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Aktuelle Gesundheits-Nachrichten

Lymphdrüsenkrebs: Perspektiven von Diagnose und Behandlung

Ärztliche Kommunikation in kritischen Lebenssituationen

Patientenverfügung bei Krebs

33. Deutscher Krebskongress in Berlin – Eine Rückblende

„Life in Death“ – Fotos über Liebe, Leben und Tod

Kochen mit Krebspatientinnen

Kate aus Berlin – eine Patientin erzählt

 

Soziale Kompetenz ohne Ärzte-Latein

Liebe Leserin, lieber Leser!

Junge Menschen haben viele gute Gründe, Arzt oder Ärztin zu werden. Ein Einserschüler im Abitur scheint in aussichtsreicher Position – aber welche soziale Kompetenz bringt er/sie mit?

Zuwendung, Einfühlungsvermögen, zuhören und erklären können sowie psychologische Kompetenz sind gefragt. Die psychologisch-menschliche Eignung für den Arztberuf soll künftig in Bewerbungsverfahren zum Studium geprüft werden – so der Ärztepräsident Montgomery. Es steht zu erwarten, dass dann der Abitur-Notendurchschnitt von 1,0 nicht mehr der alleinige Maßstab für ein Medizinstudium sein wird. Ratsam scheint: Wer sich auf den Weg in diesen Beruf macht, sollte sich schon rechtzeitig um diese Eignung bemühen, sich erste Erfahrungen aneignen.

Die Frage der sozialen Kompetenz in der Medizin hat eine historische und gesellschaftlich sehr komplexe Dimension. Sie steht nicht erst heute im ärztlichen Alltag für viele Mediziner; ebenso auch für Gesundheitspolitiker im Fokus.

Versteht mich mein Patient, kann er verarbeiten, was er erfahren hat? Diese und weitere Überlegungen sind bedeutungsvoll, wenn ein Arzt ein guter Therapeut sein will. Oftmals verstehen Patienten aber ihren Arzt nicht. Medizinische Fachbegriffe oder Kürzel bringen die Patienten in die Situation, selbst zu recherchieren. Nicht immer mit evidenten Ergebnissen. Aber Patienten wollen verstehen, was mit ihnen passiert. Sie wollen Augenhöhe zu ihrem Therapeuten, denn das ist für den Therapieerfolg von immenser Bedeutung.

Schaut man in den Alltag, dann trifft möglicherweise folgende Formulierung zu: „Der alte Arzt spricht Latein, der junge Arzt spricht Englisch, der gute Arzt spricht die Sprache des Patienten.“ (Prof. Ursula Lehr)

Was sind die Gründe für diese Arztsprache? Eitles Statusgetue bei jungen Medizinern, fehlende Fähigkeit, die gelernte Medizinersprache verständlich zu übersetzen? Glücklicherweise reagiert die Ausbildung junger Ärzte heute auf diese Defizite. Bitte lesen Sie dazu in dieser Ausgabe auch den Beitrag „Ärztliche Kommunikation in kritischen Lebenssituationen“.

Unsere Redaktion bemüht sich in der Zusammenarbeit mit den Autoren, die Fragen der verständlichen Vermittlung von anspruchsvollen, wissenschaftlichen Kenntnissen im Vorfeld zu besprechen. Wir wollen, dass Sie verstehen. Kein Ärzte-Latein in den „Aktuellen Gesundheitsnachrichten“. Bleiben Sie interessiert und so gesund wie möglich.

Ihre Dagmar Moldenhauer, Redaktionsleiterin

 

Für Sie in dieser Ausgabe

IN EIGENER SACHE

  • Neue Arzneimittel: Wirksam – nützlich – relevant? (Dr. med. Rolf Kühne)

THEMA HEUTE: Lymphdrüsenkrebs – Follikuläre Lymphome

  • Aktueller Stand und Perspektiven von Diagnose und Behandlung (Prof. Dr. med. Wolfgang Hiddemann)

WISSEN

  • Zertifiziertes onkologisches Zentrum: Evangelisches Klinikum Bethel (Prof. Dr. med. Florian Weißinger im Interview mit Dagmar Moldenhauer)
  • Ärztliche Kommunikation in kritischen Lebenssituationen (Dr. med. Sonnenberg, Prof. Dr. med. Florian Weißinger)
  • Bedeutung der Patientenverfügung für Krebspatienten (Tanja Löbbing, Dr. med. Kobert)

IM BLICKPUNKT

  • 33. Deutscher Krebskongress 2018: Eine Rückblende (Dagmar Moldenhauer / Dr. med. Rolf Kühne)
  • „A Life in Death“ – Fotos über Liebe, Leben und Tod. Eine Ausstellung von Nancy Borowski (USA) (beobachtet von Dagmar Moldenhauer)

RAT & TAT

  • Kochlust stärkt Lebenskraft (Vera Spellerberg)

PATIENTENGESCHICHTEN

  • Kate aus Berlin erzählt

AKTUELLES AUS DER KREBSMEDIZIN

 

Neue Arzneimittel: Wirksam – nützlich – relevant?

Liebe Leserin, lieber Leser, heute hat der Kollege Herr Dr. med. Rolf Kühne meinen Beitrag übernommen, den Sie sonst an dieser Stelle lesen. Widmen Sie ihm bitte die gleiche Aufmerksamkeit wie mir. Ihr Dr. med. Wasylewski.

Dr. med. Andreas-Hans Wasylewski

Die New York Times titelte 2015: „Do drug companies make drugs or money?”

Dazu hier einige Informationen. Die Netto-Umsatzrendite der Pharmaindustrie liegt weit über dem Durchschnitt anderer Branchen. Selbst im Rezessionsjahr 2008 lag sie bei 19,3 %. Die 10 größten Pharmafirmen hatten im Jahr 2017 alle einen Gewinn, der jeweils über 10 Milliarden Dollar lag. Leider rechtfertigt der erzielte patientenrelevante Nutzen durch die pharmazeutischen Produkte nicht im entferntesten diese Gewinnmargen. Nach einer Statistik von Prescrire International hatten in der Dekade 2005 bis 2014 nur 6,4 % der neu zugelassenen Medikamente erkennbare Vorteile für die Patienten und bei 18,7 % waren diese „möglich“.

Nach aktuellen Daten geben wir somit Unsummen für Medikamente aus, von denen rund 75 % keinen Zusatznutzen für den Patienten aufweisen! Um auch diese Arzneimittel im Markt zu etablieren, werden gewaltige Marketing-Anstrengungen unternommen, deren Finanzierung die Kosten für Forschung und Entwicklung bei weitem übersteigen. Resultat ist eine Über- und Fehlversorgung im Bereich der Pharmakotherapie und – da die Größe des Kuchens nicht unendlich ist – eine Unterversorgung in anderen wichtigen Bereichen unseres Gesundheitssystems (z.B. sprechende Medizin, Palliativmedizin, Pflege).

Wir sind deshalb froh, dass die Zeitschrift „Aktuelle Gesundheitsnachrichten“ dank der Unterstützung durch die Kelm-Stiftung in der Lage ist, auf jegliche Produktwerbung verzichten zu können. Somit haben wir bei der Auswahl der Themen und Autoren freie Hand und müssen nicht Rücksicht auf bestimmte Interessen der Inserenten nehmen. Wie fatal eine derartige Abhängigkeit sein kann, zeigt die Auseinandersetzung der Zeitschrift für Allgemeinmedizin (ZFA) mit ihrem Verlag vor einigen Jahren. Wegen eines kritischen Artikels über die Arzneimittelgruppe der Sartane wurden in anderen Blättern des Verlages (die ZFA ist anzeigenfrei) Anzeigen im Wert von 9.200 Euro storniert. Bei einem anderen Beitrag über Protonenpumpenhemmer wurde durch den Verlagsleiter massiver Druck auf die Autoren ausgeübt. Sie sollten ihren Beitrag zurückziehen und „ausgewogen“ umformulieren. Auch diese Intervention geschah aufgrund sehr deutlicher „Ansprachen“ seitens der Pharmaindustrie.

Zur Feststellung eines patientenrelevanten Nutzens muss mindestens eine der folgenden Fragen mit „ja“ beantwortet werden: 1. Lebe ich länger? 2. Erleide ich weniger Krankheiten? 3. Wird meine Lebensqualität besser? Für viele nicht nachvollziehbar ist die Tatsache, dass diese Ziele einer Therapie bei der Zulassung eines Medikamentes nicht entscheidend sind. Im Vordergrund steht dabei vielmehr die pharmazeutische Qualität und eine akzeptable Relation von Wirksamkeit und Risiko. Also reicht z. B. eine Senkung von Messwerten wie Blutzucker, Cholesterin oder Blutdruck als Beleg der Wirksamkeit aus, um bei überschaubaren Nebenwirkungen eine Zulassung auszusprechen. Ob die langfristige Einnahme für die Patienten wirklich einen relevanten Nutzen im Sinne der vorgenannten Definition nach sich zieht, steht dabei in den Sternen.

Daher war es ein gewaltiger Fortschritt, dass in Deutschland mit Einführung des „Arzneimittelneuordnungsgesetzes (AMNOG) 2011 eine frühe Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln als Voraussetzung für deren Preisgestaltung eingeführt wurde. Diese erfolgt durch den „Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA).“ Das IQWiG als wissenschaftliches Institut des G-BA hat in seinen ersten 7 Jahren insgesamt 214 neue Wirkstoffe bewertet. Bisherige Bilanz: Bei 124 (59 %) konnte kein Vorteil gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie gezeigt werden. Das heißt natürlich nicht, dass all diese 124 Arzneimittel überhaupt keinen Nutzen hätten. Der gefundene Nutzen ist bloß nicht höher als bei bereits auf dem Markt befindlichen Standardpräparaten. Wie nicht anders zu erwarten, hält die Pharmaindustrie den G-BA für zu kritisch, während andere Organisationen wie z. B. die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft oft den vom G-BA attestierten Zusatznutzen in Frage gestellt haben.

Die Bewertungsprozesse unterscheiden sich in den einzelnen EU-Staaten deutlich. In Deutschland sind z. B. die Pharmafirmen verpflichtet, dem IQWiG sämtliche Arzneimittel-bezogenen Informationen vorzulegen. Dagegen findet man in Großbritannien wegen angeblicher Geschäftsgeheimnisse regelhaft geschwärzte Abschnitte in diesen Papieren. Die EU-Kommission hat nun Ende Januar vorgeschlagen, dass die einzelnen nationalen Bewertungssysteme durch eine zentrale Nutzenbewertung mit EU-weiter Gültigkeit ersetzt werden sollen. Sie begründet ihre Gesetzesinitiative damit, dass der Marktzugang für innovative Medikamente und Medizinprodukte durch die unterschiedlichen nationalen Bewertungsverfahren behindert würde. Zu kritische Bewertungsprozeduren, wie sie z.B. vom deutschen IQWiG durchgeführt werden, ist manchen Institutionen offensichtlich ein Dorn im Auge. Es ist wenig überraschend, dass die pharmazeutische Industrie diese Initiative begrüßt, während die Krankenkassen (GKV-Spitzenverband), die Ärzteschaft (Bundesärztekammer) und natürlich auch der G-BA mehr oder deutlich Kritik äußerten. Es wird eine Absenkung der hohen deutschen Standards befürchtet.

Allerdings gilt auch bei sehr hohen Bewertungs-Standards der gefundene Patientennutzen immer nur für die kleine Gruppe der in den jeweiligen Studien eingeschlossenen Patienten. Kann dieser problemlos auf die gesamte Betroffenen-Gruppe übertragen werden? Z. B. liegt das mittlere Alter von Teilnehmern onkologischer Studien etwa 10 bis 15 Jahre unter dem Alter aller medizinisch versorgten Krebspatienten (Krebsinformationsdienst des DKFZ). Auch Kinder sind in klinischen Studien zur Erprobung neuer Arzneimittel verhältnismäßig selten vertreten. Somit kann die Relevanz eines Studienergebnisses für den individuellen Patienten immer nur im Rahmen einer gemeinsamen Entscheidungsfindung festgelegt werden. Ist z. B. eine Lebenszeitverlängerung von 12 Tagen durch ein neues, nicht nebenwirkungsfreies Medikament beim Pankreaskarzinom wirklich relevant (Moore et al: J Clin Oncol 2007; 25)? Allzu oft lassen wir Mediziner uns von statistisch „signifikanten“ Studienergebnissen blenden, ohne auf die klinische Relevanz zu achten. Wirklich relevante Studienergebnisse sind nicht so häufig. Ebell fand bei 8000 Originalarbeiten nur in 2,6 % eine Patientenrelevante Evidenz! Das ist enttäuschend und bedarf dringend einer Verbesserung.

Dr. med. Rolf Kühne

 

Lymphdrüsenkrebs – Follikuläre Lymphome

Aktueller Stand und Perspektiven von Diagnose und Behandlung

Prof. Dr. med. Wolfgang Hiddemann, Vorsitzender der Deutschen Studiengruppe niedrig-maligne Lymphome (GLSG), Medizinische Klinik III, Klinikum der Universität München

Maligne Lymphome (Lymphdrüsenkrebs)

Allgemeine Grundlagen

Follikuläre Lymphome gehören zur großen und heterogenen Gruppe der sog. „Malignen Lymphome“, d.h. der bösartigen Erkrankungen des lymphatischen Systems. Das Lymphsystem besteht aus den Lymphgefäßen, den Lymphknoten, der Milz, aus lymphatischem Gewebe in den Mandeln und dem Knochenmark sowie aus Lymphozyten in Bindegewebe und Schleimhäuten.

Die Lymphknoten bestehen zum großen Teil aus speziellen weißen Blutkörperchen, den Lymphozyten, die in einem Gerüst aus Bindegewebe und Stützzellen eingebettet sind. Lymphozyten werden primär im Knochenmark und im Thymus gebildet und erfahren ihre endgültige Bestimmung beim Kontakt mit Krankheitserregern oder krankhaften Zellen. Die Ausbildung zu funktionierenden Abwehrzellen findet vor allem in den Lymphknoten statt. Diese haben eine Schlüsselstellung für die Funktion des Immunsystems.

Die Lymphozyten machen einen komplexen Entwicklungsprozess durch, der z.T. vom Kontakt mit Krankheitserregern oder bösartigen Zellen ausgelöst wird. Ganz allgemein werden zwei Linien in der Differenzierung der Lymphozyten unterschieden: sog. T-Zellen und sog. B-Zellen. Während die T-Zellen vor allem der Abwehr von viralen Infekten, aber auch der Erkennung und Vernichtung von bösartigen Zellen dienen, haben die B-Zellen die vordringliche Aufgabe, Bakterien abzuwehren.

Grundsätzlich können Lymphozyten auf allen Stufen dieses komplexen Entwicklungsprozesses bösartig entarten und zu einem malignen Lymphom führen. Dies bedeutet, dass es eine Vielzahl sehr verschiedener Formen von malignen Lymphomen gibt, die nach ihrer Ausgangszelle in unterschiedliche Formen der B-Zell-Lymphome, der T-Zell-Lymphome und der Hodgkin-Lymphome klassifiziert werden.

WHO-Klassifikation der malignen Lymphome

B-ZELL-LYMPHOME

  • Chronische Lymphatische Leukämie (B-CLL)
  • Prolymphozytenleukämie (B-PLL)
  • Haarzell-Leukämie (HCL)
  • Nodales Marginalzonen-Lymphom
  • Splenisches Marginalzonen-Lymphom
  • Lymphoplasmozytisches Lymphom
  • Waldenström Makroglobulinämie
  • Schwerketten-Krankheit
  • Plasmazell-Myelom
  • Marginalzonen B-Zell-Lymphom vom MALT-Typ (mucosa-associated lymphatic tissue, schleimhautverbundenes Lymphgewebe)
  • Follikuläres Lymphom
  • Mantelzell-Lymphom (MCL)
  • Diffus großzelliges B-Zell-Lymphom
  • Intravaskuläres großzelliges B-Zell-Lymphom
  • ALK positives großzelliges B-Zell-Lymphom
  • Plasmoblastisches Lymphom
  • Primäres mediastinales B-Zell-Lymphom
  • Burkitt-Lymphom
  • Primäres Erguss-Lymphom
  • Nicht klassifizierbares B-Zell-Lymphom

T-ZELL-LYMPHOME

  • T-Lymphoblastisches Lymphom
  • Prolymphozytenleukämie (T-PLL)
  • T-CLL mit großen granulierten Lymphozyten (LGL)
  • NK-Zell-Leukämie
  • Adulte T-Zell-Leukämie (HTLV1+)
  • Mycosis fungoides
  • Sézary-Syndrom
  • Primär kutanes großzelliges anaplastisches Lymphom (CD30+)
  • Lymphomatoide Papulose (CD30+)
  • Extranodales NK-/T-Zell-Lymphom vom nasalen Typ
  • Enteropathie-assoziiertes T-Zell-Lymphom
  • Hepatosplenisches T-Zell-Lymphom
  • Subkutanes T-Zell-Lymphom vom Pannikulitis-Typ
  • Angioimmunoblastisches T-Zell-Lymphom (AITL)
  • Peripheres T-Zell-Lymphom, nicht weiter spezifiziert
  • Lennert-Lymphom
  • Anaplastisches großzelliges Lymphom (ALCL), ALK-positiv
  • Anaplastisches großzelliges Lymphom (ALCL), ALK-negativ
  • Primäres kutanes gamma-delta T-Zell-Lymphom

HODGKIN LYMPHOME

  • Klassisches Hodgkin Lymphom
  • Nodulär-sklerosierendes Hodgkin Lymphom
  • Hodgkin Lymphom vom Mischtyp
  • Lymphozyten-reiches Hodgkin Lymphom
  • Lymphozyten-armes Hodgkin Lymphom
  • Lymphozyten-prädominantes Hodgkin Lymphom (noduläres Paragranulom)

Maligne Lymphome – Diagnose

Histologische Diagnostik: Diese unterschiedlichen Formen maligner Lymphome sind auch in Bezug auf ihr klinisches Erscheinungsbild, ihre Aggressivität und ihren klinischen Verlauf sehr heterogen. So gibt es maligne Lymphome wie die Marginalzonen- Lymphome, die in der Regel nur langsam fortschreiten und auf der anderen Seite sehr rasch wachsende maligne Lymphome wie das Burkitt-Lymphom oder das diffus großzellige B-Zell-Lymphom. Aufgrund dieser für die betroffenen Patienten enorm wichtigen Unterschiede ist es dringend erforderlich, eine genaue Diagnose zu stellen.

