul Anton de Lagarde)

 

AKTUELLES aus der Krebsmedizin

Brustkrebs beim Mann

Brustkrebs gilt als typische Frauenerkrankung. Weniger bekannt ist, dass auch Männer davon betroffen sein können. Im aktuellen Bericht des Robert Koch-Instituts „Krebs in Deutschland“ finden wir Angaben zum 10-Jahres-Überleben, getrennt aufgeführt für Männer und Frauen. In der Tat zeigt sich dabei ein deutlicher Unterschied: Für brustkrebserkrankte Männer liegt die relative 10-Jahres-Überlebensrate bei 65 Prozent, für die betroffenen Frauen bei 82 Prozent. Wohlgemerkt, es handelt sich hier um Überlebensraten, die die krebsbedingte Sterblichkeit abbilden. Dieser Unterschied lässt sich nur schwer erklären, vor allem, wenn man bedenkt, dass der weit überwiegende Teil dieser Tumoren beim Mann durch weibliche Hormone zum Wachsen angeregt wird und durch eine Antihormonbehandlung eigentlich gut behandelbar sein sollte.

Die einzige Erklärung, die die Experten derzeit für diese schlechtere Prognose haben, ist, dass Brustkrebs beim Mann später diagnostiziert wird. Eigentlich sollte man annehmen, dass sich ein Knoten in der männlichen Brust relativ leicht ertasten lässt. Aber für die späte Diagnose sind mehrere Faktoren verantwortlich: Brustkrebs beim Mann ist mit ca. 600 Neuerkrankungen jährlich relativ selten.

Dass es diese Erkrankung auch beim Mann geben kann, ist vielen nicht bewusst. Männer sind ohnehin zögerlicher, was den Arztbesuch angeht. Wenn sie sich dann doch dazu entschließen, wer genau ist der richtige Ansprechpartner? Beim Mann kommen Hausarzt, Gynäkologe, Urologe, oder der Hautarzt in Frage.

Und selbst wenn der Gang zum Arzt stattgefunden hat, heißt das noch lange nicht, dass der die Erkrankung auch gleich richtig diagnostiziert. Nicht selten werden Tastbefunde in der Brust zunächst als harmlose Geschwulste behandelt, bevor die endgültige Diagnose gestellt wird. Für die Betroffenen ist es außerdem oft schwer, zu akzeptieren, dass sie eine „Frauenkrankheit“ haben. Aus Studien wissen wir, dass Brustkrebs bei weit über 90 Prozent der Männer hormonabhängig wächst. Das heißt, nach der operativen Entfernung des Tumors steht eine Antihormonbehandlung im Vordergrund. Üblicherweise kommen dabei Behandlungsmethoden zum Einsatz, die sich auch bei der Frau bewährt haben, z.B. das Tamoxifen, das die Andockstellen für das Hormon Östrogen im Tumor blockiert.

Doch Tamoxifen ist eine Medikamentenvorstufe, die nach Einnahme in der Leber erst in den aktiven Wirkstoff umgewandelt werden muss. Es ist schon lange bekannt, dass sich Männer und Frauen hinsichtlich ihres Leberstoffwechsels unterscheiden. Was diese Unterschiede für die optimale Dosierung oder für das Nebenwirkungsprofil von Tamoxifen beim Mann bedeuten, ist aber noch nicht gut untersucht.
(Quelle: Interview mit Peter Jurmeister, Vorstandsvorsitzender des Netzwerks „Männer mit Brustkrebs“; Dr. Katrin Mugele, Deutsche Krebsgesellschaft.) Mehr auf www.brustkrebs-beim-mann.de

Krebsimpfung

Individualisierte Immuntherapie – maßgeschneiderte Krebsimpfstoffe

Krebsforscher um Univ.-Prof. Dr. Ugur Sahin haben auf dem Weg zu einer individualisierten Krebstherapie bemerkenswerte Fortschritte erzielt. Bereits im vergangenen Jahr veröffentlichte „Nature“ Ergebnisse ihrer Arbeit. Anders als die klassische Behandlungsmethode bei Krebs: Operation, Chemotherapie und Bestrahlung, wird das Immunsystem zur Bekämpfung aktiviert. Ganz allein schafft das Immunsystem den Kampf gegen den Tumor allerdings nicht. „Eine nahe liegende Strategie ist daher, das Immunsystem derart zu aktivieren, dass es in der Lage ist, das Tumorwachstum zu begrenzen und bösartige Zellen zu zerstören“, so Sahin. Diese Aktivierung erfolgt durch Antigene, die Forscher sprechen von einem Impfstoff, der bei Erkrankten angewandt wird.

Jeder Tumor ist genetisch gesehen anders, er weist zahlreiche Mutationen, also genetische Veränderungen auf. Eine so genannte Schlüsselstellung haben die dendritischen Zellen. Als Vorposten des Immunsystems geben sie die Information, dass ein bestimmter Typ von Tumorzellen im Körper bekämpft werden soll, an andere Immunzellen weiter. Durch eine leicht negative Aufladung von Nanopartikeln werden diese zu den dendritischen Zellen im Lymphsystem geleitet. Dort nehmen die dendritischen Zellen Informationen auf und nutzen sie zum Aufbau von Tumorantigenen. „Diese Zellen sind sozusagen die Instrukteure des Immunsystems. Sie präsentieren die von uns eingebrachten Antigene wie ein Fahndungsfoto. Die anderen Immunzellenkommen vorbei und schauen sich das an“, sagt Sahin. Daraufhin können die Abwehrzellen die Tumorzellen bekämpfen.

Die Wissenschaftler haben in präklinischen Versuchen die Mutationen bei drei unterschiedlichen Tumorarten: Hautkrebs, Dickdarmkrebs und Brustkrebs analysiert. Ziel war, herauszufinden, welche Mutationen für eine Immuntherapie relevant sind, also durch das Immunsystem erkannt werden können. Im Ergebnis konnten die Forscher zeigen, dass bis zu 20% aller Mutationen eine Immunantwort auslösen können. Eine wichtige Erkenntnis für die Strategie, denn viele Tumorarten weisen genügend Angriffspunkte auf und scheinen prinzipiell behandelbar. Ein weiterer Schritt war für die Forscher die Entwicklung des Impfstoffes, der keine dauerhafte genetische Veränderung im Erbgut der Tumorzellen bewirkt, sondern der sich einmal gebraucht, der Aktivierung und Anleitung des körpereigenen Immunsystems, wieder auflöst.

Bei allen in einer Studie erfassten Patienten, die therapeutisch mit diesem Ansatz behandelt wurden, sind die Ergebnisse beeindruckend. Alle sind klinisch stabil, die Tumore wachsen nicht mehr weiter. Die Studien werden fortgesetzt.
(Quelle: Universitätsmedizin Mainz, TRON Translationale Onkologie an der Universitätsmedizin Mainz)

 

Hypnotherapie in der Onkologie

Dr. Irina Berthold, Dipl. Psychologin, Sokrates Gesundheitszentrum Bodensee Güttingen/Schweiz

Dieser Artikel befasst sich im Allgemeinen mit den Vorzügen der Hypnotherapie, insbesondere in der Onkologie (nach Milton Erickson). Es soll deutlich werden, wie genau die ressourcenorientierte Hypnotherapie die Patienten dabei unterstützt, Ruhe, Gelassenheit und inneren Frieden in herausfordernden Situationen zu finden und zu bewahren und wie sie ihnen hilft, gestärkt aus der Krise der Erkrankung heraus zu kommen.

Hypnose stärkt, entspannt, kräftigt, macht Mut, gibt Sicherheit und festigt das Vertrauen ins Leben und in die eigenen Selbstheilungskräfte.

Was ist Hypnose?

Hypnose ist das Verfahren zum Erreichen eines Trancezustandes. Der Trancezustand ist etwas Natürliches. Tagtäglich begegnen uns einige alltägliche Trancezustände. Das fokussierte Lesen eines guten Buches, das alles drumherum vergessen lässt oder die monotonen Eindrücke während der Fahrt auf einer Autobahn, die uns die Ausfahrt verpassen lässt. Solche Zustände kennt jeder aus seinem Alltag.