Die Diagnose erfolgt in der Regel durch eine Lymphknotenbiopsie, d.h. durch einen kleinen chirurgischen Eingriff, bei dem ein verdächtiger Lymphknoten entnommen und feingeweblich untersucht wird. In manchen Fällen ist die feingewebliche Untersuchung nicht einfach und es müssen zusätzliche diagnostische Techniken zum Einsatz kommen.

Um der Komplexität der unterschiedlichen Lymphom-Typen Rechnung zu tragen und die Diagnose auf möglichst sichere Füße zu stellen, gibt es in Deutschland eine Gruppe von sog. Referenzpathologen, an die Material zur Überprüfung der Diagnose gesandt werden kann.

Diagnostik des Ausbreitungsstadiums: Neben der histologischen Diagnostik ist es vor allem für die Planung der Behandlung wichtig, die Ausbreitung der Erkrankung möglichst genau zu erfassen.

Das Stadium wird danach festgelegt, wie weit sich das Lymphom im Körper ausgebreitet hat und ob zusätzlich ganz bestimmte Symptome bestehen. Entscheidend sind Anzahl und Ort der befallenen Lymphknoten, Organe und Körperregionen.

Nach einer internationalen Übereinkunft (Ann Arbor) werden vier Stadien der Ausbreitung unterschieden:

  • Im Stadium I ist nur eine Lymphknotenregion oder ein Lymphgewebe befallen.
  • Im Stadium II sind zwei Lymphknotenregionen betroffen, die beide auf der gleichen Seite des Zwerchfells liegen.
  • Im Stadium III sind Lymphknoten auf beiden Seiten des Zwerchfells befallen.
  • Im Stadium IV sind nicht nur Lymphknoten befallen, sondern auch andere Organe wie insbesondere das Knochenmark.

In jedem Stadium wird ferner das Vorhandensein von sog. „B-Symptomen“ bewertet. Zu diesen zählen Nachtschweiß, Fieber und Gewichtsverlust. Sind derartige Symptome vorhanden, wird die Stadieneinteilung mit der Bezeichnung „B“ ergänzt; fehlen diese Symptome, wird dem Stadium ein „A“ hinzugefügt.

Untersuchungen zur Erfassung des Ausbreitungsstadiums: Zu den Untersuchungen, die zur Erfassung des Ausbreitungsstadiums erforderlich sind, gehört die Anamnese. Sie soll klären, welche Beschwerden bestehen, welche Veränderungen am Körper vom Patienten selbst bemerkt wurden, welche Vorerkrankungen bestehen und insbesondere auch, ob die o.g. „B“-Symptome vorhanden sind. An die Anamnese schließt sich eine sorgfältige körperliche Untersuchung an. Dabei werden alle Lymphknotenregionen auf tastbare Veränderungen untersucht, auch wird untersucht, ob Milz und/oder Leber vergrößert getastet werden können. Zur weiteren Diagnostik gehört eine umfassende Analyse der Blutwerte, die u.a. ein sog. großes Blutbild, die Messung der LDH sowie der Basiswerte für Nieren- und Leberfunktion einschließt.

Nach dieser Basisdiagnostik kommen weitere Methoden zum Einsatz, um die Ausbreitung der Erkrankung zu erfassen. Dazu zählen eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums, Untersuchungen von Bauch und Thorax mittels Computertomographie und bei einigen Formen maligner Lymphome auch eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET), die mittels radioaktiver Substanzen die Stoffwechselaktivität in Lymphknoten erfassen kann. Sie wird oft mit dem CT kombiniert (PET/ CT). Da maligne Lymphome auch das Knochenmark befallen können, gehört zur Eingangsdiagnostik auch eine Knochenmarkbiopsie.

Follikuläre Lymphome

Unter den verschiedenen Formen maligner Lymphome machen das diffus großzellige B-Zell-Lymphom und das follikuläre Lymphom mehr als die Hälfte aller Fälle aus.

Abb. 1 Histologisches Bild eines follikulären Lymphoms

Histologische und biologische Merkmale: Die Bezeichnung follikuläres Lymphom leitet sich von seinem Ursprung aus dem Follikel, d.h. der zentralen Zone des Lymphknotens, ab. Nach der WHO Klassifikation werden innerhalb der Gruppe der follikulären Lymphome verschiedene Reifegrade der Lymphomzellen unterschieden. Follikuläre Lymphome der Grade 1, 2, 3A sind in der Regel langsam wachsend (indolent), während ein Grad 3B mit einem aggressiveren Verlauf assoziiert ist.

Das follikuläre Lymphom weist eine charakteristische Veränderung der Chromosomen auf, die sog. Translokation t(14; 18). Damit wird der Austausch von genetischem Material zwischen den Chromosomen 14 und 18 bezeichnet. Wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass sich diese Veränderung nur in den Zellen des follikulären Lymphoms findet, nicht aber in den anderen gesunden Zellen des Körpers. Diese Translokation führt dazu, dass die Mechanismen des natürlichen Zelltodes, die sog. Apoptose, gestört sind und Zellen des follikulären Lymphoms damit dem natürlichen Alterungs- und Sterbeprozess entgehen. Zur tatsächlichen Ausbildung eines follikulären Lymphoms sind weitere molekulare Veränderungen erforderlich, die im Einzelnen noch weitgehend ungeklärt sind. (Abb. 2)

Abb. 2 Pathogenese des follikulären Lymphoms

Epidemiologie und Ursachen: Das follikuläre Lymphom ist eine Erkrankung des höheren Lebensalters, das mediane Alter betroffener Patienten liegt bei ca. 60-65 Jahren. Die Häufigkeit follikulärer Lymphome hat in den letzten Jahrzehnten vor allem in den Ländern der westlichen Welt zugenommen. Derzeit beträgt die Inzidenz in Deutschland etwa 16 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr.

Die Ursachen der Erkrankung sind weitgehend unklar. Hinweise auf eine erbliche Veranlagung gibt es nicht. Ob Umgebungsfaktoren wie Rauchen, der Umgang mit Pestiziden oder ähnliche Faktoren die Entstehung der Erkrankung begünstigen, ist umstritten. Ungeklärt ist auch, warum das follikuläre Lymphom in Asien erheblich seltener auftritt als in den westlichen Industrieländern.

Klinische Beschwerden (Symptome): Nicht selten werden follikuläre Lymphome zufällig entdeckt, bevor sie konkrete Beschwerden verursachen. Wenn Krankheitszeichen auftreten, handelt es sich um meist schmerzlose Vergrößerungen von Lymphknoten, z.B. am Hals oder in den Achselhöhlen. Einige Patienten (ca. 20 %) haben B-Symptome wie Fieber (über 38° C) ohne erkennbare Ursache, eine Gewichtabnahme von mehr als 10 % des Körpergewichtes innerhalb von sechs Monaten oder nächtliches Schwitzen. Besteht aufgrund der klinischen Symptomatik der Verdacht auf ein follikuläres Lymphom, ist eine Lymphknotenbiopsie, wie bereits dargestellt, indiziert.

Klinische Risikofaktoren: Bei über 80% der Patienten wird das follikuläre Lymphom erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Nur bei wenigen Patienten wird es in einem frühen, lokalisierten Stadium festgestellt. Der wahrscheinliche Krankheitsverlauf kann anhand einfach zu erhebender Faktoren in Form eines Risikoprofils abgeschätzt werden.

Diese Faktoren sind:

  • Alter über 60 Jahre
  • Hämoglobinwert (= Hb) von unter 12 g/dl
  • erhöhte Laktatdehydrogenase (= LDH)
  • mehr als vier befallene Lymphknotenregionen
  • Stadium III oder IV

Abhängig davon, ob und wie viele dieser Faktoren zutreffen, unterscheidet man im sogenannten Follicular Lymphoma International Prognostic Index (FLIPI) drei Risikogruppen: niedrig (0 – 1 Faktoren), mittel/intermediär (2 Faktoren) und hoch (3 – 5 Faktoren) (Solal-Celigny P et al. 2004). Im klinischen Alltag ist der FLIPI jedoch zur Behandlungsführung wenig geeignet.

Therapie des follikulären Lymphoms

Obwohl das follikuläre Lymphom auch heute noch als nicht heilbar angesehen wird, sind in den letzten Jahren substanzielle therapeutische Fortschritte erzielt worden, die zu einer erheblichen Verbesserung der Prognose und des Gesamtüberlebens beigetragen haben. Darüber hinaus vermitteln molekulare und genetische Analysen tiefere Einblicke in die Biologie dieser Erkrankung und eröffnen neue und zielgerichtete Therapieansätze.

Grundsätzlich richtet sich die Behandlung des follikulären Lymphoms nach dem Ausbreitungsstadium, in dem die Diagnose gestellt wird.

Therapie in den frühen Stadien I und II

In etwa 15–25 % aller Fälle befindet sich die Erkrankung bei Diagnose im Stadium I oder II. Aufgrund der hohen Strahlenempfindlichkeit follikulärer Lymphome wird für diese Patienten in den nationalen und internationalen Leitlinien übereinstimmend eine Strahlentherapie empfohlen (Zelenetz AD et al. 2010; Ghielmini M et al. 2013). Diese Empfehlung wird jedoch nur begrenzt umgesetzt. So zeigen Daten aus den Niederlanden sowie aus der US-amerikanischen National Lympho-Care Study, dass nur bei etwa einem Drittel aller Patienten tatsächlich eine alleinige Strahlentherapie durchgeführt wird. Bei den meisten Patienten werden andere Therapiemodalitäten gewählt (Friedberg JW et al. 2012; Wennekes L et al. 2011). Diese Tatsache ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die bisherigen Studien zum Einsatz der Strahlentherapie überwiegend in der Ära vor Einführung des hochwirksamen anti-CD20 Antikörpers Rituximab stattgefunden haben und die Bestrahlung in der Regel nicht mit einer therapeutischen Alternative prospektiv und randomisiert verglichen wurde. Außerdem ist umstritten, ob es sich bei den klinisch begrenzten Stadien I und II tatsächlich um lokal begrenzte Erkrankungen handelt oder ob nicht auch in diesen frühen Stadien bereits ein disseminiertes Lymphom vorliegt.

In aktuellen Studien, auch der Deutschen Studiengruppe niedrig maligne Lymphome (GLSG), wird daher untersucht, ob die Kombination einer Bestrahlung mit einer Antikörpertherapie die Ergebnisse verbessert und damit gleichzeitig die Strahlendosis und damit auch die Rate und Schwere von Nebenwirkungen gesenkt werden kann.

Therapie in den fortgeschrittenen Stadien III und IV

Bei Patienten, bei denen das follikuläre Lymphom in einem fortgeschrittenen Stadium III oder IV diagnostiziert wird, bedeutet die Diagnose nicht die sofortige Einleitung einer Behandlung. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob klinische Symptome bestehen und wie groß die Lymphommasse ist.

In Anlehnung an die von der GELF (Groupe d’Etude des Lymphomes Folliculaires) entwickelten Merkmale gelten folgende Kriterien als Indikation zur Therapie (Brice P et al. 1997):

  • B-Symptome (Gewichtsabnahme > 10 % innerhalb von 6 Monaten; Fieber über 2 Wochen ohne Anhalt für eine Infektion; Nachtschweiß)
  • Hämatopoetische Insuffizienz (zunehmende Anämie, Hb < 10 g/dl, und/oder Thrombozytopenie < 100.000 Zellen/μl)
  • Sehr große Lymphknoten (> 7 cm im größten Durchmesser) („bulky disease“) oder drei Lymphknoten >3 cm in unterschiedlichen Regionen
  • rasch progrediente Lymphknotenvergrößerungen
  • Symptomatische Vergrößerung der Milz
  • Lymphom-bedingtes Kompressionssyndrom
  • Lymphom-bedingter Pleuraerguss oder Aszites
  • Erhöhung der Serumspiegel von LDH oder beta-2-Mikroglobulin

Patienten, die diese Kriterien nicht erfüllen, werden als Patienten mit niedriger Tumorlast bezeichnet und sind primär nicht behandlungsbedürftig.

Patienten mit niedriger Tumorlast und ohne Symptome

Aufgrund des indolenten Verlaufs follikulärer Lymphome und der begrenzten Therapiemöglichkeiten der 1990er-Jahre galt ein abwartendes Beobachten ohne therapeutische Intervention bei Patienten in fortgeschrittenen Stadien ohne klinische Symptome und mit niedriger Tumorlast als Vorgehen der Wahl.

Dieser watch-and-wait-Ansatz konnte im Rahmen prospektiver, randomisierter Studien bestätigt werden. Diese zeigten eindeutig, dass ein zurückhaltendes Abwarten keinen therapeutischen Nachteil für die betroffenen Patienten darstellt (Brice P et al. 1997; Ardeshna KM et al. 2003). Berücksichtigt werden muss jedoch, dass auch diese Daten aus der Ära vor Rituximab stammen und daher einer Überprüfung im Hinblick auf die modernen therapeutischen Möglichkeiten bedürfen.

Diese Überprüfung wurde von Ardeshna et al. initiiert (Ardeshna KM et al. 2014). Von dieser Gruppe wurden kürzlich Ergebnisse einer prospektiven, randomisierten Studie publiziert, in der die Autoren das konventionelle watch-and-wait-Vorgehen mit einer kurzzeitigen Gabe von Rituximab und einem dritten Therapiearm mit insgesamt 2-jähriger Rituximabgabe verglichen haben. Die ersten Ergebnisse dieser Studie zeigen eine signifikante Verlängerung der Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung bei Patienten, die einem der beiden Rituximab-Arme zugeführt wurden. Inwieweit diese Ergebnisse auch mit einer Verlängerung der Überlebenszeit einhergehen, ist derzeit unklar. Unklar ist auch, ob der frühzeitige Einsatz der Antikörpertherapie die Effektivität einer nachfolgenden Behandlung beeinflusst und möglicherweise langfristig einen Nachteil für die Patienten darstellt.

Die Empfehlung, am bisherigen watch-and-wait-Ansatz für asymptomatische Patienten mit niedriger Tumorlast festzuhalten, wird auch durch die Daten einer französischen Studie unterstützt, die ebenfalls keine negativen Effekte für Patienten ohne initiale Therapie zeigte (Solal-Celigny P et al. 2012).

Angesichts der zurzeit raschen Weiterentwicklung therapeutischer Modalitäten und der zunehmenden Einblicke in die Biologie follikulärer Lymphome, sollte der watch-and-wait-Ansatz als Standard angesehen werden, bis klare Ergebnisse der laufenden Studien vorliegen und neue molekulare Marker eine bessere Definition von Patienten erlauben, die von einer frühzeitigen therapeutischen Intervention profitieren können.

Patienten mit hoher Tumorlast und klinischen Symptomen

Bei Patienten mit hoher Tumorlast und/oder klinischen Symptomen ist eine Behandlung erforderlich. Diese gliedert sich in zwei Abschnitte: I. die initiale Therapie, die zum Ziel hat, das Lymphom möglichst weit zurück zu drängen und eine sog. Remission zu erreichen und II. die sog. Erhaltungstherapie, die darauf ausgerichtet ist, nach initialer Therapie noch verbleibende Lymphomzellen weiter zu reduzieren oder zumindest zu kontrollieren und damit einen Rückfall der Erkrankung zu vermeiden.

Initiale Therapie: Für die initiale Behandlung hat sich die Kombination von Rituximab mit einer Chemotherapie als Standard etabliert (Hiddemann W & Cheson BD 2014). Vier große prospektive, randomisierte Studien konnten eindrucksvoll zeigen, dass dieser Ansatz nicht nur zu einer wesentlichen Steigerung der Remissionsrate, sondern auch zu einer signifikanten Verlängerung des progressionsfreien und insbesondere auch des Gesamtüberlebens führt (Hiddemann W et al. 2005; Marcus R et al. 2008; Herold M et al. 2007; Salles G et al. 2008).

Ob eines der in diesen Studien angewendeten chemotherapeutischen Regime einen Vorteil gegenüber anderen hat, bleibt umstritten. Während R CVP (Rituximab plus Cyclophosphamid, Vincristin und Prednisolon) dem R CHOP-Regime (Rituximab plus Cyclophosphamid, Hydroxydaunomycin = Doxorubicin, Vincristin, Prednisolon) unterlegen zu sein scheint (Morschhauser F et al. 2011), erwies sich Rituximab-Bendamustin gegenüber R CHOP von Vorteil im Sinne einer höheren Remissionsrate und eines längeren progressionsfreien Überlebens, ohne allerdings einen Unterschied im Gesamtüberleben zu zeigen (Rummel MJ et al. 2013). In einer vor kurzem abgeschlossenen Studie mit dem neuen Antikörper Obinutuzumab, der ebenfalls entweder mit CHOP, CVP oder Bendamustin kombiniert wurde, war demgegenüber eine höhere Rate infektionsbedingter Todesfälle unter Bendamustin zu beobachten (Marcus R et al. 2017).

Unabhängig von diesen Überlegungen stellt die Immunchemotherapie in der Kombination von Rituximab plus Chemotherapie mit Remissionsraten von über 90 % und einem medianen progressionsfreien Überleben von mehr als 7 – 8 Jahren den aktuellen therapeutischen Standard in der Initialbehandlung follikulärer Lymphome dar (Abb. 3).

Abb. 3 Therapiestrategie beim follikulären Lymphom

Erhaltungstherapie: Trotz der hohen Effektivität der initialen Behandlung kommt es in der Mehrzahl der Fälle nach mehreren Jahren zu einem Rezidiv des Lymphoms. Daher ist nach erfolgreicher initialer Therapie eine anschließende Erhaltungstherapie notwendig. Nach den sehr guten Ergebnissen der sog. PRIMA Studie (Salles G et al. 2011), in der eine zweijährige Erhaltungstherapie mit Rituximab gegenüber einer nach initialer Behandlung nicht weiter therapierten Kontrollgruppe verglichen wurde, wird eine derartige Erhaltung heute als Standard angesehen. In aktuellen Studien wird jedoch sowohl die Dauer der Erhaltung geprüft als auch die Frage einer intermittierenden Erhaltung, die jeweils beim Wiederauftreten von Zeichen der Erkrankung durchgeführt wird.

NEUE THERAPEUTISCHE PERSPEKTIVEN

Neue Substanzen

Antikörper: Auf der Grundlage zunehmender Einblicke in die Biologie follikulärer Lymphome wurde eine Vielzahl neuer Substanzen entwickelt und in klinischen Phase-I- und Phase-II-Studien untersucht. Dazu zählen neue Antikörper, die gegen das CD20-Antigen gerichtet sind, wie Ofatumumab, das eine hohe Einzelaktivität bei rezidivierten follikulären Lymphomen aufwies, aber nicht das Ansprechen bei rituximabrefraktären Patienten verbessern konnte (Karlin L & Coiffier B 2015). Demgegenüber ist Obinutuzumab (GA 101) auch bei rituximabrefraktären Patienten wirksam (Sehn LH et al. 2015). In einer großen, vor kurzem veröffentlichten internationalen Studie zur Erstbehandlung follikulärer Lymphome wurde Obinutuzumab direkt mit Rituximab verglichen. In dieser Studie zeigte sich eine signifikante Verlängerung der krankheitsfreien Zeit durch Obinutuzumab, so daß dieser neue Antikörper neue Standards in der Primärtherapie setzt (Marcus R et al. 2017).

Andere neue Antikörper zielen auf weitere B-Zell-spezifische Antigene wie CD22, CD23 und CD80. Erste Studienergebnisse sind heterogen und lassen noch kein klares Bild der Wirksamkeit erkennen. Hochattraktiv erscheint dagegen der Einsatz bispezifischer mit T-Zellen interagierender Antikörper wie Blinatumomab, die gegen CD19 und CD3 gerichtet sind. Insgesamt befinden sich diese Substanzen jedoch noch in relativ frühen Phasen der klinischen Entwicklung.

Onkogene Signalwege: Zu den derzeit vielversprechendsten neuen Entwicklungen zählen Substanzen, die in onkogene Signalwege, d.h. in die Steuerungsprozesse von Zellwachstum und Zellstoffwechsel eingreifen. Besonders vielversprechend sind dabei Hemmer des B-Zell Rezeptor-Signalwegs (Abb. 4).

Ermutigende Daten liegen bereits zu Inhibitoren des Phosphoinositid-3-Kinase-Signalwegs und der Bruton-Tyrosinkinase vor. Hochinteressante Daten gibt es auch zum Einsatz von BCL-2-Inhibitoren wie GDC-0199.

Abb. 4 Onkogene Signalwege und therapeutische Ansätze

Insgesamt bieten diese Substanzen eine hochattraktive Perspektive für die Weiterentwicklung der Therapie follikulärer Lymphome und eröffnen die Möglichkeit, chemotherapiefreie Behandlungskonzepte zu entwickeln. Dieser Ansatz wird derzeit von vielen Studiengruppen verfolgt, zu denen auch die Deutsche Studiengruppe niedrig-maligne Lymphome (GLSG) gehört.

Immunmodulatoren: Längerfristige Daten liegen bereits zu Substanzen vor, die das Immunsystem modulieren. Dazu zählt in erster Linie Lenalidomid, das in Kombination mit Rituximab hohe Remissionsraten in der Primärtherapie follikulärer Lymphome ermöglichte (Fowler N et al. 2014). Zur endgültigen Bewertung dieses Ansatzes müssen die Ergebnisse einer kürzlich abgeschlossenen Studie abgewartet werden, der sog. RELEVANCE-Studie, in der die Kombination von Lenalidomid und Rituximab prospektiv und randomisiert mit der konventionellen Rituximab-/Chemotherapie verglichen wird.

Verbesserung derzeit verfügbarer Therapieoptionen

Prognostische Risikoscores: Neben dem Einsatz neuer Substanzen erscheint es auch möglich, die derzeit verfügbaren Therapiekonzepte zu verbessern, u. a. durch Nutzung prognostischer Risikoscores. Während der etablierte Follicular Lymphoma International Prognostic Index (FLIPI) für eine individualisierte Therapieausrichtung wenig geeignet ist, konnte vor Kurzem eine neue Gensignatur identifiziert werden, die in Kombination mit wenigen klinischen Angaben eine prospektive Definition unterschiedlicher Risikogruppen erlaubt. Dieser sog. m7-FLIPI eröffnet damit die Perspektive, bereits zu Therapiebeginn am individuellen Risikoprofil ausgerichtete Behandlungskonzepte umzusetzen (Pastore A et al. 2015).

Minimale Resterkrankung: Ein weiterer vielversprechender Ansatz besteht in der Verfolgung von Lymphomzellen in Remission, der sog. minimalen Resterkrankung (MRD), durch hoch sensible molekulare Marker. Die Quantifizierung der MRD nach initialer zytoreduktiver Therapie korreliert nicht nur eng mit der Remissionsdauer, sondern erlaubt auch die Früherfassung eines klinischen Rezidivs und damit die prospektive Anpassung des therapeutischen Vorgehens (Ladetto M et al. 2013). So bietet sich das Monitoring der MRD als individueller Verlaufsparameter zur Therapiesteuerung in Remission an.

Schlussfolgerung

Insgesamt sind in der Diagnostik und Therapie follikulärer Lymphome in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt worden. Diese sind zum einen auf neue diagnostische Methoden, vor allem aber auf die Entwicklung neuer Medikamente zurückzuführen, die Lymphomzellen gezielter angreifen und damit bei höherer Wirksamkeit geringere Nebenwirkungen aufweisen.

(Literatur bei der Redaktion)

 

„Doch Forschung strebt und ringt, ermüdend nie, Nach dem Gesetz, dem Grund, Warum und Wie.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

 

AKTUELLES - 33. DEUTSCHER KREBSKONGRESS 2018

INNOVATIONEN IN DER MOLEKULAREN PATHOLOGIE

Eine wertvolle Ergänzung im Hinblick auf die Therapieentscheidung liefert die molekulare Pathologie – sie erfasst die Veränderungen im Tumor, die sich auf einzelne Mutationen in seiner Erbsubstanz zurückführen lassen. Mittlerweile gibt es bei einigen Tumorarten, etwa beim Lungenkarzinom oder beim Darmkrebs, gute Beispiele dafür, wie eine Analyse der Erbsubstanz im Tumor diejenigen Patienten identifizieren kann, die auf ein bestimmtes zielgerichtetes Medikament voraussichtlich gut ansprechen werden.

In den letzten beiden Jahren waren es vor allem die Immun-Checkpoint-Inhibitoren, die in der medikamentösen Tumortherapie für Aufsehen gesorgt haben. Diese Medikamente lösen quasi die Bremse bei den körpereigenen T-Zellen, die vom Tumor an der erfolgreichen Bekämpfung der Krebszellen gehindert werden, und regen so das Immunsystem an, den Krebs zu attackieren. Besonders beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom und beim schwarzen Hautkrebs wurden damit länger anhaltende Behandlungserfolge beobachtet.

Es deutet sich an, dass die Immun-Checkpoint-Inhibitoren der zweiten Generation bei einer Vielzahl von Tumorerkrankungen wirken könnten. Dennoch sprechen längst nicht alle Patienten auf Checkpoint-Inhibitoren an. Deshalb arbeiten Forscher mit Hochdruck daran, Biomarker zu finden, mit denen sich das Ansprechen auf eine Immuntherapie vorhersagen lässt.

Die 2017 veröffentlichten Ergebnisse einer kalifornischen Forschergruppe lassen aufhorchen: In ihrer retrospektiven Studie sprachen Patienten mit einer hohen Mutationslast im Tumor besser auf PDL1/PD-L1-Immuntherapien an als Patienten mit einer niedrigen Mutationslast, und zwar bei verschiedenen Tumorarten. Die Forscher nutzten für die Untersuchung der Mutationslast eine spezielle Methode des Next Generation Sequencing (NGS), mit der sich die verschiedenen Arten der DNA-Veränderung (Austausch von DNA-Bausteinen, Veränderungen der Kopienzahl und Gen-Umlagerung) in einer Tumorprobe gleichzeitig erfassen lassen. Dadurch verringert sich der Aufwand der genetischen Analyse deutlich.

Weitere Studien sind nötig, um herauszufinden, ob die Mutationslast ein valider Biomarker ist, um das Ansprechen auf eine Immuntherapie bei verschiedenen Tumorarten treffsicher vorherzusagen.

(Quelle: Prof. Dr. Christoph Röcken, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel)

 

KLARE HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN - FERTILITÄTSERHALT BEI ONKOLOGISCHEN THERAPIEN

Dieses Thema ist noch immer das „Stiefkind“ der Onkologie, so die Referenten der Pressekonferenz von Gynäkologen, Urologen und Reproduktionsmedizinern auf dem 33. DKK 2018 in Berlin.

Kinderwunsch ist integraler Bestandteil jeden Lebens. Eine neue S2k-Leitlinie steckt den Rahmen ab für die Fruchtbarkeitserhaltung bei Mädchen, Frauen, Jungen und Männern. Steigende Überlebensraten bei Krebserkrankungen und ein zunehmendes Bewußtsein für die Lebensqualität nach Krebs haben eine zunehmende Öffentlichkeit.

Wir wissen heute, Fortschritte in der Reproduktionsmedizin bieten Patientinnen und Patienten fertilitätserhaltende Maßnahmen. Um eine Finanzierung dieser Maßnahmen bei gesetzlich Versicherten wird gegenwärtig gerungen.

Erlebnisse bei der Stiftung „Junge Erwachsene mit Krebs“ und Gespräche mit jungen Frauen, die keine Aufklärung und Information über diese Möglichkeiten bekamen, haben uns sensibilisiert und motiviert, diese Problematik immer wieder zu publizieren. Diese jungen Frauen und ihre Partner haben heute keine Chance mehr auf ein eigenes Kind.

Wir haben nachgefragt: Wenn die Chancen so gegeben sind, weshalb wurde nicht informiert?

Vieles ist neu – vieles war noch nicht so klar! Aber: „Wer heute als Behandler nicht über Fertilitätserhalt aufklärt, der macht einen Fehler!“ So Prof. Dr. med. Matthias Beckmann, Erlangen. „Eine klare rechtliche Situation!“

Informieren Sie sich über dieses sehr komplexe Thema. Erste Gespräche mit behandelnden Ärzten sind schon in der Kinderonkologie angesagt.

(Quelle DGGG, DGU, DGRM zum 33. DKK 2018)

 

Zertifiziertes onkologisches Zentrum: Evangelisches Klinikum Bethel

Prof. Dr. med. Florian Weißinger, Chefarzt der Klinik für Hämatologie/ Onkologie, Stammzelltransplantation und Palliativmedizin, Evangelisches Klinikum Bethel (EvKB), Bielefeld

Im Interview mit Dagmar Moldenhauer, Redaktionsleitung.

Guten Tag, Herr Professor Weißinger. Wir sind seit einiger Zeit im Gespräch über ein kurzes Porträt Ihrer Klinik in unseren „Aktuellen Gesundheitsnachrichten“. Für unsere Leserschaft: Heute ein erstes Kennenlernen. Nach dem folgenden Gedankenaustausch finden unsere Leserinnen und Leser zwei Beiträge von Ihnen und Ihrem Team, die den Anspruch Ihrer Klinik an das Miteinander von Arzt- Patient und das menschliche Wertesystem in Ihrer Arbeit gegen den Krebs zeigen.

Das Evangelische Klinikum Bethel hat eine lange Tradition, die sich nach unseren gemeinsamen Gesprächen und unserer Sicht in Ihrer ärztlichen Philosophie und onkologischen Tätigkeit wiederfindet. Sie engagieren sich zu Ihrer Chefarztverantwortung auch in der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) und setzen sich für die Förderung der zertifizierten Krebszentren ein. Eine Fülle von Aufgaben.

D. M.: Meine erste Frage. Krebsbetroffenen wird heute empfohlen, sich einem zertifizierten Krebszentrum anzuvertrauen. Das von Ihnen geleitete Onkologische Zentrum am Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB) ist von der DGHO zertifiziert worden. Ist diese Zertifizierung mit der von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) vergleichbar? Was kennzeichnet Ihre Klinik ganz besonders?

Prof. Weißinger: Die Zertifizierung der DGHO legt den Schwerpunkt auf die medizinischen Abläufe. Hierbei werden vor allem die zentralen Aufgaben der Medizinischen Onkologie, wie die Sicherheit der medikamentösen Systemtherapie, Nebenwirkungsmanagement, sinnvoller Einsatz der Supportivtherapie und Palliativmedizin, sowie die aktiven Studien beurteilt. Neben diesen beschriebenen Schwerpunkten gibt es viele Gemeinsamkeiten bei den Zertifizierungsverfahren durch die DGHO und die DKG und es wird zukünftig geplant, die beiden Verfahren anzunähern. Unsere Klinik bietet außer der allogenen Stammzelltransplantation alle Therapieverfahren incl. Chemotherapie, Immuntherapie, gezielte Therapie mit „small molecules“ an.

Es kennzeichnet unsere Arbeit im Onkologischen Zentrum, dass wir sehr eng interdisziplinär arbeiten und in den Tumorkonferenzen die Patienten in allen Facetten intensiv diskutieren. Das ärztliche und pflegerische Team ist seit Jahren in der Klinik zusammen und zeichnet sich durch große Erfahrung und eine sehr gute Gesprächskultur mit den Patienten aus.

In der Klinik bieten wir zusätzlich zu den genannten Behandlungen eine Vielfalt an unterstützenden Maßnahmen von sehr engagierten Mitarbeitern an. Hierzu zählen psychoonkologische Betreuung, Musiktherapie, Kunsttherapie, Physiotherapie, seelsorgerische Begleitung, Ernährungsberatung und Sozialdienst.

D. M.: Interessierte Leserinnen und Leser finden heute auf der Suche nach neuem Wissen über Krebs den Begriff der Systemtherapie auch auf Ihrer Internetseite. Sie stoßen gegenwärtig auf eine Reihe von neuen Begriffen, die für den Betroffenen nicht immer leicht zu erklären sind. Wie können Krebsbetroffene den Begriff der Systemtherapie verstehen?

Prof. Weißinger: Wir verwenden den Begriff „Systemische Tumortherapie“ für Therapien, die den ganzen Körper behandeln. Hierzu gehören neben der Chemotherapie auch Immuntherapien und ebenso Tablettenbehandlungen, wie die gezielte Therapie („targeted therapy“) mit kleinen Molekülen, die in die Signalwege der Zellen gezielt eingreifen.

Da bei der Krebsbehandlung diese Vielfalt an Therapiemöglichkeiten mittlerweile bei vielen Erkrankungen Anwendung findet, ist die Beschreibung mit dem Oberbegriff „Systemische Tumortherapie“ sinnvoll. Das unterscheidet diese Art der Behandlung von den lokal wirksamen Therapien, wie z.B. die Chirurgie oder die Strahlentherapie.

D. M.: Wie werden Sie den komplexen Aufgaben des Tumorzentrums und der auf den einzelnen Patienten ausgerichteten Krebstherapien kompetent, personell, zeitlich und nicht zuletzt finanziell gerecht? Finden Sie in der von Bodelschwinghschen Stiftung Unterstützung für diese großen Herausforderungen der Onkologie in Ihrer Klinik? Oder wird ärztliches Handeln auch betriebswirtschaftlich mitbestimmt?

Prof. Weißinger: Der Träger des Evangelischen Klinikums Bethel, die von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, unterstützt das Tumorzentrum und steht hinter einer bestmöglichen Patientenversorgung. Unter anderem werden über die Stiftung Pflegestellen der Palliativmedizin und eine Koordinatorenstelle für die konsiliarische multidisziplinäre Palliativversorgung finanziert.

D. M.: In Ihrem Team haben Sie eine bemerkenswerte personelle Basis für die Komplementärmedizin, Musik- und Kunsttherapeutinnen, die klinische Ethik, Sozialberatung, Psychoonkologie. Wie wichtig ist Ihnen die Integration von Komplementärmedizin in die klassische Krebsmedizin? Legen Sie darauf auch in anderen zertifizierten Krebszentren wert?

Prof. Weißinger: Komplementäre Medizin wird in unserem Tumorzentrum nicht als eigenständiges Angebot vorgehalten. Die Komplementärmedizin als Ergänzung zur Schulmedizin kann das Befinden der Patienten unterstützen und ist daher für Patienten eine Möglichkeit, auch neben der Schulmedizin aktiv zu sein. Wir bieten hierbei eine persönliche Beratung an, die verschiedenen Angebote einzuordnen und in bezug auf die Verträglichkeit mit den Schulmedizinischen Therapien einzuschätzen.

Im Gegensatz hierzu steht die Alternativmedizin, die nicht als Alternative zur Schulmedizin zu akzeptieren ist, da durch den Ersatz der Schulmedizin den Patienten effektive Behandlungen vorenthalten werden.

D. M.: Eine letzte Frage, Herr Professor Weißinger. Wenn unsere Leserinnen und Leser Ihre Gedanken lesen, dann ist der 33. Deutsche Krebskongress bereits schon wieder Vergangenheit. Wie bewerten Sie nach den aktuellen und neuen Erfahrungen des Kongresses die Therapieergebnisse in der Krebsbehandlung an Ihrer Klinik heute – welche Aufgaben, welche Visionen sehen Sie?

Prof. Weißinger: Wir sind heute in der Krebsmedizin in einer Zeit mit vielen Neuerungen in der Diagnostik und Therapie. So sehen wir, dass diagnostische Möglichkeiten über die Sequenzierung des Erbmaterials uns viele Informationen über die individuellen Tumoren bietet – eine bislang nicht dagewesene Basis für die Therapieentscheidungen. Dies bedeutet für viele der neuen Therapien erkrankungsübergreifende Behandlungskonzepte. Als weitere zukunftsweisende Möglichkeit ist die Immuntherapie zu nennen, die bereits heute bei vielen Krebserkrankungen eingesetzt wird.

Diese neuen diagnostischen und therapeutischen Konzepte werden in die interdisziplinären Behandlungen integriert werden.

Nach meiner Einschätzung wird es trotz dieser begeisternden neuen Möglichkeiten für die Patienten zentral bleiben, dass sich die Ärzte mit allen beteiligten Berufsgruppen persönlich, empathisch, mit der erforderlichen Zeit für Gespräche um die Bedürfnisse kümmern.

Die wichtigen Themen:

  • Umgang mit der Erkrankung
  • Umgang mit den Behandlungen
  • Nebenwirkungsmanagement
  • unterstützende Therapien
  • Begleitung auch in der letzten Lebensphase

werden immer nur durch den hohen Einsatz der beteiligten Personen im Sinne der Patienten versorgt werden können.

D. M.: Vielen herzlichen Dank für das vertrauensvolle Gespräch. Wir wünschen Ihnen weiterhin erfolgreiche Behandlungen und zufriedene Patienten.