Man unterscheidet zwischen der klinischen Hypnose, die im Rahmen der Medizin angewendet wird und der Hypnotherapie, die als Spezialverfahren der Psychotherapie gilt. Beide sind auf der Basis internationaler Forschung wissenschaftlich anerkannt und ermöglichen eine leichte, spielerische Kommunikation mit dem Unbewussten. Das stellt einen deutlichen Vorteil gegenüber konventionellen Therapien dar.

Trance als Zustand

Trance ist ein vorübergehend veränderter Bewusstseinszustand, der durch eine intensive Konzentration auf etwas Bestimmtes und eine tiefe Entspannung gekennzeichnet ist. In Trance lässt die Aktivität des logisch-analytischen Denkens nach, wobei die bewusste Kontrolle erhalten bleibt. Es ist ein Gefühl des Wegträumens, ähnlich dem Stadium zwischen Wachsein und Schlaf.

Der Verstand schaltet an der Oberfläche schrittweise ab. Dies macht eine Kommunikation mit dem Unbewussten, die Aktivierung von Ressourcen und die Transformation alter Muster möglich. Der Geist bleibt wach, aber er verabschiedet sich von dem Wunsch, die Kontrolle über die seelischen Vorgänge zu behalten. Das Bewusste wagt das Abtauchen in tiefere Schichten, dort wo Bilder beginnen zu wirken und Veränderungen in Gang gesetzt werden. Je nach Bereitschaft des Patienten dies zuzulassen, öffnen sich Räume in der Tiefe, der Zugriff auf die Ressourcen im Unbewussten wird möglich, wodurch gewünschte Veränderungen erreicht werden können.

Trance öffnet einen Bereich unserer Seele, in dem ganz unerwartete Möglichkeiten der Veränderung liegen. Dieser Bereich des Bewusstseins steht uns im Alltag nicht zur Verfügung, führt ein Eigenleben und reagiert nicht auf die einfachen Befehle des Verstandes. Schliesslich ermöglicht die Trance den Zugang zu dem „kollektiven Unbewussten“ (C.G. Jung). Hier ist der gemeinsame Erinnerungsschatz von Jahrtausenden gespeichert: das Wissen um die Möglichkeit einer Heilung, selbst in aussichtslos erscheinenden Momenten, die Gewissheit, dass nichts unmöglich ist; ein Ort tiefen Vertrauens.

Allgemeine positive Wirkungen von Hypnose

Hypnose wirkt tief entspannend, steigert die Achtsamkeit, sorgt für tiefe Erholung, Blockaden können gelöst und losgelassen werden, das Körpergefühl wird deutlich verbessert. Patienten können durch Hypnose besonders gut Energie tanken, sie spüren ein verbessertes Körpergefühl, die Selbstreflexion und Selbsterkenntnis nimmt zu.

Hypnotherapie nach Erickson

Die Besonderheit der Hypnotherapie nach Milton Erickson liegt in der Fokussierung der Aufmerksamkeit auf Ressourcen und Ziele des Patienten. Fähigkeiten, Stärken und positive Besonderheiten können mithilfe der Hypnose in die aktuellen dunklen Bereiche des Lebens des Patienten transportiert werden und dort Licht bringen, wo noch Schatten ist. Die Ressourcen des Patienten werden individuell herausgearbeitet und verankert.

Eine weitere Eigenschaft dieser Therapieform liegt in der Herangehensweise des Therapeuten, der über Originalität, Intuition und eine besonders klare Sprache verfügt. Der Therapeut passt die Sprachformulierungen an das individuelle Weltbild des Klienten an, und erreicht dadurch das Unterbewusste des Patienten auch ohne typische hypnotische Trance. Bilder, Metaphern und Symbole werden angewendet, um durch die Arbeit des Unbewussten leicht Veränderungen anzuregen. Das Zusammenspiel zwischen gekonnter Sprache, Intuition, profunder Menschenkenntnis, Originalität und die Nutzung von Ressourcen des Klienten, um Ziele zu erreichen, sind einige der Besonderheit der Hypnotherapie nach Erickson.

Besonderheiten der Trance-Sprache in der Onkologie

Für onkologische Patienten ist eine präzise Formulierung der Sprache während der Trance besonders wichtig. Onkologische Patienten sind extrem suggestibel. Ungünstige Textformulierungen mit negativ besetzten Worten können in seltensten Fällen Trauma reaktivieren. Das Augenmerk in der Sprachformulierung wird konsequent auf die Ziele gelegt. Eine Trance ist vor allem wirksam, wenn viele Pausen und viel Zeit eingebettet wird, damit das Gesagte erlebt und das suggerierte gute Gefühl intensiviert wird. Ruhe ist hier insbesondere wichtig, damit sich autonome innere Prozesse entfalten können. Das aktuelle Erleben wird durch die Wahl der Präsens-Form unterstützt. Alles geschieht im Hier und Jetzt.

Durch die Sprache wird der Patient geleitet, alles zu erleben, mitten im Geschehen zu sein. Klare, einfache Sätze, die das Wesentliche, Wichtige im ruhigen, melodiösen Sprachfluss sagen, werden als angenehm empfunden und vertiefen das Erleben. Das Auslassen von Worten wie Problem, Konflikt, Krankheit und das Ersetzen durch Worte wie Aufgabe, Herausforderung, Thema ist hier von besonderer Bedeutung. (Kaiser –Rekkas A., 1998)

Therapie in Trance

Die Therapie in Trance ist wie eine Reise in kompetenter Begleitung mit einem Reise-Führer, der sich in den Landschaften der Seele auskennt und dabei helfen kann, den richtigen Weg zu finden.

Sie hilft Menschen auf dem Weg zu ihrem eigenen Zentrum, in dem die vergessenen Kräfte der Seele liegen. Unter anderem hilft sie auch, alte Vorstellungen, die sich in den verborgenen Räumen des Unbewussten verstecken, aufzudecken, zu beeinflussen und diese für die Gestaltung des Alltags zu nutzen. Eine Trance in guter Begleitung führt dazu, dass die Patienten sich sicher und angenommen, verstanden und begleitet fühlen. Für die Dauer der Trance schalten die Patienten alles äußere ab und sinken in ein wohliges und behagliches Gefühl.

Ungestört erinnern Patienten sich in Trance an positive innere Bilder, entwickeln neue Ideen, beginnen sich besser zu fühlen. Sie halten das Problem für lösbar, finden Antworten auf Fragen und kommen aus der Trance mit einem starken gesunden Gefühl und guten Suggestionen. Mit freudiger Zuversicht, neuer Hoffnung und innerer Stärke treten die Patienten in etwas Neues ein.

Ausgestattet mit dem sicheren Ort gegen traumatische Erlebnisse, mit dem Ressourcentank für schwere Zeiten, mit der Schutzhülle für Abgrenzung und dem Ruheort für die Genesung, fühlen sich die Patienten erleichtert und zuversichtlich. Sie erleben das Symptom stark reduziert, freuen sich auf gute Träume und positive Botschaften und natürlich auf die nächste Hypnose.

Wirksamkeit der Hypnotherapie in der Onkologie

Allgemeine und spezifische Wirkungen im onkologischen Bereich hat die Begleitung durch die Trance ihre besonderen Vorzüge: sie sorgt für Beruhigung und Zentrierung, für Stressentlastung und Erholung, für mentale Stärke, innere Klarheit und Zuversicht.

Die Trance unterstützt darüber hinaus die Reduktion von Nebenwirkungen medizinischer Interventionen und kräftigt das Immunsystem. Sie aktiviert Ressourcen für den Umgang mit Eingriffen und langen Behandlungen, stärkt den Lebensmut, bewirkt eine innere Gelöstheit und Widerstandsfähigkeit und erhöht eine gesunde Selbstwirksamkeit.