Weitere Informationen:
www.evkb.de
Evangelisches Klinikum Bethel, Klinik für Innere Medizin, Hämatologie/Onkologie, Stammzelltransplantation und Palliativmedizin,
Schildescherstr. 99, 33633 Bielefeld
info@evbk.de, Tel. 0521-772700

 

„Was der Welt am meisten fehlt, sind Menschen, die sich mit den Nöten anderer beschäftigen.“ (Albert Schweitzer)

 

Ärztliche Kommunikation in kritischen Lebenssituationen

   

Links: Prof. Dr. med. Florian Weißinger, Chefarzt
Rechts: Dr. med. Stefan Sonnenberg, Oberarzt
Evangelisches Klinikum Bethel (EvKB), Klinik für Innere Medizin, Hämatologie/Onkologie, Stammzelltransplantation und Palliativmedizin

Die Kommunikation des Arztes mit seinen Patienten, den Angehörigen und dem weiteren behandelnden Team, z.B. mit Pflegenden und Physiotherapeuten, bestand bis vor nicht allzu langer Zeit aus einem oft einseitigen Gespräch. Der „Halbgott in weiß“ hat die Diagnose und Behandlung festgelegt, die in der Regel von den Beteiligten akzeptiert und ausgeführt wurde.

Die Einbeziehung der Patienten in die diagnostischen und therapeutischen Überlegungen sowie die Beratung der Patienten gehören heute zum aktuellen Verständnis einer guten Arzt-Patienten-Beziehung.

Im ärztlichen Alltag nimmt das Gespräch mit den Patienten daher eine immer wichtigere Rolle ein. Auch der Austausch mit Angehörigen und betreuenden Kollegen nimmt, vor allem durch die erforderliche interdisziplinäre Betreuung, immer mehr zu. Sie bietet dem Arzt die Chance, sich ein genaueres Bild von der Situation des Patienten zu machen und im Bedarfsfall die Therapieplanung anpassen zu können. Hierdurch ist es dem Arzt und dem gesamten Behandlungsteam möglich, eine immer bessere, individuell auf den Patienten ausgerichtete Versorgung leisten zu können.

Die größte Herausforderung besteht sicherlich in der Vermittlung von einschneidenden Diagnosen („breaking bad news“).

Beispielsituation: Bei einem 32-jährigen Patienten, Herrn K., wurde die Diagnose eines metastasierten Magenkarzinoms gestellt. Die Diagnostik war aufgrund von Gewichtsabnahme und Oberbauchbeschwerden eingeleitet worden. Herr K. ist als Abteilungsleiter einer lokalen Firma tätig, er ist verheiratet, hat zwei Kinder im Alter von fünf und drei Jahren. Herr K. und seine Frau kommen zum Gespräch und erwarten die Untersuchungsergebnisse. Von der Diagnose wissen sie noch nichts. Der Patient und seine Ehefrau werden in dieser Situation mit lebensentscheidenden Informationen konfrontiert.

Den Arzt erwartet eine Vielzahl von Dimensionen in diesem Gespräch:

  • Informationsübermittlung über die Diagnose und die möglichen Therapien
  • Bei der Diagnose Krebs, insbesondere im metastasierten Stadium, die Konfrontation mit:
    - Leiden, Schmerzen, belastenden Therapien
    - der Endlichkeit des Lebens, dem Tod
    - die Störung der Familienstruktur, die Möglichkeit, den Kindern nicht lange zur Seite stehen zu können
    - der Nichtfortsetzung der beruflichen Karriere mit einschneidenden sozialen und wirtschaftlichen Änderungen
  • Hoffnung, durch eine Behandlung eine Besserung/Heilung zu erreichen
  • Zweifel an oder Nicht-Akzeptanz der Diagnose und Therapieempfehlung

Selbst zu Beginn dieses Jahrhunderts wurden solche komplexen Gesprächssituationen nur sehr eingeschränkt an der Universität gelehrt. Oftmals wurde man von älteren Kollegen in derartige Gespräche mitgenommen, um zu sehen, wie diese das Gespräch führen. Neben dieser begrenzten Anleitung musste man sich auf sein eigenes Gespür verlassen. „Learning by doing“ mit Selbstreflexion war der Weg, Erfahrung zu sammeln.

Mit zunehmender Erkenntnis der Wichtigkeit einer guten Arzt-Patient-Kommunikation wurde das sehr wichtige Thema Kommunikation und Gesprächsführung auch endlich zu einem Bestandteil des universitären Lehrplans.

Da jedoch geade in den ersten Berufsjahren durch eine nur begrenzte Erfahrung eine gewisse Unsicherheit vorliegt, helfen vorgegebene Strukturen für ein gutes Gespräch.

Es ist zum Beispiel das sogenannte SPIKES Modell für die Überbringung von schlechten Nachrichten („breaking bad news“) entwickelt worden. Die Buchstaben stehen für:

S > Setting, Gestaltung der Gesprächssituation, Finden der adäquaten, möglichst geschützten räumlichen Verhältnisse und Teilnahme der wichtigen Personen, möglicherweise auch eine Begrenzung der Teilnehmerzahl. Das Gespräch auf dem Flur nach Ansprechen durch Angehörige mit z.B. „was ist denn jetzt los mit meinem Vater?“ sollte möglichst diplomatisch vermieden werden.

P > Perception, (Patientenwissen), welches Vorwissen hat der Patient, an welcher Stelle beginne ich meine Erläuterungen, mein Gespräch?

I > Invitation, Einschätzung wie der/die Patient/-in die Nachricht aufnehmen wird, welche Informationen sollten/ können in diesem Gespräch vermittelt werden? Soll eine umfassende Aufklärung oder zunächst nur eine Beschränkung auf das Wesentliche erfolgen?

K > Knowledge, dem Patienten Wissen vermitteln, konkrete Informationen geben, keine missverständlichen, zweideutigen Äußerungen.

E > Emotions, Emotionen des Patienten wahrnehmen, sie aussprechen und ihm Raum geben, diese zu äußern.

S > Strategy, mit dem Patienten eine Strategie entwickeln und konkrete nächste Schritte festlegen. (1)

Generell ist es für den Arzt sehr wichtig, in dieser Situation eine ruhige und klar verständliche Sprache zu benutzen. Fachbegriffe sollten vermieden werden.

Um die Emotionen des Patienten wahrnehmen zu können, sollte man sich der Technik des aktiven Zuhörens bedienen. Hierbei lässt der Arzt Zeit und Raum für Fragen und Anmerkungen und hält keinen Monolog.

Durch z.B. Blickkontakt, kommentieren der Bemerkungen und Zusammenfassungen der benannten Aspekte ist es noch besser zu eruieren, was den/die Patienten/-in in diesem Augenblick bewegt.

Der Arzt soll das Gespräch somit nicht nur zur Informationsvermittlung in eine Richtung führen (Sendungsbedürfnis), sondern durch Fragen an den Patienten, dessen Themen, Anliegen und Probleme erfassen. Damit ist das Gespräch „auf Augenhöhe“ möglich, und es gibt dem Arzt eine höhere Chance, das Gespräch zu beiderseitiger Zufriedenheit zu führen.

Ebenfalls muss man davon ausgehen, dass es von Vorteil sein kann, für diese Gespräche den Patienten die Teilnahme einer Begleitperson anzubieten. Oft ist es dem Betroffenen nach Aussprechen der Tatsache einer möglicherweise nicht mehr heilbaren Krebserkrankung nicht möglich, den weiteren Äußerungen zu folgen. Die Gedanken des Patienten sind dann häufig auf die Auseinandersetzung mit dieser Situation fokussiert. Viele Reflektionen über die lebensändernden Auswirkungen und den eigenen Tod dominieren die Gedanken. So werden häufig große Teile des weiteren Gesprächs nicht adäquat wahrgenommen. Es ist daher meist hilfreich, Folgegespräche zu vereinbaren, um sicherzustellen, dass die Informationen auch angekommen sind.

Besondere Schwierigkeiten können im Alltag auch durch wohlmeinende Angehörige auftreten, die glauben, dass die Konfrontation mit der Diagnose Krebs für den Patienten eine zu große Belastung darstellen würde. Dies ist dann möglicherweise mit der Bitte verknüpft, diese Diagnose dem Patienten zu verheimlichen.

Zum einen schließt man jedoch mit dem Patienten einen Behandlungsvertrag und er hat damit das Recht, zu entscheiden, wer in welcher Weise über die Diagnose und die Konsequenzen informiert werden sollte und natürlich auch, wie sein persönliches Bedürfnis einer Aufklärung ist.

Zum anderen haben Untersuchungen gezeigt, dass bei den Patienten ein hoher Wunsch nach Aufklärung vorliegt. Das British Journal of Cancer veröffentlichte eine Untersuchung, in der 87 % aller Patienten soviel Informationen wie möglich haben wollten. 98 % wollten exakt wissen, ob es ein gut- oder bösartiger Tumor war. 13% der Patienten haben dem Arzt die Entscheidung der Informationsmitteilung überlassen (2).

Ebenso konnte in einer amerikanischen Untersuchung gezeigt werden, dass das Vorenthalten der Wahrheit bei Patienten zu mehr Ängsten, Depressionen sowie zu einem gesteigerten Medikamentenverbrauch geführt hat (3).

Herr Husebø, einer der Mitbegründer der Palliativmedizin, hat es treffend zusammengefasst: „Die Wahrheit wird dich befreien, aber zuerst wirst du dich miserabel fühlen.“

Weitere Probleme nicht nur bei der Aufklärung im Rahmen der Primärdiagnose, sondern auch in der Festlegung des weiteren Vorgehens kann eine fehlende Kommunikationsmöglichkeit mit den Patienten bringen. Dies kann z.B. im Fall einer fortgeschrittenen Demenz oder bei einem Koma vorliegen. In diesem Fall muss der Arzt zusammen mit der bevollmächtigten Person, z.B. aus der Familie, den mutmaßlichen Willen herausfinden.

Am einfachsten ist dieses bei Vorliegen einer Patientenverfügung, in der die aktuelle Situation klar beschrieben ist. Ansonsten muss man versuchen, den mutmaßlichen Willen durch frühere Äußerungen des Patienten zu erarbeiten.

Insbesondere zur Vermeidung von Unstimmigkeiten ist die möglichst frühzeitige Benennung einer bevollmächtigten Person wichtig. Nicht selten existieren in einer Familie unterschiedliche Vorstellungen in bezug auf eine weitere Behandlung, z.B. eine Chemotherapie oder eine rein palliative symptomlindernde Therapie. Hier ist es für den Arzt oft nicht einfach, die Gespräche mit der Familie in einer zielorientierten Weise zu führen und hierüber sinnvolle und richtige Entscheidungen zu treffen. Die Benennung eines Bevollmächtigten, der die Interessen des Patienten vertritt, kann zu einer besseren Kommunikation und damit einer sinnvolleren Entscheidungsfindung beitragen. In gleicher Weise kann das Verfassen einer Patientenverfügung, auch bereits vor einer Diagnosestellung einer Krebserkrankung, durch die Auseinandersetzung mit schwerwiegenden Entscheidungen zu einer besseren Kommunikation beitragen.

So gilt jedoch auch für solche speziellen Gesprächssituationen, wie die Diskussion mit bevollmächtigten Personen bei nicht entscheidungsfähigen Patienten, dass das SPIKES-Modell für die Überbringung schlechter Nachrichten eine gute Gesprächsgrundlage darstellt.

(Literaturverzeichnis: (1). Baile FW et al, The Oncologist, August 2000 vol. 5 no. 4 302-311; (2). V. Jenkins et al, Br J.C., 2001, 84, 48-51; (3). GP Chrousos, et al, ANN.N.Y.ACAD.SCI 1997; 809, 525-536)

Weitere Informationen: www.evkb.de

 

AKTUELLES aus der Krebsmedizin

Große Hoffnung – Immuntherapie

Kann man mit Immuntherapien Krebs bekämpfen? Seit langem versuchen Wissenschaftler, die fehlende Immunreaktion auf Krebszellen künstlich zu erzeugen. Die Hoffnung: Mit gezielten immunologischen Therapien das Tumorwachstum zu bremsen oder sogar ganz aufhalten zu können.

Einige Ansätze haben in der Vergangenheit nicht den erhofften Erfolg gezeigt. Je mehr über die körpereigenen Abwehrmechanismen bekannt ist, desto besser kann man jedoch neue Strategien entwickeln: Mit ihnen kann man gezielter in die Mechanismen der Immunabwehr gegen Krebs eingreifen.

Für diese neuen Ansätze gilt: Bisher gibt es noch nicht sehr viele zugelassene Medikamente. Sie sind nur bei wenigen Tumorarten für Betroffene mit fortgeschrittener Erkrankung geeignet. Sie wirken auch nur bei einem Teil der Patienten - zeigt sich allerdings eine Wirkung, dann kann diese lange anhalten.

Ansätze zur „therapeutischen Impfung gegen Krebs“ bei einer bereits bestehenden Krebserkrankung müssen dagegen überwiegend noch weiter erforscht werden und sind bisher noch kein Standard in der Krebstherapie. Weitere Therapieansätze werden noch in der Grundlagenforschung oder in klinischen Studien geprüft. Aus der Forschung haben sich auch Erkenntnisse ergeben, die Krebspatienten auf andere Weise zugutekommen. Ein Beispiel: Viele neue zielgerichtete Medikamente sind Antikörper - also Eiweiße, die natürlicherweise von Immunzellen gebildet werden.

Die künstlich hergestellten Antikörper richten sich gegen veränderte Strukturen in oder an den Krebszellen. Das bedeutet: Statt das körpereigene Immunsystem eines Patienten oder einer Patientin zu aktivieren, gibt man gezielt hergestellte Antikörper gleich als Medikament.

„Unsere größten Hoffnungsträger heute sind Immuntherapeutika, also Medikamente, die die Selbstheilungskräfte des Körpers stärken oder sogar genetisch veränderte körpereigene Immunzellen, die in den Körper zurückgeführt werden“, so Prof. Lordick, Universitätsklinikum Leipzig.

Diese Entwicklung, die freilich noch stark an Forschung und Studien gebunden ist, wird am universitären Standort Leipzig vorangetrieben durch eine neu eingerichtete Professur für Immunonkologie. Mit der Berufung von Prof. Dr. Ulrike Köhl, einer Spezialistin für zelluläre Immuntherapeutika, wird die krebsmedizinische Expertise der Leipziger Universitätsmedizin verstärkt.

(Quelle: KID, DKFZ, Universitätsklinikum Leipzig)

 

Bedeutung der Patientenverfügung für Krebspatienten

   

Links: Tanja Löbbing, Master of Medicine, Ethics and Law, Klinische Ethikerin
Rechts: Dr. med. Klaus Kobert, Master of Bioethics, Leitender klinischer Ethiker
Evangelisches Klinikum Bethel (EvKB), Klinische Ethik

Die Abteilung für Klinische Ethik des Evangelischen Klinikums Bethel hat in der täglichen Praxis verschiedene Berührungspunkte mit dem Thema Patientenverfügung. Zum einen erreichen sie häufig Nachfragen zu den Themen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht von Patienten und Angehörigen, die solche Dokumente für sich selbst verfassen möchten. Zum anderen sind Patientenverfügungen immer wieder Anlass für die Durchführung eines Ethikkonsils.

Bei diesen professionell moderierten Gesprächen handelt es sich um ein Unterstützungsangebot des Evangelischen Klinikums Bethel zur Entscheidungsfindung in schwierigen Behandlungssituationen, das seit vielen Jahren institutionell etabliert ist und nachgefragt wird.

An den Ethikkonsilen sind unterschiedliche Berufsgruppen wie Ärzte, Gesundheits- und Krankenpfleger, begleitende Dienste sowie Seelsorger oder andere ebenso wie nach Möglichkeit und Wunsch, der Patient und seine Angehörigen beteiligt. Oft geht es dabei um einen Patienten auf einer Intensivstation, der nicht mehr für sich selbst sprechen kann. Dann ist die Patientenverfügung aufgrund ihrer juristischen Bedeutung ein gewichtiger Baustein bei der Ermittlung des Willens eines beispielsweise bewusstlosen Patienten.

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es selbst bei einer detailliert ausgearbeiteten Patientenverfügung meist weiteren Klärungsbedarf gibt. So beispielsweise im Hinblick darauf, ob eine darin beschriebene Lebenslage in einer Behandlungssituation vorliegt oder nicht. Dies belegt die Auswertung der über 500 dokumentierten Ethikkonsile der vergangenen 10 Jahre. Dabei zeigte sich, dass bei Patienten, die 65 Jahre oder älter waren und deren Behandlung Thema des Ethikkonsils war, in knapp 30% eine Patientenverfügung vorgelegen hat.

Patientenverfügung als Vorsorgeinstrument

Eine Patientenverfügung kann aber zweifellos ein hilfreiches Instrument sein, um für den Fall, dass der Betreffende nicht mehr einwilligungsfähig ist, vorzusorgen. Der Inhalt eines solchen Dokumentes kann sich im Laufe des Lebens, abhängig von der eigenen Gesundheit, eigenen Wertvorstellungen und Haltungen und persönlicher Erfahrung immer wieder verändern, solange der Verfasser einwilligungsfähig ist. Vielen Menschen fällt es schwer, sich in einen Zustand hineinzuversetzen, in dem sie schwer krank sind und nicht länger ihren Wünschen und Vorstellungen Ausdruck verleihen können.

Oft erscheinen ausgewählte Beispiele abstrakt, zugleich stellen sich viele Fragen. Das Angebot an Formularen und Textbausteinen zu Patientenverfügungen ist groß. Bezüglich der Gütekriterien müssen bestimmte inhaltliche Aussagen getroffen werden, um letztlich ein Dokument zu erhalten, das in der konkreten Anwendungssituation den rechtlichen Anforderungen genügt und zugleich umsetzbar ist. Sowohl die Situationen, in denen die Patientenverfügung gelten soll, als auch die lebensverlängernden Maßnahmen, die gewünscht oder nicht mehr gewünscht sind, müssen dazu als solche konkret und ausdrücklich aufgeführt werden.

Eine fachkundige Beratung kann Unsicherheiten klären, Fallstricke aufzeigen und ist dringend anzuraten. Einen gesetzlichen Anspruch auf Beratung gibt es jedoch nicht.

Diagnose Krebs

Eine Krebserkrankung ist ein einschneidendes Ereignis, welches die persönliche Lebenssituation grundlegend verändert und auch das weitere Leben prägen kann. Mit dem Erhalt einer entsprechenden Diagnose gehen Menschen unterschiedlich um. Dabei spielen sicherlich viele verschiedene Gefühle eine Rolle – von einer Empfindung der Lähmung bis hin zu dem Wunsch, das weitere Geschehen so gut wie möglich zu kontrollieren.

Eventuell führt die Diagnose dazu, dass eine möglicherweise bereits bestehende Patientenverfügung bekräftigt, revidiert oder auf die aktuellen Belange hin spezifiziert wird.