Die Hypnose wirkt sich zum einen angenehm auf die Betroffenen aus, zum anderen hat sie eine starke therapeutische Wirkung. Die Fokussierung auf die Ziele und auf die Ressourcen und das Vermeiden von beladenen Worten soll Patienten helfen, sich für das Empfangen vom Guten zu öffnen. Suggestionen wie „Sie leben sich gesund“, „Tiefe Ruhe und Zuversicht nehmen überhand“, „Alles dient Ihrer Genesung“, „Das Vertrauen in Ihre Kräfte und in die Weisheit des Körpers werden größer und größer“, „Tumorzellen lösen sich auf“, „Gesunde Zellen sind in der Mehrzahl“, „Sie können vielleicht die Nebenwirkungen überschlafen“, „es wird alles veranlasst, was gut für Sie ist“- werden einbezogen. (Kaiser – Rekkas, A., 2001)

Spezielle Hypnotherapieansätze in der Krebstherapie

Ganz speziell wird Hypnotherapie bei Tumor Fatigue, zur Schmerz- und Angstreduktion, zur präoperativen Vorbereitung und Stärkung des Immunsystems eingesetzt.

Die Tumorfatique tritt bei etwa 78-96% aller onkologischen Patienten während der Tumorbehandlung auf und ist für sie stark belastend. Nur noch der Schmerz wird als noch unangenehmer empfunden. Bei Patienten mit Tumor Fatique wird Hypnotherapie tief entspannend und regenerierend, beruhigend und kraftschöpfend empfunden. (Boltz K., 2014). Patienten mit Tumor Fatique profitieren von der wohltuenden Wirkung der Hypnose, lassen die Müdigkeit mehr zu, können Kraft tanken und werden zuversichtlicher im Hinblick auf die Genesung.

Die Wirksamkeit der Hypnose zu Schmerzreduktion bzw. Schmerzausschaltung ist in verschiedenen Studien mehrfach belegt (Jakobs S, 2004, Eimer M., 2009). Bei chronischen Schmerzen lässt sich durch Hypnose ein empfindliches Schmerzgedächtnis desensibilisieren, wodurch sie den Bedarf an Medikamenten deutlich herabsetzt (Jakobs S., 2004). In einer Studie konnte gezeigt werden, dass Schmerzpatienten durch den zusätzlichen Einsatz von Selbsthypnose auf bis zu 76% ihrer Medikamente verzichten konnten. Sowohl bei akuten als auch bei chronischen Schmerzen muss zuerst eine schulmedizinische Untersuchung erfolgen, um organische Ursachen zu klären.

Hypnose kann auch prä- und postoperativ bei Krebspatienten mit Erfolg eingesetzt werden. Linderung der akuten Schmerzen bis hin zur Schmerzfreiheit, Beschleunigung der Wundheilung bzw. der Regeneration des Körpers können mit Hypnose erreicht werden. Im Trancezustand wird durch gezielte Techniken die Schmerzleitung gehindert und die Schmerzempfindung verändert. Das Erlernen der Selbsthypnose (siehe S. 45) hilft dem Patienten, vor einer Operation die Kontrolle zu behalten ohne sich dem Geschehen ausgeliefert zu fühlen.

Hypnose unterstützt das Immunsystem. In zahlreichen Studien konnte nachgewiesen werden, dass durch Hypnose die Anzahl der „natürlichen Killerzellen“ erhöht werden kann und auch T-Zellen vermehrt im Körper gebildet werden. Das immunologische Gleichgewicht wird unterstützt.

Selbsthypnose – eine einfache Methode zur Steigerung der Selbstwirksamkeit und zur Steigerung der aktiven Mitarbeit

Es ist besonders wichtig, onkologischen Patienten zu helfen, so schnell wie möglich die passive Patientenrolle zu verlassen. Aus der Hoffnungs- und Hilflosigkeit herauszukommen und zu lernen, Verantwortung zu übernehmen, sind wichtige Schritte in der Gestaltung der Therapie (Alman, B., 1996). Dazu eignet sich besonders die Anwendung der Selbsthypnose. Die Patienten lernen dadurch, ihr Befinden selber günstig zu beeinflussen, wodurch depressive Symptome reduziert werden können. Die Patienten sollen täglich Selbsthypnose praktizieren. Laut Bongartz unterstützt eine hypnotische Tiefenentspannung alle physiologischen Vorgänge, die die Abwehrkräfte stärken und somit das Immunsystem stabilisieren. (Bongartz W, 1990)

Kann der Patient sich nicht konzentrieren, kann man die Selbsthypnose durch Augenfixation einleiten. Wichtig beim Ausüben der Selbsthypnose sind Ruhe, Stille und tiefe Entspannung. Ruhebilder sind zur Gestaltung der Selbsthypnose besonders wichtig. Mehr und mehr können gezielte therapeutische Imaginationen in die Selbsthypnose integriert werden. Mit zunehmender Sicherheit des Patienten bei der Ausführung der Selbsthypnose können zusätzliche Elemente hinzugefügt werden. Diese zielen darauf ab, körperliche und seelische Vorgänge positiv zu beeinflussen. Der Patient kann mit der Übung schneller und tiefer entspannen sowie seine vegetativen Reaktionen und sein Schmerzgeschehen beeinflussen, seine Beschwerden lindern und seine Selbstkontrolle erhöhen.

Beispiel für eine Anleitung für Selbsthypnose (2 x täglich für 10-15 Minuten zu festgelegten Zeiten)

  • Optische Konzentration auf einen Punkt, der sich oberhalb der Nasenwurzel befindet (Augenfixation). Der Patient fixiert den Punkt, mit dem nächsten Ausatmen schliesst er die Augen und sinkt dabei in die Entspannung und lässt los. Beim Einatmen öffnet er wieder die Augen und fixiert den Punkt. Mit dem nächsten Ausatmen schliesst er die Augen und sinkt in eine doppelt so tiefe Entspannung wie zuvor. Schliesslich öffnet er wieder die Augen und fixiert dabei den Punkt. Beim nächsten Ausatmen geht er zehnmal so tief in Entspannung wie zuvor und lässt die Augen geschlossen Fokussierung auf die Atmung (Wahrnehmen des Atemrhythmus ohne ihn verändern zu wollen).
  • Im Stillen langsam von 1 bis 10 zählen und mit jeder Zahl mehr und mehr loslassen. Folgende Begleitsuggestionen sind möglich: „Mit jeder Zahl kann ich mehr und mehr loslassen und entspannen“
  • Einen sicheren, ruhigen Ort auffinden, an dem sich der Patient geborgen und wohl fühlt.
  • An diesem Ort richtet sich der Patient ein und nimmt alles wahr, was wahrzunehmen ist (sehen, hören, spüren, fühlen, eventuell riechen und schmecken)
  • „Das gute Gefühl“ (Sicherheit, Geborgenheit, innerer Friede) wird gespeichert durch eine Geste (Zusammendrücken vom Daumen und Zeigefinger oder das Legen einer Hand auf den Bauch)
  • Innerlich eine im Vorfeld formulierte Suggestion („Ich vertrau meinem Körper“, „Es kommt gut“. „Mit jedem Tag wächst meine Zuversicht) aussprechen
  • Ein Bild vom erreichten Ziel visualisieren (wie sieht der Patient aus, wenn er sein Ziel erreicht hat, was macht er, was ist anders, wie fühlt sich das an?)
  • Eine individuelle posthypnotische Suggestion aussprechen (z.B. Von Tag zu Tag wird die Zuversicht immer stärker“, „Ohne mein Zutun wird mein Vertrauen gestärkt“ )
  • Zurückzählen von 10 auf 1 und zwar beim Einatmen die Zahl sagen
  • Abschliessen der Hypnose durch Strecken und Recken und Öffnen der Augen
  • Eventuell wichtige Erlebnisse ins Notizbuch eintragen

Hypnotherapie – Setting

Eine Hypnose-Sitzung dauert in der Regel 90 Minuten, das ist mehr als die üblichen 50 Minuten der klassischen Therapiesitzung (Gesprächstherapie, analytische Psychotherapie, Verhaltenstherapie). Die therapeutische Arbeit mit Hypnose ist kreativ und verlangt Inspiration und eine starke seelische Präsenz vonseiten des Therapeuten. Der ausführliche Austausch vor der eigentlichen Hypnose ist besonders wichtig. Informationsgewinnung, Ressourcensammlung und die Zielformulierung sind bedeutsame Aspekte des Vorgesprächs. Der Patient wird zudem noch vor dem Trancebeginn über die Vorzüge der Hypnose informiert und aufgeklärt. Das gibt ihm Sicherheit und hilft ihm, sich zu öffnen und sich auf die Therapie einzulassen. Auch dieser erste Teil der Sitzung kann hypnotherapeutisch wirken. Vor der Trance bespricht der Therapeut mit dem Patienten seine individuelle Selbsthypnose, die er regelmäßig nach Anleitung zu Hause selbst durchführen soll. Dies stärkt die Selbstkompetenz und Selbstwirksamkeit des Patienten im Alltag. Die Trance selbst kann auf ein Aufnahmegerät aufgenommen und diese für den Patienten auf eine CD gebrannt werden. Diese bekommt der Patient mit nach Hause und hört sie alle zwei Tage bis täglich, um die Therapieerfolge zu intensivieren.

Der Stellenwert der Hypnotherapie in der Onkologie

Es ist besonders wichtig, den Patienten mitzuteilen, dass die Hypnotherapie niemals die medizinische Grundversorgung ersetzt. Sie kann als begleitende unterstützende Maßnahme angewendet werden, die die Wirkung medizinischer Therapie verstärken kann. Es dürfen auf keinen Fall Heilversprechen mit der Hypotherapie gemacht werden. Die Hypnose mit ihren Vorzügen wird meist von Menschen als letzte Hoffnung apostrophiert, wenn andere Methoden nicht mehr weiterhelfen. Aus diesem Grund sollte der Therapeut besonders sorgfältig eruieren, welche Erwartungen des Patienten mit dieser Therapieform genährt werden. Die Information über die Stärken und Grenzen der Hypnotherapie sind Bestandteil des Patientengesprächs.

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hypnotherapie mit ihren Vorzügen sich im onkologischen Bereich als ergänzende Maßnahme effektiv einsetzen lässt. Beruhigung, Zentrierung, Stressentlastung, Erholung, mentale Stärke, Reduktionen von Nebenwirkungen medizinischer Interventionen, Kräftigung des Immunsystems, Schmerz- und Angstreduktion, Schlafverbesserung, Ressourcensammlung für Eingriffe und lange Behandlungen, Stärkung des Lebensmutes und der Ausdauer – das sind einige der vielen positiven Effekte der Hypnotherapie im onkologischen Bereich.

(Literatur bei der Redaktion)

Weitere Informationen:
www.klinik-sokrates.ch

 

AKTUELLES aus der Krebsmedizin

Bewegungstherapie bei Krebs

Aktuelle wissenschaftliche Studien belegen, dass bis zu 15% aller Krebsfälle in Europa durch Bewegung und Sport vermieden werden könnten. Neueste Forschungserkenntnisse zeigen zudem, dass körperliche Aktivität die Lebenserwartung um 3 Jahre steigern kann.

Die Empfehlung der WHO für eine gesunde Lebensweise: ca. 15 min. Sport pro Tag oder 75 min. Sport pro Woche!

Erfahrungen aus der Arbeit der Sporthochschule Köln zeigen, dass integrierte und individuelle Trainingsprogramme bei bereits bestehender Krebserkrankung Begleiterscheinungen wie verminderte Lungenfunktion, Muskelabbau, Abgeschlagenheit oder Schmerzen merklich verringern können. Bewegungsprogramme gehören in allen Behandlungsphasen zur Therapie.

Sie zielen darauf ab, den Gesundheitszustand des Patienten mit Beginn der Therapie zu stabilisieren und zu verbessern, während der Akuttherapie zu erhalten und in der Rehabilitationsphase wiederherzustellen. Bewegungsprogramme leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Behandlungsergebnisse und dienen ganz besonders der Lebensqualität der Patienten.

Es versteht sich, dass die individuelle Symptomatik des Patienten die Ausgangsbasis für die Planung der maßgeschneiderten Bewegungstherapie bildet.

Körperliche Aktivität stärkt den Patienten ganzheitlich auf psychischer, physischer und sozialer Ebene. Bewegungstherapie verbessert die Ausdauer, die Leistungsfähigkeit, die Knochendichte, Beweglichkeit und Koordination, auch die Merkund Gedächtnisleistungen sowie die Schlafqualität. Phasen von gedrückter Stimmung, Ängste werden positiv beeinflusst.

Prinzipiell bieten sich in Abhängigkeit von der Art der Erkrankung sehr viele Bewegungsformen an: Ausdauersport, wie Spazierengehen, Walken, Joggen, Radfahren, Rudern oder Golfen werden empfohlen. Koordinierungs- und Entspannungstraining wie Gymnastik, Tai Chi, Yoga und Pilates sind ebenso wie Krafttraining oder Schwimmen angeraten.
(Quelle: www.dshs-koeln.de)

 

Nahrungsergänzungsmittel und Krebsnachsorge. Passt das zusammen?

Vera Spellerberg, Dipl. Oecotrophologin

Brauchen wir wirklich all die Pillen, Kapseln und Pülverchen? Oder sind sie am Ende gar schädlich? Können solche Supplemente etwas positives bewirken im menschlichen Stoffwechsel, insbesondere eines Krebspatienten? Ein Verwirrspiel moderner Werbeaussagen oder Warnungen seitens der Verbraucherschutzorganisation vor Überdosierungen und anderen schädlichen Nebenwirkungen machen eine gute Entscheidung nicht leicht.

Doch was sagt eigentlich die moderne Nutraceuticalforschung dazu, wie man bei der Wahl des richtigen Produktes die Spreu vom Weizen trennt? Die Aussage: „Man kann die Nutratherapie mit einer nebenwirkungsfreien Chemotherapie vergleichen, die sich das krebshemmende Potenzial bestimmter Wirksubstanzen, insbesondere aus Obst und Gemüse zunutze macht, um nicht diagnostizierbare Tumore (Mikrotumore) zu bekämpfen und der regelmäßige Verzehr von Obst und Gemüse nichts anderes sei, als eine völlig nebenwirkungsfreie, jedoch absolut wirkungsvolle Chemotherapie“, macht klar worum es geht!

Richard Beliveau und David Gingras, zwei Nutraceuticalforscher von Weltruf, definieren damit, was auch in der modernen Produktentwicklung von Nahrungsergänzungsmitteln wichtig ist:

1. Allerhöchste Qualität s. vollausgereifte, schadstofffreie Nährstoffe
2. Synergie der Natur und
3. Wissenschaft mit Goldstandart!

Rückblickend sei dazu erwähnt, dass Extrakte aus Lebensmitteln für Heilungszwecke zu nutzen, um einen Mangel auszugleichen und Krankheitssymptome zu lindern, in der Menschheitsgeschichte schon ziemlich alt ist. In China und Mexico oder im alten Ägypten wurden bereits vor 5000 Jahren Tinkturen, Sude und Konzentrate aus Nahrungsmittelextrakten hergestellt, um Mangelerkrankungen zu heilen. Die Erkenntnis, dass man mit zusätzlichen Gaben dieser Extrakte bestimmte Stoffwechselvorgänge unterstützen oder ausgleichen kann, ist so alt wie die Heilkunde selbst. Eines der ganz bekannten „Heilmittel“ war u.a. der Zitronensaft zur Vorbeugung von Scorbut bei Seefahrern. Der Zitronensaft, in Fässern gelagert, wurde zusätzlich zu den Mahlzeiten eingenommen und war damit im wahrsten Sinne des Wortes eine Nahrungsergänzung. Seeleute damaliger Zeit verdankten diesem Saft oft ihr Leben.

Doch bezüglich der drei Grundregeln (siehe S. 48) moderner Supplemente-Forschung, die auch von solch zentralen Institutionen wie der ANA (American- Nutraceutical-Association) vertreten werden, stellen sich folgende Fragen?