Gleichzeitig ist ein impulshaftes Aufsetzen oder Abändern einer Patientenverfügung als unmittelbare Reaktion auf die Diagnose verständlich, erfahrungsgemäß jedoch wenig glücklich. Ähnliches gilt, wenn Menschen vor schwerwiegenden Operationen, manchmal sogar am Vortag oder am Tage einer solchen, eine Patientenverfügung aufsetzen möchten. Beide Situationen verlangen dem Betroffenen mental sehr viel ab. Daher ist dieser Schritt in Ausnahmefällen für den einzelnen möglicherweise der Richtige, grundsätzlich sollte jedoch aus unserer Erfahrung heraus davon Abstand genommen werden. Überlegt werden kann, ob der Betroffene in der akuten Situation zunächst nur eine Vorsorgevollmacht erstellt, sofern er eine Vertrauensperson hat.

In einer solchen Lage ist es von Bedeutung, Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zu halten und auch im weiteren Verlauf im Gespräch zu bleiben. Dabei ist insbesondere die Frage wichtig, was im weiteren Krankheitsverlauf möglicherweise auf den Patienten zukommen wird.

Dies umfasst nicht nur Behandlungsoptionen. Bei bestimmten Krebserkrankungen können typische belastende Symptome, wie beispielsweise Luftnot oder Verdauungsprobleme auftreten. Über weite Behandlungsabschnitte wird eine Patientenverfügung zunächst außen vor bleiben, da der Patient in gutem und fortgesetztem Austausch mit seinem behandelnden Arzt ist. Dennoch kann sich dies schlagartig und jederzeit, beispielsweise infolge einer akuten Krise, verändern oder aber es kann als schleichender Prozess zu einem Zustand der Einwilligungsunfähigkeit kommen. In dieser Situation wäre eine Patientenverfügung eine äußerst wertvolle und verbindliche Richtschnur in Bezug auf die Ermittlung des Patientenwillens.

In der Onkologie erfährt eine Patientenverfügung insbesondere in der letzten Lebensphase ihre Bedeutung, wenn der Patient nicht länger selbst für sich sprechen kann. In einer Patientenverfügung könnte dann auch seine Haltung zu den Möglichkeiten einer palliativen Sedierung mit einem möglichen unbeabsichtigten, lebensverkürzenden Effekt festgehalten sein. Auch ist die Abklärung hinsichtlich des Umgangs mit möglicherweise auftretenden Komplikationen, wie beispielsweise schweren Pneumonien, sehr wichtig.

Bedeutung der Patientenverfügung für Krebspatienten

Grundsätzlich kann der Inhalt einer Patientenverfügung dem Betroffenen nur dann gerecht werden, wenn dieser auf seine persönlichen Wertvorstellungen und Haltungen zugeschnitten ist.

Je gewissenhafter dabei die Auseinandersetzung mit der Thematik, im Idealfall unter Einbezug fachkundiger Beratung zur Patientenverfügung und im Dialog und Austausch mit den behandelnden Ärzten, desto größer ist die Aussicht, dass der Inhalt der Patientenverfügung in der konkreten Situation eine Hilfe sein kann.

Es ist daher empfehlenswert, dass das Gespräch zusätzlich mit Menschen des Vertrauens über die Inhalte der eigenen Patientenverfügung geführt wird. So profitieren letztlich sowohl der Verfasser der Patientenverfügung als auch seine Vertrauten. Letztere können dabei im Ernstfall entscheidende ergänzende Hinweise geben, welche Situation der Betroffene bei dem Aufsetzen seiner Patientenverfügung konkret vor Augen hatte.

Sie erfahren durch den vorangegangenen Austausch, welche Vorstellungen und Wünsche der Betroffene für den Fall schwerer Krankheit hat, zum Beispiel im Endstadium einer Krebserkrankung. In einer für die Vertrauenspersonen herausfordernden Situation kann dieses Wissen eine enorme Entlastung darstellen, besonders wenn sie gleichzeitig als gesetzlicher Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigter eingesetzt wurden und als solche dem Willen des Patienten an seiner Stelle Ausdruck verleihen müssen.

Fazit: Handlungsfähigkeit nutzen

Erfahrungsgemäß ist es oft nicht ausreichend, den verfügten Willen singulär zu betrachten. Dieser ist in einen größeren Kontext eingebettet, in dem der berichtete mutmaßliche Wille die in der Patientenverfügung gemachten Aussagen nochmals schärfen kann. Es ist sehr zu empfehlen, sich frühzeitig mit dem Thema Vorsorgeregelungen auseinanderzusetzen. Nach dem Erhalt einer Krebsdiagnose kommt – je nach Art und Stadium der Erkrankung – eine neue Dynamik in die Auseinandersetzung mit existentiellen Fragen. In einer derart herausfordernden Situation sich dann noch erstmals in die Instrumente Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht hineinzudenken, ist zwar wichtig, aber belastend.

Auch wenn eine Patientenverfügung sich, wie beschrieben, im Lebensverlauf durchaus wandeln kann, ist der Prozess der frühzeitigen Auseinandersetzung mit diesen Themen für den Einzelnen und auch sein Umfeld gut. Gibt es eine Vertrauensperson, empfiehlt es sich, über die Erstellung einer entsprechenden Vorsorgevollmacht nachzudenken.

Hinsichtlich der Formulare gibt es heutzutage auch die Möglichkeit, Patientenverfügungen zu nutzen, die sich einer einfachen Sprache, verbunden mit der Verwendung von Bildern, bedienen. Viele Broschüren halten auch Erklärungstexte bereit. In jedem Fall sollte zusätzlich eine fachkundige Beratung in Anspruch genommen werden, um schlussendlich die individuellen Vorstellungen der Verfügenden unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse auf angemessene und belastbare Art und Weise dokumentiert zu haben.

Weitere Informationen: www.evkb.de

 

„Endlose Nacht. „Schlafes Bruder“ – Bruder schlaf. Ich zähle das dreihunderteinste Schaf. Es ist nichts zu machen – Licht an – Licht aus. Ich bin hellwach und doch so müde. Ich schlürfe gebeugt und gebeutelt durch‘s Haus, knabber‘ Nüsse aus der Tüte. Ist‘s der Föhn, der Nebel, der Vollmond, ein Tief? Alle „Geister“ sind da, die ich nie rief. Sie sitzen im Kopf, ich denke im Kreise ... Wie wäre es, wenn ich morgen verreise ...?“ (Regine Kelm)

 

AKTUELLES - 33. DEUTSCHER KREBSKONGRESS 2018

HERAUSFORDERUNGEN IN PATIENTENORIENTIERTER PALLIATIVVERSORGUNG

2015 erschien das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland. An vielen Stellen ist dadurch eine Sensibilisierung für Palliativthemen erfolgt. Leider kommt in der realen Versorgung von den beabsichtigten Verbesserungen, sowohl beim Leistungserbringer als auch bei den Patienten und ihren Angehörigen, noch zu wenig an.

Besonders bei onkologischen Patienten gibt es mittlerweile genügend Evidenz für den Nutzen eines frühzeitigen Einsatzes der Palliativmedizin, genau dann, wenn der Patient die Diagnose „unheilbar krank“ erhält. Trotzdem ist es bislang nicht geglückt, verbindliche Strukturen dafür zu schaffen, damit diese frühzeitige palliativmedizinische Versorgung auch beim Patienten ankommt. Die meisten Patienten möchten am Lebensende gerne zuhause versorgt werden. Damit stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt man diesen Wunsch in die Behandlungsprozesse integriert.

Auch um potenzielle Therapieempfehlungen am Lebensende in die Lebensrealität der Betroffenen zu übersetzen, braucht es rechtzeitige Planung. Dabei sollten Palliativmediziner, Fachärzte, Hausarzt und Pflege einbezogen werden. Das setzt aber Strukturen voraus, die im Vorfeld eine palliativmedizinische Bewertung ermöglichen. Außerdem fehlen im ambulanten Sektor palliativmedizinische Beratungsangebote für Angehörige und Patienten. Das ließe sich über Kooperationen der Palliativmedizin oder Pflege mit den bestehenden ambulanten Einrichtungen oder mit onkologischen Praxen einrichten.

Die Notwendigkeit für strukturelle Veränderungen wurde 2015 erstmals in einer S3-Leitlinie zur Palliativversorgung von Krebspatienten formuliert. Es konnte klar gezeigt werden, wo es gute palliativmedizinische Evidenz gibt und wo noch Nachholbedarf besteht. Die Notwendigkeit für mehr Forschung, sowohl für Therapiestudien als auch für Versorgungsforschung sind zwingend.

Für das Defizit gibt es verschiedene Gründe: Bei Forschungsfragen, die nicht im Zusammenhang mit neuen Medikamenten oder Therapien stehen, ist das Interesse der Industrie an einer Studienfinanzierung gering. Außerdem erfolgt die Versorgung am Lebensende oft dezentral, also zum Beispiel im häuslichen Umfeld. Da ist es schwieriger, eine vernünftige Studienstruktur aufzubauen. Mittlerweile haben wir aber genügend Kompetenz, um solche Studien betreuen zu können. Es ist an der Zeit, dass für Palliativpatienten, vor allem am Lebensende, situationssensibel und ethisch verantwortlich geforscht wird.

(Quelle: Dr. Bernd Oliver Maier, St. Josefs-Hospital, Wiesbaden DKK 2018/bearb.)

 

33. Deutscher Krebskongress 2018, Berlin - Eine Rückblende

Vom 21. bis 24. Februar 2018 fand in Berlin der 33. Deutsche Krebskongress statt. Unter dem Motto „Perspektiven verändern Krebs – Krebs verändert Perspektiven“ diskutierten 12.000 Experten, so viele wie noch nie, dort die jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Krebsmedizin sowie aktuelle gesundheitspolitische Aspekte der Versorgung von Krebspatienten in Deutschland.

Der Deutsche Krebskongress, der alle 2 Jahre stattfindet, ist der größte onkologische Fachkongress im deutschsprachigen Raum und wird gemeinsam von der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe ausgerichtet.

Mit der Eröffnung des Kongresses gab es eine Standort- und Zielbestimmung.
Im Fokus: Eine bessere Früherkennung und eine konsequente Qualitätssicherung der Primärbehandlung. Das Zertifizierungsprogramm der Deutschen Krebsgesellschaft sowie der weitere Auf- und Ausbau der epidemiologischen Krebsregister sollen vorangebracht werden. Europaweit liegt Deutschland beim Vergleich der Qualität der Krebsversorgung weiterhin nur im Mittelfeld.

Noch immer erkranken jährlich etwa 500.000 Menschen neu an Krebs.
Erfreulicherweise steigen die Zahlen der Überlebenden. Dennoch sterben jährlich in Deutschland immer noch mehr als 200.000 Menschen an Krebs. Das sind die großen Herausforderungen der Onkologie.

Bei vielen Tumoren gibt es Nachholbedarf in der Früherkennung.
Ein Beispiel: Das Prostatakarzinom, das in der Statistik der Krebs-Todesursachen bei Männern nach Darmkrebs auf Platz zwei liegt. Angestrebt werden soll eine flächendeckende intelligente, risikoadaptierte Früherkennung. Neue Therapien in der Akutbehandlung und die Versorgungsstrukturen generell sind entscheidend für das Überleben.

Neue Perspektiven durch Innovationen in der Diagnostik und Stärkung der Patientenorientierung sowie die Qualität der Krebsversorgung wurden unter Aspekten der Interdisziplinarität und Qualitätssicherung diskutiert.

Im Kontext mit der Weiterentwicklung der onkologischen Bildgebung in Deutschland wurde die weltmarktführende Position deutlich. Allerdings stellte sich die Frage: Hilft das wirklich dem Patienten? Wichtig scheint, dass die Strukturen für einen breiten Einsatz geschaffen werden müssen, damit die Fortschritte in der radiologischen Bildgebung, der PET-Hybrid-Bildgebung sowie der molekularen Pathologie als Grundlagen einer präzisen Krebstherapie auch wirklich beim Patienten ankommen.

Kongresspräsident Prof. Thomas Wiegel im Gespräch mit Vertretern der Krebs-Selbsthilfe

Patienten entscheiden sich immer häufiger für die Behandlung in zertifizierten onkologischen Spitzenzentren. Gegenwärtig gibt es 14 Comprehensive Cancer Center (CCC) in Deutschland und mehr als 1.000 Zentren mit einer Zertifizerung der DKG.

Wir wollen den Begriff Patientenorientierung etwas genauer betrachten.
Der moderne Patient will nicht mehr der folgsame Dulder sondern der kompetente Gesprächspartner seiner Behandler sein.
Was ist dafür nötig?

  • Der Patient braucht auf ihn zugeschnittene und qualitätsgesicherte Informationen (siehe Patientenrechtegesetz 2013).
  • Die Kommunikationskompetenz der Ärzte muss gestärkt werden, Informationen sollen verständlich, einfühlsam und der individuellen Situation des Patienten entsprechen.
  • Arzt und Patient werden Partner und tragen gleichberechtigt und gemeinsam diagnostische und therapeutische Maßnahmen (gemeinsame Entscheidungsfindung).

Palliative Versorgung und onkologische Pflege

Ein weiteres Thema des Kongresses hat in Vorträgen und Diskussionen auf überengagierte und auch erschreckende Situationen in der Pflege aufmerksam gemacht.

Ein Beispiel überengagierter Therapieentscheidung:
Internationale Analysen zeigen, dass 2 bis 26 % aller Krebspatienten in den letzten 14 Lebenstagen (noch) eine Tumortherapie erhalten. Die negativen Folgen für die Patienten liegen auf der Hand. Ein Sterben am gewünschten Ort ist nicht gegeben und die Trauer der Hinterbliebenen wird erschwert. Bleibt die Frage nach dem Nutzen einer derartig überengagierten Versorgung ohne Antwort?

Aufrüttelnd sind Informationen zum Pflegenotstand in Deutschland:
Lassen wir Zahlen sprechen. Rund 500.000 Menschen erhalten jedes Jahr die Diagnose Krebs. Der Bedarf an onkologisch qualifizierten Pflegefachkräften steigt somit unaufhörlich. Offene Stellen können nicht besetzt werden, die ausgebildeten Fachkräfte fehlen. Heute versorgt eine Pflegekraft 13 Patienten. Deutschland hat rund 2.000 Krankenhäuser. Es fehlen insgesamt 70.000 Pflegekräfte.

Die Situation ist derartig kritisch, dass sich Pflegefachkräfte zu allererst eine Kollegin/einen Kollegen an ihrer Seite wünschen, bevor sie an mehr und angemessenes Gehalt denken. Gebraucht werden eine sachgerechte Personalbemessung und ein Qualifikationsmix auf den Stationen.

Es muss etwas geschehen, um die Massenflucht aus dem Pflegeberuf aufzuhalten! In diesen o.g. Zahlen ist der Bedarf im ambulanten Pflegebereich nicht enthalten!

Bewegungstherapie bei Krebspatienten ist hocheffektiv

Viele Krebspatienten leiden unter den Nebenwirkungen ihrer Therapie. Schwerpunkt der Betrachtung: Das Fatigue-Syndrom und die Polyneuropathie, eine Schädigung der Nerven. Am CIO, dem Centrum für Integrierte Onkologie in Köln, in der Arbeitsgruppe Onkologische Bewegungsmedizin unter der Leitung von PD Dr. Freerk Baumann, gibt es neue Erkenntnisse zu bewegungstherapeutischen Optionen.

Aktuelle Studienergebnisse, u.a. auch eine Meta-Analyse aus den USA, konnten belegen: Körperliche Aktivität vermindert die Beschwerden erfolgreicher als eine medizinische oder psychologische Therapie!

Trotz der Erfolge ist es schwierig, derartige Versorgungsstrukturen für alle Patienten zu schaffen. Das therapeutische Training während der Krebstherapie wird individuell auf jeden Patienten angepasst. Aber es fehlen speziell ausgebildete Sport- und Bewegungstherapeuten. Ebenso gibt es räumliche und finanzielle Engpässe. Würde die Sporttherapie in den Heilmittelkatalog aufgenommen, wäre es den Krebszentren deutlich einfacher, entsprechende bewegungstherapeutische Strukturen aufzubauen.

Komplementäre Onkologie

Immerhin 8 Veranstaltungen des DKK widmeten sich komplementären Verfahren und ihrem Stellenwert im onkologischen Therapiespektrum. Mehrfach wurde die unverändert bestehende Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit beschrieben. Auf der einen Seite der Wunsch der Patienten, auch komplementärmedizinische Verfahren angeboten zu bekommen – bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Mamma-Carzinom sind es 75% (Carlo et al 2017) – und die mangelhafte Realisierung durch die meisten Onkologen auf der anderen Seite.

Der Begriff „Komplementärmedizin“, also „ergänzende Medizin“, beschreibt den Stellenwert der entsprechenden Verfahren zwar deutlich besser als die Bezeichnung „Alternativmedizin“, denn sie sind keine „Alternative“ zur Schulmedizin. Aber viele Referenten sehen darin immer noch eine gewisse Geringschätzung.

Diese Verfahren sollen keine optionale Ergänzung sein, sondern integraler Bestandteil eines jeden onkologischen Therapiekonzeptes. Der Begriff „Integrative Onkologie“ scheint sich zunehmend durchzusetzen.

Viele onkologische Zentren öffnen sich dieser Integration, solange es sich um gut belegte Therapieverfahren wie Achtsamkeitstraining, kognitive Verhaltenstherapie, Hypnose, Entspannungsverfahren, Yoga, Bewegungstherapie u. ä. handelt. Dabei geht es weniger um die Quantität (Lebensverlängerung) als um die Qualität des Lebens, also Nebenwirkungs-Management (Fatigue, Übelkeit, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Gelenks-, Nervenbeschwerden u. ä.), Abbau von Depression/Angst und weniger Therapieabbrüche (besserer Adhärenz).

Somit scheinen sich in der Integrativen Onkologie meditative, entspannende und bewegungstherapeutische Verfahren eher durchzusetzen als die arzneigebundenen (Mistel, Spurenelemente, Vitamine).

Die Veranstaltung „Fakten gegen Mythen“ bestätigte diesen Trend. Onkolytische Viren und dendritische Zellen stellen interessante Ansätze dar, sind aber noch weit von einer evidenzbasierten Empfehlung entfernt. Dagegen gewinnt die Hyperthermie aufgrund guter Datenlage immer mehr Anerkennung.

Fazit

Die Integrative Onkologie ist im Kommen und Zentren, die sich dieser Integration von komplementärmedizinischen Verfahren verweigern, werden möglicherweise bei der „Abstimmung mit den Füßen“ das Nachsehen haben. Allerdings gibt es bei vielen Therapieansätzen noch einen großen Nachholbedarf an guten Studien. Wer soll diese bezahlen?

Mit Spannung dürfen wir die S3-Leitlinie „Komplementäre Medizin in der Onkologie“ (Herausgeber: AWMF; Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.) erwarten, an der seit einigen Monaten gearbeitet, die aber leider nicht vor 2020 publiziert werden wird.