Warum ist vollausgereifte und sehr naturbelassene pflanzliche Nahrung so entscheidend für die Herstellung guter Produkte und was ist mit Synergie der Natur gemeint? Spätestens seitdem die WHO 1992 den Aufruf an die Welt startete: „Esst 10 Portionen Obst und Gemüse“, wissen wir, dass diese pflanzlichen Lebensmittel für die Gesunderhaltung der menschlichen Zelle essenziell sind. Obst und Gemüse vor allem, aber auch Ölsaaten, Wurzeln und Kräuter haben eben nicht nur, wie man früher dachte, Vitamine und Mineralien, sondern zigtausende sogenannter Sekundärer Pflanzenstoffe.

Mit der neuen „S-Klasse“, wie sie einst das Polit-Magazin der Spiegel nannte, sind hochwirksame, u.a. krebshemmende Pflanzenstoffe gemeint, die sehr differenziert und erfolgreich in die Prozesse des Zellstoffwechsels eingreifen und damit die Entstehung von Krebszellen hemmen und blockieren!

Sie heißen etwa: Monoterpene, Glucosinulate, Betacarotinoide oder Flavonoide uvm. und sind Pflanzenstoffe, die die Geschmacks-, Geruchs- und Farbstoffe von vollausgereiftem Obst, Gemüse und anderen essbaren Pflanzen bilden. Neben dem, dass genau diese Pflanzenstoffe eine Tomate erst richtig nach Tomate schmecken lassen und einen Apfel so richtig nach Apfel, haben diese eine Reihe positiver biochemischer Eigenschaften auf den Zellstoffwechsel.

Eine Ernährung, die auf eine konstante Zufuhr von Lebensmitteln mit all diesen Schutzstoffen setzt, ist derzeit einer der wirkungsvollsten Strategien, das Immunsystem zu stärken und Tumorwachstum zu hemmen.

Doch bezüglich Nahrungsergänzungen gilt auch hier der Grundsatz: das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile, um mit den Worten des Aristoteles die von modernen Nutraceuticalforschern geforderte Synergie zu beschreiben.

Der Nature, ein besonders renommiertes Fachmagazin, veröffentlichte dazu 2000 eine Studie der Cornell Universität New York, die genau dies eindrücklich verdeutlichte: denn in dieser Studie hatten 100 g Apfel mit nur 5,7 mg Vitamin C, eine antioxidative Kapazität vergleichbar mit 1500 mg isoliertem Vitamin C.

Wie das? Die Wissenschaftler erklärten das so: der Apfel mit Schale enthält hunderte Mikronährstoffe die u.a. einen Darmkrebszell hemmenden Effekt aufwiesen und zudem die Wirkung des geringen Vitamin C-Gehaltes um ein vielfaches potenzierten, ohne dabei selber schädliche „Freie Radikale“ zu bilden.

Ebenso überzeugend war die 2004 im INTERNAL MEDICINE veröffentlichte SU.VI.MAX Study, in der bereits 5 natürliche Mikronährstoffe in physiologischen Dosen synergistisch kombiniert wurden. Das Ergebnis konnte sich auch hier sehen lassen: 31%-ige Reduktion des Auftretens von Krebs und 37% Verringerung der Gesamtsterblichkeit. Allerdings belegte diese Studie auch, dass die Wirkung der Mikronährstoffe umso deutlicher zu Tage trat, je schlechter die Probanden mit Mikronährstoffen aus Obst und Gemüse versorgt waren.

Schaut man sich dazu die letzten Ergebnisse der Nationalen Verzehrsstudie von 2012 an, so essen immer noch annähernd 90% der Bevölkerung gerademal die Hälfte an Obst und Gemüse der geforderten 650 g/Tag und genießen somit durch diese Lebensmittelgruppen kaum Zellschutz. Belegt wird dieser schlechte Versorgungszustand auch dadurch, dass über 90% der Bevölkerung eine Unterversorgung mit Folsäure haben (s. Ernährungsbericht der DGE). Auch die Versorgung mit Selen ist ebenfalls seit Jahrzehnten schlecht aufgestellt. Beide Vitamine sind jedoch elementar an der endogenen Zellabwehr und somit an der Tumorhemmung beteiligt. Ohne die katalysierende Funktion von Selen gegenüber der Katalase und der Folsäure für die Glutathionperoxidase kann kein wirksamer, nachhaltiger Schutz der DNA erfolgen!

Schaut man sich die übrigen zentralen Einflüsse für degenerative bis hin zu zellzerstörende Vorgänge an, so sind hier außerdem Entzündungsprozesse zu nennen und auch verschiedene toxische Umwelteinflüsse oder Medikamente, die auf die Zellorganellen einwirken und über die eigene biologische Zellabwehr entsorgt werden müssen. Besonders nachhaltig und effektiv gelingt dies über eine kontinuierliche, stabile Versorgung mit Mikronährstoffen, die durch gute ganzheitliche Supplemente, sei es in flüssiger oder getrockneter Form eingenommen werden können.

Wie wirksam diese synergetische Strategie auch in der Prävention von Prostatakarzinomen wirken kann, belegte eine weitere Studie, veröffentlicht im Deutschen Ärzteblatt 2003; denn da hieß es: Tomaten wirken präventiv! Getrocknetes Tomatenpulver gegenüber isoliertem, natürlichen Pulver von hochdosiertem Lycopin: Auch hier zeigte sich ganz eindeutig, dass die Summe der Mikronährstoffe aus ganzen, getrockneten Tomaten effektiver wirken als isoliertes, hochdosiertes Lycopin. Isolierte Mikronährstoffe sind nicht nur deutlich weniger effektiv als natürliche Gemische, sie können außerdem deutlich schädlich sein, wie einige sehr bekannte Studien zeigten. So die ATBC-Study: die über 8 Jahre hochdosiertes künstliches Beta-Carotin an 29.133 Raucher verabreichte mit der Folge, dass der Anstieg der Bronchialkarzinome signifikant anstieg. Ebenso in der CARET-Study durchgeführt 1996. In beiden Studien zeigte sich, wie risikoreich isolierte, hochdosierte Mengen an Beta-Carotin (30 mg) und Alpha-Tocopherol (50 mg) sein können.

Aufgrund dieser Studien wird eine Supplementation auch heute noch insgesamt als äußerst risikoreich und leider auch als überflüssig und schädlich eingestuft. Dabei kamen in all diesen Studien einzelne, isolierte Vitamine in absolut unphysiologischen Dosen zum Einsatz. In Mengen also, wie man sie über die Nahrung niemals aufnehmen könnte. Diese Vorgehensweise zeigte, dass man die Wirkung von Nährstoffen mit denen eines Medikaments verwechselt hatte.

Der Schwerpunkt synergistisch wirkender Nährstoffgruppen liegt aber zuallererst auf der Prävention und auf der immunologischen Versorgung und nicht zuerst in der Therapie von Erkrankungen. Eine gute, nachhaltige Versorgung des gesamten Stoffwechsels ohne Gefahr einer schädlichen Überdosierung erreicht man mit Produkten aus schonend versaftetem, vollausgereiftem Obst und Gemüse mit Pulpe, zudem milchsauer vergoren, oder getrocknet und verkapselt.

Entscheidend ist außerdem eine breitbandige Darreichung der Inhaltsstoffe, einschließlich Sekundärer Pflanzenstoffe und somit Low Dosis-Konzentrationen in den Einzelsubstanzen und High Dosis-Konzentrationen in der Vielfalt der Nährstoffe, um schädliche Überdosierungen zu vermeiden.

Ganz wichtig: in Rohkostqualität hergestellt! Somit ist das Produkt voll enzymatisch aktiv da bei allen Herstellungsverfahren niemals über 40 Grad erhitzt! Denn nur dann ist die Bioverfügbarkeit der Nährstoffgruppen in den Zellstoffwechsel gegeben. Nicht zuletzt sollten solide Supplemente über Wirksamkeits-Studien mit Goldstandart verfügen: Durchgeführt mit randomisierten Kontrollgruppen, doppelblind und placebokontrolliert und auch nicht zuletzt, in guten Fachjournals veröffentlicht.