Liebe Leserin, lieber Leser, wir haben einige Themen des Kongresses ausgewählt und aus unserer Sicht kommentiert.

Bitte lesen Sie weiter in dieser Ausgabe. Darüber hinaus finden Sie weitere spezifische Informationen über den Krebskongress bei den Veranstaltern, der Deutschen Krebsgesellschaft, der Deutschen Krebshilfe sowie in der Fachliteratur.

(Quellen: Fotos und Pressematerial des DKK, 2018)

 

„Mediziner kann nur derjenige genannt werden, der als den letzten Zweck seines Strebens das Heilen betrachtet.“ (Rudolf Virchow)

 

AKTUELLES - 33. DEUTSCHER KREBSKONGRESS 2018

INNOVATIONEN IN DER ONKOLOGISCHEN BILDGEBUNG

Moderne Bildgebungsverfahren, die nicht nur die anatomische Lage eines Tumors abbilden, sondern auch funktionelle Informationen über den Tumor liefern, bringen deutliche Fortschritte in der Krebsversorgung. Das gilt zum Beispiel für die multiparametrische MRT bei der Diagnose des Prostatakarzinoms.

Knapp 70.000 Männer erkranken jährlich daran neu. Die entscheidende Frage in der Primärdiagnostik lautet: Welcher Patient trägt einen rasch wachsenden aggressiven Tumor in sich, der unbedingt behandelt werden muss, und wo kann aufgrund eines niedrigen Risikoprofils zunächst mit der Behandlung abgewartet werden?

Die multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) ist das derzeit empfindlichste bildgebende Verfahren, um ein Prostatakarzinom abzubilden. Sie liefert zudem wichtige funktionelle Informationen, etwa über die Durchblutung des Tumors und seine Zelldichte, was wiederum Hinweise auf die individuelle Aggressivität gibt. Eine mpMRT kann damit sowohl anatomische als auch biologische Daten erfassen − die Ergebnisse tragen zu einer besseren Risikoabschätzung bei und ermöglichen eine gezielte Stanzbiopsie.

Die mpMRT hat mittlerweile sogar Eingang in die aktuelle Leitlinie des Leitlinienprogramms Onkologie gefunden, zum Beispiel, wenn nach einer negativen systematischen Biopsie der Verdacht auf ein Prostatakarzinom weiterbesteht oder wenn ein Patient die aktive Überwachung in Erwägung zieht.

Die Grenzen dieser Methode liegen dort, wo die Diagnose mit der MRT nicht hinreichend eindeutig ist: etwa beim Staging, wenn lymphknotenmetastasen identifiziert werden sollen. Hier ist die Hybridbildgebung gefragt. In der Computertomographie (CT) oder der MRT können befallene Lymphknoten nur dann identifiziert werden, wenn sie eine bestimmte Größe erreicht haben. Bessere Resultate lassen sich in Kombination mit der Positronenemissionstomographie, kurz PET, erzielen. Die PET-MRT-Hybridbildgebung ist ein sehr aussichtsreiches Zukunftsfeld. Die strahlungsfreie MRT zeichnet sich durch einen hohen Weichteilkontrast aus, die Positronenemissionstomographie mit einem geeigneten Radiotracer ist hochempfindlich und kann deshalb selbst kleinste Tumorherde sichtbar machen.

(Quelle: Prof. Dr. Heinz-Peter Schlemmer, Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, DKK, 2018)

 

Brustkrebs - Wie bildgebende Verfahren unnötige Biopsien vermeiden können

Die Diagnostik von Brustkrebs zu verbessern ist das erklärte Ziel eines Forscherteams vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Die Wissenschaftler kombinieren eine Weiterentwicklung der diffusionsgewichteten Magnetresonanztomografie mit intelligenten Bildanalyseverfahren, um bösartige Veränderungen im Gewebe aufzuspüren. Diese Methode könnte künftig viele Kontrollbiopsien nach einem auffälligen Mammographie-Befund ersparen, wie die Wissenschaftler in einer von der Dietmar Hopp Stiftung geförderten Studie belegen. Das verspricht eine gravierende Verbesserung für die Diagnose von Brustkrebs.

Mit der optimierten diffusionsgewichteten MRT-Bildaufnahmetechnik stellen Ärzte eine verdächtige Läsion in der Brust dar. Bei dem farblich markierten Areal könnte es sich um Krebs handeln. (© Bickelhaupt/DKFZ)

Die Mammographie zählt zu den wichtigsten Methoden zur Früherkennung von Brustkrebs. Sie kann Veränderungen im Gewebe sichtbar machen. Daher unterziehen sich jedes Jahr rund 2,8 Millionen Frauen in Deutschland im Rahmen eines Mammographie-Screenings dieser speziellen Röntgenuntersuchung der Brust.

Doch die Ergebnisse sind nicht immer einfach zu interpretieren. Etwa jede zwanzigste Frau, die am Screening teilnimmt, muss deshalb mit einem auffälligen Befund rechnen.

Erhärtet sich daraufhin der Verdacht, schlagen Ärzte in der Regel vor, eine Gewebeprobe (Biopsie) zu entnehmen. „Das betrifft jährlich fast knapp 35.000 Frauen, doch nur bei rund der Hälfte von ihnen findet sich tatsächlich ein bösartiger Tumor“, sagt Sebastian Bickelhaupt vom Deutschen Krebsforschungszentrum.

Der Radiologe hat sich daher gemeinsam mit seinen Kollegen daran gemacht, die diffusionsgewichtete Magnetresonanz- Tomografie (MRT) für die Untersuchung der weiblichen Brust zu optimieren und mit intelligenten computerbasierten Bildanalyseverfahren zu verbinden.

Mit der diffusionsgewichteten MRT lässt sich die Bewegung der Wassermoleküle im Gewebe sichtbar machen und mit Hilfe eines Computeralgorithmus beobachten. Bösartige Tumoren verändern die Gewebestruktur, was sich auf die Bewegungsmuster der Wassermoleküle auswirkt.

Dieser Zusammenhang wiederum könnte sich für die Früherkennung von Brustkrebs nutzen lassen – ohne Gewebeproben entnehmen zu müssen, und ohne den Körper mit Kontrastmitteln zu belasten. „Ziel ist es, einen besseren nicht-invasiven Einblick in das Körpergewebe zu erlangen und damit den Radiologen neben den weiterhin wichtigen Standardverfahren zusätzliche Gewebeinformationen für die klinische Beurteilung zur Verfügung zu stellen“, erklärt Sebastian Bickelhaupt.

Jetzt belegen die DKFZ-Wissenschaftler in einer von der Dietmar Hopp Stiftung geförderten Studie, dass die optimierte diffusionsgewichtete MRT in Kombination mit intelligenten Bildanalyseverfahren tatsächlich zuverlässige Aussagen über bösartige Veränderungen in der Brust erlaubt. Dazu untersuchten sie insgesamt 222 Frauen, die sich nach einem auffälligen Mammographiebefund einer Biopsie unterziehen sollten. Bevor die Gewebeprobe genommen wurde, analysierten die Forscher das Brustgewebe der Studienteilnehmerinnen mit ihrer neu entwickelten Methode.

Das vielversprechende Ergebnis: Die Zahl der falsch positiven Befunde ließ sich in der Studiengruppe um 70 Prozent reduzieren.

Tatsächlich vorhandene bösartige Veränderungen konnten die Wissenschaftler in 60 von 61 Fällen erkennen. Das entspricht einer Trefferquote von 98 Prozent und ist vergleichbar mit der Zuverlässigkeit von MRT-Methoden, bei denen Kontrastmittel zum Einsatz kommen.

„Wir werten die Aufnahmen mit Hilfe einer von uns entwickelten, intelligenten Software aus“, erklärt der Informatiker Paul Jäger, der sich mit Bickelhaupt die Erstautorschaft der Studie teilt. „Das macht die Methode weitgehend unabhängig von der Interpretation durch einzelne Ärzte.“ Auf diese Weise lässt sich gewährleisten, dass die Methode an verschiedenen Studienzentren gleichermaßen zuverlässige Ergebnisse erzielt.

In einem nächsten Schritt muss sich die Methode in größeren multizentrischen Studien bewähren, bevor sie routinemäßig in der Klinik Anwendung finden kann.

Die Wissenschaftler bauen derzeit die dafür notwendigen Kooperationen auf. „Wenn sich unser Ergebnis in zukünftigen Studien bestätigt, haben wir ein zusätzliches Diagnoseinstrument zur Verfügung, mit dem sich die Früherkennung von Brustkrebs weiter verbessern lässt“, hofft Bickelhaupt.

(Quelle: Text und Bild DKFZ/ Sebastian Bickelhaupt, Paul Jaeger, Frederik Bernd Laun, Wolfgang Lederer, Heidi Daniel, Tristan Anselm Kuder, Lorenz Wuesthof, Daniel Paech, David Bonekamp, Alexander Radbruch, Stefan Delorme, Heinz-Peter Schlemmer, Franziska Steudle, Klaus H. Maier-Hein: Radiomics Based on Adapted Diffusion Kurtosis Imaging Helps to Clarify Most Mammographic Findings Suspected of Being Cancer. Radiology, 2018, DOI:10.1148/radiol.2017170723)

 

„A LIFE IN DEATH“ – Fotokunst die berührt

Eine Ausstellung zum 33. Deutschen Krebskongress
beobachtet von Dagmar Moldenhauer

Wer sich zwischen den vielen Vorträgen und Diskussionen während des Kongresses eine Auszeit nahm, hatte die einmalige Chance, die Ausstellung von Nancy Borowick (USA) „A LIFE IN DEATH“ zu sehen.

Die Ausstellung erzählt die Geschichte eines Ehepaares, das zeitgleich und Seite an Seite das Stadium IV einer Krebserkrankung durchlebte. Wir erfahren in den Bildern die Liebe, das Leben und den Verlust durch den Tod. Nancy Borowick erzählt aus dem Leben ihrer Eltern über 364 Tage und ehrt sie auf ihre besondere künstlerische Weise. Wir nehmen daran teil und erleben, wie Laurel und Howie, die 34 Jahre lang verheiratet waren, mit ihrer Krankheit leben und deren Zeit nun zu Ende gehen wird.

Am 7. Dezember 2013, ein Jahr nach der Krebsdiagnose, starb Howie. Das Leben von Laurel veränderte sich – nach 34 Jahren ihrer Ehe, nun war sie allein. Ihr Zustand und ihre Lebensqualität verschlimmerten sich deutlich. Sie hatte keine Angst vor dem Tod, aber sie hatte Angst vor dem Prozess des Sterbens – davor, nicht mehr fähig zu sein, das Leben um sie herum wahrzunehmen, ihre Kinder nicht mehr zu lieben und nicht mehr für sie da zu sein.

Die letzten Wochen ihres Lebens verbrachte sie mit ihren Liebsten. Die Schmerzen nahmen zu, die Kraft ließ nach, Therapien kamen nicht mehr in Frage. Am 6. Dezember, nur einen Tag nach dem ersten Todestag ihres Mannes, starb Laurel.

Nancy Browick: „Ich fotografierte meine Eltern, um sie in ihrem Wesen und in ihrer Stärke während dieser Zeit festzuhalten. Es war die Bestimmung meiner Eltern, mir dieses Geschenk zu machen, mir die Erlaubnis zu geben, ihre Geschichte zu erzählen. Das ist ihr Vermächtnis.“

Nancy Borowick ist Absolventin des International Center for Photography (ICP) in New York. Heute lebt sie auf Guam. Diese Fotoserie wurde 2016 mit dem World Press Photo Award ausgezeichnet. Danke Nancy für die Erlaubnis, deine Geschichte und diese Bilder publizieren zu dürfen.

Alle Informationen zu Nancy Borowick: http://www.nancyborowick.com/cancer-family/the-photographs/

Nancy Borowick: The Family Imprint: A Daughter‘s Portrait of Love and Loss wurde von dem Berliner Verlag Hantje Cantz verlegt.

http://www.hatjecantz.de/nancy-borowick-6967-0.html

 

AKTUELLES - 33. DEUTSCHER KREBSKONGRESS 2018

SCHLUSSLICHT DEUTSCHLAND?

Alkohol- und Tabakprävention im internationalen Vergleich

Beim Kampf gegen die durch Rauchen verursachten Gesundheitsschäden fällt Deutschland vor allem durch Negativrekorde auf: Es ist das einzige Land in der Europäischen Union, das uneingeschränkt große Plakatwerbung für Tabakprodukte erlaubt.

Deutschland hat europaweit die größte Dichte an Zigarettenautomaten und in den meisten Bundesländern einen unzureichenden Nichtraucherschutz. Deswegen gehört es seit Jahren in der Tabakkontrolle zu den Schlusslichtern in Europa.

Eine Handvoll konsequent umgesetzter Maßnahmen könnte Deutschland bei der Tabakprävention in die einer führenden Industrienation angemessene Position bringen. Deutschland hat sich zwar das Gesundheitsziel gesetzt, den Tabakkonsum zu reduzieren und verfügt auch über einen Maßnahmenkatalog dazu. Dieser wird aber nicht konsequent umgesetzt. Stattdessen reagierte Deutschland in den vergangenen Jahren in der Tabakkontrolle meist nur auf Vorgaben der Europäischen Union. So wurden mit den bestehenden Werbebeschränkungen und der Einführung der bildlichen Warnhinweise („Schockbilder“) auf Tabakverpackungen lediglich EU-Richtlinien umgesetzt.

Der Raucheranteil ist in Deutschland – vor allem unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen – zwar rückläufig, aber immer noch raucht etwa ein Viertel der Erwachsenen und jedes Jahr sterben rund 121.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Dies sind vermeidbare Todesfälle. Andere Länder hingegen haben sich bereits das Ziel gesetzt, innerhalb der kommenden ein bis zwei Jahrzehnte den Raucheranteil unter fünf Prozent zu senken, beispielsweise Großbritannien oder Turkmenistan.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum fordert daher gemeinsam mit dem Aktionsbündnis Nichtrauchen (ABNR) in einem Positionspapier die neue Bundesregierung auf, endlich konsequente Maßnahmen zur Tabakkontrolle umzusetzen. Dazu gehören in erster Linie ein umfassendes Verbot von Werbung, Promotion und Sponsoring für Tabakprodukte, die Verbesserung und bundesweite Vereinheitlichung des Nichtraucherschutzes sowie deutliche, kontinuierliche Erhöhungen der Tabaksteuer.

Wesentlich wäre außerdem, dass die Krankenkassen „ausstiegswillige“ Raucher besser unterstützen, etwa durch die Kostenübernahme für wissenschaftlich gesicherte Methoden der Tabakentwöhnung.

Um die hohe Anzahl tabakbedingter Todesfälle zu senken, wäre es notwendig, diese Maßnahmen konsequent umzusetzen. Deutschland hat das WHO-Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakkonsums sowie das WHO-Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen unterzeichnet und ratifiziert. Damit hat es sich verpflichtet, ein Maßnahmenbündel zur Reduzierung des Rauchens umzusetzen, einschließlich eines umfassenden Tabakwerbeverbots. Doch im Moment sieht es nicht so aus, als würde die künftige Bundesregierung diese Verpflichtung ernst nehmen: Bis kurz vor Unterzeichnung des Koalitionsvertrages enthielt der Entwurf den kleinen Satz „Wir werden das Tabakaußenwerbeverbot umsetzen“. Im endgültigen Vertrag jedoch fehlt diese Aussage leider.

Europa hat den höchsten Alkoholkonsum und die höchste damit zusammenhängende Krankheitslast in der Welt.

Bei der Alkoholprävention spielt Deutschland eine eher unrühmliche Rolle innerhalb Europas.

In Deutschland gelten 3 Prozent aller Krebsfälle als alkoholbedingt. Die WHO hat einen Bericht über die Anstrengungen der europäischen Staaten zur Reduzierung des schädlichen Alkoholkonsums vorgelegt. Deutschland schneidet dabei in vielen Bereichen nur mittelmäßig, häufig sogar als Schlusslicht ab. Der Bericht macht deutlich, dass die deutsche Politik dringend Maßnahmen gegen den hohen Alkoholkonsum ergreifen muss.

Im Jahr 2011 hatten alle 53 Mitgliedsstaaten der europäischen WHO-Region dem „European action plan to reduce the harmful use of alcohol 2012-2020“ (EaPa) zugestimmt.

Ziel des Aktionsplans ist es, mithilfe verschiedener Maßnahmen wie Preispolitik, Prävention am Arbeitsplatz, Promillegrenzen für Autofahrer, Altersbeschränkungen bei der Abgabe oder Einschränkungen von Marketing und Werbung alkoholassoziierte Probleme zu reduzieren. Jetzt hat die WHO überprüft, inwiefern die Mitgliedsstaaten die empfohlenen Maßnahmen umgesetzt haben – und legt den Bericht „Policy in action. A tool for measuring alcohol policy implementation“ vor.

Betrachtet man die Staaten im Detail, zeigt die Auswertung:

  • Deutschland liegt im Bereich Politik/Aufklärung von 29 Ländern auf dem 23. Platz,
  • im Bereich Prävention am Arbeitsplatz in der Kommune von 29 Ländern zusammen mit Österreich auf dem vorletzten Rang, bei Maßnahmen gegen Alkohol am Steuer von 30 Ländern auf dem 26. Platz
  • und bei den Maßnahmen gegen illegalen Handel und Herstellung von Alkohol auf der vorletzten Position von 53 Staaten.

Was die Einschränkung der Verfügbarkeit von Alkohol angeht, bilden wir unter 30 Ländern sogar das Schlusslicht. Lediglich bei Marketingbeschränkungen und Maßnahmen zur Verringerung der negativen Auswirkungen des schädlichen Alkoholkonsums belegt Deutschland mittlere Plätze, das heißt Rang 12 von 30 bzw. 15 von 31.

Der WHO-Bericht macht deutlich, dass in Deutschland noch Handlungsbedarf besteht, was die Verringerung des schädlichen Alkoholkonsums betrifft. Hier sind die politisch Verantwortlichen gefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. So fordert das Deutsche Krebsforschungszentrum gemeinsam mit der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) eine Erhöhung der Alkoholsteuern, eine Steuersatzgestaltung in Abhängigkeit vom Alkoholgehalt sowie eine einheitliche Altersgrenze von 18 Jahren für die Abgabe von Alkohol und für den Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit.

Im Koalitionsvertrag 2018 lässt sich nur ein allgemeines Bekenntnis zur Alkoholprävention finden – die Bundesregierung sollte diese Absichtserklärung nun mit wirkungsvollen Maßnahmen unterfüttern.