Eigentlich sind die Zusammenhänge ja auch sehr klar! Jeder kann dies ganz einfach an sich selbst testen, mit einer Saftkur aus frisch gepresstem Obst und Gemüse, beispielsweise über die Herbst- und Wintermonate durchgeführt. Mindestens eine Reduktion von Erkältungskrankheiten sind dabei zu erwarten, wahrscheinlich außerdem eine Zunahme der Gesamtvitalität, verbesserte Wundheilung, verbesserter Schlaf und vieles mehr. Rundum Wohlbefinden eben. Alles für Krebspatienten in der Nachsorge überaus wünschenswert!

Weitere Informationen: veraspellerberg@web.de

 

„Die Gesundheit zu erhalten: Nicht bis zur Sättigung essen, sich vor Anstrengung nicht scheuen!“ (Hippokrates von Kos)

 

AKTUELLES aus der Krebsmedizin

ALOE vera

Empfehlungen zur Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen

Die Aloe vera ist eine vielseitige Heilpflanze, die in Wüstengegenden heimisch ist. Durch ihre dicken, fleischigen Blätter erinnert die Aloe ein wenig an Kakteen, aber sie ist eine Lilienart, eng verwandt mit dem Affodil. In ihrer arabischen Heimat ist die Aloe schon seit über 6.000 Jahren als Heilpflanze bekannt.

Heute findet Aloe vera in vielen Medizinkulturen heilkundliche Anwendung. Aloe vera ist in frei verkäuflichen Produkten erhältlich und wird in medizinischen Fachkreisen wie Ärzten, Krankenpflegekräften, Naturheilkundlern und Ernährungsfachleuten verwendet.

In der Onkologie wird das Gel der Aloe vera bei strahlentherapieinduzierten Hautirritationen eingesetzt. Es gibt Untersuchungen zu oral eingenommenem Aloe vera-Saft. Die Erfahrungen aus Studien sind jedoch noch nicht weit genug fortgeschritten, um eine wissenschaftlich verbindliche Aussage über die Wirksamkeit treffen zu können.

Einige Daten aus Klinischen Studien

Aloe vera-Gel wurde in einer Studie bei 57 Patienten mit Kopf-/ Halstumoren, die eine Bestrahlung erhielten, untersucht. Die Testgruppe erhielt neben der Standardbehandlung täglich topisches Aloe vera-Gel bis einen Monat nach Beendigung der Bestrahlung.

Die Kontrollgruppe bekam nur die Standardbehandlung. Die Ergebnisse zeigten ein signifikant verzögertes Einsetzen der Hautreaktion und einen niedrigen Prozentsatz von Patienten mit schweren strahlentherapieinduzierten Hautreaktionen in der Testgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe. Einen Monat nach Ende der Bestrahlung gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich strahlentherapieinduzierter Hautreaktionen.

Während eines späteren Bestrahlungszyklus (nach 6/7 Wochen) war ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen im Hinblick auf die Schmerzscores zu beobachten. Es gab jedoch keinen signifikanten Unterschied in den beiden Gruppen hinsichtlich des Auftretens von Komplikationen in Verbindung mit strahlentherapieinduzierten Hautreaktionen.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Aloe vera-Gel für die Verzögerung des Auftretens und die Reduktion der Schwere von strahlentherapieinduzierten Hautreaktionen während des Bestrahlungszyklus wirksam ist.

Warnung

Auf der Grundlage von Laborversuchen besteht der Verdacht, dass die orale Anwendung von Aloe vera die Entstehung eines Kolonkarzinoms fördern und dass die topische Anwendung die Induktion von Hautkrebs durch ultraviolettes Licht verstärken könnte.
(Quelle: onkopedia leitlinien, naturheilkundliche Literatur)

 

Mit Pferdestärken gegen Krebs

notiert von D.S.

Als ich meine Freundin Brigitte besuchen wollte, um ihre Krebsgeschichte zu hören um darüber zu schreiben, sah sie so müde aus, dass wir das Gespräch über ihre Krankheit verschoben haben. Der Grund war allerdings nicht gesundheitlicher Art. Sie hatte die Nacht bei ihrer Araberstute verbracht und auf die Geburt eines Fohlens gewartet. Natürlich hat die Stute das vorbildlich und allein geschafft. Aber so ist Brigitte. Was ihre Pferde betrifft, überlässt sie nichts Anderen. Brigitte ist eine Powerfrau. Ich kenne niemanden, der mehr von und über Pferde weiß, als sie. Und ich kenne niemanden, der so reiten konnte wie Brigitte. Heute ist sie die perfekte Kutschenlenkerin, aber dazu später mehr.

Beim zweiten Anlauf kamen wir dann zu ihrer Krebsgeschichte. Vorweg: Brigitte lebt mit ihrer Krebserkrankung seit beinahe 40 Jahren. Als wir in einem gemeinsamen Urlaub waren, zeigten sich die ersten Anzeichen; Blutungen – mehr als die normale Regel – wollten nicht aufhören. Untersuchungen im damals schon renommierten Klinikum Berlin-Buch zeigten ein Zervixkarzinom. Damals war Brigitte 35 Jahre. Die OP (total) wurde transvaginal durchgeführt. Es folgten Bestrahlungen, wie man sie sich heute nicht mehr vorstellen mag. Dreimal wöchentlich, insgesamt 30 mal wurde ihr Bauch bestrahlt. Die Bauchdecke war so verbrannt, Haut – wie ich es niemals zuvor gesehen hatte.

Der Operateur lobte diese damals offenbar neue Methode mit den Lobpreisungen, dass selbst Tänzerinnen nach dieser Methode operiert, anschließend wieder tanzen konnten. Und Reiterinnen? Auch Reiterinnen meinte der Arzt. Wenn wir Reiter damals Brigitte in der Klinik besuchten, mussten wir dem Lachen nachgehen. In ihrem Krankenzimmer war trotz kräfteraubender Therapie viel Heiterkeit und Optimismus. Brigitte bekam so viel Besuch und mitgebrachte Geschenke, dass sie diese abends nach der Besuchszeit an einem Seil aus dem Fenster zu ihren Kindern herunterließ; soviel konnte ja keiner essen.

Aber zurück zur Operation: Während dieses Eingriffs wurde der Harnleiter verletzt und lt. Arztauskunft dann auch wieder „repariert“. Nach relativ kurzer Zeit nach ihrem Krankenhausaufenthalt hatte Brigitte ein neues Projekt in Angriff genommen. Sie erwarb ein Bauernhaus und richtete ihren vormals zentral gelegenen Stall auf ihrem neuen Reiterhof ein. Ihre Kraft, ihr Mut und ihr Wille durch die Tiefen der Krankheit und aller Therapien zu gehen, waren – und sind – noch immer erstaunlich.

Neben dem Reitbetrieb unterhält meine Freundin bis heute eine Araberzucht. Diese schönen, temperamentvollen Pferde werden noch immer in ganz Deutschland verkauft. Inzwischen hatte Brigitte die fünf Jahre nach der 1. Krebs-OP überstanden. Erst 1984, zehn Jahre nach der 1. Operation und Therapie, war der Krebs nach einem Röntgenbefund wieder da. Die Diagnose Bronchialkarzinom, rechter UL; (Resektion, RTX). Durch eine vor der OP erfolgte Gewebeentnahme (die Ärzte waren sich sehr uneinig in der Methode) hatten sich im Brustbereich Knoten gebildet: Metastasen! Die nächste OP war 3 Monate später angesagt – der behandelnde Arzt war nicht überrascht! Im Januar 1985 dann die OP mit der Gefahr, evtl. während der OP eine Brust entfernen zu müssen – zum Glück war die Brust aber nach der Operation noch da. Wieder Bestrahlungen, 10x dieses Mal. Danach ging es wieder aufwärts.