(Quelle: PD Dr. Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im Deutschen Krebsforschungszentrum, Leiterin des WHO-Kollaborationszentrums für Tabakkontrolle im DKFZ)

 

Kochlust stärkt Lebenskraft

Vera Spellerberg, Dipl. Oecotrophologin

Der Zusammenhang zwischen Ernährungsgewohnheiten und Krebserkrankungen ist in der Wissenschaft durch zahlreiche Studien unbestritten belegt. Die Krebserkrankung an sich trägt dazu bei, dass sich der Ernährungszustand der Patientinnen und Patienten in über 80% der Fälle signifikant verschlechtert. Bei über zwei Dritteln der Betroffenen in Deutschland manifestiert sich auch posttherapeutisch ein schlechter Ernährungsstatus.

Wir kennen den Begriff Kachexie. Eine Ernährungstherapie allein kann Krebs weder verhindern noch den Erkrankten heilen. Aktiv gelebt ist sie aber ein kraftvoller Beitrag zur Revitalisierung der Patienten und wirkt unterstützend in diesem Prozess.

Bei genauer Betrachtung findet Krebsprävention ebenso wie Krebsnachsorge auch wesentlich in der Küche oder besser noch früher, nämlich bei der bewussten, sorgfältigen Auswahl der Lebensmittel statt. Hochwertige und naturbelassene Qualität sowie abwechslungsreiche, schonende Zubereitung sorgen für echten Genuss und damit für wiedergewonnene Lebensqualität.

Gemeinsam und wiederholt praktiziert, haben Kochkurse für Patientinnen und Patienten einen besonderen Nutzen, da sie u.a. Gewohnheiten kritisch überprüfen und sie im günstigsten Fall auch optimieren können. Gut kochen meint natürlich vor allem, bewusst zubereiten und genüsslich essen. Es meint jedoch nicht, besonders aufwändig, kompliziert oder gar teuer an die Arbeit zu gehen. Ganz im Gegenteil – eine hochwertige, das Immunsystem unterstützende Ernährungsweise soll einen einfachen Beitrag leisten, wieder Kraft zu geben und fühlbar den Körper gesunden zu lassen.

Eine gute Ernährung kann während der Krebsnachsorge einen Mangel ausgleichen, vorbeugend den immunologischen Status deutlich anheben und damit die Widerstandskraft des Körpers stärken. Eine gesunde Ernährung kann die Selbstheilungskräfte aktivieren und damit die Wirksamkeit verschiedener Nachsorgemaßnahmen erhöhen. Sie kann ganz konkret Beschwerden lindern und damit auch die psychische und physische Belastbarkeit stärken und damit nicht zuletzt die Lebensqualität verbessern.

So bietet z.B. ein Kochkurs genau dazu Hilfen an! Hier können gute, erweiterte Kenntnisse über Lebensmittel sowie konkrete Anleitungen, nicht zuletzt über Rezepturen oder Garverfahren, vermittelt und gelernt werden.

Die Ansprüche an eine gesunde Lebensweise können so lernend erfüllt werden. Die Ernährungsempfehlungen folgen dabei einer kohlenhydratbewussten, glucoselimitierten sowie einer fett- und eiweißoptimierten Ernährungsweise mit deutlich mediterranen Einflüssen.

Diese Ernährung ist keine Diät, sondern eine ganzheitliche, gesundheitsfördernde Versorgung, die für die Patientinnen und Patienten gleichzeitig besonders einfach und bekömmlich ist.

Dennoch gilt der Hinweis: Alles, worauf der Patient auch während der Nachsorge Appetit hat, was ihm schmeckt und vor allem gut bekommt, verbessert auch sein Allgemeinbefinden und ist deshalb auf dem Speiseplan willkommen. Spaß und unbeschwerter Genuss beim Essen sind unglaublich wichtig, da durch positives Empfinden bereits immunologische Selbstheilungskräfte aktiviert werden.

Ernährung und Immunsystem sind eng miteinander verbunden, so dass für ein gut funktionierendes Abwehrsystem eine ausreichende, hochwertige Eiweißversorgung wichtig ist.

Nach einer Krebstherapie gilt einer Reihe defizitär versorgter Mikronährstoffe wie Vitamin A, C, E, Selen, Zink und Eisen aufmerksame Betrachtung. Verschiedene medikamentöse Therapien haben einen Einfluss auf den Vitaminstatus.

Abgesehen davon, dass fast jede Krankheit den Vitaminbedarf verändert, sind bei den Krebserkrankungen besonders erhöhte Entzündungen, die Infektionen und die emetischen Nebenwirkungen wie: Übelkeit, Erbrechen und Appetitverlust als Verursacher des Muskelabbaus und die genannten Defizite zu beachten.

In dem hier erwähnten Kochtraining mit Krebspatientinnen und -patienten war eine optimale Vitaminversorgung deshalb natürlich ein wichtiges Thema. So sollten eine Reihe der präsentierten und zubereiteten Lebensmittel genau diese häufig anzutreffenden Mikronährstoffdefizite ausgleichen.

Einige Beispiele: Reichlich Vitamin C mittels Heidel- und Himbeeren im Salat oder der Nachspeise; aber auch frisch gepresster Orangen- und Zitronensaft als Beigaben zu winterlichen Salatsaucen oder in den Nachspeisen standen auf der Karte. Wintersalate wie Feldsalat, Kresse oder Spinat und nicht zuletzt Gemüsesorten wie der Brokkoli, der nur zart gedämpft wurde, sind besonders reich an Vitamin C.

Selen wurde durch gehackte Hasel-, Mandel- und Walnüsse oder durch Rohkakao angeboten. Vitamin E und Vitamin A gab es durch Olivenöl und einen herzhaften Kräuter-Ziegenkäse-Aufstrich.

Eine gute Eisenversorgung wurde durch eine wärmende Rote-Bete Suppe oder Dinkelbrot angeboten. Zink oder Omega-3-Fettsäuren, die ebenfalls zu den schlecht versorgten Mikronährstoffen gehören, waren im zarten Safran-Hähnchen oder mit Wildlachs in Kokospanade im Angebot. Die Kokospanade war nicht nur besonders schmackhaft und einfach zuzubereiten, sondern erfüllte auch den Zweck, keine Stärke durch Weißmehl, wie bei der klassischen Panade, anzubieten.

Die genannten Fleisch- und Fischsorten sind die zu bevorzugenden Sorten, da sie aufgrund des geringen kollagenen Faseranteils besonders leicht verdaulich sind sowie exzellentes Eiweiß haben und somit kaum im Darm oxidieren. Denn auch aus diesem Grund werden Fleisch und Wurst insgesamt eher kritisch bewertet, insbesonders aus roten Sorten, die zudem roh – wie Tatar oder Mett – verzehrt werden.

Viele Sorten dieser Fleisch- und Wurstspezialitäten, die zusätzlich geräuchert und mit Nitritpökelsalz behandelt sind, stehen unter Verdacht, krebserregend zu sein und sollten daher eher nicht verzehrt werden. Doch wie den Eiweißbedarf, der auf 1,2 Gramm pro Kilo/KG steigen kann, nach einer Krebserkrankung decken, wenn nicht mit Fleisch und Wurst?

Üblich sind laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) nur 0,8 Gramm pro Kilo/KG. Wurstsorten liefern vielzahlig sowieso nur reichlich gesättigte Fettsäuren und wenig Eiweiß und sind auch aus diesem Grund keine täglich oder wöchentlich zu empfehlende Lebensmittelgruppe.

Der Proteinbedarf läßt sich dagegen auch ausgezeichnet mit Eiern, Hülsenfrüchten, Milchprodukten und ausgewählten Getreiden versorgen. Unsere in der Kochgemeinschaft gewählten Rezepturen empfahlen als Vorspeise vor dem Salat einen kleinen Snack, aus Kichererbsen-Curry mit Kapern und einen Aufstrich aus Quark mit grünem Pfeffer – beides natürlich als Alternative zur täglichen Wurst gedacht. Die Kombination aus hochwertigem Eiweiß mit sehr guten antioxidativ wirkenden Gewürzen und Kräutern, die appetitsteigernd wirken, mit kleinen Mengen Öl und Sahne gehaltvoll angereichert, sind sehr bekömmlich.

Die Vielfalt der Lebensmittel mit ihren Aromen soll über diese Geschmackserlebnisse im besten Fall in der täglichen Ernährung deutlich erhöht werden und darauf kommt es an!

Auch die bessere tägliche Versorgung des Omega-3-Fettspiegels steht auf dem Plan! Diese Fette wirken antientzündlich und schützen darüber auch wertvolle Muskelfasern.

Im Kochkurs haben wir dazu Leindotteröl genutzt, qualitativ zu vergleichen mit dem „Extra Vergin“ des Olivenöls, da es sehr mild und wohlschmeckend ist und außerdem besonders reich an Omega-3-Fettsäuren. Ein Öl, das aufgrund des einzigartigen Geschmacks alle Teilnehmerinnen des Kurses mühelos dazu animierte, es einfach so vom Löffel zu probieren. Leinöl als potentester Omega-3- Spender, hat keinen guten Ruf bei vielen, da es oft sehr bitter schmeckt und eher abgelehnt wird.

So ist es auch hilfreich, Qualitäten und Produkte zu finden, die hochwertig sind und geschmacklich akzeptiert werden. Auch der antioxidative Effekt der Omega-3-Fettsäuren sollte nicht unterschätzt werden, aber gleichzeitig auch nicht der Bedarf der Patientinnen und Patienten an diesen Stoffgruppen.

Krebstherapien wie Bestrahlung und Chemotherapie lösen einen deutlichen Anstieg der „Freien Radikale“ im Stoffwechsel aus und brauchen, gerade während der Nachsorge, ebenso wirkungsvolle sog. „Radikalenfänger“. Dabei sind u.a. Beta-Carotine in Karotten, Lycopine in Tomaten oder Glucosinolate zu nennen. Sie fangen freie Radikale ab und schützen Zellen, Organe und den Körper vor weiteren Entzündungen, Infekten und dem erhöhten Risiko, durch ein therapiebedingtes, geschwächtes Immunsystem, erneut zu erkranken.

Diese Beispiele für eine bewußt deutliche und nährstoffdichte Auswahl und Zubereitung schaffen den Switch zwischen immer wieder gelesener oder gehörter Theorie und schmackhaft gelebter Praxis. Einen Unterschied deutlich machen, auch das will die gelebte Praxis!

Die Empfehlung: Neu durchstarten und die Gemeinschaft erleben, für sich eine Perspektive finden, die alten Gewohnheiten und alles, was nicht gut tut, Schritt für Schritt überwinden lernen – das ist das Ziel. Dieser psychologische, verhaltenstherapeutische Effekt ist eines der elementaren Grundanliegen von Kochtrainings mit Krebspatienten. Landläufig als gesundes Essen belächelt, mit dem häufig versteckten Gedanken „… schmeckt eh nicht und ist aufwendig“, wollen praktisch erlebte Geschmacks- und Sinnenfreuden diese Vorurteile über Bord werfen.

Menschen brauchen die gelebten, also die gefühlten Erfahrungen, um zu wissen: Gesund essen ist weder fad, noch langweilig! Gesund essen heißt auch nicht, dauernd Kompromisse machen zu müssen. Ganz im Gegenteil: Gesundes Essen mit der Vielzahl an Gewürzen und frischen Kräutern, den neuen Rezepturen und Zubereitungen – das schafft die willkommene Abwechslung und führt auf ganz simple Weise weg vom ewig Gleichen und hin zu mehr Genuss.

In diesem Sinne bekommt auch der Spruch des Hippokrates: „Der Mensch ist, was er isst!“ eine ganz neue Bedeutung!

Weitere Informationen: veraspellerberg@wweb.de

 

„Du warst ein fabelhafter Sohn, folgsam, selbstlos und gut. Deine Mutter hast du auf Händen getragen, wie kaum ein Sohn das je tut. Konntest niemals dein eigenes Leben gestalten, liebtest nie Weib und Kind. Die Alte hat dich für sich behalten, wie egoistische Mütter so sind. Als dann die Geißel Krebs dich erfaßt, hast du dein erbärmliches Leben gehasst. Du flehtest um ein bißchen mehr Zeit vom Tode gezeichnet – doch es war schon so weit ...“ (Regine Kelm)

 

AKTUELLES - 33. DEUTSCHER KREBSKONGRESS 2018

BEWEGUNGSTHERAPIE BEI KREBSPATIENTEN HOCHEFFEKTIV

Neue Erkenntnisse zu Fatigue und Polyneuropathie

Viele Krebspatienten leiden unter den Nebenwirkungen ihrer Therapie. Dazu gehören etwa Erschöpfung, auch Fatigue-Syndrom genannt, oder Polyneuropathie, eine Schädigung der Nerven. Gezieltes bewegungstherapeutisches Training hilft, die zum Teil starken Einschränkungen zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern.

Aktuelle Studienergebnisse – unter anderem eine Meta-Analyse aus den USA – konnten nun belegen: Körperliche Aktivität vermindert die Beschwerden erfolgreicher als eine medizinische oder eine psychologische Therapie.

Auf dem 33. Deutschen Krebskongress wurden diese Erkenntnisse erstmals bei einer Pressekonferenz der Deutschen Krebshilfe vorgestellt. Begleitet wurde das Presseevent von Antje Möldner-Schmidt, Europameisterin im 3.000-Meter-Hindernislauf und Botschafterin der Initiative „Bewegung gegen Krebs“ der Deutschen Krebshilfe.

„Bewegung ist das geeignetste ‚Medikament‘ zur Reduzierung des Fatigue-Syndroms“, berichtete PD Dr. Freerk Baumann, Leiter der Arbeitsgruppe Onkologische Bewegungsmedizin am CIO Köln/Bonn. Doch nicht nur bei der Behandlung des Fatigue-Syndroms gibt es neue Erkenntnisse.

„Auch bei der Chemotherapie-induzierten Polyneuropathie (CIPN) zeigen Studien, dass Bewegungstherapie hilft. Für die Polyneuropathie gibt es keine andere Behandlungsmethode, deren nachhaltige Wirkung bewiesen werden konnte“, so Baumann weiter. „Sensomotorisches Training und womöglich auch Vibrationstraining erzielen die besten Effekte bei der Therapie von Nervenschäden, wie eingeschränktes Tastgefühl an den Händen sowie Kribbeln und Schmerzen an Händen und Füßen.“

Dieser Ansatz wird derzeit in einer gemeinsamen Studie der Deutschen Sporthochschule Köln und der Uniklinik Köln weiter verfolgt. Erste Forschungsergebnisse unterstützen die Annahme, dass spezielles Bewegungstraining eine hemmende Wirkung auf die CIPN haben könnte. Die Deutsche Krebshilfe fördert die Studie mit 369.000 Euro.

Trotz der Erfolge, die mit einer gezielten Bewegungstherapie erreicht werden können, ist es jedoch schwierig, entsprechende Versorgungsstrukturen für alle Patienten zu schaffen. „Ein therapeutisches Training während der medizinischen Krebstherapie muss individuell auf die Patienten angepasst werden. Hierzu bedarf es speziell ausgebildeter Sport- und Physiotherapeuten, von denen es zurzeit noch nicht genügend gibt“, erklärte der Direktor des Centrums für integrierte Onkologie (CIO) Köln/ Bonn, Professor Dr. Michael Hallek. „Darüber hinaus bestehen in den Onkologischen Zentren auch räumliche und finanzielle Engpässe, um hochwertige Trainingsgeräte anzuschaffen.“

Erschwerend käme hinzu, dass die Sporttherapie im Gegensatz zur Physiotherapie nicht im Heilmittelkatalog aufgeführt ist, obwohl die positiven Effekte durch Sporttherapie bereits sehr gut wissenschaftlich belegt seien.

„Hier ist die Gesundheitspolitik gefordert, dies schnellstens zu ändern“, unterstrich PD Dr. Baumann. „Denn, würde die Sporttherapie in den Heilmittelkatalog aufgenommen, so wäre es für die Krebszentren deutlich einfacher, entsprechende bewegungstherapeutische Strukturen aufzubauen.“

TIPP für Patientinnen und Patienten mit oder nach Krebs

Vermeiden Sie körperliche Inaktivität und kehren Sie nach der Diagnose so schnell wie möglich zu den normalen Alltagsaktivitäten zurück. Trainieren Sie mindestens 150 min pro Woche mit moderater Intensität. Integrieren Sie an mindestens 2 Tagen pro Woche Krafttrainingsübungen in Ihr Bewegungsprogramm.

Um onkologischen Patienten in die Bewegungstherapie zu integrieren, stellen Aufklärung und Motivation durch den behandelnden Arzt den ersten und wichtigsten Schritt dar.

(Quelle: DKH 33. DKK)

 

Kate aus Berlin erzählt

Als bei mir Brustkrebs diagnostiziert wurde, war ich 35 Jahre alt. In meinem Fall lagen zwischen Diagnose und erster OP fünf Tage. Schnell musste es gehen, da aufgrund der Tumoreigenschaften die Wahl der Behandlungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt war: „tripplenegativ“, besonders aggressiv.

Doch das war mir im Januar 2014 noch nicht bewusst. Wenige Stunden nach der Diagnosestellung fand ich mich an einem grauen Januarmorgen bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen beim Bäcker neben dem Krankenhaus wieder, in das ich gleich gehen würde und telefonierte mit meiner Krankenkasse. Danach, mechanisch Papierkram erledigen: Krankschreibung, Überweisungsschein, Zustimmung zur OP von der Krankenkasse, Anästhesie. Und dann der Blick in den Kalender. Das Wochenende in Leipzig bei Freunden: absagen, den Zahnarzttermin: absagen, den Termin beim Friseur: absagen.

Zwei Operationen, eine experimentelle Chemotherapie und zahllose Spritzen, Pillen und Infusionen später fand ich mich in einer Rehaklinik an der Ostsee wieder. Mittlerweile war es Herbst geworden. Viel mehr als im Strandkorb sitzen, war zu dem Zeitpunkt nicht drin. Aufs Meer blickend versuchte ich, die im Kopf umherwirbelnden Gedanken zu fassen und zu sortieren.

Neun Monate nach der Diagnosenstellung hatte ich das Vertrauen in meinen Körper verloren. Statt Kampfsport standen Ergometertraining und Hockergymnastik auf dem Plan. Froh über den Tapetenwechsel ließ ich den Therapieplan wie ein ferngesteuerter Roboter über mich ergehen. Doch allmählich regte sich Widerstand in mir. Widerstand gegen die Friseurin, die den Frauen in der Sprechstunde teure Mittelchen für Haarwachstum aufquatschen wollte. Widerstand gegen den Speiseplan, der sich wöchentlich zu wiederholen schien und gegen die eintönige Beschäftigungstherapie. Zum ersten Mal tat ich das, was andere Patientinnen mir geraten haben. Etwas, was gegen meine bisherige Verhaltensweise verstieß:

Ich stellte mich an die erste Stelle! Ich verliess die Beratungsstunde bei der Friseurin nach 10 Minuten und ging statt dessen am Strand spazieren, ließ mir von meiner Mutter Nutella in die Klinik schicken und erlaubte mir, die eine oder andere Therapiestunde zu „schwänzen“.