Zwischen all diesen Krebserlebnissen lief Brigittes Reiterhof weiter auf vollen Touren. Sie hatte es auch vom Krankenbett aus im Griff. Im gleichen Jahr erhielt Brigitte dann die Rente für Erwerbsunfähigkeit – sie sollte nur noch 4 Stunden täglich arbeiten. Und das mit ihren Pferden; inzwischen waren 10-12 Tiere auf dem Hof. Undenkbar!

Auch nicht durchführbar für Brigitte. Sie trotzte allen schlechten Nachrichten und lachte sich weiter durch ihr Powerleben.

2014 meldete sich der Krebs wieder. Brigitte hatte stark abgenommen, litt unter Übelkeit und Antriebslosigkeit. Es war eine andere Person, die uns da begegnete. Die Diagnose: Geschwulst an der Niere – OP; kein Krebs aber chronischer Harnweginfekt, chronische Niereninsuffizienz, intraparenchymale und parapelvine Zysten, Leberzysten und und und … Dazu kam ein idiopathischer Tremor. Die einmal so starke Freundin leidet unter all diesen Einschränkungen und dennoch: sie lebt ihr Leben mit viel Optimismus und Zuversicht, dass man sie nur bewundern kann.

Brigitte ist eine der besten Kutschenlenkerinnen in Deutschland. Seit sie nicht mehr reitet, ist das ihre Passion. Und sie hat prachtvolle Kutschen für ihre wunderschönen Pferde. Als unser Gespräch stattfand, war sie gerade dabei, sich auf den „4. Concours d´Elégance“ zum Weingut Schloss Proschwitz zu Prinz und Prinzessin zur Lippe zu begeben, die sie wieder einmal eingeladen hatten. Und sie zeigte mir auch Post von Käufern ihrer Araberpferde, die erfolgreich in Turnieren brillieren, stolz wie eine Mutter auf ihre Kinder.

Diese Krankheitserfahrungen sind für die Autorin von so besonderer Art, weil hier eine Betroffene mit soviel Mut und Kraft immer wieder gegen den Krebs und seine Spätfolgen kämpft. Ich wünsche Brigitte auch weiterhin, dass sie Siegerin bleibt.

 

„Durch Fehler und Irrtümer vervollkommnet sich der Mensch. Durch Leid aber lernt er, dass alle Wege, die in Dunkelheit beginnen, zum Lichte führen müssen.“ (Hippokrates von Kos)

 

In eigener Sache: DANKE!

Unsere Ausgabe Nr. 21 hat dem Team im Versand etwas Sorgen gemacht. Wir haben deshalb einem Teil unserer Leserinnen und Leser den folgenden Brief geschrieben:

„…ein Fehler bei unserem Dienstleister hat Sie und uns verärgert. Einige der Sendungen an unsere geschätzten Leserinnen und Leser wurden falsch adressiert, die Briefe mit Titeln versehen, die sie nicht haben oder ohne diese Titel angeschrieben. Bei einigen Empfängern wurde das humorvoll aufgenommen, bei einigen mit Ärger. Das tut uns sehr leid und wir entschuldigen uns bei Ihnen. Ganz pragmatisch betrachtet, werden dort, wo viel gearbeitet wird, auch Fehler gemacht. Wir werden Sie, wenn Sie uns diese Aktion nachsehen, auch weiterhin mit unserer Zeitschrift beliefern. Gern möchten wir mit Ihnen gemeinsam den Ärger vergessen. Wir freuen uns, wenn Sie uns als Leserin und Leser weiter treu bleiben und danken Ihnen für Ihr Interesse und Ihr Vertrauen.“

Und so haben Sie reagiert:

Werter Herr Doktor, wertes Team! Ich danke Ihnen für die Benachrichtigung – wenn ich auch persönlich diese „Sorgen“ nicht verstehen kann, die offensichtlich Menschen heute haben können! Welch Aufwand und Mühe ihrerseits – Kraft, die Sie alle sicherlich besser zum Wohle vieler nutzen könnten – immer wieder, voll Engagement, und noch dazu für uns Leser gratis!! So danke ich nochmals, wünsche weiterhin viel Kraft und Energie für weitere so interessante und wichtige Forschungsbeiträge. (L.W-H. aus Kilb/ Austria)

Sehr geehrte Damen und Herren, auch ich habe die falsch adressierte Zusendung als sehr humorvoll betrachtet und möchte Ihnen mitteilen, dass ich keineswegs darüber verärgert bin. Ganz im Gegenteil, unser Leben ist nicht fehlerfrei und das ist auch gut so. Vielleicht müssen wir auch einfach wieder dahin zurückkommen nicht alles so ernst zu nehmen und unser „kurzes“ Leben humorvoller, aber auch dankbarer zu betrachten. Ich möchte mich bei Ihnen für Ihre wertvolle Arbeit sehr herzlich bedanken (I.F. aus Donau-Ries)

Das Redaktionsteam sagt DANKE!

 

Sie nannten ihn Käpt´n

notiert von Dagmar Moldenhauer

Otto Niemeyer-Holstein gehört zu den Großen und Unsterblichen der bildenden Kunst. Als ich ihn kennenlernen durfte, lebte er seit langem in Lüttenort auf der Insel Usedom; genau zwischen Kölpinsee und Koserow. Das ist die schmalste Stelle der Sonneninsel, zwischen dem Meer und dem Peenestrom. Noch heute liegt sein alter Kahn, mit dem der Käpt´n gern mit Freunden segelte, auf dem Anwesen. Der Maler war ein charmanter Plauderer, er mochte die Frauen, liebte das Leben und lebte es auf seine ganz besondere Weise. Mit unendlicher Traurigkeit haben wir 1984 von seinem Tod erfahren. Aber wir sind uns einig: Eigentlich ist er gar nicht gestorben, er lebt in seinen Bildern und seinem Lüttenort weiter!

Aber ein wenig mehr Informationen zu diesem besonderen Maler sollen sein, um meine Verehrung und Begeisterung zu diesem Künstler an diesem besonderen Ort zu verstehen.

Die Literatur schreibt über ihn: Niemeyer-Holstein (1896-1984) gehörte zu einer Gruppe von Künstlern, die sich zu Beginn der 30er Jahre eher zufällig und unabhängig voneinander auf der Insel Usedom niederließen. Otto Manigk, Herbert Wegehaupt und Karen Schacht waren mit Niemeyer-Holstein diejenigen, die die spätere „Usedomer Malerschule“ bildeten. Ihre Werke, die sich vor allem mit der Landschaft Usedoms auseinandersetzen, kann man weder dem Spätimpressionismus noch dem Nachexpressionismus zurechnen.

Ihre Kunst ist keinem Stil, sondern einer künstlerischen Grundhaltung verbunden, dem Expressiven Realismus: Für die Künstler dieser Generation war der Wunsch entscheidend, das Elementare und Wesentliche der von ihnen erfahrenen Wirklichkeit in ihren Bildern sichtbar zu machen. Die Subjektivität des Erlebens wurde von ihnen als Voraussetzung für die Annäherung an ein allgemeingültiges Wesen der Realität begriffen. Mit dieser existentiellen Anforderung an Kunst wird verständlich, dass die Vertreter des Expressiven Realismus ihre Malerei nicht an bestimmte Stile, Programme oder Ideologien gebunden sahen.

„Als eine Sonderleistung der Niemeyerschen Malerei erweist sich jenseits jeder Heimattümelei die Darstellung der Ostseeküste. In diesen Bildern hat der Maler sein Bestes gegeben. Sie zeigen Niemeyer-Holstein auf der Höhe seines Könnens. Natureindruck ist in solchen Bildern, die wie eine Hohe Schule der Malerei anmuten, vollkommen umgesetzt in Kunst. Das Motiv ist in der Sprache der Farben vergeistigt. Obgleich die Naturbeobachtung sichtbar bleibt, verliert das Objekt seine gegenständliche Direktheit zugunsten einer Aussage, in der eine feingeistige Interpretation dominiert. Diese Malerei, inspiriert von der Grenzwelt zwischen Land und Meer, weist zuvörderst auf sich selbst und erst dann auf den Gegenstand, den sie darstellt.“ (Prof. Dr. Lothar Lang, 2002)

Besucht man heute in Lüttenort die Gedenkstätte, dann atmet dieses Anwesen mit seinem TABU (ehem. Atelier), der Galerie und dem Garten ein Empfinden von Kunst und Kultur, die alles, was einen gerade stresst, negativ belegt oder ärgert, vergessen lässt und sich einfach auflöst. Die so besondere Anlage des Gartens überrascht durch Begegnungen mit Skulpturen von Bildhauer-Zeitgenossen, Rosen und Mohnblumen, alten Bohlen über kleinen Teichen, besonderen Steinen, mit Bienen, Hummeln und Libellen. Und Stille breitet sich aus – um uns herum und in uns.