In dieser Zeit am Meer lernte ich auf meinen Bauch zu hören, statt mit dem Kopf zu denken. Eine Methode, die ich seitdem auf alle zu fällenden Entscheidungen anwende. Nicht immer zur Freude meiner behandelnden Ärzte. Da die Art des Tumors sowie das Alter, in dem ich die Krebsdiagnose erhielt, auf eine genetische Vererbung hingedeutet hatten, ließ ich mich testen. Nach einem trockenen, sehr seriösen Aufklärungsgespräch wurde mir Blut abgenommen, um – wie mir der Genetiker erklärte – meine DNA zu sequenzieren und in dieser wie in den Seiten eines Buches nach “Tippfehlern“ zu suchen.

Einige Wochen später die Erkenntnis: Ich hatte BRCA1. Ich machte mich schlau und fand heraus, dass Frauen, die eine der BRCA Mutationen in sich tragen, ein wesentlich höheres Risiko haben, innerhalb weniger Jahre erneut an Krebs zu erkranken. In der Spezialsprechstunde am Zentrum für familiären Brust- und Eierstockkrebs der Charité (1) ließ ich mich über mögliche Behandlungstherapien beraten.

Die Entscheidung kam schnell: Brustdrüsengewebe raus, um so das Rückfallrisiko zu minimieren. Nur die Antwort ließ lange auf sich warten. Nämlich: Wie die Brüste wieder aufbauen? Auf der Suche nach einer geeigneten Aufbaumethode traf ich nicht nur auf übermotivierte plastische Chirurgen, sondern auch auf Steffi, Leiterin des BRCA Gesprächskreises in Berlin.

Sie und die Expertinnen vom BRCA Netzwerk (2) sind auf die Fragen von „Mutantinnen“, wie ich eine bin, sehr gut vorbereitet. Neben der Beratung bietet der Gesprächskreis betroffenen Frauen eine Plattform zum Austausch. Und als ich vor der Entscheidung stand – Wiederaufbau mit Eigenfett oder doch lieber mit Implantaten – ließen einige der anwesenden Frauen spontan die „Hüllen fallen“. So konnte ich die Nachher-Ergebnisse sehen und stellte erstaunt fest, dass Frau nach einer Mastektomie mit Wiederaufbau gut aussehen kann.

Auch bekam ich in der Runde den Namen meines späteren Operateurs sowie wertvolle Tipps für das Leben nach dem Krebs. Ich will nicht lügen. Die Operation und der Wiederaufbau mit Implantaten war kein Spaziergang. Es hat lange gedauert, bis ich schmerzfrei war, aber der psychische Effekt war enorm. Da ich nicht immer „Implantat“ zu ihnen sagen wollte, habe ich meinen neuen Brüsten Namen gegeben. Sie sind ein Teil meines neuen „Ich“ und das ist gut so.

Mein Weg zurück ins Leben führte mich zur „Deutschen Stiftung für Junge Erwachsene mit Krebs“ (3).

Obwohl die Stiftung erst seit ca. 2 Jahren existiert, hat sie in der relativ kurzen Zeit schon viel auf die Beine stellen können. Denn als junger Mensch hat man mit anderen Problemen zu kämpfen, als Patienten, die erst später im Leben an Krebs erkranken. Neben der Frage, ob man fit genug sei, die Ausbildung oder Arbeit wieder aufzunehmen, stehen gerade junge Frauen vor dem Konflikt, ob und wie sie schwanger werden wollen oder können: Geht das medizinisch überhaupt noch? Trauen sie es sich zu? Können sie es sich finanziell leisten?

Ich für mich habe die Entscheidung getroffen, keine Kinder bekommen zu wollen. Das war keine bewusste Entscheidung – es hat eine Weile gedauert, aber der Bauch sagte eines Tages, sei die Tante, die den Kindern deiner Freunde heimlich Schokolade zusteckt. Den Alltag wieder meistern zu können und am sozialen Leben teilzuhaben, sind keine Selbstverständlichkeiten für mich. Ich fühle mich weder als Ex-Patientin, aber auch nicht krank. Nicht mehr. Ich gehe regelmäßig zu meinen Check-up Terminen und hoffe, nie wieder auf diesen verständnisvollen Gesichtsausdruck medizinisch geschulten Personals zu treffen, den sie unweigerlich aufsetzen, wenn sie etwas in den Untersuchungsergebnissen gesehen haben, was da nicht hingehört.

Die Erkrankung hat mich verändert. Aber nicht nur zum Nachteil. Ich habe Entscheidungen getroffen, die ich mir vorher nicht zugetraut hätte.

Denn nicht immer ist die zunächst am logischsten erscheinende Behandlungsmethode die beste. Ich bin mehr als meine Tumorformel und die genetische Veranlagung!

(1) weitere Zentren unter www.konsortium-familiaerer-brustkrebs.de
(2) www.brca-netzwerk.de / Hilfe bei familiärem Brust- und Eierstockkrebs e.V.
(3) www.junge-erwachsene-mit-krebs.de

 

„Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.“ (Laotse)

 

AKTUELLES aus der Krebsmedizin

EIERSTOCKKREBS

„Bitte keinen Haarausfall und keine dauerhafte Müdigkeit“
In einer Studie befragten Wissenschaftler Patientinnen mit Eierstockkrebs nach ihren Wünschen und Erwartungen an die ärztliche Betreuung.

Welche Erwartungen haben Frauen, die an Eierstockkrebs erkrankt sind, an ihre Ärzte? Dieser Frage gingen Wissenschaftler in einer europaweiten Studie nach und veröffentlichten kürzlich ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Annals of Oncology.

In der Studie wurden Ende 2009 bis zum Herbst 2012 insgesamt 1.830 Eierstockkrebspatientinnen aus acht europäischen Ländern befragt (Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, Rumänien und Spanien) – die meisten nach der Erstdiagnose, ein großer Teil aber auch, nachdem ein Krankheitsrückfall aufgetreten war. Die Altersspanne der Patientinnen reichte von 17 bis 89 Jahren, im Durchschnitt waren sie Ende 50. Fast alle hatten sich als erstes einer Operation unterzogen, gefolgt von einer ersten Chemotherapie.

Die Mehrheit der Befragten zeigte sich damit zufrieden, wie die jeweiligen Ärzte ihnen die Bedeutung der Diagnose und die Behandlungsoptionen vorgestellt und erläutert hatten.

Die drei wichtigsten Wünsche der Patientinnen lauteten:

  1. Die Therapie solle keinen Haarausfall verursachen (42 Prozent der Befragten).
  2. Es müsse mehr gegen die auftretenden Erschöpfungserscheinungen (Fatigue) unternommen werden (34,5 Prozent).
  3. Die Therapie solle effizienter werden (29,7 Prozent).

Etwa jeder dritten Patientin war die Teilnahme an einer klinischen Studie angeboten worden, jede fünfte wurde am Ende tatsächlich in eine solche eingeschlossen. Die befragten Eierstockkrebspatientinnen hatten unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund, dem Krankheitsstadium und dem Lebensalter hohe Erwartungen an ihre Ärzte, über bestehende Therapieoptionen detailliert informiert zu werden, so die Zusammenfassung der Studienautoren. Auch forderten sie mehr Informationen zu potenziellen Nebenwirkungen der Therapien und zu Therapiealternativen.

(Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum Oskay-Özcelik G et al. EXPRESSION III: Patient´s Expectations and Preferences regarding Physician–Patient Relationship and Clinical Management. Results of the International NOGGO/ ENGOT-ov4-GCIG study in 1,830 Ovarian Cancer Patients from European countries. Annals of Oncology, Onlinevorabveröffentlichung am 5. Februar 2018, https://doi.org/10.1093/ annonc/mdy037)

 

KREBSKLINIKEN IM SCHWITZKASTEN EINES MEDIKAMENTEN HERSTELLERS

In den letzten Jahren ist es zu einer Preisexplosion bei Carmustin gekommen, einem unverzichtbaren Arzneimittel in der Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Lymphknotenkrebs. Nach kontinuierlicher Preissteigerung seit 2013 hat sich der Preis zu Beginn dieses Jahres nochmals verdreifacht. Der Vorgang ist ein weiteres Beispiel für die fortbestehenden Unsicherheiten der medikamentösen Versorgung von Krebspatienten, vor allem mit älteren Arzneimitteln außerhalb des Patentschutzes.

Seit mehreren Jahren gibt es wiederholt Engpässe bei Arzneimitteln gegen Krebs und andere lebensbedrohliche Erkrankungen. Die Gründe sind vielfältig. Sie reichen von Problemen bei der Herstellung bis zur Rückgabe der Zulassung aus wirtschaftlichen Gründen.

Das Krebsmedikament Carmustin wird seit mehr als 40 Jahren in der Behandlung von bösartigen Tumoren eingesetzt. Es ist heute ein fester und unersetzbarer Bestandteil der vorbereitenden Chemotherapie vor autologen Blutstammzelltransplantationen. Vor allem Kinder und Erwachsene mit aggressivem Lymphknotenkrebs sind darauf angewiesen.

Der frühere Inhaber des Medikamentes hatte die Lizenz für Carmustin 2013 abgegeben. Seither gibt es weltweit nur einen einzigen Hersteller. Im gleichen Zeitraum kam es immer wieder zu drastischen Preissteigerungen für dieses Arzneimittel.

Seit erneutem Wechsel des Alleinimporteurs für Deutschland Anfang 2018 hat sich der Preis für Carmustin nochmals stark erhöht und beträgt mittlerweile mehr als das 40-fache des Preises von vor 2013! Tumorkliniken und die betroffenen Krebspatienten sind dieser monopolistischen Preisgestaltung hilflos ausgeliefert. Sie bedeutet für die Kliniken eine dramatische finanzielle Mehrbelastung, die im aktuellen Vergütungssystem dazu führt, dass autologe Blutstammzelltransplantationen mit Carmustin nicht mehr kostendeckend durchgeführt werden können. Jede einzelne Transplantation führt derzeit zu einem Verlust von mehreren tausend Euro für die transplantierende Klinik.

Prof. Dr. med. Nicolaus Kröger, Sprecher der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation e.V. (DAG-KBT): „Eine derart rasante Kostensteigerung ist durch die aktuellen Vergütungsmechanismen im DRG-System nicht aufzufangen. Diese Risiken können nicht von den Krankenhäusern getragen werden. Für Medikamente dieser Art muss eine dynamische Refinanzierung ins Vergütungssystem implementiert werden!“

Prof. Dr. med. Michael Hallek, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO – Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie, weist darauf hin, dass insbesondere die Monopolisierung in der Herstellung von Arzneimitteln mit abgelaufenem Patentschutz zu einer hohen Abhängigkeit führt: „Hier müssen wir gemeinsam mit der Politik dafür sorgen, dass eine Balance zwischen einem auskömmlichen Mindestpreis und dem Schutz vor unkalkulierbaren Preisexplosionen gefunden wird. Einerseits muss es sich lohnen, die Medikamente sicher und in hoher Qualität herzustellen. Andererseits dürfen Herstellungsmonopole nicht zulasten solidarischer Gesundheitssysteme und zulasten von Krebspatienten missbraucht werden, wenn der Patentschutz abgelaufen ist.

Der neu installierte ‚Jour Fixe zu Liefer- und Versorgungsengpässen‘ des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit Beteiligung der wissenschaftlichen Fachgesellschaften ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Erarbeitung gemeinsamer Lösungen.“

(Quelle: DGHO)

 

DGHO Frühjahrstagung 22. bis 23. März 2018
Krebs bei älteren Patienten: Was ist machbar? Was ist sinnvoll?

In Deutschland erkranken pro Jahr ca. 500.000 Menschen neu an Krebs. Eine Untersuchung im Auftrag der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. konnte zeigen, dass von 2008 bis 2020 bei Männern von einer Zunahme der Krebsneuerkrankungsrate von 18 % und bei Frauen von 9 % auszugehen ist.

Aufgrund der Innovationen im Bereich der Hämatologie und Onkologie leben viele Patientinnen und Patienten heutzutage deutlich länger mit der Erkrankung. Den Herausforderungen, die sich aus diesen Entwicklungen ergeben, widmete sich die diesjährige Frühjahrstagung der DGHO in Berlin. Mit dem Themenkomplex „Der ältere Krebspatient – Herausforderungen im Krankenhaus und in der Praxis“, der im Mittelpunkt der Beratungen stand, wurden Erfahrungen, Entwicklungen und Prognosen diskutiert. So z.B.: Die Epidemiologie der Krebserkrankung, oder was bedeutet Früherkennung bei älteren Patienten? Welche Daten gibt es für Ältere, welche Rolle spielen Fitness und Komorbiditäten? Die Frage des Nutzens, der Prognose und der Besonderheiten der Therapie bei: Chronischer Lymphatischer Leukämie, Kolorektalem Karzinom und Mammakarzinom standen dazu im Fokus. Die Herausforderungen zukünftiger Versorgung älterer Patienten sowie die Kriterien der Therapieentscheidungen sorgten für anregende Gespräche – vor allem auch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit und die Frage: Sprengen alte Patienten das Budget? Wie heute sehr oft, bleiben auch hier Fragen der Finanzierung in den Appellen an die Politik noch unbeantwortet.

 

Gallenblasenkrebs in der Familie – welche Bedeutung für das eigene Risiko?

Bei manchen Krebsarten gibt es ein sogenanntes familiäres Risiko: Ist ein Verwandter ersten Grades daran erkrankt, erhöht sich das eigene Risiko auch. Bei Krebs der Gallenblase und Gallenwege ist dies offenbar nicht der Fall, wie Wissenschaftler nach der Analyse einer großen Datenmenge in der Fachzeitschrift Cancer Epidemiology, Biomarkers & Prevention berichteten.

Bisherige Erkenntnisse zu einem möglichen familiären Zusammenhang von Krebserkrankungen der Gallenwege waren widersprüchlich. Die Forscher der aktuellen Analyse stützten sich auf die Daten aus zwölf Studien mit insgesamt 1,5 Millionen Personen, von denen 2.246 an Krebs der Gallenblase oder Gallenwege innerhalb oder außerhalb der Leber erkrankt waren. Die Forscher untersuchten, ob es bezüglich der familiären Krankengeschichte einen Unterschied zwischen Erkrankten und Nicht-Erkrankten gab, wobei beispielsweise Krebserkrankungen der Gallenwege bei Angehörigen ersten Grades, aber auch Krebserkrankungen im Verdauungstrakt oder hormonell bedingte Krebserkrankungen bei Verwandten im Fokus standen.

So gibt es familiäre Krebssyndrome, bei denen das Risiko gleich für mehrere Krebserkrankungen steigt, etwa für Brust- und Eierstockkrebs bei Vorhandensein von Defekten in den Genen BRCA1 oder BRCA2 oder für Krebs der Nebennieren, der Weichteile, der Knochen und der Brust beim sogenannten Li-Fraumeni-Syndrom. In der aktuellen Studie jedoch konnte kein erhöhtes Risiko für Krebs der Gallenblase oder Gallenwege bei einer familiären Vorgeschichte an Krebs festgestellt werden.

In dieser zusammenfassenden Studie mit einer großen Zahl von Personen ließ sich die Vermutung, ein familiäres Krebssyndrom beeinflusse auch das eigene Risiko für Krebs der Gallenblase oder Gallenwege, nach Ansicht der Studienautoren nicht bestätigen.

(Quelle: Van Dyke A L et al. Family history of cancer and risk of biliary tract cancers: results from the Biliary Tract Cancers Pooling Project. Cancer Epidemiology, Biomarkers & Prevention, Onlinevorabveröffentlichung am 16. Januar 2018, DOI: 10.1158/1055-9965.EPI-17-1003)

 

Wir haben Krebs. Wer hilft Angehörigen?

Sollten Sie als Angehöriger das Gefühl haben, der Situation nicht (mehr) gewachsen zu sein, finden Sie in den Krebsberatungsstellen der Wohlfahrtsorganisationen, Gesundheitsämtern, Krankenhäusern und Universitäten die richtigen Ansprechpartner, meist Psychologen und Sozialarbeiter. In Einzelgesprächen oder gemeinsam mit der ganzen Familie werden hier Lösungen für die verschiedenen Probleme gesucht und gefunden.

Das Angebot reicht von der psychologischen Beratung bis zur konkreten Hilfestellung in sozialrechtlichen Fragen. Anliegen der qualifizierten Mitarbeiter ist es, so Antje Lehmann-Laue von der Bundesarbeitsgemeinschaft für ambulante psychosoziale Krebsberatung (BAK), die Ratsuchenden zu entlasten. Die Angebote seriöser Beratungsstellen sind grundsätzlich kostenfrei, auch wenn sie mehrfach in Anspruch genommen werden. Vorsichtig sollte man bei Beratern sein, die Geld verlangen, betont die Expertin.

Wer sich gerne mit Menschen austauschen möchte, die in einer ähnlichen Situation sind oder waren, findet Gleichgesinnte in Selbsthilfegruppen.

Hilfreiche Links:

  • Beratungsstellen der Landeskrebsgesellschaften
  • Krebsinformationsdienst (KID)
  • Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS)
  • Infonetz für Patienten und Angehörige (INKA)
  • OSKAR: Sorgentelefon für Familien mit sterbenskranken Kindern:

OSKAR, das weltweit erste 24-Stunden-Sorgen- und Infotelefon für Familien mit unheilbar kranken Kindern, ist unter 0800/88 88 47 11 erreichbar.

Die Hotline des Bundesverbands Kinderhospiz richtet sich an jene etwa 40 000 Familien in Deutschland, deren schwerstkranke Kinder nur noch eine begrenzte Zeit zu leben haben. OSKAR richtet sich auch an Eltern, die um ein verstorbenes Kind trauern, sowie an Fachkräfte und Ehrenamtliche aus der Kinderhospizarbeit. Die Hotline ist rund um die Uhr erreichbar – auch an Sonn- und Feiertagen. Anrufe aus dem deutschen Festnetz kosten nichts.

(Quelle: www.oskar-sorgentelefon.de)

 


Europäische Akademie für Naturheilverfahren und Umweltmedizin
Partner für einen Dialog zur Integrativen Krebstherapie

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IMPRESSUM: Aktuelle Gesundheitsnachrichten, Heft 29/2018, ISSN (Print) 2199-9791, ISSN (Internet) 2199-9805

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