Sollten Sie einmal auf Usedom sein, bitte besuchen Sie diesen besonderen Ort. Es wird Ihnen gut tun. Wechselnde Ausstellungen sind das ganze Jahr über in der Galerie zu sehen. Oft in gekonnter Symbiose mit Gegenwartskünsterinnen und -künstlern, oft mit seltenen Leihgaben, die man bisher wenig gesehen hat.

 

AKTUELLES aus der Krebsmedizin

MEDULLOBLASTOM

Weniger Langzeitschäden durch Protonentherapie

Das Medulloblastom ist ein bösartiger Gehirntumor, der typischerweise im Kindesalter zwischen 5-7 Jahren im Bereich des Hinterkopfes entsteht und bei rechtzeitigem Entdecken gute Heilungschancen hat.

Die Behandlung umfasst die chirurgische Entfernung des Tumors, Chemo- und Strahlentherapie. Photonenbestrahlung ist hierbei die gängige Methode der Strahlentherapie. Jüngst rückt die Protonentherapie vermehrt ins Interesse der Mediziner und wurde auf Wirksamkeit und Langzeitschäden untersucht.

Die Wirksamkeit der Protonentherapie ist mit der Photonenbestrahlung gleichzusetzen. Bei beiden liegen das so genannte progressionsfreie Überleben (Zeitspanne vom Beginn der Behandlung bis zum Fortschreiten der Krankheit) bei 80% nach 5 Jahren und das Gesamtüberleben bei 83% nach 5 Jahren.

Laut Prof. Dr. med. Herfarth, ärztlicher Direktor „Radioonkologie und Strahlentherapie“ der Universitätsklinik Heidelberg, lasse sich die Dosis der Bestrahlung in vielen Risikoorganen reduzieren und insgesamt würde weniger normales Gewebe bestrahlt werden als vergleichsweise mit der Photonenbestrahlung.

Nach aktuellem Erkenntnisstand entstehen durch die Protonenbestrahlung keine Langzeitschäden an Herz, Lunge oder Magen-Darm-Trakt, sodass vermutet wird, dass die Langzeitfolgen der Strahlentherapie geringer ausfallen. „Um fundiertes Wissen in diesem Bereich zu sichern, bedarf es aber noch längerer Nachbeobachtungszeit“, so Prof. Dr. med. Herfarth.
(Quelle: YockTI, Yeap BY, Ebb DH, et al Lancet Oncology 2016; Fukunaga-Johnson N, Lee JH, et al.)

KONGRESSVORSCHAU:

68. Urologen-Kongress mit viel Prominenz aus dem Gesundheitswesen

28. September bis 01. Oktober 2016, Leipzig

Zur weltweit drittgrößten urologischen Fachtagung unter der Leitung von DGU-Präsident Prof. Dr. Kurt Miller werden rund 7000 internationale Teilnehmer sowie hochrangige Akteure aus dem deutschen Gesundheitswesen erwartet.

„Die Medizin braucht dringend Wege aus dem Dilemma zwischen Ökonomie und Qualität, und deshalb freue ich mich sehr, dass wir sowohl den Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Prof. Josef Hecken als auch den Leiter des Instituts für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), Dr. Christof Veit, und Franz Knieps, Vorstand BKK Dachverband e.V., zu einer Round-Table-Diskussion im Eröffnungsforum in Leipzig begrüßen können“, sagt DGU-Präsident Prof. Miller, Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik Charité, Universitätsmedizin Berlin. Zahlreiche Veranstaltungen im Kontext des Kongressmottos vertiefen die Debatte. Dabei geht es um Versorgungsforschung, Evidenz, Ökonomie und Forschung, um Mindestmengen, Zentren, Risikomanagement und Fehlerkultur.

Erstmals in der Kongressgeschichte erwarten die Teilnehmer in Leipzig die Übertragung einer Live OP aus dem Unversitätsklinikum Leipzig sowie Live-Streams aus den wichtigsten Foren, die an ausgewählten Plätzen im CCL zur Verfügung stehen.

VII. Hyperthermie Symposium Jubiläumskongress: Hyperthermie International

30. September bis 02. Oktober 2016, Berlin

20 Jahre Deutsche Gesellschaft für Hyperthermie e.V.: ein Anlass zum internationalen Austausch von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Technologien aus der Hyperthermie-Forschung unter dem Motto des Kongresses „Hyperthermie International“.

Bei Krebsleiden und chronischen Krankheiten ist die Hyperthermie heute mehr als nur ein Hoffnungsschimmer zur Prognoseverbesserung. Hyperthermie kann Leben retten, verlängern und erheblich verbessern.

Innovationen und neueste Technologien machen es möglich. Randomisierte Studien belegen es. Der Stellenwert dieser Therapie sollte viel höher sein und braucht dringend mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung.

Diesem Ziel dient auch das alljährliche Fachsymposium. Wir danken schon jetzt allen Referenten, Teilnehmern und Ausstellern für ihre Mitwirkung bei diesem fachlichen Austausch.

Wir werden über diese Kongresse berichten.

 


Europäische Akademie für Naturheilverfahren und Umweltmedizin
Partner für einen Dialog zur Integrativen Krebstherapie

Die „Aktuellen Gesundheitsnachrichten“ werden von der Stiftung Günter und Regine Kelm gefördert. Sie können die Zeitschrift kostenlos bestellen oder online unter www.eanu.de lesen. Sind Sie auch an den „NEWS Integrative Krebstherapie“ interessiert?
Sie erscheinen alle zwei Monate online. Bitte richten Sie Ihre Anfragen, Hinweise oder Bestellungen an unsere Kontaktadresse:

Europäische Akademie für Naturheilkunde und Umweltmedizin
Grottkauer Straße 24, 12621 Berlin
Tel. +49(0)30 – 55 15 82 48, Fax: +49(0)30 – 55 15 82 49
E-Mail: info@eanu.de; www.eanu.de
www.facebook.com/EANU.Berlin

In eigener Sache: Wir danken den ehrenamtlichen Helfern, die uns in unserer Arbeit für diese Ausgabe unterstützt haben.

IMPRESSUM: Aktuelle Gesundheitsnachrichten, Heft 22/2016, ISSN (Print) 2199-9791, ISSN (Internet) 2199-9805

HERAUSGEBER: Europäische Akademie für Naturheilverfahren und Umweltmedizin (EANU)
V.i.S.d.P.: Dr. med. Andreas-Hans Wasylewski,
Dr. Wasylewski GmbH, Grottkauer Straße 24, 12621 Berlin, Tel. +49(0)30-55158248

REDAKTIONSTEAM: Dagmar Moldenhauer, Dr. med. A .-H. Wasylewski, Jochen Friedrich, Regine Kelm
Bild: Fotolia.com: Olesia Biker (Titel), Brian Jackson, Narong Jongsirikul, ipopba, Ralf Geitke, travelbook, pavio kucherov, megakunstfoto, stokkete, Dario Lopresti, fly_dragonfly, Janna Dierks, Picturs Partners, Mandrixta, A. Rochau, allisseja, UKE Hamburg, Socrates Gesundheitszentrum Güttingen, Dr. Notter, Bern, D. Moldenhauer, J. Kirchmair.

Redaktionelle Texte und Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Sie enthalten Erkenntnisse aus Medizin und Forschung, die einem steten Wandel unterliegen. Für die Aktualität und die Inhalte der Texte sind die Autoren verantwortlich.